Urteil des AG Mönchengladbach vom 09.03.2004
AG Mönchengladbach: jugendamt, entlassung, stadt, trennung, hotel, klinik, wohnung, stationäre behandlung, gefährdung, gefahr
Amtsgericht Mönchengladbach, 13 Cs 343/03
Datum:
09.03.2004
Gericht:
Amtsgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
Einzelrichter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 Cs 343/03
Normen:
§§ 222, 13 StGB
Tenor:
Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Tötung kostenpflichtig zu ei-ner
Geldstrafe von einhundertfünfzig (in Zahlen: 150) Tagessätzen zu je
40,00 EUR verurteilt.
Dem Angeklagten fallen auch die dem Nebenkläger .... entstandenen
notwendigen Auslagen zur Last.
Angewendete Vorschriften: §§ 222, 13 StGB
I
1
Im Frühjahr 2001 wurde dem Jugendamt der Stadt Mönchengladbach im Rahmen von
Mitteilungen des Nebenklägers und Zeugen .... bekannt, dass dieser nicht nur rüge, die
Mutter .... des gemeinsamen Kindes der beiden, der am Februar 2001 geborenen ....,
verweigere ihm Besuche des Kindes, sondern sie sei seit der Geburt depressiv,
bisweilen aggressiv und befinde sich in fachärztlicher Behandlung. Parallel dazu macht
der Zeuge und Nebenkläger ...., der im Hause neben der Kindesmutter wohnte, die
Regelung seines Besuchsrechts beim Amtsgericht Mönchengladbach in einem gegen
.... gerichteten Antrag geltend. Das Amtsgericht schaltet im Rahmen dieses Verfahrens
ebenfalls das Jugendamt der Stadt Mönchengladbach ein.
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Im Juli 2001 berichtete das Jugendamt, vertreten durch den Sachbearbeiter und Zeugen
...., dem Gericht, die Beziehungen zwischen Frau .... und dem Kindesvater seien so
konfliktbeladen, dass lediglich vom Kinderschutzbund begleitete Besuchskontakte
möglich seien und die Kindesmutter sich vom 29. August bis 19. September 2001 in
einer für notwendig erachteten Mutter-Kind-Kur befinden werde.
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Vor dem Beginn dieser Kur führte der Zeuge .... getrennte Gespräche mit den
Kindeseltern durch. Außerdem kam es zu zwei durch die Zeugin .... vom
Kinderschutzbund vermittelte Zusammenkünfte von Kindesvater und ..... Aus
anwaltlichen Schreiben und Schreiben des Zeugen .... wurde bekannt, dass sich
Kindesmutter und Kindesvater gegenseitig körperlicher Angriffe und der Kindesvater
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zusätzlich .... des Missbrauchs von Alkohol beschuldigen, wodurch nach Ansicht des
Zeugen .... das Kindeswohl gefährdet werde.
Mit Schreiben vom 12. September 2001 berichtete der Zeuge ...., der innerhalb der
Aufgabenverteilung des Jugendamts für die Betreuung des Kindes .... zuständig war,
gestützt auf die persönlichen Erlebnisse der Kindesmutter bei den Zusammenkünften
und einem bei ihr durchgeführten Hausbesuch dem Familiengericht mit, Frau .... sei
nach seinen und des Kinderschutzbund Erfahrungen in der Lage, die Versorgung des
Kindes und seine Erziehung sicherzustellen, das Verhältnis zwischen ihr und dem Kind
sei eine natürlich gewachsene enge Beziehung. Auch zwischen dem Kindesvater und
.... bestehe eine gewachsene Beziehung.
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Intern vermerkte Herr .... in der Akte des Jugendamts Frau .... sei auf Grund des äußerst
konfliktbeladenen Verhältnisses zu dem Zeugen .... zwar nervlich und körperlich
angespannt, bezüglich der Versorgung des Kindes beständen von seiner Seite keinerlei
Bedenken. Frau .... sei nach seinen Erfahrungen stets zu einer konstruktiven und
verlässlichen Zusammenarbeit bereit. Auf Grund der Behauptungen des Kindesvaters
über Alkoholmissbrauch seitens der Mutter der Frau ...., der Großmutter ...., führte Herr ....
am 27. November 2001 nochmals bei der Kindesmutter und deren im Hause lebenden
Mutter jeweils einen Hausbesuch durch, gewann den Eindruck, dass es sich um einen
gepflegten und ordentlichen Haushalt handele, das Kind .... auch zu seiner Großmutter
eine gewachsene Beziehung habe und teilte dem Familiengericht in einem Schreiben
vom 10. Dezember 2001 diese seine Eindrücke mit und berichtete ferner, dass es sich
bei .... um ein gepflegtes und gesund entwickeltes Kind handele, das eine tragfähige
Beziehung zu seiner Mutter, die ihrerseits zu konstruktiver Mitarbeit bereit sei und
Hilfestellungen annehme, habe.
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Da .... zwischenzeitlich zum Ausdruck gebracht hatte, mangels Vertrauens zu der
Zeugin .... vom Kinderschutzbund deren Therapieangebot nicht annehmen zu wollen,
hatte der Zeuge .... in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund eine
psychotherapeutische Betreuung der .... durch die Fachärztin für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, die Zeugin .... vermittelt, die im Juli 2001 begonnen
hatte. Parallel zu dieser Therapie hatte das Jugendamt vertreten durch den Zeugen ....
die Zeugin .... dazu gewonnen, zur Entlastung der .... gegen ein entsprechendes Entgelt
an zwei Tagen in der Woche das Kind .... als Tagesmutter in ihrem Haushalt von 9.00 .
13.00 Uhr zu versorgen, was dann auch ab September / Oktober 2001 geschah.
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In einem Hauptverhandlungstermin am 23. Januar 2002 vor dem Familiengericht
behauptete der Vater .... erneut, die Kindesmutter sei auf Grund ihrer depressiven
Stimmungsschwankungen nicht in der Lage, .... zu versorgen und zu erziehen. Nach
dem Termin fragte der Zeuge .... den Zeugen Deckers, ob ihm bekannt sei, dass Frau ....
etwa vierzehn Tage zuvor einen Suizidversuch unternommen habe, wollte aber auf die
Nachfrage des Zeugen .... weitere Einzelheiten nicht mitteilen. Als der Zeuge .... .... mit
dieser Behauptung des Zeugen .... konfrontierte, verneinte sie dies vehement und war
erbost über diese "falsche" Behauptung.
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Im Verlaufe der psychotherapeutischen Betreuung durch die Fachärztin .... vermittelte
diese .... einen Platz in einer Mutter-Kind-Station in Köln, den die Kindesmutter ablehnte,
weil sie .... nicht sofort mit in diese Einrichtung mitnehmen konnte.
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Stattdessen begab sich ...., zumal die Überlastungssituationen sich häuften, mit Wissen
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des Zeugen .... am 29. Januar 2002 in psychotherapeutische stationäre Behandlung in
die Rheinischen Kliniken Viersen, Fachbereich Psychiatrie und Psychotherapie.
Während dieser Zeit betreute zunächst ihre Mutter, die Zeugin .... das Kind ..... Am 18.
Februar 2002 wollte .... den stationären Aufenthalt jedoch nicht mehr fortsetzen, weil sie
es schlecht in der Klinik aushalte und sie zudem ihr Kind vermisse. Obgleich ihr von
Seiten der Klinik angeboten wurde, in baldiger Zukunft an Stelle einer anderen
Patientin, die entlassen werde, im Rahmen eines "rooming in" ihr Kind zu sich in die
Klinik zu nehmen, kehrte sie am 19. Februar 2002 von einer Tagesbelastungserprobung
nicht ins Krankenhaus zurück und teilte telefonisch mit, sie wolle überhaupt nicht mehr
zurückkommen, erschien dann aber am 20. Februar 2002 wieder in der Klinik und teilte
mit, dass ein weiterer stationärer Aufenthalt wegen der Schwierigkeiten mit ihrer Mutter
und dem Zeugen ...., insbesondere aber deshalb nicht in Betracht komme, weil sie ihr
Kind zu sehr vermisse. Mit Zustimmung der .... und unter Einschaltung des Jugendamts
sollte .... dann in die Tagesklinik in Mönchengladbach auf der Regentenstraße verlegt
werden, sobald das Jugendamt eine Pflegefamilie gefunden habe, in der .... während
des Aufenthalts der Mutter in der Tagesklinik versorgt werden könne. Zwei Tage später
erklärte .... , sie wolle das angestrebte "rooming in" nicht, sondern die Klinik verlassen,
obgleich der behandelnde Arzt ihr die Folgen für ihre und ihrer Kind Zukunft deutlich vor
Augen hielten, erklärte sich allerdings bereit das Angebot der Tagesklinik
Regentenstraße anzunehmen, wo sie dann auch am 25. Februar 2002 erschien, dann
aber entgegen erneutem ärztlichen Rat diese endgültig verließ und zu einer Freundin
nach Essen fuhr. Von dieser Entwicklung wurde das Jugendamt in Kenntnis gesetzt.
In einem am 4. März 2002 zwischen dem Zeugen .... und .... geführten Gespräch
wiederholte sie, das Angebot der Tagesklinik nicht annehmen zu wollen, sondern die
ambulante Behandlung bei der Fachärztin .... fortzusetzen, was dann auch geschah.
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Nach einem weiteren Termin in dem Verfahren wegen Umgangsregelung vor dem
Familiengericht Mönchengladbach bestellte dieses die Zeugin .... zur
Verfahrenspflegerin für das Kind .....
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Am 8. Juni 2002 meldete sich .... telefonisch völlig verzweifelt bei der Zeugin ...., die bis
dahin .... weiterhin als Tagesmutter betreut hatte, und berichtete, dass es ihr sehr
schlecht ginge, sie höre Stimmen, die ihr befählen, aus dem Fenster zu springen.
Obgleich die Zeugin .... aus persönlichen Gründen große Schwierigkeiten hatte, sich frei
zu machen, fand sie sich nicht zuletzt auch aus Sorge um .... bereit, Frau .... in die
Rheinische Landesklinik für Psychiatrie in Mönchengladbach zu bringen, wo sie noch
am selben Tag aufgenommen wurde. Die Zeugin .... unterrichtete den Zeugen .... vom
Jugendamt nicht nur von diesem Geschehen und seinem Anlass am Tage danach,
sondern später auch davon, dass .... nach zwei Tagen bei ihr in der Wohnung
erschienen sei, ihr Vorwürfe gemacht habe, dass sie trotz ihrer der Zeugin eigener
Belastung nicht täglich mit .... zum Krankenhaus komme, .... genommen habe, mit ihr
sich zu ihrer Mutter begeben habe und sie die Zeugin wegen des aus diesem Verhalten
der Frau .... resultierenden Zerwürfnisses nicht mehr bereit sei, als Tagesmutter zur
Verfügung zu stehen.
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Da .... wegen des Drucks, dem sie von Seiten des Kindesvaters, des Zeugen ....,
ausgesetzt war und dem sie sich auch von Seiten ihrer Mutter ausgesetzt empfand, von
diesen beiden weg in einen anderen Stadtteil von Mönchengladbach umgezogen war,
wurde statt des Zeugen .... der Angeklagte, der ebenfalls bei dem Jugendamt als
Sozialarbeiter beschäftigt ist, am 14. Juni 2002 als Betreuer für das Kind .... zuständig.
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Im Rahmen des Übergabegesprächs wies der Zeuge .... den Angeklagten auf die
Gesamtproblematik hin und übergab ihm zur weiteren Sachbearbeitung die Fallakte
"....", in der die Schreiben des Zeugen .... an das Jugendamt und an das Familiengericht,
die im Rechtsstreit vor dem Familiengericht gewechselten Schriftsätze, die
Sitzungsprotokolle des Familiengerichts, seine Beschlüsse und Vermerke des Zeugen
.... enthalten waren, aus denen der Angeklagte die gesamte Problematik des Falls und
die Gründe für die Befassung des Jugendamts im Zusammenhang mit dem Bericht
seines Vorgängers sowie die Notwendigkeit, Frau .... nicht mit ihren Problemen allein zu
lassen, sondern ihr Hilfe zukommen zu lassen, um das Wohl des Kindes .... nicht zu
gefährden, entnehmen konnte.
Am 22, Juli 2002 teilte der Zeuge ....dem Angeklagten telefonisch mit, er und .... hätten
sich ausgesprochen, seine Bedenken gegen die Erziehungsfähigkeit der Frau .... nehme
er zurück, beiden wollten künftig ihre Angelegenheiten ohne die Einmischung und
Beteiligter Dritter selbst regeln und ein weitergehender Beratungsbedarf bestehe soweit
nicht. Dies ließ sich der Angeklagte im gleichen Telefonat von Frau .... bestätigen und
teilte dies mit Schreiben vom 24. Juli 2002 dem Familiengericht mit
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Zu Beginn dieses Schreibens wies er allerdings zunächst darauf hin, Herr .... habe,
ohne konkrete Dinge benennen zu können, am 17. Juli 2002 die kontinuierliche
Erziehungsfähigkeit der Frau .... bezweifelt, sie als sprunghaft und nicht zuverlässig
beschrieben und erklärt, sie habe mehrfach suizidale Äußerungen gemacht und er stehe
einer psychiatrischen Behandlung kritisch gegenüber, weil sie stationäre Behandlungen
entgegen ärztlichen Rat abgebrochen habe.
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Am 21. August 2002 teilte der Zeuge .... dem Angeklagten mit, dass er sich wieder von
Frau .... getrennt habe, er habe festgestellt, dass diese die Windeln nicht gewechselt
habe, das Kind zu warm anziehe und äußerte ansonsten nicht konkretisiert die
Auffassung, Frau .... sei nicht erziehungsfähig. Allerdings hatte der Angeklagte auch in
Erfahrung gebracht, dass der Zeuge anlässlich eines Besuchskontakts Frau .... so heftig
ins Gesicht geschlagen hatte, dass diese einen Nasenbeinbruch davon getragen hatte.
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Im August 2002 fand unter den Mitarbeitern des Jugendamts der Stadt
Mönchengladbach eine Supervision statt, bei der der Angeklagte den Fall .... vortrug,
das Für und Wider einer Trennung von Mutter und Kind diskutiert wurde und das Team
zu dem von allen getragenen Ergebnis gelangte, dass es besser sei, .... bei ihrer Mutter
zu belassen, damit auch ihr Vertrauen gegenüber dem Angeklagten zu stärken, um sie
so erfolgreicher zu veranlassen, auf die Hilfsangebote des Angeklagten einzugehen,
wobei dem Gericht nicht bekannt geworden ist, worin diese zu diesem Zeitpunkt über
die psychotherapeutische Betreuung seitens der Fachärztin .... und das Abwarten der
Entwicklung hinaus konkret hätten bestehen sollen.
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Ebenfalls im September, nämlich am 16. September 2002, beendete .... die bis dahin
weitergeführte psychiatrische Betreuung durch die Fachärztin ..... Da der Verlauf der
Behandlung durch ein Auf und Ab von Hilfesuche und deren Ablehnung
gekennzeichnet war, hatte die Zeugin .... beim letzten Besuch der Frau ...., bei dem
diese wieder alle Hilfeangebote ablehnte, subjektiv ein ungutes Gefühl, hatte
Befürchtungen um das Wohl des Kindes und versuchte, die Patientin zu provozieren
und zu Äußerungen zu veranlassen, die ihr eine Handhabe gegeben hätten, selbst das
Kind Frau .... abzunehmen und die zuständigen Stellen zu benachrichtigen, damit eine
Inobhutnahme des Kindes durchgeführt werde. Da Frau .... nicht suizidal, nicht
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psychotisch und nicht aggressiv reagierte, die Zeugin .... aber dennoch ihr ungutes
Gefühl behalten hatte, rief sie nach dem Besuch der .... den Angeklagten als Vertreter
des Jugendamts an und teilte ihm das Erlebnis dieses Besuchs, ihre Befürchtung vor
einer Kurzschlusshandlung der Frau .... mit, wies darauf hin, dass sie selbst nur mit der
Androhung, ihr andernfalls das Kind zu entziehen, dazu gebracht habe, die ihr
verschriebenen Psychopharmaka einzunehmen und verstärkt auf Frau .... zu achten,
gegebenen Falls das Kind herauszunehmen sei.
Die Zeugin ...., die vom Gericht zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes ....
bestellte Verfahrenspflegerin, hatte sich zuvor durch mehrere Besuche bei dem Zeugen
.... und .... ein Bild von dem Persönlichkeitsbild der beiden verschafft und hatte den
Eindruck gewonnen, dass Frau .... psychisch krank sei; denn Frau .... hatte ihr
gegenüber Suizidgedanken geäußert und erklärt, sie werde .... mitnehmen. Sie hatte
aber auch zum Ausdruck gebracht, dass sie Leute habe, mit denen sie darüber
sprechen könne. Insgesamt hatte Frau .... den Eindruck, dass das Auf und Ab im
Verhalten des Kindes für das Kindeswohl sehr schädlich war; Sie hielt Frau .... für nicht
mehr kalkulierbar und nicht therapiewillig. Deshalb sprach sie auch die Zeugin .... darauf
an, die die Auffassung der Zeugin .... bestätigte, deren direkte Frage, ob es weiter zu
verantworten sei, dass .... bei ihrer Mutter bleibe, aber nicht konkret, sondern mit dem
Hinweis auf ihre eigenen großen Sorgen beantwortete.
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Am 2. Oktober 2002 fand dann wieder ein Termin vor dem Familiengericht statt, zu dem
auch der Angeklagte und die Zeugin ...., nicht aber .... erschien waren. Frau .... hatte in
Vorbereitung zu diesem Termin, aus Sorge um das Kindeswohl über die
Aufgabenstellung der Verfahrenspflegerin in einem Besuchsregelungsverfahren
hinausgehend, den Antrag gestellt, für beide Elternteile ein psychiatrisches Gutachten
mit der Fragestellung einzuholen, ob bei .... eine das Kindeswohl gefährdende und bei
dem Kindesvater eine den Umgangsausschluss rechtfertigende psychische Erkrankung
vorliege.
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In diesem Termin äußerte sich Frau .... ausweislich des Protokolls sinngemäß wie folgt.
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Nach meiner Ansicht müsste der Frau .... auferlegt werden, Hilfen zur Erziehung beim
Jugendamt der Stadt Mönchengladbach zu beantragen. Ich kann den derzeitigen
Zustand der Frau .... nicht einschätzen. Ich mache mir wirklich Sorgen um ..... Ich halte
es für unverantwortlich, wenn Frau .... mit .... bis zum Vorliegen des Gutachtens allein
gelassen wird.
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Der Angeklagte erklärte darauf hin sinngemäß, in der nächsten Woche seien weitere
Gespräche mit Frau .... beabsichtigt. Sie habe verschiedene Schritte geplant. Es sei
auch angedacht, Hilfen zur Erziehung einzurichten. Wenn Frau .... die geplanten Schritte
nicht durchführe, sei ihr schon angekündigt worden, dass dies dem Gericht mitgeteilt
werde.
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Der Richter, der Zeuge ...., erklärte abschließend, dass er derzeit der Kindesmutter nicht
die Beantragung konkreter Hilfen zur Erziehung auferlegen könne, er aber davon
ausgehe, dass das Jugendamt umgehend dem Gericht mitteile, sobald sich im Rahmen
der laufenden Gespräche mit der Kindesmutter herausstelle, dass diese nicht bereit oder
in der Lage sei, erforderliche Hilfe anzunehmen.
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Dann erließ das Gericht einen Beschluss, in dem es die fachpsychologische
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Untersuchung der Parteien, bezüglich ... zu folgendem Fragenkatalog anordnete:
Ist die Kindesmutter erziehungsfähig? Ist sie zur Versorgung und Erziehung des Kindes
.... , gegebenen Falls bei Hinzutreten öffentlicher Hilfen, in der Lage? Ist die
Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter durch eine gegebenen Falls vorliegende
psychiatrische Erkrankung in der Weise beeinträchtigt, dass dadurch eine Gefährdung
des Kindeswohls besteht?
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Wenige Tage danach, nämlich am 7. Oktober 2002 kam es zu einer kontroversen
Besprechung zwischen dem Angeklagten und Herrn .... einerseits und der Zeugin ....
andererseits, in der die Zeugin .... die dringende Erforderlichkeit einer
Jugendhilfemaßnahme, zum Beispiel einer sozialpädagogischen Familienhilfe vertrat,
um einen Blick auf Mutter und Kind zu haben und eine Kindeswohlgefährdung
ausschließen zu können. In diesem Zusammenhang schlug sie für den Fall einer
Herausnahme dem Angeklagten vor, Informationen einzuholen, wo das Kind
untergebracht werden könnte. Außerdem wies sie spätestens in diesem Gespräch den
Angeklagten, auf die Erklärungen der .... zu einem erweiterten Selbstmord hin und
äußerte ihre Sorge, dass es bei Frau .... zu einer Überreaktion kommen könnte, die in
einem erweiterten Selbstmord münden könnte.
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Demgegenüber vertraten der Angeklagte und der Zeuge .... die Auffassung, man solle
das Vertrauen der Kindesmutter in ihre eigenen Fähigkeiten stärken, in dem man das
Kind bei der Mutter belasse und sie so stärke.
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Da Frau .... zu diesem Termin nicht erschienen war, wurde ein erneuter Termin für den
17. Oktober 2002 bestimmt, vor dem der Angeklagte versuchen wollte, Kontakt zu Frau
.... aufzunehmen. Der Angeklagte erklärte darüber hinaus, dass das Amtsgericht
entsprechend benachrichtigt und Herausgabebeschluss beantragt werden sollte, falls es
nicht gelinge bis zu diesem Tag Kontakt zu Frau .... herzustellen.
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Am 15. Oktober stellte Frau .... sich in einer Mutter-Kind-Einrichtung in Lengerich vor,
ohne dass es zu einer Aufnahme kam.
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Irgendwann zwischen dem Gerichtstermin vom 2. und Ende Oktober 2002, ansonsten
ließ sich ein genauerer Zeitpunkt nicht feststellen, teilte die Zeugin .... , die dies im
Rahmen ihrer therapeutischen Betreuung einer Patientin, nämlich der Zeugin ....,
erfahren hatte, aus Sorge um das Wohl der .... dem Angeklagten bewusst als dem
zuständigen und verantwortlichen Mitarbeiter des Jugendamts Mönchengladbach mit,
ihre Patientin habe .... in Mönchengladbach kennen gelernt. Diese habe ihr anvertraut,
dass sie bereits mehrfach einen Schal um den Hals des Kindes gelegt habe. Sie habe
ihn aber immer noch rechtzeitig gelöst, ohne das Kind zu verletzen. Der Angeklagte
schlug darauf hin vor, die Patientin der Zeugin .... solle gemeinsam mit ihm Frau ....
aufsuchen und sie mit dieser Aussage konfrontieren. Die Zeugin .... prüfte, ob sie dies
aus medizinischer Sicht vertreten könne, kam zu dem Schluss, dass dies eigentlich für
ihre Patientin nicht gut sei, fragte die Zeugin .... aber dennoch und teilte dies dem
Angeklagten dann in einem weiteren Telefonat, nachdem auch Frau .... dies nicht wollte,
mit.
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Der Angeklagte seinerseits hielt wegen dieser Weigerung der Zeugin .... deren Bericht
nicht für genügend beweiskräftig und gerichtsverwertbar, unternahm deshalb zur
weiteren Aufklärung des Sachverhalts nichts, veranlasste der Angeklagte trotz der ihm
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bekannten ernsten Sorgen der Fachärztin .... um das Kindeswohl, des Hinweises des
Zeugin .... auf die Äußerungen der .... zu einem erweiterten Selbstmord von Mutter und
Kind und schließlich des Hinweises der Zeugen .... nichts, ging damit auch nicht wieder
in eine Supervision mit den übrigen Mitarbeitern des Jugendamts und teilte
insbesondere von diesem ihm allein, weil bei ihm alle Fäden zusammenliefen,
umfassend bekannten Sachverhalt auch nichts dem Familiengericht mit, das nicht nur
mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln der Prozessordnung den von der Zeugin
.... berichteten Sachverhalt hätte aufklären können, sondern, wie der Angeklagte im
Termin vom 2. Oktober 2002 erkannt hatte, den Gegenstand des Verfahrens über die
Besuchsregelung hinaus auf die Gefährdung des Kindeswohls bei einem Verbleiben
des Kindes bei der Mutter ausgedehnt hatte und deshalb von allen neuen
Entwicklungen unterrichtet werden wollte.
In der Folgezeit verlief die weitere Entwicklung wie bisher. Mal gelang es zu Frau ....
Kontakt aufzunehmen, mal nicht. Insbesondere ihre Mutter teilte wiederholt mit, dass sie
sich Sorge um ihre Tochter mache..
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Am 24. Oktober 2002 hatte .... gemeinsam mit ihrer Tochter ein Vorstellungsgespräch in
der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie in Lengerich.
Dabei fielen den Mitarbeitern der Klinik nicht nur ein zu passives Verhalten des Kindes
...., sondern insbesondere frische und alte blaue Flecken im Gesicht des Kindes, kleine
Schnittwunden an dessen Scheide und Oberschenkeln auf. Die Zeugin ...., die bei
diesem Aufnahmegespräch dabei war, sprach .... darauf an, erhielt aber nur
ausweichende Antworten, wie das Kind habe sich gestoßen, und sie teilte, da sie dies
nicht für glaubhaft hielt, zumal .... selbst Impulsausbrüche und Überforderungsgefühle
ihrerseits einräumte, dies im Zusammenhang aus Sorge um das Kindeswohl zwischen
dem 24. Oktober und 8. November 2002 sowohl dem Angeklagten und Herrn .... beim
Jugendamt der Stadt Mönchengladbach als auch dem Zeugen .... vom
sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt Mönchengladbach telefonisch mit. Der
Angeklagte nahm diese Information dann auch in seinen Vermerk vom 18. November
2002 auf.
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Anfang November konnte die vorgesehene Maßnahme der Aufnahme von Mutter und
Kind in einer entsprechenden Einrichtung in Köln nicht erfolgen, weil diese nur aus dem
Raum Köln stammende Patienten aufnahm.
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Am 18. November 2002 vermerkte der Angeklagte in der Verfahrensakte des
Jugendamts, dass auf Grund der von ihm durchgeführten Hausbesuche und
vergeblichen Versuche, Frau .... anzutreffen, insgesamt sich die Hinweise häuften, dass
.... in ihrer Situation überbelastet sei, zu verstärktem Alkoholkonsum und
Tablettenkonsum neige, die Gefährdung .... im Haushalt der Kindesmutter verstärkt sei
und vorgeschlagen werde, unverzüglich einen Anhörungstermin anzuberaumen und
gegebenen Falls einen Sorgerechtsentzug durchzuführen.
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Im zweiten Drittel November 2002 schlug Frau .... ...., so dass sie sich eine Prellung
unter dem Auge zuzog. Dem Angeklagten gegenüber erklärte sie später
wahrheitswidrig, .... sei ihr bei einem Martinszug von der Schulter in einen Stock
gerutscht.
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Wegen dieses Vorfalls informierte der Zeuge .... am 19. November 2002 die Polizei, die
sich auch Einlass in die Wohnung der .... verschaffte, aber keine Anhaltspunkte für eine
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Vernachlässigung. Verwahrlosung oder Gefährdung des Kindeswohls fand.
Da sich der Zustand von .... zusehends verschlechterte, nahm der Angeklagte Kontakt
zu Frau .... vom Gesundheitsamt der Stadt Mönchengladbach auf, um eine
psychiatrische Betreuung zu erreichen.
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Trotz der rapiden Verschlechterung der Situation seit dem Gerichtstermin vom 2.
Oktober 2002 und der eigenen Erkenntnis, dass die Gefährdung des Kindes ein solches
Maß angenommen hatte, dass ein weiteres Verbleiben des Kindes in der Obhut der
Mutter nicht zu verantworten war, unternahm der Angeklagte nichts, um diese akute
Gefahr zu beseitigen, unterrichtete auch von den zahlreichen Hinweisen der
Kindeswohlgefährdung nicht das Familiengericht, hoffte vielmehr es würde, bis zu dem
Zeitpunkt, zu dem die von ihm und .... gesuchte Mutter-Kind Therapie gefunden werde,
nichts passieren.
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Schließlich gelang es dem Angeklagten, für .... zusammen mit .... zum 11. Dezember
2002 Aufnahme in die Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des St.
Vinzenzhospitals Dinslaken zu erreichen. Ziel der stationären Therapie war es neben
einer medikamentösen Einstellung, das Vorliegen einer schizoaffektiven Störung
abzuklären, eine ausreichende Stabilisierung und Reduktion der massiven Angst- sowie
depressiven Symptomatik zu erreichen, Frau .... im Umgang mit der konflikthaften
familiären Situation zu unterstützen, die Mutter-Kind Interaktion und mütterlichen
Kompetenzgefühle zu fördern und eine Zukunftsperspektive zu entwickeln.
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Im Rahmen der Kontaktaufnahme seitens des Angeklagten mit dem St. Vinzenz-
Hospital unterrichtete er den zuständigen Oberarzt Dr. .... von den vorerwähnten
Hinweisen auf Impulsdurchbrüche der Kindesmutter, insbesondere auch von den ihm,
dem Angeklagten, seitens der Zeugin .... berichteten Versuchen der ...., ihr Kind mit
einem Schal zu erdrosseln und sagte nach dem Hinweis des Dr. ...., dass die
Weiterbehandlung und Betreuung nach dem Klinikaufenthalt auf Grund der Lage des
Falles elementar wichtig sei, zu dass von Seiten des Jugendamts nach einer
Entlassung für die dann von den behandelnden Ärzten erforderliche Erziehungshilfe
und Entlastung der Mutter gesorgt werde.
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Zwar behandelt das Gericht die Behauptung der Verteidigung, der behandelnde Arzt Dr.
.... habe dem Angeklagten anlässlich eines Telefongesprächs am 30. Januar 2003
mitgeteilt, .... arbeite kooperativ mit, als wahr, ansonsten gelang es dem St. Vinzenz-
Hospital jedoch nicht, zum Angeklagten oder einem anderen Mitarbeiter des
Jugendamts telefonisch Kontakt herzustellen, so dass die Mitarbeiterin des
Krankenhauses Hinze am 20. Januar 2003 ein Fax an das Jugendamt schickte, in dem
sie um eine Kostenzusage für .... bat, damit diese im Rahmen einer qualifizierten Mutter-
Kind Behandlung in einer Kindertageseinrichtung untergebracht werden konnte.
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Im Rahmen der Planung für eine Entlassung der .... vereinbarte das St. Vinzenz-Hospital
mit dem Angeklagten für den 14. Februar 2003 ein Gespräch am "Runden Tisch" An
diesem Gespräch sollten neben dem Angeklagten das gesamte Behandlungsteam,
nämlich eine Heilpädagogin, eine Psychologin, ein Arzt und eine Pflegerin teilnehmen.
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Etwa 20 Minuten vor dem Termin sagte der Angeklagte diesen ab. Die Zeugin ...., die
dieses Gespräch entgegennahm und in Hinblick darauf, dass eine Anreise von
Mönchengladbach nach Dinslaken mit dem Auto normalerweise eine Stunde in
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Anspruch nimmt, so dass man, wenn die vom Angeklagten behauptete Überbelastung
vorgelegen hätte, erheblich früher den Termin hätte absagen können, gab ihr Befremden
über diese kurzfristige Absage zum Ausdruck, erinnerte ihn daran, dass er eine zentrale
Person bei diesem Gespräch sei und wies ihn darauf hin, dass die verschiedenen an
der Behandlung beteiligten Berufsgruppen erfahren wollten, welche Hilfen für .... in
Frage kommen, um nach einer Entlassung genügend Unterstützung an ihrer Seite zu
haben, um stabil bleiben zu können.
Das Gericht kann letztlich nicht beurteilen, ob der Angeklagte an der Wahrnehmung
dieses Termins durch die Bearbeitung eines anderen Falls tatsächlich gehindert war. In
der anderen Sache, die den Angeklagten zweifelsfrei sehr in Anspruch nahm und in der
auf Grund der Sachlage die Unterbringung der fünf Kinder unverzüglich erfolgen
musste, waren diese bereits am 13. Februar 2003 aus einem Frauenhaus in Viersen
fremduntergebracht worden und der Angeklagte hatte am 14. Februar einen fünfseitigen
Bericht verfasst und mit dem Jugendamt Viersen ein Telefongespräch über die Frage
geführt, ob das Jugendamt Viersen oder das Jugendamt Mönchengladbach für die
weitere Betreuung dieser Familie und damit auch für die Übernahme der
Unterbringungskosten zuständig sei. Darüber hinaus ging am 14. Februar beim
Jugendamt ein Hinweis ein, dass eines der untergebrachten Kinder möglicherweise die
Unterbringungsstelle verlassen und zum Vater zurückkehren wolle, woraufhin der
Angeklagte die Unterbringungsstelle von diesem Hinweis unterrichtete und diese
zusicherte, das Kind unter Beobachtung zu halten.
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Zweifelsfrei war die Abfassung des Berichts wichtig und er hätte seine Abfassung
möglicherweise unterbrechen können, um an dem Termin in Dinslaken teilzunehmen.
Da er aber um die Wichtigkeit seiner Teilnahme an dem "Round-Table-Gespräch" und
seine Zuständigkeit für die für den Zeitpunkt der Entlassung anstehenden, von ihm auch
zugesagten Hilfemaßnahmen wusste, hätte zumindest in den Tagen danach sich nach
dessen Ergebnis und den von ihm für den Zeitpunkt einer Entlassung vorzubereitenden
Erziehungshilfemaßnahmen telefonisch erkundigen können und ihm Rahmen seiner
Zusagen von Erziehungshilfemaßnahmen auch müssen.
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Das Gespräch am "Runden Tisch" der an der Behandlung der .... beteiligten Mitarbeiter
des St. Vinzenz-Hospitals fand dann am 14. Februar 2003 ohne den Angeklagten statt
und hatte das folgende Ergebnis:
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Zügig nach einer Entlassung solle Vanessa heilpädagogisch, zum Beispiel durch eine
Frühförderstelle oder eine heilpädagogische Praxis, gefördert werden, um Defizite im
Bereich der Kommunikation und Sprachentwicklung aufzuholen und in der Zukunft nur
durch eine einzige Einrichtung (zum Beispiel eine Kindertagesstätte) betreut werden,
um für sie Kontinuität bei den Bezugs- und Kontaktpersonen zu gewährleisten. Dabei
gingen sowohl die behandelnden Ärzte wie das gesamte Behandlungsteam davon aus,
dass .... durch Einschalten der Tagesmutter, einer Frau ...., die ....wöchentlich sechs
Stunden beaufsichtigen sollte, entlastet und sozial psychologisch an einen
entsprechenden Therapeuten angebunden werde.
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Von dem Ergebnis dieses Gesprächs unterrichtete weder das St. Vinzenz Hospital den
Angeklagten, noch fragte dieser seinerseits nach, sondern ging angeblich davon aus, er
werde vor der eigentlichen Entlassung vom Krankenhaus nochmals vom St. Vinzenz-
Hospital bei der Besprechung der nach der Entlassung vorzunehmenden Maßnahmen
eingebunden.
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Am 21. Februar 2003 ließ .... sich gegen den Rat ihres Behandlungsteams,
insbesondere der Ärzte, die eine weitere stationäre Behandlung für wichtig erachteten,
entlassen. Auch das Angebot einer ambulanten nachstationären psychiatrischen
Behandlung auf der Station zur Überleitung in eine Weiterbehandlung kam sie nicht
nach. Zwar hatte das St. Vinzenzhospital ursprünglich vor, das Jugendamt über den
Sachverhalt zu informieren. Da .... aber dies dringend nicht wünschte und glaubhaft
zusicherte, von sich aus das Jugendamt über den Sachverhalt zu informieren, sah das
Krankenhaus, um keinen Vertrauensbruch der Patientin gegenüber zu begehen, davon
ab.
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Am 23. Februar 2003 meldete sich .... dann bei ihrer Mutter und teilte ihr mit, dass sie
gegen ärztlichen Rat das Hospital verlassen habe. Am 24. Februar suchte die Zeugin ....
sie in ihrer Wohnung auf, stellte fest, dass sie bereits in den Morgenstunden Wein trank,
.... halb angezogen durch die Wohnung lief und drohte ihr an, wenn sie sich nicht bis
morgen früh bei ihr melde, das Jugendamt, also den Angeklagten, einschalten zu
wollen. Am nächsten Tag meldete sich .... weinend telefonisch bei ihrer Mutter und
räumte ein, möglicherweise .... geschlagen zu haben.
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Erstmalig am 5. oder 6. März, das Gericht geht vom 6. März 2003 aus, teilte .... selbst
dem Angeklagten mit, sie habe die Klinik gegen den Rat der Ärzte verlassen, und bat
um einen Termin, der für den 12. März 2003 vereinbart wurde. Sie äußerte sich
dahingehend, dass sie nicht wolle, dass der Angeklagte sich über die Umstände der
Entlassung in Dinslaken erkundige. Darüber wolle sie mit ihm am 12. März sprechen.
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Der Angeklagte seinerseits konnte auf Grund des Umstands, dass bei einer Gefährdung
von Mutter oder Kind, das St. Vinzenz-Hospital die Voraussetzungen für eine
Unterbringung nach dem PsychKG bejaht und .... nicht mit dem Kind hätte gehen lassen,
davon ausgehen, dass eine solche nicht vorlag und in ihrem Gesundheitszustand, da
sie in diesem in wenigen Sätzen geführten Telefongespräch ruhig und besonnen
gewirkt haben kann, trotz des Therapieabbruchs auf Grund der bisherigen Dauer der
Therapie eine nicht unerhebliche Verbesserung eingetreten sei und, zumal sie selbst
ein Gespräch über die Zukunft suchte, annehmen eine akute, sein sofortiges Eingreifen
im Sinne einer Überprüfung ihres psychischen Zustands sei nicht erforderlich. Unter
diesen Umständen erscheint es aus der Aufgabenstellung des Angeklagten zumindest
für vertretbar, dass er es als ausreichend und angemessen ansah, mit .... für den 12.
März 2003 ein zeitnahes Treffen zu vereinbaren, bei dem er nicht nur die Gründe für den
Therapieabbruch, sondern auch die von ihm vor Beginn der Behandlung in St. Vinzenz-
Hospital in Aussicht gestellten Hilfsmaßnahmen behandeln wollte, auch wenn .... bei
diesem Telefongespräch zum Ausdruck gebracht hatte, es sei ihr nicht recht, dass der
Angeklagte Informationen aus der Klinik einhole; sie erklärte ihm nämlich auch,
Genaueres wolle sie im Termin vom 12. März 2003 erklären.
55
Allerdings konnte er davon ausgehend, auch der erneute, möglicherweise dritte
Therapieabbruch indiziere nicht unbedingt die Unbehandelbarkeit der .... und die direkte
Gefährdung des Kindes, nicht annehmen, weitere zusätzliche Hilfemaßnahmen seien
überhaupt nicht erforderlich; denn sein gesunder Menschenverstand, seine berufliche
Erfahrung, seine Zusagen gegenüber dem St. Vinzenz-Hospital vor Beginn der
Therapie hatten ihn diese Notwendigkeit bereits selbst erkennen lassen, er kannte sie
tatsächlich, spätestens seit dem Telefongespräch mit der Zeugin .... anlässlich des von
ihm verpassten Round-Table Gesprächs am 14. Februar 2003. Der vereinbarte Termin
56
vom 12. März konnte deshalb von der gesetzlich normierten Aufgabenstellung des
Angeklagten nicht so sehr die erwartete Information über den Therapieverlauf, sondern
primär nur Art und Weise der vor und während der Therapie zugesagten
Hilfsmaßnahmen sein.
Einen Tag später teilte Frau .... sen. dem Angeklagten mit, dass sie sich Sorgen mache,
.... trinke wieder. Diese wenig konkreten, jedenfalls keinen Alkoholabusus anzeigenden
Angaben allein deuteten aus der Sicht des Angeklagten nicht auf eine akute
Verschlechterung der Situation hin und machten deshalb auch zunächst keine
Änderung der Vorgehensweise -Gespräch 12. März- erforderlich
57
Zwischenzeitlich hatte sich .... mit ...., und zwar am 5. März 2003 in das Ibis-Hotel in
Düsseldorf begeben, wo ihr das Kind .... vernachlässigende und psychisch abnorme
Verhalten bis zum 9. März 2003 so auffällig war, dass die Zeugin ...., die Direktorin des
Hotels am 9. März sich mit einem Zweitschlüssel in das Zimmer begab und den
desolaten Zustand der .... und ihres Kindes feststellte. Frau .... erklärte ihr diesen unter
anderem damit, dass ihr Freund, gemeint war offensichtlich der Nebenkläger und Zeuge
...., sie am 4. März 2003 geschlagen habe.
58
Der Zeugin .... gelang es dann in mehrstündigen Gesprächen, bei denen .... immer
wieder in Weinen ausbrach, dann wieder in Apathie wechselte und sich Hilfeangeboten
verweigerte, sie zu überreden, mit .... am 9. März im Frauenhaus um Aufnahme im
Frauenhaus Düsseldorf nachzusuchen. Auch im Frauenhaus blieb das Verhalten der ....
auffällig. Sie war verwirrt und auffällig apathisch, kümmerte sich nicht um ihre Tochter,
so dass die Insassinnen des Frauenhauses dies übernahmen. Auch .... zeigte ein
auffälliges Verhalten, in dem sie sich ständig die Haare vom Kopf riss. Am darauf
folgenden Tag, also am 10. März 2002, führte die Zeugin ...., eine hauptamtliche
Mitarbeiterin des Frauenhauses, mit .... ein Gespräch, das äußerlich ähnlich verlief, wie
das mit der Zeugin .... im Ibis-Hotel, in dem sie davon berichtete, sie sei aus einer
Mutter-Kind-Einrichtung in Dinslaken geflüchtet und habe sich am 8. März 2003 im Ibis-
Hotel in Düsseldorf das Leben nehmen wollen. Sie wolle auch wieder in eine Mutter-
Kind-Einrichtung und bat die Zeugin ...., ihr bei der Suche nach einer solchen behilflich
zu sein, was diese bejahte
59
Am selben Tag, nämlich am 10. März, meldete sich .... telefonisch beim Angeklagten
und erklärte ihm, sie habe in ihrer Wohnung Angstzustände bekommen. Sie habe Angst
vor dem Zeugen ..... Sie habe sich deshalb ins Frauenhaus begeben. Unter den Frauen
gehe es ihr gut, auch .... fühle sich wohl. Den 12. März könne sie nicht wahrnehmen, sie
überlege sich, ob sie wieder eine Mutter-Kind Therapie mache. Bis zur Aufnahme Ende
März in einer Klinik in Lengerich, zu der sie Kontakt habe, wolle sie im Frauenhaus
bleiben. Der Angeklagte wies .... darauf hin, dass sie dies gegebenenfalls mit ihrer
Krankenkasse abzusprechen habe, um eine Kostensicherung zu erhalten, insbesondere
vor dem Hintergrund der letzten, kürzlich beendeten Therapie in Dinslaken. Wenn dies
nicht möglich sei, so solle Frau .... unbedingt erwägen, sich allein in Therapie zu
begeben und .... bei ihrer Mutter oder in einer Pflegestelle zu belassen, was .... aber
ablehnte, weil sie unbedingt eine Mutter-Kind-Therapie bevorzuge. Dann vereinbarte er
mit ihr, dass sie sich melde, sobald sie Klarheit über den Platz in Lengerich habe.
60
Spätestens in diesem vom Inhalt her schon längeren Telefongespräch muss dem
Angeklagten auch die desolate Lage .... bekannt geworden sein, weil sie auf Grund
Ihres Gesundheitszustandes gar nicht in der Lage war, im Gegensatz zu dem im Ibis-
61
Hotel und im Frauenhaus gezeigten Bild einer verzweifelten, depressiven, immer wieder
in Weinen ausbrechenden Frau über die Dauer des Telefongesprächs die Fassade
einer besonnenen, ihre zukünftigen Schritte wohl überlegenden und ihre Situation
beherrschenden Frau aufrechtzuerhalten und in für den Angeklagten wahrnehmbares
gleich gelagertes Verhalten wie in den Gesprächen mit den Zeuginnen .... und ....
zurückgefallen sein muss, wenn er nicht gar erkannt hatte, dass .... wieder in das
Krankheitsbild zurückgefallen war, das ohne den Aufenthalt in einer Einrichtung wie das
St. Vinzenz-Hospital in Dinslaken spätestens im Dezember nicht nur wegen der
Gefährdung der Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit des Kindes ...., sondern auch für dessen Leib und Leben zur Trennung
von Mutter und Kind hätte führen müssen.
Soweit der Angeklagte durch nochmalige Vernehmung der Zeugin .... unter Beweis
gestellt hat, sie habe sich nach ihrer Entlassung aus dem St. Vinzenz-Hospital zunächst
deutlich besser gefühlt, habe sich vor den Gesprächen mit dem Angeklagten -gemeint
sind offensichtlich die Telefonate vom 5.6. und 10. März 2003- ausführlich vorbereitet,
niedergelegt, was sie ihm sagen wollte und bewusst eine Phase abgewartet, in der sie
ganz gefasst mit dem Angeklagten sprechen konnte, ihr sei es dann bis zum Einzug in
das Ibis-Hotel Düsseldorf nach und nach immer schlechter gegangen, sie sei in das Ibis-
Hotel gegangen, um sich der Drucksituation zu entziehen, sei im Frauenhaus davon
ausgegangen, dass sie bald in die Klinik aufgenommen werden könne, habe in der
Hoffnung auf diesen Klinikaufenthalt das Frauenhaus verlassen, nach dem Weggang
aus dem Frauenhaus sei die Situation sehr schnell wieder schlechter geworden und sie
habe keine klare Erinnerung, wie lange sie aus dem Frauenhaus weg gewesen sei,
bevor sie ihrer Tochter die Medikamente verabreicht habe, hat das Gericht zwar die
Zeugin wegen ihrer krankheitsbedingten Vernehmungsunfähigkeit nicht befragen
können, darüber hinaus konnte das Gericht, soweit ihr Gesundheitszustand in den
Beweisanträgen angesprochen ist, diesen auf Grund der hierzu vernommenen Zeugen
aus dem Ibis-Hotel und dem Frauenhaus nachvollziehen, soweit sie die behauptete
Vorstellung der Zeugin .... betreffen, diese als letztlich irrelevant betrachten, weil es nicht
auf deren Vorstellung, selbst wenn sie diese den Zeuginnen aus dem Ibis-Hotel und
dem Frauenhaus gegenüber nicht offenbart haben sollte, sondern das Wissen des
Angeklagten aus der Vorgeschichte und den beiden Telefonaten am 5./6. und 10. März
2003 ankommt. Soweit der Angeklagte und seine Verteidigerin gar behauptet haben, ....
habe niedergelegt, was sie dem Angeklagten habe sagen wollen, ist auch dies,
abgesehen davon, dass es jedweder Lebenserfahrung widerspricht, den Inhalt eines
Gesprächs, das aus Rede und Gegenrede besteht und das unerwartete Fragen enthält,
vorher niederlegen zu können, insoweit irrelevant, als für die Frage, ob und wie der
Angeklagte hätte handeln müssen, es auf den Gesprächsinhalt ankommt.
62
Als Sozialarbeiter war ihm wie schon jedem mit normaler Lebenserfahrung
ausgestattetem Laien bekannt, dass .... in der falschen Einrichtung war; denn ein
Frauenhaus ist eine Zufluchtsstätte für Frauen, gegen die der Ehemann oder Partner
Gewalt ausübt und die dieser entkommen wollen, nicht aber eine Einrichtung, in der die
auf einer psychischen Erkrankung beruhende gravierende Beeinträchtigung der
Erziehungsfähigkeit einer labilen, depressiven Frau behandelt werden können. Ihm
wurde bewusst, dass .... nicht nur zum vorgesehenen Gespräch vom 12. März 2003 nicht
kommen wollte, sondern sich gänzlich seinem Einfluss entziehen wollte und damit die
dem St. Vinzenz-Hospital zu Beginn der Behandlung in Aussicht gestellten Hilfen für
Kind und Mutter überhaupt nicht zum Zuge kommen würden, sondern .... wieder der
Angst erfüllten, labilen Mutter ausgesetzt sein würde. Auf Grund der ständigen Therapie-
63
und Behandlungsabbrüche in der Vergangenheit, dem erst wenige Tage zurück
liegenden Therapieabbruch in Dinslaken konnte und durfte der Angeklagte nicht darauf
vertrauen, .... bleibe mit .... bis zum Ende März im Frauenhaus und werde mehr oder
minder ohne Schwierigkeiten in eine Klinik in Lengerich aufgenommen. Aus den
Vorgesprächen mit dem behandelnden Arzt Dr. .... vor Aufnahme in das St. Vinzenz-
Hospital, nochmals verstärkt durch das Telefongespräch mit der Zeugin .... am 14.
Februar 2002 wusste er, wie eminent wichtig die die Kindesmutter entlastenden, zügig
greifenden Hilfemaßnahmen nach einer Entlassung aus dem Hospital in Dinslaken für
Mutter und Kind waren, diese bei einem Abwarten in dem von .... vorgeschlagenen Sinn
nicht greifen würden und damit das Gefährdungspotential vom Dezember 2002 wieder
zurückgekehrt war. Alles dies, wie auch die auf Grund des wenige Tage
zurückliegenden Therapieabbruchs kritische Frage der Kostenübernahme für eine neue,
konkret nicht feststehende, sondern allenfalls in mehreren Wochen mögliche Therapie
überließ er der aus Ängsten geflüchteten Frau. Er tat vielmehr das, was er schon in der
Zeit nach dem Gerichtstermin vom 2. Oktober 2002 bis zu den Aufnahmegesprächen
bezüglich der Therapie in Dinslaken getan hatte, obwohl ihm schon damals als
Sozialarbeiter ausweislich seines eigenen Aktenvermerks vom 18. November 2002
bewusst war, dass ohne eine klinische psychotherapeutische Behandlung Mutter und
Kind hätten getrennt werden müssen, nämlich die weitere Entwicklung abwarten. Aus
der Schilderung .... musste er auch entnehmen, dass die in der Diskussion mit der
Zeugin .... geforderte Kontinuität für die Entwicklung .... wieder dem Auf und Ab des
ständigen Flüchtens der Kindesmutter an andere Orte, in für .... ständig wechselnde
personale Beziehungen und Stimmungsschwankungen der Kindesmutter gewichen
war. Von einem akuten Behandlungsbedarf ging er ohnehin aus; denn er wusste, dass
..... das St. Vinzenz-Hospital gegen den Willen der Ärzte verlassen hatte, diese also die
Notwendigkeit der Fortsetzung der Therapie bejaht hatten, und Frau .... selbst wieder
eine Therapie wollte. Spätestens nach diesem Telefongespräch machte die sich aus
den Bestimmungen des achten Buch des Sozialgesetzbuches, des Kinder- und
Jugendhilfegesetzes herrührenden Verpflichtung zur Schutzgewährung für das Kind ....
es erforderlich, dass der Angeklagte gehandelt, zunächst einmal die Angaben der ....,
sie sei im Frauenhaus Düsseldorf verifiziert hätte, indem er anlässlich des
Telefongesprächs mit .... entweder um Weitergabe des Gesprächs an eine
verantwortliche Mitarbeiterin gebeten oder noch besser selbst direkt das Frauenhaus
angerufen hätte. Dann hätte er nämlich nicht nur ein umfassenderes Bild von dem
bekommen, was sich ihm ohnehin aufgedrängt haben muss, dass nämlich .... nicht nur
wieder in ihr Krankheitsbild vom Dezember zurückgefallen war, sondern sie selbst
wieder von Selbstmordgedanken und damit auch solchen eines erweiterten
Selbstmordes gepeinigt wurde, das Personal des Frauenhauses auffordern müssen,
Mutter und Kind notfalls unter Einsperren und Verbleiben einer Aufsichtsperson dort
festzuhalten, die Polizei in Düsseldorf telefonisch oder per Fax unter Darlegung des
Sachverhalts benachrichtigen und auffordern müssen, Maßnahmen zu ergreifen, die zur
Sicherung von Mutter und Kind geführt hätten, und gleichzeitig seinerseits sei es
persönlich, sei es unter Zuhilfenahme des Jugendamts der Stadt Düsseldorf,
Maßnahmen in die Wege leiten müssen, die möglicherweise zunächst zu einer
Trennung von Mutter in Kind in Form der vorläufigen Inobhutnahme und einer
vorläufigen Unterbringung der .... nach dem PsychKG geführt, möglicherweise zu einer
gemeinsamen Unterbringung beider in einem anderen psychiatrischen Krankenhaus
oder anderen Erziehungshilfen geführt hätten, die jedenfalls das Kind .... nicht mehr
allein in der Obhut seiner Mutter belassen und damit zur Beseitigung der Gefahr, in der
Mutter und Kind waren, geführt hätten
Tatsächlich tat der Angeklagte, der im Gegensatz zu den Mitarbeitern des
Frauenhauses die gesamte Vorgeschichte, die Labilität ...., das Gefährdungspotential für
.... in Bezug auf ihr Wohlergehen und ihre Erziehung und die nicht geringe
Wahrscheinlichkeit dafür kannte, dass .... das Frauenhaus bald wieder verlassen würde,
nichts dergleichen, sondern überließ .... und ihr Kind letztlich sich selbst.
64
Auch wenn er davon ausging, dass ihm das St. Vinzenz-Hospital gegen den Willen ....
keine Auskunft über den Verlauf der Therapie erteilen würde, wusste er, dass das
Krankenhaus in Hinblick auf die Prognose von seiner zentralen Rolle für die Nachsorge
ausgegangen war und wohl noch ging, so dass spätestens nach der Absage des
Treffens für den 12. März 2003 die ihm schon wegen seiner Säumnis im Round-Table-
Gespräch vom 14. Februar 2003 in erhöhtem Maß obliegende Pflicht dem Angeklagten
aufgab, die Klinik anzurufen, ihr die neuste Entwicklung zu berichten und mit ihr die
nunmehr unverzüglich in Angriff zu nehmenden in Betracht kommenden
Hilfsmaßnahmen abzuklären.
65
Der Angeklagte konnte zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr davon ausgehen, dass
unter den obwaltenden Umständen Dr. .... die Unterbringung im Frauenhaus als
Handlungskompetenz .... gewertet hätte, selbst wenn er davon ausging, dass dieser bei
Vorliegen des Gesundheitszustands am 21. Februar 2004 eine solche Fragestellung
bejaht hätte; denn der Angeklagte kannte die ganze Vorgeschichte und wusste auf
Grund des Gesamterlebnisses beider Telefongespräche mit ...., dass dieser
Gesundheitszustand spätestens beim Telefongespräch am 10. März 2003 nicht mehr
vorlag, sondern .... mit hoher Wahrscheinlichkeit in dem Zustand war, den sie
unmittelbar vor der Behandlung im St. Vinzenz-Hospital in Dinslaken hatte und der nach
seinem eigenen dafürhalten ohne eine Therapie zur Trennung von Mutter und Kind
hätte führen müssen.
66
Wie wenig der Angeklagte die ihm obliegende Verantwortung für .... übernehmen wollte,
kommt schon darin zum Ausdruck, dass er der Kindesmutter, von der er wusste, wie
sehr sie an ihrem Kind hing, antrug, wenn sie keine Mutter-Kind Therapie finden würde,
allein in Therapie zu gehen und für diese Zeit .... in die Obhut ihrer Mutter zu geben,
bezüglich der der Angeklagte ausweislich des Beweisantrags der Verteidigung -Blatt
557- wusste, dass der behandelnde Arzt Dr. .... .... für die Zukunft geraten hatte, sich der
Kontrolle ihrer Mutter zu entziehen und die Beziehung zu ihr auf Distanz zu halten.
Stattdessen rät er ihr, sich in die Abhängigkeit der Mutter zu begeben.
67
Er wird auch nicht dadurch entlastet, dass für die ad hoc Maßnahmen das Jugendamt
Düsseldorf zuständig gewesen wäre; denn zum einen hatte er die Betreuung .... und ....
übernommen, zum andern kannte er allein den Handlungsbedarf und hätte auf Grund
dieser Umstände, zumindest das Jugendamt Düsseldorf von dem Sachverhalt in
Kenntnis setzen und zum angemessenen Handeln auffordern müssen.
68
Am 11. März 2003 verließ Frau .... jun. mit .... das Frauenhaus wieder, kehrte zurück
nach Mönchengladbach und hielt sich dann mit .... in ihrer Wohnung auf.
69
Am 12. März 2003 sprach die Mutter der .... in der Dienststelle bei dem Angeklagten vor
und teilte ihm Folgendes mit: .... habe sie am 22. Februar 2003 gebeten, ihr einige
Tabletten zu überlassen, weil das St. Vinzenz-Hospital ihr keine Medikamente zur
Weiterbehandlung gegeben habe, Sie benötige jedoch bestimmte Medikamente, dies
seien dieselben, die sie Frau .... sen. selbst nehme. Darauf hin habe sie ihr einige
70
Tabletten überlassen. Am nächsten Tag habe sie anlässlich einer Geburtstagsfeier
Alkohol zu sich genommen und bei der Familie von Bekannten übernachtet. In den
Morgenstunden des 25. Februar habe Frau .... sen. .... in ihrer Wohnung Rotwein
trinkend angetroffen. Sie, Frau .... sen. habe ihr ..... wegnehmen und mit zu sich nehmen
wollen, wogegen .... sich vehement gewehrt habe. Am nächsten Tag, nämlich am 26.
Februar 2003 habe Manuela ihre Mutter weinend angerufen, ihr mitgeteilt, .... habe ein
blaues Auge, sie wisse nicht woher und sie habe Angst, .... geschlagen zu haben. Sie
habe immer wieder geweint und erklärt, wie leid es ihr täte. Am Abend dieses Tages sei
.... zu ihr, der Zeugin, gekommen, habe die Wohnung aber wieder mit einer erkälteten ....
verlassen, weil sich der Freund der Frau .... sen. angesagt habe. Am 4. März 2003 seien
.... und .... mit ihr auf dem Veilchendienstagszug gewesen, habe zwei Dosen Bier
getrunken und habe sie nach dem Abschluss der Veranstaltung verlassen. Am 6. März
2003 habe Manuela sie zweimal angerufen und am Telefon nur geweint und
geschluchzt.
Trotz des Handlungsbedarfs der bereits nach dem Telefongespräch vom 10. März 2003
bestand, ließ der Angeklagte sich auch durch diese Hinweise nicht veranlassen,
irgendetwas zu unternehmen. Hätte er, die Notwendigkeit für einen solchen Schritt
drängt sich schon jedem Laien auf, spätestens dann das Frauenhaus in Düsseldorf
telefonisch um Information gebeten, hätte er nicht nur die Ereignisse im Frauenhaus und
im Ibishotel, sondern erfahren, dass .... wieder in ihre Wohnung in Mönchengladbach
zurückgekehrt war und die zuvor genannten Maßnahmen zum Schutze von Mutter und
Kind einleiten können und müssen.
71
Der Angeklagte wies Frau .... sen. jedoch lediglich darauf hin, .... habe ihn aus dem
Frauenhaus angerufen. Sie habe einen klaren und gefassten Eindruck hinterlassen und
sie solle, falls sie einen erneute akute Gefährdung .... erlebe die Polizei hinzurufen, und
bürdet ihr damit allein die ihm gesetzlich obliegende Verantwortung auf. Beide
erwähnten bei dieser Gelegenheit, dass .... sich wahrscheinlich nicht lange im
Frauenhaus aufhalten würde, worin zum Ausdruck kommt, das dass der Angeklagte
zusätzlich mit einer Verschlechterung der Situation rechnete.
72
Am 13. März teilte die Zeugin Friedrich vom Frauenhaus Düsseldorf dem Angeklagten
sinngemäß mit, .... sei mit .... am Wochenende dort aufgenommen worden. Das Ibis-
Hotel habe sich gemeldet, offenbar habe .... auf dem Balkon des Hotels gestanden und
es habe den Anschein gehabt, als wolle sie springen. Das Kind habe im Zimmer
gelegen. Frau .... sei dann ins Frauenhaus vermittelt worden. Da kein Fachpersonal am
Wochenende anwesend gewesen sei, hätten die Bewohnerinnen sie aufgenommen.
Man habe zwar versucht Frau .... in eine Mutter-Kind Therapie zu vermitteln. Schließlich
habe sie am 11. März 2003 das Frauenhaus zurück nach Hause verlassen. Sie die
Mitarbeiterinnen machten sich Sorgen und wollten das Jugendamt entsprechend
benachrichtigen.
73
Darauf hin unternahm der Angeklagte selbst wieder nichts, sondern setzte sich im
weiteren Verlauf des 13. März 2003 mit dem Zeugen Dr. .... vom Gesundheitsamt
Mönchengladbach in Verbindung, der dann auf Veranlassung des Angeklagten sich
nach den Modalitäten der Entlassung von .... im St. Vinzenz-Hospital in Dinslaken
erkundigte. So erfuhr der Angeklagte, dass sie auf Antidepressiva eingestellt wurde,
man ihr geraten habe, das Kind zunächst in eine Pflegefamilie zu geben oder mit dem
Kind vorübergehend in ein Mutter-Kind Heim zu ziehen was, sie beides abgelehnt habe.
Auch sei das St. Vinzenz-Hospital bereit, .... und .... wieder aufzunehmen.
74
Mit Dr. .... nahm der Angeklagte dann angeblich eine Gefahrenabwägung vor und beide
wollen keine akute Gefährdung gesehen haben. Entweder muss der Angeklagte Dr. ....
nicht umfassend informiert haben oder der nachträglich, also in Kenntnis der bis dahin
eingetreten Ereignisse gefertigte schriftliche und mündliche Bericht des Dr..... in der
Hauptverhandlung ist zum eigenen Schutz schön gefärbt; denn obwohl dem
Angeklagten berichtet worden war, Frau .... habe sich ins Ibis-Hotel in Düsseldorf
begeben, um sich dort selbst zu töten, und er auf Grund der ihm gesamten
Vorgeschichte befürchten musste, das diese Suizidalabsicht sich auch auf .... erstreckte,
wird darauf verwiesen, dass die Situation im Hotel als nicht so bedrohlich eingeschätzt
wurde. Dennoch halten beide eine ärztliche Begutachtung für erforderlich und
verabredeten sich zur Abklärung weiterer Maßnahmen für den nächsten Tag, den 14.
März 2003, 12.15 vor der Wohnung der .....
75
Der Angeklagte konnte sich auch nicht darauf verlassen, dass ein Arzt wie Dr. .... sich
selbst bei noch so gut gemeinten Hinweisen medizinischer Laien auf etwaige
Suizidalität auf diagnostische Testverfahren und Behandlungsbeobachtungen verlässt,
weil er selbst mangels Sachkunde gar nicht beurteilen konnte, inwieweit derartige
Hinweise ein relevanter Teil für die Diagnose in diesem Sinne war. Die Fachärzte ....,
....und .... haben jedenfalls alle drei zum Ausdruck gebracht, dass derartige Berichte von
medizinischen Laien Anlass zu großer Vorsicht und Aufmerksamkeit für den Arzt in
Hinblick auf die durchzuführenden diagnostischen Maßnahmen seien.
76
Der Angeklagte versuchte dann - der Zeuge Dr. .... war wegen einer Erkrankung in
seiner Familie nicht erschienen- am 14. März durch lautes Rufen zu eruieren, ob .... sich
in der Wohnung befand, gewann den Eindruck, da er keine Reaktion feststellte, dass
dies nicht der Fall sei und rief gegen 12.45 Uhr die Polizei an. Er schilderte die Situation
aus seiner Sicht. Der das Gespräch entgegen nehmende Beamte versuchte den
Angeklagten mit der Leitstelle zu verbinden, was jedoch trotz mehrminütigen Wartens
nicht gelang. Anschließend veranlasste der Angeklagte in dieser Angelegenheit nichts
mehr.
77
In der Zeit vom 15. bis einschließlich 18. März 2003 war der Angeklagte bettlägerig
erkrankt und wurde an den beiden Arbeitstagen vom 17. und 18. März 2003 durch seine
Kollegin, die Zeugin .... vertreten. Dieser hatte er mitgeteilt, dass sie ihm mitteilen solle,
falls der Aufenthalt von .... und .... bekannt würde. Die Entscheidung, was zu
veranlassen sei, behielt er für diese beiden Krankheitstage sich selbst vor. Eine
Dokumentation, aus der sich für seine Urlaubsvertreterin die Dringlichkeit eines
jugendamtlichen Handelns im Sinne einer Trennung von Mutter und Kind, zum Beispiel
für den Fall einer gravierenden Verschlechterung seines eigenen Krankheitszustandes
ergeben hätte, hinterließ er, auch in Stichworten weder in irgendwelchen schriftlichen
Unterlagen noch in seinem Computer.
78
Der Sinn dafür, sich die Entscheidung über das behördliche Vorgehen im Fall eines
Auffindens von Mutter und Kind vorzubehalten, wird angesichts der von ihm selbst der
Zeugin .... erteilten Anweisung, die Polizei zwecks Trennung von Mutter und Kind zu
benachrichtigen, überhaupt nicht verständlich; denn wie hätte er selbst vom Krankenbett
zu Hause handeln können. Sie gewinnt nur Sinn, wenn der Angeklagte weiterhin selbst
entscheiden wollte, ob eine zwar sofortige, möglicherweise aber vorübergehende
Trennung von Mutter und Kind gerichtete Maßnahmen ergriffen werde, und sich selbst
die Option offen halten wollte, .... bei ...., um deren enge Bindung an das Kind er wusste,
79
zu belassen, weil er ansonsten fürchtete, die angezeigte Trennung von Mutter und Kind
werde von seiner Urlaubsvertreterin veranlasst.
Am 19. März 2003 bedrängte die Zeugin ... sen. den Angeklagten, nun etwas zu
unternehmen, der sie damit tröstete, ihrer Tochter einen Brief schreiben zu wollen.
Deren Frage, ob das alles sei, bejahte er, wies sie aber darauf hin, dass sie ja wüsste,
was zu tun sei, wenn ihre Tochter sich melde. Er selbst unternahm ansonsten nichts, um
den Aufenthalt von Mutter und Kind zu klären.
80
Am Freitag, den 21. März morgens bedrängte die Zeugin .... sen. den Angeklagten
erneut vehement telefonisch, endlich etwas zu tun. Ihre mit der Vermutung, beide,
nämlich ..... und .... lägen bereits tot in der Wohnung, einhergehende Aufforderung, die
Tür zur Wohnung ihrer Tochter durch die Polizei aufzubrechen, beantwortete er, ob sie,
die Zeugin, wisse, wie teuer eine Wohnungstür ist. Erst als die Zeugin heftiger wurde
und sinngemäß sagte: "Verdammte Scheiße! Was ist denn wichtiger, wenn die beiden
da liegen sollten", ließ er sich veranlassen, die Polizei hinzuzurufen, die dann die
Wohnungstür aufbrach und .... neben ihrer von ihr getöteten Tochter fand.
81
.... hatte ihrer Tochter Medikamente der Typen Tavor und Doxepin eingeflößt. In der
Folgezeit verlor Vanessa das Bewusstsein, so dass .... davon ausging, ihre Tochter sei
eingeschlafen. Sodann hatte sie ihr eine Binde um den Hals gelegt und das Tuch
solange zugezogen, bis sie erkannt hatte, dass .... verstorben war. Zu diesem Zeitpunkt
lag bei ihr eine schizoaffektive Psychose vor, auf Grund deren ihre Fähigkeit, nach ihrer
Einsicht in das Unrecht ihrer Tat handeln zu können.
82
In schriftlichen Aufzeichnungen, die die Polizei vorfand, hatte sie eingetragen, sie habe
.... am Freitag, den 13. März, getötet. Tatsächlich war der Freitag in dieser Woche der
14. März und der 13. fiel auf einen Donnerstag. Auf Grund des Verwesungszustandes
der Leiche .... ist medizinisch nicht einzugrenzen, an welchem Tag und zu welcher Zeit
der Tot bei ihr eingetreten ist. Da .... trotz ihres Krankheitsbilds räumlich und zeitlich
orientiert war, besteht kein Zweifel, dass die fehlerhafte Bezeichnung des zum
jeweiligen Datum korrespondierenden Wochentags auf einen Irrtum zurückzuführen ist,
der jedem, auch einem geistig gesunden Menschen unterläuft, und .... ihr Kind
frühestens am Donnerstag, den 13. März 2003 getötet hat
83
Die Fehler des Angeklagten wurden auch dadurch begünstigt, dass er entgegen den
Behauptungen der Verteidigung den Vorgang insgesamt nicht so dokumentiert hat, dass
er selbst stets einen Überblick behielt, eine sachgemäße Überprüfbarkeit des Falls und
der Einhaltung der vorgegebenen Standards durch die Leitung, insbesondere bei seiner
Abwesenheit für seine Vertreterin .... möglich gewesen wäre. Die von Seiten des
Jugendamts der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellte Fallakte enthält nicht das
vom Angeklagten im Hauptverhandlungstermin nachgereichte "Methodische Konzept"
und endet mit einem Vermerk vom 25. November 2002, die vom Angeklagten
nachgereichte Dokumentation, die zwar noch nicht ausgedruckt war, sich jedoch noch
als Dateien in seinem dienstlichen Computer befanden, endet mit zwei Vermerken vom
4. Februar 2003. Die gesamte Entwicklung danach fehlt, so dass die Vertreterin des
Angeklagten Frau .... sich keine Kenntnis des akuten Sachstand hätte verschaffen
können, was vielleicht der Grund dafür war, dass der Angeklagte sich selbst in den
Tagen seiner krankheitsbedingten Abwesenheit die Entscheidung, was geschehen
solle, wenn der Aufenthalt von Mutter und Kind bekannt geworden wären, vorbehielt,
was zudem die Frage aufwirft, was er vom privaten Krankenbett aus konkret überhaupt
84
hätte veranlassen können und wollen. Trotz der sich mehrenden Hinweise darauf, dass
.... sich mit einem erweiterten Selbstmord gedanklich befasste, ja trotz des Hinweises
auf mehrere stattgefundener Versuche, .... zu töten, ging der Angeklagte mit dem Fall
nicht wieder in eine erneute Supervision mit anderen Mitarbeitern des Jugendamts.
II
85
Diese Feststellungen beruhen auf den Bekundungen der Zeugen ...., ...., ...., ...., ...., ....,
...., ...., ...., ...., ...., ...., ...., ...., ...., ...., soweit das Gericht dessen Ausführungen zu folgen
vermochte, ...., ...., ...., ...., ...., ...., ...., den Erklärungen der Sachverständigen Dr. ...., Prof.
...., Dr. ....und Dr. ...., der auf Antrag der Verteidigung verlesenen
Vernehmungsniederschrift des Angeklagten Blatt 27 - 31, der auf Antrag der
Verteidigung verlesenen Fallschilderungen des Zeugen .... und des Angeklagten Blatt
63 - 78, des auf Antrag der Verteidigung verlesenen Ergänzungsberichts der Zeugin ....
Blatt 79 - 81, der verlesenen Hotelkarte Blatt 58, dem verlesenen Arztbericht Blatt 138 -
140, dem verlesenen Brief des Angeklagten an seine Verteidigerin Blatt 407 - 415, dem
verlesenen "Methodischen Konzept" des Angeklagten Blatt 419 - 420 der Akte, den
verlesenen Vermerken des Angeklagten Blatt 421 - 435 der Akte, der Verlesung der von
der Verteidigerin zu den Akten gereichten Unterlagen Blatt 439 - 456, den verlesenen
Dienstanweisungen der Stadt Mönchengladbach für die städtischen
Jugendamtsmitarbeiter Blatt und der Verlesung der weiteren von der Verteidigerin zu
den Akten gereichten Unterlagen Blatt 467 - 469, der verlesenen Telefonliste Blatt 484,
der verlesenen Karteikarte des Frauenhauses Düsseldorf Hülle Blatt 516, den
verlesenen vom Angeklagten gefertigten Unterlagen Blatt 172 - 178, dem verlesenen
Protokoll "Runder Tisch" vom 14.2.2003 Blatt 244 der Akte und den teilweise
verlesenen Unterlagen Blatt 4 - 48 der Akte 51.93.4a 1009 des Jugendamts der Stadt
Mönchengladbach, den verlesenen Briefen des Angeklagten an seine Verteidigerin vom
17. und 20. Februar 2004, Blatt 611 - 616 der Akte, den verlesenen handschriftlichen
Notizen der .... in der schwarzen Kladde (KTU-Nr.: 0479).
86
Der Angeklagte hat sich zur Sache nicht eingelassen, nicht weil, wie seine Verteidigerin
erklärt hat, er von seinem Recht zu schweigen Gebrauch machen wolle, sondern weil er
wegen der Entwicklung zum Tode ..... psychisch nicht in der Lage sei, im Rahmen einer
Einlassung selbst zu den ihm gemachten Vorwürfen Stellung zu nehmen und Fragen
des Gerichts zu beantworten. Seine Verteidigerin hat vielmehr beantragt, einen Brief des
Angeklagten an sie, die Vermerke, die der Angeklagte in der Jugendamtsakte gefertigt
hat, seine über die Stadt Mönchengladbach der Staatsanwaltschaft Mönchen
zugesandten Stellungnahmen und die vom Angeklagten in seinen Arbeitsplatzcomputer
aufgenommenen Vermerke, die noch keinen Eingang in die Jugendamtsakte gefunden
haben und die er deshalb nachträglich ausgedruckt habe, zu verlesen, was das Gericht
dann auch getan hat. Darüber hinaus hat er in Beweisanträgen seiner Verteidigerin,
denen das Gericht nachgegangen ist, behauptet im Rahmen der Betreuung von ....und
.... sich jeweils bei Kollegen Rat geholt und dem mit ihnen abgestimmten
Beratungsstand verhalten zu haben. In weiteren Beweisanträgen hat er durch seine
Verteidigerin die Behauptungen, die das Gericht so behandelt als seien sie wahr,
aufgestellt, den Arzt .... des St. Vinzenz-Hospitals Dinslaken von den bei .... vor deren
Aufnahme vorliegenden Suizidalgedanken unterrichtet, von ihm in mehreren
Telefongesprächen während der Behandlung .... erfahren zu haben, dass die
Zusammenarbeit mit ihr komplikationslos verlaufe und sie kooperativ mitarbeite, dass
dieser ihm gegen den Willen .... auch keine Auskunft über den Therapieverlauf erteilt
hätte, wenn er ihm die Ereignisse im Ibis-Hotel und Frauenhaus in Düsseldorf berichtet
87
hätte, dass Dr. .... aus den Berichten der .... ihm gegenüber entnommen habe, das
Verhalten des Kindesvaters, ihrer Mutter und der Verfahrenspflegerin trage zu einer
großen psychischen Belastung der Patientin bei, und er deshalb zur Entlastung geraten
habe, sie solle sich der Kontrolle der Mutter entziehen und in diese Beziehung mehr
Distanz bringen, sich vom "Lebensgefährten" -das Gericht ist davon ausgegangen, dass
der Zeuge .... gemeint ist- fernhalten und Kontakte zu Vertrauenspersonen im
Helfersystem halten, der Dynamik der Beziehung zwischen .... und ihrer Mutter zu
entnehmen sei, diese werde bei Kontrollverlust über die Tochter das Jugendamt
einschalten würde, um hierüber erneut direkt Kontrolle auszuüben, er der Patientin in
Hinblick darauf geraten habe, das Jugendamt auf diesen Funktionsmissbrauch
hinzuweisen, er .... als therapiewillig erlebt habe und der Therapieabbruch nicht
Ausdruck ihrer Therapieunwilligkeit sei, nach seiner Ansicht die Angst .... vor dem
Zeugen .... so groß gewesen sei, dass eine Unterbringung im Frauenhaus als
Handlungskompetenz gewertet werden müsse, er, Dr. ...., verlasse sich bei noch so gut
gemeinten Hinweisen medizinischer Laien auf etwaige Suizidalität auf diagnostische
Testverfahren und Behandlungsbeobachtungen und der Therapieabbruch indiziere
weder die Unbehandelbarkeit seiner Patientin noch eine direkte Gefährdung des
Kindes.
Abgesehen davon, dass die Angaben des Angeklagten, wie sie in der vom Jugendamt
der Staatsanwaltschaft zugeleiteten Stellungnahmen nachträglich gefertigt worden und
in der Fallakte des Jugendamts nicht enthalten sind, die verlesenen Schreiben des
Angeklagten ebenfalls erst nach dem Tod .... gefertigt worden sind und deshalb als
Behauptungen des Angeklagten, nicht aber als über jeden Zweifel erhabene Beweise
anzusehen sind, ist das Gericht, soweit es diese Erklärungen durch die glaubhaften
Bekundungen der am Ausgang des Verfahrens uninteressierten Zeugen und
nachvollziehbaren Darlegungen der Sachverständigen für widerlegt erachtet, zu seinen
Feststellungen auf Grund der Aufzeichnungen des Angeklagten sowohl in den
Verfahrensakten des Jugendamts der Stadt Mönchengladbach, seinen schriftlichen
Ausführungen in den eigens von der Stadt Mönchengladbach zu den Akten des
Strafverfahrens gereichten Unterlagen, den Darlegungen der Sachverständigen und den
Bekundungen sämtlicher Zeugen gelangt. Lediglich hinsichtlich des Zeugen .... sind
insoweit Vorbehalte angebracht, als dieser einen unmittelbaren Handlungsbedarf für
den 13. März 2003 abgelehnt hat, weil dieser Zeuge nach Auffassung des Gerichts den
Angeklagten bei vollständiger Vorkenntnis des Sachverhalts an diesem Tage zum
sofortigen Eingreifen hätte veranlassen müssen, deshalb, wie für ihn erkennbar eine
strafbare Mitschuld dieses Zeugen von Seiten der Staatsanwaltschaft auch geprüft und
aus anderen rechtlichen Gründen verneint worden ist, letztlich aber am fehlenden so
genannten Pflichtwidrigkeitszusammenhang gescheitert wäre; denn angesichts seines
Kenntnisstands -ihm waren die Geschehnisse im Ibis-Hotel und im Frauenhaus
bekannt- bestand zweifelsfrei unmittelbar am 13. März 2003 nach dessen
Telefongespräch mit dem St. Vinzenz-Hospital Handlungsbedarf und nicht erst für denn
nächsten Tag, so dass das Gericht sich nicht des Eindrucks erwehren kann, dass sein
im Juni 2003 gefertigter Bericht zumindest teilweise geschönt ist.
88
Entgegen der Darstellung des Angeklagten in der von ihm gefertigten Dokumentation ist
das Gericht davon überzeugt, dass .... bei dem Telefongespräch am 10. März 2003 nicht
sicher und gefasst war, sondern mindestens in dessen zweiter Hälfte ihr psychotischer
Zustand auch für den Angeklagten erkennbar wurde. Es nimmt schon Wunder, dass alle
Personen, die .... im Ibis-Hotel und im Frauenhaus erlebt haben, sie über Tage mit zu
ständigem Weinen neigend und apathisch erlebt haben, und sie dies am Telefon dem
89
Angeklagten gegenüber unterdrückt haben soll, selbst wenn sie, wie sie selbst bekundet
hat und wovon das Gericht ausgeht, dem Angeklagten gegenüber nie Fehler zugegeben
und nachgefragtes Fehlverhalten ihm gegenüber in Abrede gestellt hat. Entscheidend
aber ist, dass der psychiatrische Sachverständige ...., der .... im gegen sie gerichteten
Sicherungsverfahren ab dem 27. März 2003 untersucht und dann begutachtet hat,
überzeugend und für das Gericht nachvollziehbar dargelegt hat, dass sie auf Grund
ihres Krankheitsbildes am 10. März zwar für zwei drei Sätze sich hätte zusammen
nehmen können und für einen Dritten am Telefon sicher und gefasst hätte wirken
können, für ein Telefongespräch mit dem Inhalt, wie er im Vermerk des Angeklagten
niedergelegt ist und der nur eine inhaltliche Zusammenfassung wiedergibt, nicht aber
die sicherlich eine doch schon mehr Zeit in Anspruch nehmende Dauer von Fragen und
Antworten widerspiegelt, nicht in der Lage gewesen wäre, die Fassade der sicheren und
gefassten Frau aufrechtzuerhalten und nicht die auch von den Zeugen im Ibis-Hotel und
im Krankenhaus wahrgenommenen Symptome ihrer Erkrankung für ihren
Gesprächspartner erkennbar hervorbrechen zu lassen.
Eine weitere offensichtlich falsche, nachträglich, und zwar vom Datum her am 26. März
2003 gefertigte Darstellung seitens des Angeklagten in der von ihm gefertigten
Dokumentation ist seine Behauptung, am 13. März habe ihm die Mitarbeiterin des
Frauenhauses unter anderem telefonisch mitgeteilt, .... habe das Frauenhaus mit
unbekanntem Ziel verlassen. Die Zeugin ...., die keinerlei Grund hat, den Angeklagten
zu Unrecht zu belasten und deren Aussage durch die von ihr zu den Gerichtsakten
gereichten .... betreffenden Karteikarte gestützt wird, hat ausgesagt, sie habe gerade
deswegen das Jugendamt Mönchengladbach angerufen, weil .... beim Verlassen des
Frauenhauses erklärt habe, sie kehre nach Hause zurück, ihre Mönchengladbacher
Adresse auf der Karteikarte vermerkt gewesen und den Mitarbeiterinnen des
Frauenhauses deshalb die Zuständigkeit des Jugendamts Mönchengladbach erkennbar
gewesen und sie dieses auf die nach ihrer Ansicht bestehende Suizidgefahr hatten
hinweisen wollen.
90
Schließlich hält das Gericht seine Schilderung in seinem an die Verteidigerin
gerichteten "Brief", er habe am 21. März 2003 Frau .... erst eine Geschichte erzählt, bei
der anlässlich eines von ihm veranlassten gewaltsamen Eindringens ein Polizeibeamter
ihn auf den Wert der Tür zu der Wohnung und die Kostentragungspflicht des
Jugendamts hingewiesen habe, auf Grund der Schilderung der Zeugin .... für widerlegt;
denn die Zeugin hat glaubhaft bekundet, sie habe ihn aufgefordert die Tür
aufzubrechen, er habe sie gefragt, ob sie wisse, wie teuer eine solche Tür sei, und
darauf habe sie aufgebracht gefragt: Verdammte Scheiße! Was ist denn wichtiger, wenn
die beiden da liegen sollten? Abgesehen davon zeigt die glaubhafte Reaktion der
Zeugin, dass sie zumindest die Erklärung des Angeklagten dahingehend verstanden hat
und auch so verstehen sollte, dass der Angeklagte wegen der durch ein Aufbrechen der
Tür entstehenden Reparaturkosten davon Abstand nehmen wollte.
91
Bezüglich des Todeszeitpunkts der .... geht das Gericht davon aus, dass .... sie am
Donnerstag, den 13. März 2003 getötet hat. Insoweit folgt das Gericht nicht nur den
Aufzeichnungen, die .... danach gemacht hat und die bei ihr nach Aufbrechen der
Wohnung gefunden worden sind, sondern auch den Gutachtern Dr. .... und ..... Dr. ....,
von Beruf Pathologe und Gerichtsmediziner hat überzeugend dargelegt, dass auf Grund
des Verwesungsprozesses, der bei der Leiche .... vorlag, eine Bestimmung des
Todeszeitpunkts nicht möglich ist. Der Sachverständige Dr. .... hat nachvollziehbar
dargelegt, dass .... zwar zum Tatzeitpunkt an einer schizoaffektiven Psychose gelitten
92
habe, ihr Zeitgefühl davon aber nicht beeinträchtigt gewesen sei. Allenfalls könne bei ihr
ein Irrtum zum Wochentag oder zum Datum vorgelegen haben, wie er jedem Menschen
unterlaufe, und es sei für den gesamten Krankheitsverlauf auszuschließen, dass sie die
zeitliche Orientierung verloren habe, so dass der Tag Donnerstag, der 13. März 2003 als
der frühest mögliche Todeszeitpunkt .... sicher angenommen werden könne, soweit
Menschen sich wissenschaftlich überhaupt einer Tatsache sicher sein könnten.
III
93
Danach hat der Angeklagte dadurch fahrlässig den Tod der .... verursacht; denn er hat
es unterlassen, den Tod der ....., der zum Tatbestand des § 222 StGB (fahrlässige
Tötung) gehört, abzuwenden, obgleich er rechtlich dafür einzustehen hatte, dass dieser
nicht eintrat, und dieses Unterlassen der Verwirklichung dieses Tatbestandes durch ein
Tun entsprach (§§ 13, 222 StGB), indem er nicht am 10. März 2003 nach dem
Telefongespräch mit .... sich selbst mit dem Personal des Frauenhauses telefonisch in
Verbindung setzte, es, nachdem er die Gesamtumstände ihres Aufenthalts kennen
gelernt hatte, demzufolge auch nicht auffordern konnte, Mutter und Kind notfalls unter
Einsperren und Verbleiben einer Aufsichtsperson dort festzuhalten, anschließend nicht
die Polizei in Düsseldorf telefonisch oder per Fax unter Darlegung des Sachverhalts
benachrichtigen und auffordern konnte zur Abwehr der dem Kind .... drohenden Gefahr
für Leib oder Leben polizeirechtliche Maßnahmen zu ergreifen, die zur Sicherung von
Mutter und Kind geführt hätten, und gleichzeitig seinerseits sei es persönlich, sei es
unter Zuhilfenahme des Jugendamts der Stadt Düsseldorf, keine Maßnahmen in die
Wege leiten konnte, die zu einer Überwachung des leiblichen und geistigen und/oder
seelischen Wohls von Kind und Mutter, sei es in Form einer vorläufig den Aufenthalt ....
bestimmenden Trennung von ihrer Mutter und einer vorläufigen Unterbringung der ....
nach dem PsychKG, sei es in Form von Erziehungshilfen wie sie mit dem St. Vinzenz-
Hospital als vorgesehen abgesprochen waren oder zu einer erneuten Unterbringung
von Mutter und Kind in einem psychiatrischen Fachkrankenhaus geführt hätten, und
beim Familiengericht spätestens am nächsten Tag, je nach dem, welche Maßnahme
ergriffen worden wären, dessen Entscheidung für eine vorläufigen Entzug des
Personensorgerechts, zumindest aber des Aufenthaltsbestimmungsrechts herbeiführen
könen, was zur Folge gehabt hätte, dass .... ihre Tochter nicht am 13. März 2003 hätte
töten können.
94
Weiterer Anlass zu solchem Handeln bestand für ihn weiterhin am 12. März 2003 nach
dem Gespräch mit der Zeugin .....; dann hätte er zusätzlich erfahren, dass ..... mit dem
Kind .... das Frauenhaus nach Hause verlassen hatte und die Gefahr für .... erheblich
zugenommen hatte, so dass er aus seiner Aufgabenstellung um so mehr die Polizei zum
Einschreiten hätte veranlassen müssen. Trotz der Benachrichtigung seitens des
Frauenhauses am 13. März unternahm er auch weiterhin nichts, wobei je nach der
Tageszeit, zu der .... ihr Kind am 13. März getötet hat, ein solches Handeln seinerseits
bis zu dieser Stunde, am 12. März 2003 ohnehin, verhindert hätte, dass .... ihr Kind im
Verlaufe des 13. März 2003 tötete.
95
Der Umstand, dass .... ihr Kind nicht bereits zwischen dem 2. Oktober und dem 11.
Dezember 2002 getötet hat, obwohl der Angeklagte diese erhöhte Gefahr, selbst am 18.
November die Notwendigkeit einer Trennung von Mutter und Kind erkannt und dennoch
nicht nur pflichtwidrig das Familiengericht nicht unterrichtet, sondern nichts
unternommen hatte, obwohl dies schon damals angezeigt gewesen wäre, entlastet ihn
nicht dahingehend, er hätte auch nach dem 10. und 12. März 2003 nichts zu
96
unternehmen brauchen, vielmehr, wie er behauptet, auf die Kompetenz .... vertrauen
können. Zum sind diese ersten Pflichtwidrigkeiten nur deshalb nicht für den Tatbestand
relevant, weil auf Grund des Aufenthalts im St. Vinzenzhospital für diese der
Pflichtwidrigkeitszusammenhang unterbrochen wurde, zum andern kann die
Wiederholung von Pflichtwidrigkeiten diese nicht rechtfertigen, nur weil eine mögliche
voraussehbare Kausalkette sich nicht verwirklicht hat.
Der Angeklagte war auch zu einem solchen Einschreiten verpflichtet;
97
In diesem Zusammenhang kann dahin stehen, ob eine der Bestimmung des § 42 Absatz
3 KJHG entsprechende Inobhutnahme die einzig in Betracht kommende Eingriffsnorm
gewesen wäre, nach der das Jugendamt verpflichtet ist, "ein Kind oder einen
Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert. Freiheitsentziehende
Maßnahmen sind dabei nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine
Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib
oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche
Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden. Absatz
2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend."
98
§ 42 Absatz 2 Satz 2 bis 4 lautet:
99
"Das Jugendamt hat den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich
von der Inobhutnahme zu unterrichten. Widerspricht der Personensorge- oder
Erziehungsberechtigte der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
100
1. das Kind oder den Jugendlichen dem Personensorge- oder
Erziehungsberechtigten zu übergeben oder
101
102
2. eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum
Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
103
Ist der Personensorge- oder Erziehungsberechtigte nicht erreichbar, so gilt Satz 3 Nr. 2
entsprechend."
104
Stellt man auf den Wortlaut dieser Bestimmung ab, so ermöglicht sie dem Jugendamt
einen direkten Eingriff; sie lässt bei dringender Gefahr für das Kindeswohl auch die
Trennung des Kindes von dem Erziehungsberechtigten gegen dessen erklärten Willen
zu, wie der Verweis auf die unverzügliche Herbeiführung der Entscheidung des
Familiengerichts zeigt. Die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 3 KJHG setzt auch nicht
voraus, dass das Kind sich in der Obhut eines Dritten befindet. Ein solcher Fall ist in §
43 KJHG, der die so genannte Herausnahme zum Gegenstand hat, geregelt.
105
Unabhängig davon, ob die Inobhutnahme des § 42 Absatz 3 KJHG die den Angeklagten
zum Eingreifen verpflichtende Norm gewesen wäre, ist jedoch seit mehreren Jahren in
106
Rechtsprechung und Lehre anerkannt, dass dem Staat auf Grund der
Verfassungsbestimmung des Artikel 6 Grundgesetz ein Wächteramt über junge
Menschen und deren Erziehung sowie über die Familie zukommt. Primär liegt nach
dieser Verfassungsnorm die Priorität in der Erziehung junger Menschen zwar bei und
durch die Familie, vornehmlich die Eltern und Erziehungsberechtigten, gleichwohl bleibt
der Staat verpflichtet, das Kindeswohl in den Vordergrund zu stellen und junge
Menschen vor Vernachlässigung, Misshandlung und Gewalt zu schützen.
Dieses Wächteramt des Staates kommt in § 1 des KJHG (Kinder- und Jugendhilfegesetz
des 8. Buches des Sozialgesetzbuches gesetzlich zum Ausdruck. Diese Bestimmung
lautet nämlich:
107
1) Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und
sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen
gestalten. Es soll dazu beitragen,
108
ein menschenwürdiges Dasein zu sichern,
109
gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch
für junge Menschen, zu schaffen,
110
die Familie zu schützen und zu fördern,
111
den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und
112
besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder
auszugleichen.
113
(2) Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll auch dazu beitragen, dass die zur Erfüllung
der in Absatz 1 genannten Aufgaben erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen
rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen.
114
Hieraus haben Rechtsprechung und Lehre den Grundsatz entwickelt, dass
Sozialarbeiter kommunaler Jugendämter im Betreuungszusammenhang mit
Problemfamilien und ihren Kindern eine Garantenstellung aus der staatlichen
Schutzpflicht gegenüber den betreuten Kindern und Jugendlichen haben, die sie
verpflichtet, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr körperliches, geistiges und/oder
seelisches Wohl, insbesondere vor rechtsgutverletzendem Fehlverhalten ihrer Eltern in
diesen Bereichen zu schützen und damit für Sozialarbeiter kommunaler Jugendämter im
Betreuungszusammenhang eine solche Garantenpflicht begründen.
115
Es kann dahin stehen, ob man diese wie das OLG Oldenburg (Strafverteidiger 1997,
133,) als Schutzpflicht aus den Bestimmungen des § 1 KJHG entnimmt oder sie wie
Bringewat (Strafverteidiger 1997, 135 ff) und das OLG Stuttgart (NJW 1998, 3131) aus
einer tatsächlichen Schutzübernahme aus der eigenen amtlichen Aufgabenerfüllung
herleitet.
116
Entscheidend ist vielmehr, dass eine solche für den Angeklagten seit Übernahme der
Fallbearbeitung, nochmals besonders deutlich geworden im Gerichtstermin vom 2.
Oktober 2002, bestand, In diesem Termin hatte das Familiengericht zum Ausdruck
gebracht, dass es auch ihm über die Besuchsregelung für den Kindesvater hinaus um
117
das Wohl des Kindes ging, die Erziehungsfähigkeit der Mutter überprüft werden sollte,
das Familiengericht vom Angeklagten über alle die Frage des Kindeswohls
betreffenden Entwicklungen unterrichtet werden wollte, und nicht zuletzt auf Grund des
Krankheitsverlaufs der Mutter der Angeklagte erkannt hatte, dass je nach Entwicklung
eine Trennung von Mutter und Kind zur Abwehr der Gefahren für das leibliche, geistige
und/oder seelische Wohl im Sinne der §§ 1666, 1666a BGB in Betracht kam. Er wusste
aus der ihm vom Zeugen .... mitgeteilten Vorgeschichte, dem Hinweis der Zeugin ....,
dass .... Gedanken eines ihre Tochter .... einschließenden Selbstmordes geäußert hatte
und er hatte, die konkreten Hinweise einer Patientin der Zeugin .... über bereits
stattgefundene mehrfache Versuche, das Kind zu töten, die Hinweise der Zeugin ....
über Impulsausbrüche ...., die zumindest vermutlich zu sichtbaren Verletzungen des
Kindes geführt hatten, so ernst genommen, dass er sie für wichtig erachtete sie nach
seiner in einen Beweisantrag gekleideten Behauptung zu Beginn der Behandlung im St.
Vinzenz-Hospital dem behandelnden Arzt Dr. .... mitzuteilen.
Ihm hatte nicht nur die zumindest nicht weniger als er selbst kompetente Zeugin ....
mitgeteilt, dass sie bei dem Gesundheitszustand der .... im letzten Drittel des Jahres
selbst ein Verbleiben des Kindes bei der Mutter bis zur vom Gericht angeordneten
Überprüfung ihrer Erziehungsfähigkeit für unverantwortlich halte und dies nochmals im
Gerichtstermin wiederholt, sondern auch die Fachärztin .... hatte ihn wissen lassen, dass
ihr ein Verbleiben des Kindes bei der Mutter Sorgen bereite. Schließlich hatte der
Angeklagte spätestens am 18. November 2002 erkannt, dass für das leibliche und
geistige und/oder seelische Wohl erhebliche Gefahren drohten, weil sie dem ständigen
Wechsel von Apathie und Depression ihrer Mutter, den daraus resultierenden Wechsel
ihrer Bezugspersonen ausgesetzt und damit erkennbar war, dass in ihrer Entwicklung
bei Andauern der Situation nicht unerhebliche Erziehungsdefizite eintreten würden, die
dann ja auch im St. Vinzenz-Hospital festgestellt wurden, so dass der Angeklagte selbst
ohne die dann eingeleitete und von ihm vermittelte Behandlung eine zumindest bis zur
Genesung der Mutter vorübergehende Trennung von Mutter und Kind für angezeigt hielt.
118
Auch wenn er an dem Round-Table Gespräch am 14. Februar 2003 im St. Vinzenz-
Hospital nicht beteiligt war, so wusste er doch, dass das Krankenhaus für eine zwar
nicht unmittelbar bevorstehende, aber doch schon absehbare Entlassung mit ihm als
einer dafür zentralen Person diese, insbesondere in Hinblick auf die nach einer
Entlassung zügig greifenden und von ihm im Aufnahmegespräch mit Dr. .... zugesagten
Hilfsmaßnahmen planen wollte. Er wusste, dass diese Maßnahmen ohne
Zeitversäumnisse, deshalb ja auch die Planung, greifen sollten und mussten, um von
der Mutter den Druck zu nehmen und sie signifikant zu entlasten. Aus seiner
aufgezeigten Garantenpflicht oblag es deshalb ihm, sich beim St. Vinzenz-Hospital
bereits zu einem Zeitpunkt nach dem Ergebnis des Round-Table-Gesprächs und
dessen Bedeutung für den Zeitpunkt der Entlassung zu erkundigen und nicht dem
Krankenhaus, ihn entsprechend zu unterrichten. Schließlich war er es gewesen, der,
verschuldet oder nicht, an ihm nicht teilgenommen hatte und ihm oblag in Hinblick auf
das Kindeswohl von Amts wegen die Schutz- und Garantenpflicht.
119
Als er dann am 6. März -zu diesem Zeitpunkt war .... schon im Ibis-Hotel- erfuhr, dass sie
gegen den Willen der Ärzte die Klinik verlassen hatte, diese sie also noch als
behandlungsbedürftig angesehen haben, sie bei dieser Mitteilung gefasst auf ihn
gewirkt hatte und er auch aus dem Umstand, dass die Ärzte sie hatten gehen lassen,
konnte er zunächst daraus schließen, dass zumindest keine akute Gefahr für Mutter und
Kind bestand, musste bei der von ihm zu fordernden Sorgfalt erkennen, dass für ihn
120
insofern Handlungsbedarf anstand, als er die vorgesehenen Hilfemaßnahmen
vorbereiten musste, um sie alsbald auch zu realisieren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt
hätte er sich beim St. Vinzenz-Hospital telefonisch erkundigen müssen, welche der von
ihm für den Zeitpunkt der Entlassung vorgesehenen Hilfemaßnahmen im Falle .... nach
der vorzeitigen Entlassung in Betracht kamen. Eine solche Frage hätte nicht nur die
ärztliche Schweigepflicht unberührt gelassen, wäre vom Krankenhaus, wie er wusste,
auch erwünscht gewesen, sondern zur Vorbereitung des anstehenden Gesprächs mit ....
auch angezeigt gewesen.
Spätestens nach dem Telefongespräch vom 10. März 2003 musste der Angeklagte bei
Beachtung der von ihm zu fordernden Sorgfalt in Bezug auf die von ihm zu schützenden
Interessen des Kindes in dem Sinne intervenieren, dass er sich Klarheit über den
Zustand der Kindesmutter und das Wohl und Wehe des Kindes verschaffte. Es hätte nur
des Kontrollanrufs im Frauenhaus Düsseldorf bedurft, um sich diese zu verschaffen und
dann die aufgezeigte Handlungskette auszulösen, die dazu geführt hätte, das Kind vor
dem Tod zu bewahren und die Mutter zu einem früheren Zeitpunkt einer stationären
psychiatrischen Behandlung zuzuführen;
121
Der Angeklagte hat diese Notwendigkeit einer Kontrolle auch erkannt; denn er hat in
seinem verlesenen Schreiben an seine Verteidigerin vom 20. Februar 2004 (Blatt 615
der Akte) selbst davon gesprochen, dass eine Kontrolle (des Frauenhauses) jederzeit
möglich gewesen wäre. Nur hat er, und das ist neben den anderen aufgezeigten
Versäumnissen sein entscheidender, ihm vorzuwerfender seine Sorgfalt in Hinsicht auf
den Schutz des Kindeswohls schwerwiegend verletzender Fehler, sie nicht ausgeübt.
122
Er musste zunächst erkennen, dass .... nicht nur zum vorgesehenen Gespräch nicht
kommen, sondern sich und damit auch das Kind Vanessa gänzlich seinem Einfluss
entziehen wollte und damit die dem St. Vinzenz-Hospital zu Beginn der Behandlung in
Aussicht gestellten Hilfen für Kind und Mutter überhaupt nicht zum Zuge kommen
würden.
123
Darüber hinaus hätte bei Beachtung der von ihm zu fordernden Sorgfalt erkennen
können, wenn er es nicht gar erkannt hat, dass ..... wieder in das Krankheitsbild vor dem
Aufenthalt im St. Vinzenz-Hospital zurückgefallen war, sie mit dem Frauenhaus in der
falschen Einrichtung war, die sich mit der die auf einer psychischen Erkrankung
beruhende gravierende Beeinträchtigung der Erziehungsfähigkeit einer labilen,
depressiven Mutter nicht befassen konnte.
124
Auf Grund der ständigen Therapie- und Behandlungsabbrüche in der Vergangenheit,
dem erst wenige Tage zurück liegenden Therapieabbruch in Dinslaken konnte und
durfte der Angeklagte nicht darauf vertrauen, .... bleibe mit .... bis zum Ende März im
Frauenhaus und werde mehr oder minder ohne Schwierigkeiten in eine Klinik in
Lengerich aufgenommen. Aus den Vorgesprächen mit dem behandelnden Arzt Dr. ....
vor Aufnahme in das St. Vinzenz-Hospital, nochmals verstärkt durch das
Telefongespräch mit der Zeugin .... am 14. Februar 2002 wusste er, wie eminent wichtig
die die Kindesmutter entlastenden, zügig greifenden Hilfemaßnahmen nach einer
Entlassung aus dem Hospital in Dinslaken für Mutter und Kind waren, diese bei einem
Abwarten in dem von .... vorgeschlagenen Sinn nicht greifen würden und damit das
Gefährdungspotential vom Dezember 2002 wieder zurückgekehrt war und .... wieder
statt einer Kontinuität in ihrem personalen Beziehungsgeflecht dem ständigen Wechsel
zwischen Aufenthalten in psychiatrischen Krankenhäusern, bei Bekannten und zu
125
Hause ausgesetzt werden sollte, den ihm schon die Zeugin .... zu recht als eine
gravierende Gefährdung des geistig und seelischen Kindeswohls dargelegt hatte. Und
er wusste rückschließend aus dem Therapieabbruch gegen ärztlichen Rat und auf
Grund des von .... selbst bei diesem Gespräch geäußerten Therapiewunsches, dass
akuter Therapiebedarf bestand und das Behandlungsteam des St. Vinzenz-Hospitals
bei seinen Prognosen zum Zeitpunkt der Entlassung davon ausgegangen war, dass die
für wichtig gehaltenen die Mutter entlastenden Hilfsmaßnahmen ohne große zeitliche
Verzögerung greifen und so einen Rückfall in das Leib und Leben des Kindes
gefährdenden Krankheitszustand der Mutter verhindern sollten.
Der Angeklagte hätte, um der ihm zur Erfüllung der Aufgaben der Familiehilfe
obliegenden Sorgfaltspflicht zu genügen, sich unmittelbar nach dem Telefongespräch
mit .... telefonisch oder per Fax bei dem Frauenhaus Düsseldorf nach den Umständen,
die zu ihrer Aufnahme geführt haben, den Lebensbedingungen von Kind und Mutter
erkundigen müssen, um dann entscheiden zu können, welche konkreten Maßnahmen
angezeigt waren, die ihm obliegenden Aufgabe des Kindesschutzes wahrzunehmen.
126
Der Angeklagte konnte die mit der vorzeitigen Entlassung aus dem St. Vinzenz-Hospital
beim Jugendamt der Stadt Mönchengladbach schon auf Grund ihrer Zusage wieder akut
anstehenden Aufgaben der Familienhilfe nicht gleichsam dem Frauenhaus Düsseldorf
überlassen, noch konnte er darauf vertrauen, dass dieses sie wahrnehmen werden;
denn selbst die gemäß § 13 KJHG zulässigen Übertragung von Aufgaben der
Familienhilfe auf freie Träger kann die bestehende Schutzpflicht des Staates nicht völlig
ablösen, sondern auch in einem solchen Fall muss gewährleistet sein, dass der freie
Träger, auf den die Aufgaben der Familienhilfe übertragen worden sind, weiterhin der
Kontrolle seitens des Staates, also des jeweiligen Jugendamts unterliegt, was
umgekehrt die Pflicht zur Installierung entsprechender auf das Kindeswohl
ausgerichtete Kontrollmechanismen begründet (Vgl. OLG Oldenburg STV 1997, 134).
Dies gilt umso mehr in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem keine Übertragung im
Sinne des § 13 KJHG vorgelegen hat, sondern das zu schützende Kind von der sein
Wohl gefährdenden Person ohne jede Einflussnahme des Jugendamts in eine
Einrichtung gelangt ist, die die Aufgaben der Familienhilfe nicht wahrnimmt und nicht
wahrnehmen kann.
127
Der Umstand, dass das Gericht nicht hat ermitteln können, wie es zum dem Eintrag auf
der Karteikarte des Frauenhauses, .... habe sich am 8. März 2003 im Ibis-Hotel
Düsseldorf das Leben nehmen wollen, gekommen ist, ist irrelevant. Entscheidend ist,
dass dies dem Angeklagten, wie es dann ja auch am 13. März 2003 geschehen ist,
schon am 10. März 2003 mitgeteilt worden wäre und der Angeklagte bei Wahrung der
von ihm zu fordernden Sorgfalt dann die zur Rettung von Kind und Mutter erforderliche
Handlungskette hätte auslösen müssen.
128
Um so mehr war der Angeklagte nach dem Gespräch der .... am 12. März 2003 zu
solchem Handeln verpflichtet, nachdem er von ihr den aufgelösten Zustand der .... und
von ihrer Gewaltanwendung gegen das Kind, die zu einem Hämatom am Auge geführt
hatte, erfahren hatte. Dann hätte der Angeklagte nicht nur die Ereignisse im Frauenhaus
und im Ibishotel, sondern auch erfahren, dass .... wieder in ihre Wohnung in
Mönchengladbach zurückgekehrt war und die zuvor genannten Maßnahmen zum
Schutze von Mutter und Kind einleiten können und müssen, um der ihm obliegenden
Sorgfaltspflicht zu genügen, und .... hätte vor dem 13. März daran gehindert werden
können, ihr Kind in einer schizoaffektiven Psychose zu töten.
129
Der Angeklagte war sich dieser seiner Garantenstellung und der hieraus folgenden
Garantenpflicht, wie sein gesamtes Verhalten auch bewusst. Er konnte angesichts der
vielen Hinweise, seines eigenen Hinweises an Dr. .... auch voraussehen, dass ein
erweiterter Selbstmord und damit die Tötung .... eine mögliche Folge der geistig /
seelischen Erkrankung .... sein konnte, zumindest hatte er zahlreiche Hinweise auf
Gewaltakte der Kindesmutter gegenüber .....
130
Das Gericht folgt dem Angeklagten zwar insoweit, als er zunächst versuchte, zu Frau ....
ein Vertrauensverhältnis zu begründen und ihr Vertrauen zu sich selbst zu stärken, um
auf diese Art und Weise ihre Erziehungsfähigkeit zu verbessern und zu konsolidieren
und dem Kind die Mutter und umgekehrt der Mutter das Kind zu erhalten, ihm musste
aber von seiner ganzen Aufgabenstellung klar sein, dass dies nur solange Gültigkeit
haben kann, solange der Krankheitszustand keine Gefahr für das Gesamtwohl des
Kindes wurde und er hatte erkannt, dass dieser ohne eine Therapie im Dezember 2002
die Trennung von Mutter und Kind erforderlich gemacht hätte. Dasselbe hätte er für den
Zeitpunkt spätestens ab dem Gespräch mit .... am 10. März erkannt, wenn er den ihm
obliegenden Informationsanruf beim Frauenhaus durchgeführt hätte. Diese ihm nach
seiner Ansicht verbliebene Kontrollmöglichkeit entlastete ihn nicht, er hätte vielmehr von
ihr auch Gebrauch machen müssen.
131
Für diese Erkenntnismöglichkeit und seine eigene Erkenntnisfähigkeit ist es irrelevant,
ob Dr. .... das Aufsuchen eines Frauenhauses als ein Zeichen eigener Kompetenz
gewertet hätte, entscheidend dafür ist vielmehr, dass er die Umstände gekannt hätte,
wie .... in das Frauenhaus gelangt ist. Sie hatte sich nämlich nicht selbst dazu
entschieden, sondern war von der Zeugin .... in mehrstündigen Gesprächen dazu
gedrängt worden. Im Frauenhaus selbst war nicht nur ihr apathisches das Kind
vernachlässigende Verhalten selbst den Insassinnen aufgefallen, sondern diese wie
das Personal des Frauenhauses gingen davon aus, .... habe im Ibis-Hotel Selbstmord
begehen wollen, Umstände, die dem Angeklagten bei einem Kontrollanruf im
Frauenhaus bekannt geworden wären und nicht dem Bild einer bewussten
eigenverantwortlichen Entscheidung, ein Frauenhaus aufzusuchen, das mit dem
Beweisantrag in die Vorstellung des Dr. .... projiziert wird, aber nicht der für den
Angeklagten erfahrbaren Wirklichkeit entspricht.
132
Schließlich entlastet den Angeklagten auch nicht die Behauptung der Verteidigung, der
Angeklagte hätte eine Trennung von Mutter und Kind auf keinen Fall durchführen
dürfen, weil .... sich nie und nimmer, auch nicht vorübergehend von ihrer Tochter hätte
trennen lassen, andernfalls es so oder so zum Tod des Kindes oder einem isolierten
Selbstmord der Kindesmutter gekommen wäre. Abgesehen davon, dass, was gewesen
wäre, wenn ..... ins Reich der Spekulation gehört, wäre bei einem Eingreifen des
Angeklagten, selbst wenn er eine vielleicht mögliche Unterbringung beider in einer
entsprechenden Einrichtung Sorge getragen oder Mutter und Kind tatsächlich getrennt
hätte, die Kausalkette anders verlaufen, zumal der Angeklagte mit Hilfe anderer
staatlicher Stellen und Einrichtungen veranlassen hätte können, das Kind ohne
Gefährdung durch die Mutter und die Mutter ohne Eigengefährdung unterzubringen, wo
zwar nicht endgültig auszuschließen gewesen wäre, dass .... selbst an sich Hand
angelegt hätte, dieses Risiko aber erheblich geringer gegenüber dem Zustand gewesen
wäre als im Frauenhaus und zu Hause.
133
Der Angeklagte hatte auf Grund der ihm von Amts wegen obliegenden Schutzposition
134
auch eine den Geschehensablauf beherrschende Stellung. Er war derjenige, der alle für
die Beurteilung erforderlichen Umstände kannte. Auch wenn er selbst nicht die
Diagnose der geistig-seelischen Erkrankung .... kannte, geschweige denn sie selbst
hätte stellen können, war ihm bewusst, dass eine deren Erziehungsfähigkeit gravierend
beeinträchtigende Erkrankung .... vor dem Klinikaufenthalt vorgelegen hatte, er selbst
bei einem positiven Behandlungsabschluss die zentrale Stelle für die zum Zeitpunkt
einer Entlassung aus der Klinik einsetzenden Hilfemaßnahmen war und die in den
ersten Tagen nach der Entlassung von ihm noch für besser als bei der Aufnahme
gehaltene Gesamtsituation sich in kurzer Zeit erheblich verschlechtert hatte.
Er hatte auch die rechtliche Möglichkeit, durch einen Kontrollanruf im Frauenhaus am
10. März 2003, spätestens nach dem Telefongespräch mit .... sen. durch Eingriffe direkt
auf das weitere Geschehen Einfluss zu nehmen; denn bei Kenntnis der gesamten
Umstände hätte er, falls keine von ihm gleichzeitig die Überwachung von Mutter und
Kind gewährleistenden Familien- und Erziehungshilfemaßnahmen unterhalb einer
Trennung von Mutter und Kind in Betracht gekommen wäre, eine vorläufige Trennung
des Kindes und die vorläufige Unterbringung der Kindesmutter über die Polizei
veranlassen, gemäß §§ 50 Absatz 3 KJHG, 1666, 1666 a BGB das
Vormundschaftsgericht in Kenntnis setzen können, das über deren Fortdauer am
nächsten Tag zu entscheiden gehabt und bei der vorliegenden Konstellation mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch im Sinne einer solchen Trennung von
Mutter und Kind gemäß §§ 1666, 1666 a BGB diese vorläufig angeordnet hätte, indem
es das Personensorge-, zumindest aber das Aufenthaltsbestimmungsrechts für .... ihrer
Mutter .... entzogen und auf das Jugendamt übertragen hätte.
135
Die Polizei wäre, was sie ja auch am 21. März 2003 schließlich getan hat, bereits am
10., aber noch einmal am 12. März 2003 gemäß §§ 47 - 49, 35, 41,1 und 4 Polizeigesetz
des Landes Nordrhein-Westfalen auf eine vollständige Schilderung des dem
Angeklagten nach dem ihm obliegenden Kontrollanruf bekannten gesamten
Sachverhalts verpflichtet gewesen, sei es in Düsseldorf im Frauenhaus am 10. März ....
und ihre Tochter .... in einen beide beschützenden Gewahrsam zu nehmen und am 12.
März 2003 in Mönchengladbach nach einem gerechtfertigten gewaltsamen Öffnen der
Wohnungstür dasselbe zu tun, damit der Angeklagte als Jugendamt handelnd am
nächsten Tag die weitere Entscheidung des Vormundschafts- oder Familiengerichts sei
es über das Jugendamt Düsseldorf, sei es selbst hätte veranlassen können.
136
Den Angeklagten kann auch seine Behauptung, in der Regel dauere es acht Tage, bis
das Vormundschafts- oder Familiengericht einen Termin im einstweiligen
Anordnungsverfahren anberaume, nicht entlasten; denn der sofortige Zugriff im Sinne
einer Überwachung oder Trennung von Mutter und Kind hätte zunächst sofort gewirkt
und die Entscheidung des Gerichts erst nachträglich erforderlich gemacht. Unter diesen
Umständen kann es dahin gestellt bleiben, ob das Gericht, das ja für derartige Fälle an
Sams-, Sonn- und Feiertagen zusätzlich einen richterlichen Eildienst unterhält,
tatsächlich bei einem entsprechenden Eilantrag so lange wie der Angeklagte behauptet,
nämlich eine Woche, mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung zugewartet hätte.
137
Schließlich kann den Angeklagten nicht entlasten, dass er, wenn er sich nicht selbst
nach Düsseldorf begeben hätte, je nach Sachlage noch das Jugendamt Düsseldorf und
die Polizei Düsseldorf oder, so am 12. März 2003, die Polizei Mönchengladbach hätte
einschalten müssen, um das Kind vor den von der geistig/seelisch erkrankten Mutter
ausgehenden Gefahren zu bewahren, weil diese bei einer umfassenden Schilderung
138
des Sachverhalts, der dem Angeklagten nach einem dem Gespräch mit der
Kindesmutter am 10. März 2003 nachfolgenden Kontrollanruf bekannt gewesen wäre,
nach pflichtgemäßem Ermessen, Maßnahmen hätten ergreifen müssen, die zum Schutz
des Kindes vor den zu befürchtenden Gefahren (das Frauenhaus ging bekanntlich
davon aus, die Kindesmutter habe im Ibis-Hotel Selbstmord begehen wollen) geführt
hätten.
Die hypothetische Möglichkeit der Tötung Vanessas durch ihre Mutter wegen eines
theoretisch anders ausgerichteten Verhaltens des Jugendamts Düsseldorf und der
Polizei Düsseldorf am 10. März oder der Polizei Mönchengladbach am 12. März
beseitigt nicht die Kausalität des vom Angeklagten zu verantwortenden Verhaltens;
denn die Verantwortlichkeit Dritter in der Kausalkette hätte, sofern der Angeklagte
pflichtgemäß gehandelt hätte, dazu geführt, dass diese statt des Angeklagten
strafrechtlich zur Rechenschaft hätten gezogen werden müssen, sofern sie sich in
diesem Zusammenhang einer Pflichtwidrigkeit schuldig gemacht und diese zu der Tat
.... geführt hätte (Vgl. BGH Urteil vom 13. November 2003, Seite 7 -5Str 327/03).
139
Unter Berücksichtigung der dem Angeklagten bekannten Vorgeschichte war die Tat ....,
nämlich die Tötung ihres Kindes, als mögliche Folge des Nichteinschreitens des
Angeklagten vorhersehbar, weil der Angeklagte nicht nur wusste, dass .... sich um nichts
auf der Welt von ihrem Kind trennen wollte, sondern ihm auch zahlreiche Hinweise auf
einen von ihr ins Kalkül gezogenen auf Vanessa erweiterten Selbstmord, sogar
stattgefundener Versuche eines solchen vorlagen.
140
IV
141
Der Strafzumessung liegen ausgehend vom Strafrahmen des § 222 StGB, der
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht, folgende Erwägungen zu
Grunde:
142
Der Angeklagte ist seit mehreren Jahren als Sozialarbeiter beim Jugendamt
Mönchengladbach tätig. Er ist verheiratet. Seine Ehefrau ist ebenfalls beim Jugendamt
der Stadt Mönchengladbach als Sozialarbeiterin beschäftigt. Der Angeklagte selbst hat
ausgehend von dreizehn Monatsgehältern zu je 1.600,00 EUR monatlich auf das Jahr
berechnet ein Bruttojahreseinkommen von 20.800,00 EUR, was einem
durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von etwas über 1.200,00 EUR
entspricht. Er ist bisher nicht vorbestraft.
143
Das Gericht konnte, da der Angeklagte sich zur Sache nicht geäußert hat, ihn auch nicht
dazu befragen, warum er eigentlich trotz der sich mehrenden Anzeichen für die
Notwendigkeit eines Handelns seinerseits in der Zeit vom 10. bis 21. März sich so
zögernd und zaudernd verhalten hat.
144
Nach dem Bild, das sich dem Gericht auch aus seinem Verhalten in der Zeit zwischen
dem 13. und 21. März 2003 aufdrängt, gehört er eher zu den Menschen, die
Auseinandersetzungen scheuen, sich schwer entscheiden können und nicht selten
selbst nicht entscheiden, die Dinge sich selbst entwickeln und die Umstände
entscheiden lassen. Obgleich um ihn herum alle Menschen, die mit .... häufiger in
Kontakt kamen, die Notwendigkeit erkannt hatten, dass .... durch ihre kranke Mutter in
hohem Maße gefährdet war, hatte der Angeklagte offensichtlich aus Scheu vor einer
damit verbundenen Auseinandersetzung mit ihr, die von ihm Stringenz und Konsequenz
145
gefordert hätte, allein deren Wunsch, .... um alles in der Welt, auch um den Preis des
Lebens, bei sich zu behalten, im Auge und ging auf Grund dieses seines
Persönlichkeitsbildes mit der einseitigen Bevorzugung der Mutter immer wieder den
Weg des geringsten Widerstands bis zum Nichtstun.
In dieser Haltung mag er, möglicherweise unbewusst, auch durch fiskalische
Erwägungen bestärkt worden sein. Zwar hat der Angeklagte durch seine Verteidigerin
behaupten lassen, für die Entscheidung über die Kostentragung einer
Fremdunterbringung sei eine andere Abteilung des Jugendamts zuständig und das
Gericht hat keinen Zweifel, dass dies auch so ist. Dennoch zeigen die zum Gegenstand
der Hauptverhandlung gemachten diesbezüglichen Vorgänge im Verfahren B, dass der
Angeklagte in die Auseinandersetzung mit dem Jugendamt Viersen miteinbezogen war,
er nicht gänzlich unbeteiligt war, sondern sein Handeln als Jugendamt von ihm bewusst
als ein als Kosten verursachendes Verhalten gewertet wurde und damit auch Einfluss
darauf hatte, wer die Kosten dafür zu tragen gehabt hätte, was auch für den Fall der ....
gilt.
146
Wenn auch die Zeugin ...., die Leiterin des Jugendamts, bekundet hat trotz der
allgemeinen Finanzmisere der öffentlichen Hand, die auch bei der Bewältigung der ihm
obliegenden Aufgaben am Jugendamt nicht vorbeigegangen sei, würden Maßnahmen
der Inobhutnahme und Herausnahme nicht von der finanziellen Belastung abhängig
gemacht, so zeigt die Auseinandersetzung zwischen der Stadt Mönchengladbach und
der Stadt Viersen wegen der Kostenübernahme in dem Fall, in dem der Angeklagte am
13. Februar 2003 fünf Kinder von der Mutter getrennt und anderweitig untergebracht
hatte, doch auch, dass diese Frage selbst für die tägliche Arbeit des Jugendamts in
Fällen der vorliegenden Art von eminenter Bedeutung war; denn die Pflegeeltern im
Falle B hatten nahezu einen Monat nach Übernahme der Pflege wegen dieses Streits
mit dem Jugendamt Viersen noch kein Pflegegeld erhalten, was den Angeklagten
veranlasste behördenintern darauf hinzuweisen, dass diese Auswirkungen dazu führen
können, erhebliche Schwierigkeiten in Zukunft dabei zu bekommen, überhaupt
Pflegeeltern zu finden.
147
Dies lässt zumindest die Vermutung nicht für ausgeschlossen erscheinen, der
Angeklagte sei bei der Entscheidung einzugreifen und direkt oder indirekt tätig zu
werden oder nicht, von dieser Problematik nicht frei gewesen. Im Jugendamt wurde
nämlich die Auffassung vertreten, wenn die im Wege der Familienhilfe zu betreuende
Person sich in einem Frauenhaus außerhalb der örtlichen Zuständigkeit des
Jugendamts Mönchengladbach aufhält, müsse das für den Sitz des Frauenhauses
örtlich zuständige Jugendamt die Kosten für die Pflegestelle der Kinder tragen. In dem
angesprochenen Fall hatte sich eine Mutter mit ihren fünf Kindern von
Mönchengladbach in ein Frauenhaus in Viersen begeben und die fünf Kinder mussten
am 13. Februar 2002 dringend fremduntergebracht werden. In dieser Sache vertrat das
Jugendamt der Stadt Mönchengladbach die Auffassung, nicht es, sondern das der Stadt
Viersen müsse die Kosten der Fremdunterbringung tragen, weil die Mutter und ihre
Kinder, die zwar ihren Wohnsitz in Mönchengladbach hatte, sich zuletzt im Stadtgebiet
Viersen aufgehalten habe. Da der Angeklagte auch nach dem 13. Februar 2003 in
dieser Sache tätig war und die Querelen wegen der Unterbringungskosten in etwa
zeitlich parallel zu der Entwicklung des Falles .... seit dem 6. März 2003 liefen, hält das
Gericht es zumindest für denkbar, dass dies auf die Entscheidungen des von seiner
Persönlichkeitsstruktur her ohnehin zögerlich agierenden Angeklagten Einfluss gehabt
hat. Für eine solche Möglichkeit sprechen auch die Bekundungen der Zeugin ....,
148
wonach fiskalische Erwägungen den Angeklagten, der ja immer noch hoffte, .... und ....
würden wieder auftauchen, am Morgen des 21. März 2003 zunächst weiterhin zaudern
ließen, die Wohnungstür durch die Polizei gewaltsam aufbrechen zu lassen.
Der Angeklagte war mit der ihm obliegenden Aufgabe nicht überfordert. Nach
Darstellung seiner Vorgesetzten, der Zeugin Schulz, der Leiterin des Jugendamts war
und ist er ein erfahrener Sozialarbeiter, der bereits in der Vergangenheit Inobhut- und
Herausnahmen im Sinne des KJHG umsichtig und besonnen durchgeführt habe. Dem
Gericht selbst ist die bereits mehrfach erwähnte Inobhutnahme von fünf Kindern am 13.
Februar 2003 bekannt geworden, die sich allerdings insoweit gravierend von dem Fall
.... unterschied als die Eltern sie selbst wünschten und deshalb von dem Angeklagten
keine konfliktbesetzte Entscheidung forderte.
149
Zu Gunsten des Angeklagten hat das Gericht seine bisher straftatenfreie Lebensführung
und den Umstand berücksichtigt, dass seine Tätigkeit für ihn selbst in hohem Maße
seelisch belastend ist, häufig auch an die Grenzen menschlicher Belastbarkeit
herangeht und nicht selten menschlich schwere Entscheidungen fordert. Dem steht
allerdings gegenüber, dass dies gerade Aufgabe des Angeklagten ist und er im Rahmen
der Risikoabwägung schon denkgesetzlich ein größeres Risiko eingehen muss je höher
der Wert des bedrohten Rechtsguts ist.
150
Letztlich konnte nicht außer Betracht bleiben, dass der Angeklagte wie die meisten an
der Front tätigen Mitarbeiter des Jugendamts der Stadt Mönchengladbach in hohem
Maße belastet ist, wie dem Gericht schon daraus bekannt ist, dass sie häufig keine Zeit
finden, die den Jugend- und Familiengerichten zu erstattenden schriftlichen Berichte,
wenn überhaupt, zumindest meist so spät zu liefern, dass die Gerichte, so der Zeuge ....,
gehalten sind, Termine ins "Blinde", also ohne den Bericht des Jugendamts zu
bestimmen, um den berechtigten Anliegen der Rechtsschutzsuchenden auf eine zügige
Entscheidung zu genügen.
151
Nachteilig musste sich auswirken, dass der Angeklagte zweimal die Möglichkeit hatte,
einzugreifen und den Tod Vanessas zu verhindern. Sein Verhalten nach dem 12. März
zeigt zwar sein ganzes Zögern und Zaudern, ist auch für sein allgemeines
Persönlichkeitsbild relevant, kann aber, da in Bezug auf den Tod .... kein
Pflichtwidrigkeitszusammenhang vorliegt und es damit nicht tatbestandsmäßig ist, nach
Ansicht des Gerichts auch im Rahmen der Bemessung seiner Schuld nicht belastend
gewertet werden.
152
Der Umfang seiner Pflichtwidrigkeit ist auch nicht auf den unterlassenen Kontrollanruf
allein beschränkt. Er erfasst auch die unzureichende Dokumentation, die
möglicherweise für ihn selbst den umfassenden Überblick zu bewahren und ihn erst
recht seiner Vertreterin nicht ermöglicht hätte. Dazu gehört ferner die unterlassene
Rückmeldung beim St. Vinzenzkrankenhaus bezüglich der vorzunehmenden und vom
Angeklagten zu veranlassenden Hilfsmaßnahmen ab Entlassung .... aus der Klinik. Alle
diese Unterlassungen machen deutlich, dass er trotz der Hilfszusagen für diesen
Zeitpunkt, trotz der Erkenntnis weiterer Behandlungsbedürftigkeit und der wieder
aufgetretenen krankheitsbedingten Labilität der Kindesmutter keinen Flüchtigkeitsfehler
begangen, sondern seine Amtspflichten in erheblichem Maß verletzt und das leibliche
und geistig / seelische Wohl .... gravierend vernachlässigt hat.
153
Nach Abwägen aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Umständen
154
erachtet das Gericht eine Geldstrafe von einhundertfünfzig Tagessätzen für tat- und
schuldangemessen.
Der Tagessatz war dem Einkommen des Angeklagten entsprechend mit vierzig EUR zu
bemessen.
155
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Absatz 1 und 472 Absatz 1 Satz 1 StPO. Über
Spekulation hinausgehende gesicherte Hinweise dafür, dass es im Sinne von § 472
Absatz 1 Satz 2 StPO unbillig wäre, dem Angeklagten die notwendigen Auslagen des
Nebenklägers aufzuerlegen, haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme nämlich nicht
ergeben.
156