Urteil des AG Müllheim vom 01.06.2006

AG Mülheim: koordination, versicherung, vollstreckbarkeit, bereicherung, rückerstattung, zivilgericht, schneeballsystem, datum

Amtsgericht Mülheim an der Ruhr, 23 C 2687/05
Datum:
01.06.2006
Gericht:
Amtsgericht Mülheim an der Ruhr
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
23 C 2687/05
Schlagworte:
Schenkkreis, Schneeballsystem
Normen:
§ 817 Satz 2 BGB
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Schenkkreiseinsätze können nicht zurückgefordert werden, entgegen
BGH NJW 2006, 45
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen
Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten nicht den geltend gemachten Anspruch auf
Rückerstattung ihrer Schenkkreiseinsätze von insgesamt 364,00 € aus
ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 2 oder § 812 Abs. 1 Satz 1 in
Verbindung mit § 818 Abs. 2 BGB.
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Dem steht § 817 Satz 2 BGB mit seinem klaren Wortlaut entgegen. Nicht nur dem
Beklagten als in die Koordination Eingebundenen sondern auch der Klägerin fiel mit
ihrer Beteiligung an dem Schenkkreis ein Sittenverstoß zur Last. Der Gesetzgeber
macht das Eingreifen der Kondiktionssperre gerade nicht von einer Abwägung des
Schutzbedürfnisses oder der Intensität des Gesetzes- oder Sittenverstoßes durch die
eine oder die andere Seite abhängig gemacht. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung
des § 817 Satz 2 BGB vielmehr ganz bewusst den Gedanken eines gerechten
Ausgleichs hintan gesetzt.
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Eine Rechtsprechung, die dem einzelnen Teilnehmer eines Gesetzes- oder
Sittenverstoßes erlaubt, im Erfolgsfalle die Dinge auf sich beruhen zu lassen und
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anderenfalls im Prozesswege wenigstens den Einsatz zurückzuerlangen, lädt geradezu
zum Gesetzes- oder Sittenverstoß ein. Diese Instrumentalisierung der Justiz quasi als
Versicherung für den Fall des Misserfolges eines bewusst eingegangenen Gesetzes-
oder Sittenverstoßes will die gesetzliche Regelung verhindern.
Die Gedanken des III. Zivilsenats in BGH NJW 2006, 45 mit dem Ergebnis einer
Relativierung der eindeutigen Gesetzesaussage teilt das erkennende Gericht nicht. Für
einen milden Blick auf Gesetzes- und Sittenverstöße ist im Bereicherungsrecht nicht
einmal systematisch Raum. Solch klare Verstöße gegen Rechtsgründe aller Art bieten
im Grund schon keinen Einstieg ins Bereicherungsrecht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr.
11, 711 Satz 1, 713 ZPO.
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