Urteil des AG Münster vom 03.11.2010

AG Münster (ersatz der kosten, vertrag, zpo, veröffentlichung, agb, höhe, angebot, anfechtung, missverhältnis, täuschung)

Amtsgericht Münster, 3 C 2811/10
Datum:
03.11.2010
Gericht:
Amtsgericht Münster
Spruchkörper:
3. Abteilung für Zivilsachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 C 2811/10
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 399,00 € nebst Zinsen in
Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
24.06.2010 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5 € zu
zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 399,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
1
(Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.)
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Die zulässige Klage ist begründet.
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1.
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Die Klägerin hat einen Vergütungsanspruch in Höhe von 399,00 € aus § 611 Abs. 1
BGB.
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a.
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Zwischen den Parteien ist ein Vertrag über die Veröffentlichung der Daten des
Unternehmens des Beklagten auf dem von der Klägerin betriebenen Internet-Portal
geschlossen worden.
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Der Beklagte hat das von der Klägerin als Anlage zur Klageschrift vorgelegte Schreiben
unstreitig erhalten, wobei es dahinstehen kann, ob es ihm als Faxschreiben oder auf
dem Postwege zugegangen ist. Dieses Schreiben ist entgegen der Auffassung des
Beklagten nach seinem objektiven Erklärungsgehalt als Angebot auf den Abschluss
eines entsprechenden Vertrages zu verstehen. Es ist bereits mit der Überschrift
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"Eintragungsangebot" versehen. Im Fließtext wird die monatliche Vergütung von 35 €
genannt. Zudem wird im Fettdruck hervorgehoben mitgeteilt, dass es sich um ein
privates und damit behörden- und kammerunabhängiges Portal handelt.
Dieses Angebot hat der Beklagte angenommen, indem er es unterzeichnet zurückgefaxt
hat. Dies konnte aus dem Empfängerhorizont der Klägerin nur so aufgefasst werden,
dass der Beklagte die Annahme ihres Angebotes erklären wollte.
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b.
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Der Vertrag ist auch nicht aufgrund einer Anfechtung des Beklagten nichtig gemäß §
142 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob die Kündigung des Beklagten vom 25.05.2010
als Anfechtungserklärung auszulegen ist. Der Beklagte hatte bereits kein
Anfechtungsrecht:
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aa.
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Zunächst besteht kein Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB.
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Der Beklagte ist nicht von der Klägerin getäuscht worden. Zwar kann eine zur
Anfechtung berechtigende Täuschung auch darin bestehen, dass Tatsachen entstellt
werden, etwa wenn ein Angebotsschreiben durch seine Aufmachung den Eindruck
eines behördlichen Schreibens oder einer Rechnung vermitteln soll. Dies ist aus den
vorstehenden Gründen jedoch bei dem Angebotsschreiben der Klägerin nicht der Fall:
Für einen objektiven Empfänger ist ohne größere Anstrengungen erkennbar, dass es
sich um ein Angebot eines privaten Auskunftsportals handelt. Dies wird hier nicht in
einem Fließtext versteckt oder auf andere Art und Weise verschleiert, sondern sogar mit
Fettdruck hervorgehoben. Die Fehlvorstellungen des Beklagten wurden insofern nicht
durch eine Täuschung der Klägerin hervorgerufen, sondern sind darauf zurückzuführen,
dass der Beklagte das Schreiben lediglich überflogen haben will, bevor er es
unterzeichnete. Ein objektiver Empfänger hätte das Schreiben jedoch zumindest
teilweise gelesen.
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bb.
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Der Beklagte kann auch nicht gemäß § 119 Abs. 1BGB wegen eines Erklärungsirrtums
anfechten.
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Zwar hat der Beklagte die Annahmeerklärung, die seinem Antwortfax zu entnehmen ist,
tatsächlich nicht abgeben wollen. Zur Anfechtung berechtigt jedoch nur die unbewusste
Unkenntnis: Wird eine Urkunde ungelesen unterzeichnet, hat der Unterzeichnende kein
Anfechtungsrecht (vgl. Palandt-Ellenberger, 68. Auflage 2009, § 119 BGB, Rnr. 9 mit
weiteren Nachweisen). Dies gilt auch, wenn der Erklärende sich mit dem Inhalt eines
Angebotes nicht hinreichend vertraut gemacht hat (vgl. OLG I, Urteil vom 08.05.2008,
Az. 28 U 1/08 – zitiert nach juris).
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c.
18
Der Vertrag ist auch über die sich aus den AGB der Klägerin ergebende Mindestlaufzeit
geschlossen worden. Diese AGB sind wirksam in den Vertrag mit einbezogen worden,
wobei dahinstehen kann, ob sie der Rückseite des Angebotsschreibens aufgedruckt
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waren. AGB werden dann wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn der Verwender die
andere Vertragspartei auf sie hinweist und ihr die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer
Art und Weise von ihnen Kenntnis zu nehmen. Bei Verträgen zwischen Unternehmern
ist es hierfür nicht erforderlich, dass die AGB übersandt werden. Der Hinweis auf eine
Veröffentlichung im Internet ist ausreichend.
d.
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Der Vertrag ist auch nicht nichtig gemäß den §§ 134, 138 BGB.
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Es ist nicht ersichtlich, gegen welches gesetzliche Verbot der Vertrag verstoßen sollte.
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Der Vertrag ist auch nicht sittenwidrig. Zwar kann ein Vertrag auch dann sittenwidrig
sein, wenn ein außergewöhnliches Missverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung besteht. Ein solches Missverhältnis hat der Beklagte jedoch nicht
dargelegt. Der Gegenwert einer Veröffentlichung auf einem Auskunftsportal ist nicht von
dem damit verbundenen Aufwand abhängig, sondern im Wesentlichen davon, wie stark
dieses Portal frequentiert wird. Hierzu hat der Beklagte nichts vorgetragen, auch nicht
dazu, mit welchen Kosten eine Veröffentlichung auf vergleichbaren Seiten verbunden
gewesen wäre.
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2.
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Der ausgeurteilte Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB. Die Klägerin hat
weiterhin einen Anspruch auf den Ersatz der Kosten ihrer Mahnschreiben als
Verzugsschaden gemäß § 286 Abs. 1 BGB. Die Höhe dieser Kosten wird vom Gericht in
Anwendung des § 287 ZPO auf 5 € geschätzt.
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3.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit des Urteils aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Es bestand keine
Veranlassung, gemäß § 511 Abs. 4 ZPO, die Berufung zuzulassen.
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