Urteil des AG Neuruppin vom 01.07.2008

AG Neuruppin: treu und glauben, allgemeine geschäftsbedingungen, erfüllung, willenserklärung, acker, vertragsklausel, beihilfe, gesellschafter, leitbild, anteil

1
2
3
4
5
6
7
Gericht:
AG Neuruppin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
44 Lw 28/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 2 Nr
1 BGB, § 596 Abs 1 BGB, Art 43
EGV 1782/2003, Art 43ff EGV
1782/2003
Formularmäßiger Landpachtvertrag: Übertragung der dem
Pächter zugewiesenen gemeinschaftsrechtlichen
Betriebsprämienansprüche auf den nachfolgenden
Bewirtschafter nach Pachtende
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Dieses Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Mit schriftlichem Vertrag vom 17./30. August 2004 verpachtete die Klägerin für den
Zeitraum vom 01. Oktober 2004 bis zum 30. September 2006 landwirtschaftliche
Nutzfläche in einem Gesamtumfang von 157,3454 ha an die Beklagte zu 1), deren
Gesellschafter die Beklagten zu 2) und zu 3) sind. § 1a des vorbezeichneten
Pachtvertrages enthält folgende Regelung:
„Werden im Hinblick auf die vom EU-Agrarrat vom 29.09.2003 beschlossene
Agrarreform dem Pächter übertragbare Zahlungsansprüche zugewiesen, die auf der
Bewirtschaftung der Pachtsache beruhen, so verpflichtet sich der Pächter, bei
Beendigung des Pachtvertrages die aus der gepachteten Fläche resultierenden
Prämienrechte unentgeltlich auf den nachfolgenden Bewirtschafter zu übertragen. Der
Pächter verpflichtet sich auch, alle hierzu etwa erforderlichen Erklärungen gegenüber der
Verpächterin, Behörden und Dritten abzugeben.“
Wegen der weiteren Einzelheiten der pachtvertraglichen Regelungen wird auf die als
Anlage K1 unter Blatt 13 ff. zur Gerichtsakte gereichte Abschrift des schriftlichen
Pachtvertrages verwiesen.
Der Beklagten zu 1) wurden in Ansehung der Pachtfläche Zahlungsansprüche
einschließlich betriebsindividueller Anteile zugewiesen. Nach dem Ende der Pachtzeit
verlangte die Klägerin auf der Grundlage des § 1 a des Pachtvertrages die anteilige
Übertragung dieser Zahlungsansprüche, was beklagtenseits verweigert wurde.
Nach Ansicht der Klägerin verleiht ihr § 1 a des Pachtvertrages einen Anspruch auf
Übertragung der auf die Pachtflächen erworbenen Zahlungsansprüche ohne
betriebsindividuelle Beträge, d.h. im Umfang der flächenbezogenen Anteile. Die
vorbezeichnete Vertragsklausel sei nicht gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil
keine gesetzliche Vorgabe dafür existiere, dass nach Pachtvertragsende
Zahlungsansprüche beim Pächter belassen werden müssten.
Die Klägerin macht im Wege des Stufenantrages Auskunftserteilung über die der
Beklagten zu 1) auf die Pachtflächen zugewiesenen Zahlungsansprüche sowie deren
Übertragung, hilfsweise die Leistung entsprechenden Schadensersatzes geltend.
Des Weiteren begehrt die Klägerin Schadensersatz wegen der nach Pachtvertragsende
nicht rechtzeitig erfolgten Übertragung der Zahlungsansprüche. Hierzu behauptet sie,
dass die Nachfolgepächterin wegen der ihr nicht übertragenen Zahlungsansprüche statt
eines jährlichen Pachtzinses von 294,00 €/ha nur einen solchen von 250,00 €/ha zu
zahlen bereit gewesen sei. Hierdurch sei ihr, der Klägerin, für den Zeitraum vom 01.
Oktober 2006 bis zum 31. März 2008 ein Pachtzinsbetrag von insgesamt 7.671,74 €
entgangen. Wegen des diesbezüglichen zukünftigen Schadens begehrt die Klägerin die
Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten.
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagten werden im Wege der Stufenklage verurteilt,
a) Der Klägerin Auskunft über Anzahl und Höhe der Zahlungsansprüche nach VO
(EG) Nr. 1782/2003 und dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz vom 26.07.2004 und
der jeweils dazu erlassenen Durchführungsverordnung zu erteilen, die ihnen im
Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der mit dem zwischen den Parteien am
17./30.08.2004 geschlossenen Landpachtvertrag verpachteten, in Anlage 1 zur
Klageschrift vom 23.03.2007 aufgeführten landwirtschaftlichen Flächen durch
Verwaltungsakt zugeteilt wurden,
b) den Zuteilungsbescheid vorzulegen
und
c) entweder an von der Klägerin noch zu benennende Dritte Zahlungsansprüche in
nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmendem Umfange zu übertragen oder an
die Klägerin Schadenersatz in einer noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 7.671,74 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.557,16 € seit
Rechtshängigkeit (Zustellung der Klageschrift vom 23.03.2007) und aus weiteren
5.114,29 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 16.05.2008 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche
weiteren aus der fehlenden Übertragung der unter Ziffer 1. a) bezeichneten
Zahlungsansprüche noch entstehenden Schäden zu ersetzen.
4. Unter der innerprozessualen Bedingung, dass das Gericht von einer Erfüllung der
Auskunftsverpflichtung durch die Beklagten ausgehen sollte, wird folgender
Leistungsantrag nach Überwechslung auf die Leistungsstufe angekündigt:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,
a) an die …, …, 72,35 Zahlungsansprüche (Acker) für die Region Brandenburg mit
einem Wert von je 269,65 €, ferner 10,75 Zahlungsansprüche mit
Stilllegungsverpflichtung und einem Wert von ebenfalls je 269,65 € und letztlich 0,32
Zahlungsansprüche (Gründland) mit einem Wert von je 68,49 € zu übertragen;
b) ferner an die GbR …, vertreten durch deren Gesellschafter …, 9,96
Zahlungsansprüche (Acker) für die Region Brandenburg mit einem Wert von je 269,65 €,
1,46 Zahlungsansprüche mit Stilllegungsverpflichtung mit dem Wert von ebenfalls je
269,65 € und 3,86 Zahlungsansprüche (Grünland) mit einem Wert von je 68,49 € zu
übertragen
und
c) an Herrn …, 5,75 Zahlungsansprüche (Grünland) für die Region Brandenburg mit
einem Wert von je 68,49 € zu übertragen.
5. Hilfsweise zu dem unter Ziffer 4. angekündigten Antrag begehrt die Klägerin die
Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Abgabe folgender Willenserklärung:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,
a) gegenüber der …, …, …, folgende Willenserklärung abzugeben:
Angeboten wird die unentgeltliche Übertragung von 72,35 Zahlungsansprüchen
(Acker) für die Region Brandenburg mit einem Wert von je 269,65 €, ferner die
Übertragung von 10,57 Zahlungsansprüchen mit Stilllegungsverpflichtung mit einem
Wert von je 269,65 € und letztlich die Übertragung von 0,32 Zahlungsansprüchen
(Grünland) mit einem Wert von je 68,49 €.
b) gegenüber der GbR …, vertreten durch deren Gesellschafter …, folgende
Willenserklärung abzugeben:
Angeboten wird die unentgeltliche Übertragung von 9,96 Zahlungsansprüchen
(Acker) für die Region Brandenburg mit einem Wert von je 269,65 €, ferner die
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
(Acker) für die Region Brandenburg mit einem Wert von je 269,65 €, ferner die
Übertragung von 1,46 € Zahlungsansprüchen mit Stilllegungsverpflichtung mit einem
Wert von ebenfalls je 269,65 € und letztlich die Übertragung von 3,86
Zahlungsansprüchen (Grünland) mit einem Wert von je 68,49 €.
c) Gegenüber Herrn …, folgende Willenserklärung abzugeben:
Angeboten wird die unentgeltliche Übertragung von 5,75 Zahlungsansprüchen
(Grünland) für die Region Brandenburg mit einem Wert von je 68,49 €.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, dass sich aus § 1 a des Pachtvertrages kein Anspruch auf
Übertragung der Zahlungsansprüche im Umfang der flächenbezogenen Anteile herleiten
lasse. Die vorbezeichnete Klausel unterscheide nicht hinreichend deutlich zwischen
betriebsindividuellem und flächenbezogenem Anteil der Zahlungsansprüche. Zudem sei
eine Übertragung nur des flächenbezogenen Anteils wegen des Prinzips der
Einheitlichkeit des Zahlungsanspruchs rechtlich unmöglich. Im Übrigen sei § 1 a des
Pachtvertrages als überraschende Klausel gemäß § 305 c BGB unwirksam. Der Klägerin
sei es als Bundesunternehmen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, sich
bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch die betreffende Vertragsklausel in
Widerspruch zur Wertung der gesetzlichen Regelung zu setzen, derzufolge der von der
Fläche entkoppelte Zahlungsanspruch dem jeweiligen Betriebsinhaber individuell
zugewiesen sei und eine Verpflichtung zur Übertragung nach Pachtvertragsende
grundsätzlich nicht bestehe. Aus diesen Erwägungen sei die Klausel des § 1 a des
Pachtvertrages auch gem. § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung
unwirksam, da sie von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
abweiche.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird das schriftsätzliche
Vorbringen der Parteien und der Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 20. November
2007 und 10. Juni 2008 in Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist insgesamt unbegründet.
Die Klägerin kann weder aus § 1 a des Pachtvertrages, noch aus § 596 Abs. 1 BGB oder
aus sonstigen Rechtsgründen die Übertragung von Zahlungsansprüchen verlangen.
Deshalb kann sie weder hierauf gerichtete Auskunfts- oder Leistungsansprüche, noch
Schadensersatzansprüche wegen verzögerter Übertragung geltend machen. Die Klage
war deshalb sowohl zu den Haupt- als auch zu den Hilfsanträgen insgesamt abzuweisen.
§ 1 a des Pachtvertrages verleiht der Klägerin keinen Anspruch auf Übertragung von
Zahlungsansprüchen oder Teilen hiervon.
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die vorbezeichnete Vertragsklausel
dahingehend zu verstehen ist, dass nur der flächenbezogene Anteil der
Zahlungsansprüche ohne betriebsindividuelle Beträge übertragen werden sollte.
Ebenfalls muss nicht entschieden werden, ob die Erfüllung des in § 1 a des
Pachtvertrages festgeschriebenen Übertragsanspruchs rechtlich unmöglich ist, weil in
dem einheitlichen Zahlungsanspruch der betriebsindividuelle mit dem flächenbezogenen
Betrag derart untrennbar verschmolzen ist, dass einzelne der beiden Bestandteile nach
der Zuweisung des Zahlungsanspruchs nicht mehr aus diesem herausgetrennt und
anderen Betriebsinhabern übertragen werden können [vgl. OLG München, Beschluss
vom 30.06.2006 NL-BzAR 2006 335 (339); OLG Rostock, Urteil vom 07.03.2006 NL-Bz AR
2006, 163 (165); OLG Naumburg, Urteil vom 30. 03.2006, 2 U 127/05; Schreiben des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom
30.01.2006 in: NL-BzAR 2006, 99; Krüger/Schramm „Ausgewählte Rechtsfragen der
Entkoppelung“ in: NL-BzAR 2004, 403 (405 f)] oder ob von diesem Grundsatz mit der VO
(EG) Nr. 1291/2006 abgewichen worden ist. Desgleichen kommt es nicht darauf an, ob
für den Fall, dass eine isolierte Übertragung allein des flächenbezogenen Anteils der
Zahlungsansprüche unmöglich ist, nach dem Regelungsgehalt der Klausel gemäß § 1 a
des Pachtvertrages verlangt werden kann, dass der Pächter so viele ganze
Zahlungsansprüche - einschließlich betriebsindividueller Anteile - überträgt, dass deren
Gesamtwert dem ideellen Gesamtwert der flächenbezogenen Anteile aller einheitlichen
Zahlungsansprüche entspricht.
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
Schließlich kann auch dahinstehen, ob sich die Klägerin bereits deshalb nicht unter dem
Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf § 1 a des Pachtvertrages berufen
kann, weil sie als mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraute Institution nicht
den gesetzgeberischen Wertungen zuwiderhandeln darf, die in der VO (EG) Nr.
1782/2003 zum Ausdruck kommen.
Denn in jedem Fall ist die Klausel des § 1a des Pachtvertrages gemäß § 307 Abs. 1, Abs.
2 Nr. 2 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam.
Die Regelungen in dem schriftlichen Pachtvertrag vom 17./30. August 2004 stellen
Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB dar, weil es sich
um klägerseits bei Vertragsschluss gestellte vorformulierte Vertragsbedingungen
handelt. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.
Gemäß § 310 Abs. 1 BGB gilt die Regelung des § 307 BGB auch, wenn die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmen - wie hier der Beklagten zu 1) -
verwendet werden.
Gemäß § 307 Abs. 3 BGB findet die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB
für solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen statt, durch die von
Rechtsvorschriften abgewichen wird. Hierzu zählen alle Gesetze im materiellen Sinn
einschließlich Verordnungen (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch 67. Aufl. Rn 64 zu § 307).
Ein Abweichen ist gegeben, wenn der Regelungsgehalt der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen mit dem Inhalt der einschlägigen Rechtsvorschriften nicht
übereinstimmt (a.a.O. Rn 65).
Die aufgrund der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP-
Reform) zugewiesenen Zahlungsansprüche sind nach den einschlägigen
Rechtsvorschriften [insbesondere Ratsverordnung VO (EG) Nr. 1782/2003 und dem
Betriebsprämiendurchführungsgesetz vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1763) nebst
Durchführungsverordnung] von den Eigentumsverhältnissen an der landwirtschaftlichen
Nutzfläche unabhängige einheitliche Betriebsprämienansprüche, die nur dem Inhaber
des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes zustehen und diesem auch nach Ende der
Pachtzeit zur alleinigen Verfügung verbleiben. Hierin kommt die von der GAP-Reform
gewollte Entkopplung der Beihilfe von der bewirtschafteten Fläche zum Ausdruck.
Deshalb besteht weder aus § 596 Abs. 1 BGB, noch aus sonstigen Vorschriften eine
gesetzliche Verpflichtung des Pächters, die zugewiesenen Zahlungsansprüche nach
Ende des Pachtverhältnisses auf den Verpächter oder auf dessen Weisung an den
Nachfolgebewirtschafter zu übertragen (BGH Urteil vom 24.11.2006 LwZR 1/06).
Von diesem Regelungsgehalt weicht § 1 a des Pachtvertrages inhaltlich ab, in dem er
den Pächter verpflichtet (anteilige) Zahlungsansprüche nach Pachtvertragsende auf den
nachfolgenden Bewirtschafter zu übertragen. Somit ist gemäß § 307 Abs. 3 BGB wegen
des Abweichens von Rechtsvorschriften die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2
BGB eröffnet.
Gemäß § 307 Abs. 1 BGB ist eine Vertragsklausel unwirksam, wenn sie aus Sicht der
anderen Vertragspartei in ungünstiger Weise von der vorhandenen Regelung abweicht
und die dadurch entstehende Benachteiligung so schwer wiegt, dass sie nach Treu und
Glauben als unangemessen zu bewerten ist. Dabei kommt es in erster Linie auf eine
Abwägung der widerstreitenden Interessen an. Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine
unangemessene Benachteiligung im Zweifel zu bejahen, wenn von dem wesentlichen
Grundgedanken, d. h. von dem Leitbild der gesetzlichen Regelung abgewichen wird und
dabei keine besonderen Gründe gegeben sind, die ein Außerachtlassen des materiellen
Gerechtigkeitsgehaltes der gesetzlichen Regelung rechtfertigen können.
(Schulze/Dörner/Ebert, Bürgerliches Gesetzbuch 5. Aufl. Rn 9, 12, 13 zu § 307;
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch 5. Aufl. Rn 60, 61 zu § 307)
Nach diesen Grundsätzen ist hier von einer unangemessenen Benachteiligung des
Vertragspartners auszugehen.
Der unentgeltliche Verlust der (flächenbezogenen Anteile der) Zahlungsansprüche bei
Pachtvertragsende benachteiligt den Pächter erheblich, weil die Zahlungsansprüche ein
wesentlicher Teil des Einkommens des Betriebsinhabers sind. Diese Verschiebung von
Vermögenswerten zu Lasten des pachtenden Betriebsinhabers ist insbesondere nach
dem Leitbild der gesetzlichen Regelung nicht zu rechtfertigen. Durch die GAP-Reform
sollte die in Form der Zahlungsansprüche gewährte Beihilfe von den im Bezugszeitraum
bewirtschafteten Flächen entkoppelt, d.h., ihre Bindung an die Pachtflächen gelöst
werden. Gleichzeitig wurde als Voraussetzung der Förderung die Einhaltung bestimmter
49
50
51
52
53
54
55
werden. Gleichzeitig wurde als Voraussetzung der Förderung die Einhaltung bestimmter
im öffentlichen Interesse liegender Grundanforderungen für die Erzeugung bzw. für die
Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand
festgelegt. Die als Betriebsprämie gewährte Beihilfe ist ihrem Zweck nach deshalb eine
Gegenleistung für ein im öffentlichen Interesse liegendes Verhalten des
Betriebsinhabers, die als Subvention aus dem öffentlichen Haushalt geleistet wird, um
die Einkommensverhältnisse des Betriebsinhabers zu verbessern und die
Wirtschaftlichkeit seines Betriebes aufrecht zu erhalten (BGH Urteil vom 24.11.2006 -
LwZR 1/06).
Dem sich in diesem Grundgedanken spiegelnden gesetzlichen Zweck läuft es zuwider,
wenn nach § 1 a des Pachtvertrages der flächenbezogene Anteil der Zahlungsansprüche
durch die Übertragungsverpflichtung nach Pachtvertragsende de facto wieder an die
Pachtfläche gebunden wird. Dem Betriebsinhaber würden dadurch zum Teil die Mittel
wieder entzogen, die ihm aus dem öffentlichen Haushalt zugedacht sind, um seinen
Betrieb aufrecht zu erhalten und die vorbezeichneten im öffentlichen Interesse liegenden
Aufgaben zu erfüllen.
Es sind keine gewichtigen Gründe ersichtlich, die im Ergebnis einer Interessenabwägung
diese Abweichung vom Leitbild der gesetzlichen Regelung rechtfertigen.
Der durch § 1 a des Pachtvertrages zur Übertragung der Zahlungsansprüche
verpflichtete Landwirt verliert die ihm durch die gesetzliche Regelung zugedachte Beihilfe
und seine Dispositionsfreiheit hierüber, was die Aufrechterhaltung des Betriebes und die
Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben gefährdet.
Die Klägerin selbst hat kein unmittelbares Interesse an den Zahlungsansprüchen im
Sinne der Förderrichtlinien. Da sie selbst nicht Betriebsinhaberin ist, kann sie die
Zahlungsansprüche nicht selbst nutzen und muss diese an die Nachfolgebewirtschafter
weitergeben, was die Regelung des § 1 a des Pachtvertrages auch so vorsieht. Es
handelt sich dabei aber nicht lediglich um ein Durchreichen der Zahlungsansprüche von
dem bisherigen Pächter an den Nachfolgebewirtschafter, so dass Ersterer zwar
benachteiligt wäre, die Fördermittel aber immerhin entsprechend dem Zweck der
gesetzlichen Regelung der Unterstützung eines anderen Betriebsinhabers dienten.
Vielmehr sollen die übertragenen flächenbezogenen Anteile der Zahlungsansprüche der
Klägerin dazu dienen, gegenüber dem Nachfolgepächter bzw. einem etwaigen Erwerber
der Flächen einen höheren Pacht- bzw. Kaufpreis zu erzielen, was sich insbesondere
hinsichtlich der mit den Anträgen zu Ziffer 2. und 3. geltend gemachten
Schadensersatzforderungen zeigt. Die Nachfolgebewirtschafter müssten deshalb einen
Teil der ihnen übertragenen Zahlungsansprüche in Form eines höheren Pacht- bzw.
Kaufpreises an die Klägerin zurückreichen. Auf diese Weise schöpft die Klägerin im
Ergebnis einen Teil des Wertes der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Beihilfen für sich
ab, so dass dieser entgegen dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr den
Betriebsinhabern zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe und Erfüllung der im öffentlichen
Interesse liegenden Aufgaben zur Verfügung steht. Es ist kein rechtfertigender Grund
dafür ersichtlich, dass die Klägerin, die nicht Inhaberin eines landwirtschaftlichen
Betriebes ist, sich auf Kosten des öffentlichen Haushalts bzw. der
förderungsberechtigten Landwirte einen Vermögensvorteil verschafft. Insbesondere kann
sie sich nicht darauf berufen, dass ihre Flächen ohne die Zahlungsansprüche schlechter
zu vermarkten seien. Der BGH hat mit seinem Beschluss vom 27.04.2007 BLw 25/06
entschieden, dass die Flächeneigentümer bzw. Verpächter die mit dem Systemwechsel
der Agrarförderung für sie verbundene Nachteile angesichts der entsprechenden
gesetzgeberischen Entschließung grundsätzlich hinzunehmen haben.
Gemäß § 306 Abs. 2 BGB treten an Stelle des unwirksamen § 1 a des Pachtvertrages die
gesetzlichen Vorschriften. Nach diesen steht der Klägerin ebenfalls kein Anspruch auf
Übertragung von Zahlungsansprüchen zu, da sich ein solcher weder aus § 596 Abs. 1
BGB nach aus sonstigen Vorschriften herleiten lässt (BGH Urteil vom 24.11.2006 - LwZR
1/06).
Der auf eine Modifizierung der Antragstellung gerichtete nicht nachgelassene
klägerische Schriftsatz vom 18. Juni 2008 war nach Schluss der mündlichen Verhandlung
nicht mehr zu berücksichtigen. Zwar gilt für neue, geänderte bzw. erweiterte
Sachanträge die Präklusionsvorschrift des § 296 a ZPO nicht. Jedoch sind solche
gleichwohl unzulässig, wenn sie entgegen §§ 297, 261 Abs. 2 ZPO nicht spätestens in
der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden. (Zöller Zivilprozessordnung 26.
Aufl. Rn 2 zu § 296 a)
Eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO war nicht angezeigt. Da
der auf die Übertragung von Zahlungsansprüchen gerichtete Leistungsanspruch dem
56
der auf die Übertragung von Zahlungsansprüchen gerichtete Leistungsanspruch dem
Grunde nach nicht zuerkannt werden konnte und die Klage deshalb insgesamt
abzuweisen war, würde sich eine gem. Schriftsatz vom 18. Juni 2008 modifizierte
Antragstellung nicht entscheidungserheblich auswirken. Deshalb gebietet es die auf
einen raschen Abschluss der Instanz abzielende Konzentrationsmaxime hier, die
Wiedereröffnung der Verhandlung abzulehnen. (vgl. Zöller a.a.O. Rn 5 zu § 156;
Baumbach/Lauterbach Zivilprozessordnung 64. Aufl. Rn 9 zu § 156)
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1; 709 S. 1 u. S. 2
ZPO; 48 Abs. 1 S. 1; 1 Nr. 1a LwVG.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum