Urteil des AG Mönchengladbach vom 12.04.2005

AG Mönchengladbach: fahrzeug, unterführung, wasser, auto, dach, teilkasko, feuerwehr, einwirkung, fahrbahn, versicherungsvertrag

Amtsgericht Mönchengladbach, 5 C 153/04
Datum:
12.04.2005
Gericht:
Amtsgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
Einzelrichter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 C 153/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Voll-streckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung aus einem Teilkasko-
Versicherungsvertrag für einen Überschwemmungsschaden an seinem
Fahrzeug.
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Der Kläger war am 03.06.2003 Eigentümer des Fahrzeuges BMW 730i mit dem
amtlichen Kennzeichen....... Für dieses Fahrzeug bestand ein Teilkasko-
Versicherungsvertrag mit der Beklagten mit einer Selbstbeteiligung von 150,00
EUR je Schadensfall. Am Nachmittag des 03.06.2003 gab es in
Mönchengladbach ein heftiges Gewitter mit starken Regen- und Hagelschauern.
Der Kläger war mit seinem Fahrzeug in Mönchengladbach unterwegs. Er fuhr
aus Richtung Berliner Straße in den Tippweg ein. Der Tippweg ist zweispurig
und stellt die Verbindung zwischen der Wickrather Straße und der Mittelstraße
dar. Über den Tippweg verläuft eine Eisenbahnbrücke, unter der sich eine
Senke befindet, die zu beiden Seiten hin ansteigt. Im Bereich der Unterführung
bildete sich eine Wasseransammlung. Das Fahrzeug des Klägers wurde in
dieser bis zur Fensterhöhe überschwemmt, wobei zwischen den Parteien
streitig ist, wie das Fahrzeug in die Überschwemmung gelangt ist. Der Kläger
stieg aus dem Fenster des Autos auf das Dach und benachrichtigte von dort aus
telefonisch die Feuerwehr, welche ihn vom Dach des Fahrzeuges rettete. An
dem Fahrzeug des Klägers entstand durch die Überschwemmung ein
wirtschaftlicher Totalschaden. Die Reparaturkosten belaufen sich auf 18.667,13
EUR bei einem Wiederbeschaffungswert von 8.000,00 EUR und einem
Restwert von 3.488,00 EUR. Der Kläger begehrt mit der Klage die Differenz
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zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert abzüglich der vereinbarten
Selbstbeteiligung von 150,00 EUR. Mit Schreiben vom 25.09.2003 forderte der
Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 06.10.2003 zur Zahlung auf.
Eine Zahlung erfolgte nicht.
Der Kläger behauptet, er habe etwa 10 m vor der Unterführung sein Fahrzeug
unter einem Baum geparkt. Er habe etwa 5 Minuten gewartet und sei dann in
dem gegenüberliegenden Supermarkt Plus zum Einkaufen gegangen. Zu
diesem Zeitpunkt sei unter der Unterführung keine Wasseransammlung
vorhanden gewesen. Als er nach etwa 10 Minuten aus dem Supermarkt
herausgekommen sei, habe sein Fahrzeug bereits fast vollständig mit den
Rädern unter Wasser gestanden. Er sei zum Fahrzeug hingelaufen und habe
versucht, es anzulassen. Bei mehreren Versuchen sei dies nicht gelungen, der
Motor habe gar keine Reaktion mehr gezeigt. Das Wasser sei weiter
angestiegen und er sei dann durch das Fenster auf das Dach geklettert, weil die
Tür nicht mehr zu öffnen gewesen sei.
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Nachdem der Kläger zunächst den Antrag angekündigt hat, die Beklagte zu
verurteilen, an ihn 4.512,00 EUR nebst jährlichen Zinsen in Höhe von
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5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.10.2003
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zu zahlen, hat er mit bei Gericht am 28.05.2004 vor der mündlichen
Verhandlung eingegangenen Schriftsatz die Klage wegen der Selbstbeteiligung
von 150,00 EUR teilweise zurückgenommen.
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Der Kläger beantragt nunmehr,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.362,00 EUR nebst jährlichen Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 07.10.2003 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, bei Ankunft des Klägers im Bereich der Unterführung
sei die Fahrbahn dort schon mit Wasser bedeckt gewesen. Sie meint, eine
Leistungsverpflichtung bestehe deshalb nicht, weil es an einer unmittelbaren
Einwirkung der Überschwemmung fehle. Der Kläger sei in die
Überschwemmung hereingefahren. Dies stelle zu dem ein grob fahrlässiges
Verhalten des Klägers dar.
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Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund der Beweisbeschlüsse vom
14.10.2004 (Bl. 66 der Akten) und 01.03.2005 (Bl. 141 der Akten).
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll
vom 14.10.2004 (Bl. 63 bis 75 der Akten) sowie vom 01.03.2005
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(Bl. 141 bis 144 der Akten) Bezug genommen.
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Das Gericht hat ferner eine Auskunft der Stadt Mönchengladbach zur
Beschilderung des Tippweges eingeholt, insoweit wird auf das Schreiben vom
29.08.2004 (Bl. 57 bis 58 der Akten) Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten
gereichten Unterlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 4.362,00
EUR aus dem zwischen den Parteien am 03.06.2003 bestehenden
Versicherungsvertrag über eine Teilkasko-Versicherung in Verbindung mit § 1
Abs. 1 Satz 1 VVG und § 12 Abs. 1 I c AKB.
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Der Kläger hat die Voraussetzungen für einen ersatzpflichtigen
Versicherungsfall durch Überschwemmung des Fahrzeuges nicht bewiesen.
Nach § 12 Abs. 1 I c AKB sind in der Teilkasko-Versicherung Beschädigungen
durch unmittelbare Einwirkung von Überschwemmung auf das Fahrzeug
umfasst. Ausgeschlossen sind nach dieser Vorschrift Schäden, die auf ein durch
diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.
Letztere Vorschrift ist kein echter Ausschluss im Rahmen des
Versicherungsschutzes, sondern es handelt sich um eine Klarstellung zum
Begriff der Unmittelbarkeit, Schäden aufgrund einer nur mittelbaren
Verursachung durch Naturgewalten sind nicht versichert (vgl.
Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, § 12 AKB Randnr. 82; OLG
Hamm, 15.06.1988, 20 U 261/87 = NJW-RR 1989, 26; Prölls/Martin/
Knappmannn, § 12 AKB Randnr. 40). Ein unmittelbares Einwirken im Sinne von
§ 12 Abs. 1 I c AKB liegt dann vor, wenn die Naturgewalt einzige oder letzte
Ursache für den Kraftfahrzeugschaden ist. Eine unmittelbare Einwirkung einer
Überschwemmung liegt deshalb nicht vor, wenn ein Kraftfahrzeug kraft seiner
Bewegungsenergie in eine überflutete Straße gefahren wird (vgl.
Prölls/Martin/Knappmann, a. a. O.; OLG Hamm, 29.10.1986, 20 U 128/86 =
NJW-RR 1987, 279; Stiefel/Hofmann, AKB
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§ 12 Randnr. 52; OLG Frankfurt, 14.12.1965, 14 U 39/65 = VersR 1966, 427,
438; Landgericht Lübeck, 21.11.2003, 4 U 80/03 = SP 2004, 129).
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Inhalt der gesamten
mündlichen Verhandlung steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass
der geltend gemachte Schaden durch eine unmittelbare Einwirkung der
Überschwemmung auf der Fahrbahn auf das Fahrzeug des Klägers entstanden
ist. Der für die Voraussetzungen eines Versicherungsfalles beweispflichtige
Kläger hat nicht bewiesen, dass er sein Fahrzeug auf dem Tippweg auf der
trockenen Fahrbahn abgestellt hat und das Fahrzeug dann während seines
Einkaufes im Plus durch das sich unter der Unterführung zwischenzeitlich
ansammelnde Wasser überschwemmt worden ist. Die vom Gericht
vernommenen Zeugen haben hierzu widersprüchliche Angaben gemacht. Der
Zeuge V... hat die Behauptungen des Klägers bestätigt. Er hat bekundet, dass er
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aus dem Plus herausgekommen sei und an der Ecke gestanden habe. Er habe
gesehen, wie der Kläger mit seinem BMW an dem Baum hinter der Litfasssäule
angehalten und etwas gewartet habe. Dann sei er ausgestiegen und zum Plus
rübergelaufen. Innerhalb von 5 bis 10 Minuten sei dann der Tunnel vollgelaufen
und das Auto habe dann schon halb unter Wasser gestanden, als der Kläger
herausgekommen sei. Der Kläger sei noch in das Auto gestiegen, welches
schon ringsum geblinkt habe. Dann sei der Kläger wieder aus dem Auto heraus.
Die Zeugin U... und der Zeuge Q.... haben hingegen den Vortrag des Klägers
nicht bestätigt. Sie haben beide das Geschehen von ihrem Arbeitsplatz hinter
der Unterführung aus beobachtet. Die Zeugin U... hat ausgesagt, der Kläger
habe nicht geparkt, sondern sei angefahren gekommen und habe angehalten.
Dann sei er losgefahren, habe nochmals kurz angehalten und sei dann in die
Überschwemmung eingefahren. Vor ihm seien noch Autos gefahren. Das
Wasser sei so hoch gestiegen, dass der Kläger aus dem Fenster habe klettern
müssen. Der Zeuge Q.... hat bekundet, dass ein dunkler BMW angefahren
gekommen und unter der Brücke stehen geblieben sei. Der Fahrer habe dann
die Scheibe heruntergedreht und sei aufs Dach geklettert, von wo aus er mit
dem Handy telefoniert habe. Der BMW sei relativ langsam vorsichtig durch die
Pfütze durchgefahren und dann mittendrin stehen geblieben. Als er
hereingefahren sei, habe das Wasser bis zur Scheibe gestanden.
Das Gericht hält im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO die
Aussage des Zeugen V.... nicht für glaubhafter als die Aussagen der Zeugin U....
und des Zeugen –Q...... Bei allen drei Zeugen handelt es sich um unbeteiligte
Beobachter, Beziehungen zu den Parteien wurden nicht offenbar. Zweifel an der
Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen V...... ergeben sich für das Gericht
aus dem Umstand, wie er das Ende des Vorfalles geschildert hat. Er hat
insoweit bekundet, dass der Kläger durch das Fenster aus dem Auto
rausgeklettert sei und dann vom Auto runter. Er sei durch das Fenster aufs Dach
und über den Kofferraum runter, dabei habe er sich noch ein bisschen nasse
Füße geholt. Unstreitig war es aber so, dass der Kläger auf dem Autodach
verblieben ist und von dort aus mit seinem Handy die Feuerwehr gerufen hat,
welche ihn dann vom Autodach herunterholte. Es ist für das Gericht nicht
nachvollziehbar, wie der Zeuge V.....diesen einprägsamen Teil des Geschehens
nicht mehr in Erinnerung haben konnte, zumal er auch angegeben hat, selbst
bei der Feuerwehr zu sein. Er hat sogar noch geschildert, dass er zum Kläger
herübergegangen sei und ihn beruhigt habe. Dann sei die Feuerwehr
gekommen. Dies kann sich aber aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes,
welcher zudem auch vom Zeugen Q..... bestätigt wurde, so gar nicht ereignet
haben. Insoweit bestehen erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der
Erinnerungen des Zeugen V..... bezüglich des übrigen Geschehens. Zudem fiel
auch auf, dass sich der Zeuge V..... nur an das klägerische Fahrzeug erinnern
konnte und hierbei sogar das Verhalten des Klägers von seiner Ankunft an
genau schildern konnte. Er wusste hingegen nicht mehr, ob er noch andere
Autos dort vorbeifahren gesehen hat. Andererseits hat er aber das Ansteigen
des Wassers im Tunnel genau beobachtet. Wie die Zeugen Q..... und U.....
bekundet haben, welche ebenfalls aufmerksam das Überfluten der Unterführung
beobachtet haben, sind aber noch weitere Fahrzeuge vor dem Kläger durch die
Unterführung gefahren. Sie haben sogar geschildert, dass eines der Fahrzeuge
dann noch auf den Parkplatz neben ihrer Firma gefahren sei und die
Motorhaube geöffnet habe. Zudem hätten sich Personen an die Unterführung
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gestellt, um Autofahrer zu warnen. Auch die Aussage des Zeugen Q.....beseitigt
die verbleibenden Zweifel des Gerichts nicht. Der Zeuge war beim
streitgegenständlichen Geschehen nicht vor Ort. Er hat lediglich berichten
können, was der Kläger ihm telefonisch von dem Vorfall mitteilte. Dies reicht
nicht zur Überzeugung des Gerichts gegenüber den Aussagen der unbeteiligten
Zeugen U..... und Q..... aus, welche den Vorfall zudem selbst unmittelbar
wahrgenommen haben. Zudem hat der Zeuge Q..... die Behauptungen des
Klägers, er habe den Zeugen vom Dach des Autos aus angerufen und ihm
mitgeteilt, dass er noch versucht habe, das Auto zu starten, dieses aber nicht
reagiert habe, nicht bestätigt. Der Zeuge hat vielmehr ausgesagt, dass sie nicht
darüber gesprochen hätten, dass er versucht habe wegzufahren. Vom Starten
habe er nichts gesagt. Er habe nur gesagt, dass er ins Auto wolle und
wegfahren wolle. Daraufhin habe der Zeuge ihm gesagt, er solle dies nicht tun.
Das vom Kläger angebotene Sachverständigengutachten ist vom Gericht nicht
eingeholt worden, weil es keinen tauglichen Beweisantritt darstellt. Wie bereits
ausgeführt, muss der Kläger beweisen, dass das geparkte Fahrzeug
überschwemmt worden und er nicht in die Überschwemmung hineingefahren
ist. Das Fahrzeug wurde vom Kläger jedoch vor einem Jahr verkauft und steht
zu einer Begutachtung nicht mehr zur Verfügung. Es liegen lediglich zwei
Fotografien vor, welche den geöffneten Motorraum zeigen. Diese Fotografien
stellen keine ausreichende Tatsachengrundlage für einen Sachverständigen
dar. Durch die rein äußerlich aufgenommenen Fotografien sind die einzelnen
Teile der Elektrik nicht dergestalt zu erkennen, ob das Fahrzeug bei der
Überschwemmung in Betrieb war oder ausgeschaltet war. Hierfür wäre das
Fahrzeug in Augenschein zu nehmen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708
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Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert:
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bis zum 28.05.2004: 4.512,00 EUR
30
ab dem 28.05.2004: 4.362,00 EUR
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(§ 12 Abs. 1 GKG a. F., § 3 ZPO).
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