Urteil des AG Nettetal vom 01.06.2007

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Amtsgericht Nettetal, 17 C 143/07
Datum:
01.06.2007
Gericht:
Amtsgericht Nettetal
Spruchkörper:
Zivilrichterin
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 C 143/07
Rechtskraft:
01.06.2007
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 162,40 nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. April
2007 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Die zulässige Klage ist begründet.
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I. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von EUR 162,40 gegen die Beklagte aus
§ 311 Abs. 1 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen
Rechtsschutzversicherungsvertrag zu.
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Die Gebühr gemäß RVG VV Nr. 4141 entsteht, wenn das Verfahren nicht nur vorläufig
eingestellt wird. Diese Voraussetzungen sind mit der Einstellung des gegen den Kläger
eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Krefeld
vorliegend erfüllt.
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1) Zwar könnten die Voraussetzungen zur Geltendmachung der Gebühr dann nicht
gegeben sein, wenn schon keine auf Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des
Verteidigers des Klägers vorgelegen hätte (so wohl AG Dortmund, Urteil vom 20.
Oktober 2006 – 124 C 5900/06). Denn die Vorschrift RVG VV Nr. 4141 setzt voraus,
dass durch die anwaltliche Mitwirkung eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Soweit
die klagende Partei jedoch mit der Klageschrift vom 29. März 2007 (Bl. 3 d.A.)
vorgetragen hat, das gegen den Kläger eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren
sei unter Mitwirkung der Prozessbevollmächtigen des Klägers eingestellt worden, hat
die Beklagte dies im Folgenden nicht bestritten.
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2) Soweit die Beklagte gegen den geltend gemachten Anspruch vorbringt, die
Befriedungsgebühr für das Strafverfahren entstehe nicht, wenn nach einer
Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft eine Abgabe an die
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Verwaltungsbehörde erfolge, kann dem nicht gefolgt werden.
Zum einen handelt es sich bei der Einstellung des strafrechtlichen
Ermittlungsverfahrens nicht um eine "nur vorläufige Einstellung" des Verfahrens im
Sinne der Gebührenvorschrift. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand,
dass diesem Verfahren hinsichtlich der Ordnungswidrigkeit ein Verfahren der
Verwaltungsbehörde folgte. Denn die Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 1
Satz 1 StPO ist auch dann eine nicht nur vorläufige, wenn die Sache nach Einstellung
des Strafverfahrens zwecks Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit an die zuständige
Verwaltungsbehörde verwiesen wurde.
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Zum anderen handelt es sich bei dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und einem
sich nach dessen Einstellung anschließenden Bußgeldverfahren zudem nicht nur um
"verschiedene Angelegenheiten", vgl. § 17 Nr. 10 RVG, sondern auch um zwei
verschiedene Verfahren (vgl. auch AG Regensburg, Urteil vom 28. November 2005 – 5
C 3474/05; AG Köln, Urteil vom 26. Januar 2006 – 118 C 532/05; AG Bad Kreuznach,
Urteil vom 5. Mai 2006 – 2 C 1747/05; AG Saarbrücken, Urteil vom 13. März 2007 – 42
C 611/06), auch wenn sich die Einleitung des Ausgangsverfahrens auf sämtliche
mögliche Rechtsverstöße bezogen hat (a.A. AG München, Urteil vom 7. Juli 2006 –
1555 C 11172/06). Der diesbezügliche Einwand der Beklagten, es handele sich zwar
um zwei verschiedene Angelegenheiten, aber nicht um zwei Verfahren mit der Folge,
dass die Gebühr gemäß RVG VV Nr. 4141 nur dann anfalle, wenn die
Staatsanwaltschaft das Verfahren insgesamt, also sowohl wegen der Straftat als auch
wegen der Ordnungswidrigkeit einstelle, findet im Gesetz keine Stütze. Nach dem klaren
Wortlaut der Vorschrift RVG VV Nr. 4141 kann es auf die mit der Einstellung des
Ermittlungsverfahrens bereits entstandene Gebühr keinen Einfluss mehr haben, wenn
sich an dieses Verfahren dann noch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren der
Verwaltungsbehörde anschließt.
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II. Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus den §§ 291 Satz 1 und 2,
288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713
ZPO.
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Ein Grund zur Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO ist nicht gegeben.
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