Urteil des AG Meschede vom 18.09.2002

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Amtsgericht Meschede, 6 C 605/01
Datum:
18.09.2002
Gericht:
Amtsgericht Meschede
Spruchkörper:
Abteilung 6
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 C 605/01
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
2.547,44 Euro (= 4.982,35 DM) zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 15% der Kläger und 85% die
Beklagten.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu
vollstreckenden Be-trages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand :
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Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 02.11.2001
in C an der Kreuzung C-straße/C-Landstraße ereignete. Am Unfalltag befuhr der Sohn
des Klägers, der Zeuge D, gegen 18.55 Uhr mit dem PKW BMW des Klägers, amtliches
Kennzeichen, HSK-L 5194 die Landstraße von Berge in Richtung Freienohl. Im Bereich
des Ortsausgangs C mündet die C-Landstraße in die Landstraße C. An der Einmündung
befindet sich für die aus Richtung E kommenden Verkehrsteilnehmer das Schild
"Vorfahrt achten!" D beabsichtigte, von C kommend nach links auf die C-Landstraße
abzubiegen. Dabei kam es zur Kollision mit der Beklagten zu 1.), die mit ihrem der
Beklagten zu 2.) gehörenden und bei der Beklagten zu 3.) versicherten Firmenwagen
Marke Audi aus Richtung E kam.
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Der Kläger ist der Ansicht, der Unfall beruhe auf dem alleinigen Verschulden der
Beklagten zu 1.). Hierzu behauptet er, sein Sohn D sei im großen Bogen nach links
abgebogen. Die Beklagte zu 1.) habe zunächst im Kreuzungsbereich angehalten, sei
dann aber plötzlich angefahren und mit seinem im Abbiegevorgang befindlichen PKW
kollidiert. Der Unfall habe sich für seinen Sohn als unabwendbares Ereignis dargestellt.
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Der Kläger verlangt nunmehr Ersatz des ihm entstandenen Fahrzeugschadens gemäß
Gutachten des Sachverständigen M in Höhe von 3.800 DM, Sachverständigenkosten in
Höhe von 638,35 DM, eine Auslagenpauschale von 40 DM sowie 1.358 DM
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Höhe von 638,35 DM, eine Auslagenpauschale von 40 DM sowie 1.358 DM
Nutzungsausfall (14 Tage * 97 DM).
Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 5.836,35 DM zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behaupten, die Beklagte zu 1.) habe an der C-Straße angehalten. Von rechts aus
Richtung C sei dann der von D gesteuerte PKW BMW mit hoher Geschwindigkeit auf
die Kreuzung zugefahren und, ohne die Geschwindigkeit erkennbar zu verringern, nach
links mit hektischen Lenkbewegungen in die C-Landstraße eingebogen. Dabei habe er
die Kurve derart geschnitten, daß das Beklagtenfahrzeug vorne mittig bis links an der
Stoßstange von der linken Seite des BMW getroffen worden sei. Der Zeuge D sei
gemeinsam mit dem Zeugen S auf dem Weg zu einer Feuerwehrübung und daher in
großer Eile gewesen. Als er unter Schneiden der Kurve abgebogen sei, habe die
Beklagte zu 1.) an der Haltelinie gestanden. Der Unfall sei daher für sie unabwendbar
gewesen. Hinsichtlich des Nutzungsausfalls bestreiten die Beklagten, daß
Instandsetzungsarbeiten 14 Tage in Anspruch genommen hätten. Auch habe sich das
am 15.01.1991 erstmalig zugelassene Fahrzeug des Klägers - insofern unstreitig - im
10. Zulassungsjahr befunden. Die Beklagten sind daher der Ansicht, daß der Kläger
allenfalls die Vorhaltekosten für einen PKW BMW 320i Touring mit 95 KW und EZ 1991
in Höhe von 21 DM verlangen könne.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen
Bezug genommen.
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Die Bußgeldakte des Landrates des Hochsauerlandkreises Az. ... war beigezogen und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2002 Beweis erhoben durch
Vernehmung der Zeugen D, S und H. Wegen des Ergebnisses wird auf das
Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
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Außerdem hat das Gericht Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 13.03.2002.
Wegen des Ergebnisses wird insofern Bezug genommen auf das Gutachten des
Sachverständigen Dipl.-Ing. I.
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Entscheidungsgründe :
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Die Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von
4.982,35 DM aus §§ 7, 18 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 PflVersG.
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Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des
Gerichts fest, daß der Beklagten zu 1.) ein schwerer Verstoß gegen die ihr gemäß § 8
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten zur Last zu legen ist. Die
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Zeugen D und S haben übereinstimmend bekundet, die Beklagte zu 1.) sei in dem
Moment angefahren, als sie Richtung E abgebogen seien. Dies wird bestätigt durch das
überzeugende Gutachten des Sachverständigen I. Dieser führt aus, das
Beklagtenfahrzeug habe sich zum Zeitpunkt der Kollision eindeutig in Bewegung
befunden, d.h. sie sei während des Abbiegevorgangs gegen das klägerische Fahrzeug
gefahren. Dies ergebe sich aus den Verformungen der Fahrzeuge. Zwar hat die Zeugin
H bekundet, die Beklagte zu 1.) habe angehalten, um abzuwarten, ob Verkehr kam. Sie -
die Zeugin - habe ebenfalls mitgeschaut. Sie habe zuerst nach links geguckt, dann sei
plötzlich von rechts ein roter PKW wie ein Blitz angeschossen gekommen. Dann habe
es auch schon geknallt. Dieser Aussage schenkt das Gericht im Hinblick auf die
überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen I jedoch keinen Glauben.
Demgegenüber trifft den Zeugen D als Fahrer des klägerischen Fahrzeugs kein Verstoß
gegen ihm obliegende Sorgfaltspflichten aus §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 9 StVO. Zwar hat die
Zeugin H im einzelnen ausgesagt, der vom Zeugen D gesteuerte BMW sei deutlich
schneller als 50 km/h gefahren und habe die Geschwindigkeit auch nicht nennenswert
herabgesetzt. Dann habe er die Kurve geschnitten. Sie habe ihn nur blitzartig
wahrgenommen. Dann habe es auch schon geknallt. Im Hinblick auf das Gutachten des
Sachverständigen I schenkt das Gericht diesen Bekundungen jedoch keinen Glauben.
Der Sachverständige führt nämlich weiter aus, die Endstellung des Fahrzeugs belege,
daß der Zeuge D die Kurve nicht geschitten habe, sondern in einem Radius von 11 bis
12 m abgebogen sei. Auch sei er bei der Kurvenfahrt maximal 35 km/h gefahren.
Bestätigt wird dies durch die Aussage des Zeugen D. Dieser hat angegeben, er sei nicht
schneller als 30 km/h gefahren, da er vor der Kurve großen Respekt habe. Wenn man
schneller durch die Kurve fahre, hänge man sofort in den Ketten der Randbegrenzung.
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Auch war der Unfall für den Zeugen D, der sich zum Zeitpunkt der Kollision gerade im
Abbiegevorgang befand, entsprechend den überzeugenden Feststellungen des
Sachverständigen unabwendbar im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG. Damit aber trifft die
Beklagten die alleinige Haftung für das Unfallgeschehen.
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Mithin kann der Kläger seinen ersatzfähigen Schaden in vollem Umfang ersetzt
verlangen. Hierzu gehört der Fahrzeugschaden gemäß Gutachten des
Sachverständigen L, der sich auf 3.800 DM beläuft. Ferner gehören hierzu die
Sachverständigenkosten in Höhe von 638,35 DM sowie die Auslagenpauschale in
Höhe von 40 DM. Was den Nutzungsausfall betrifft, so kann der Kläger Nutzungsausfall
nur für 6 Tage verlangen, da das Fahrzeug unstreitig repariert wurde, und die
Reparaturdauer im Gutachten des Sachverständigen L mit nur 6 Tagen veranschlagt ist.
Was die Höhe der Nutzungsentschädigung pro Tag betrifft, so geht das Gericht
entsprechend der Tabelle für Nutzungsausfallentschädigung von Küppersbusch für das
Jahr 2000 von einem Tagessatz von 84 DM aus. Diese Tabelle legt das Gericht
zugrunde, da es sich bei dem klägerischen Fahrzeug um ein älteres Modell handelt, das
in der aktuellen Tabelle nicht enthalten ist. Die Tabelle für das Jahr 2000 sieht bei
einem BMW Touring 320i eine Eingruppierung in Gruppe G sowie einen Tagessatz von
117 DM vor. Da das Fahrzeug jedoch zum Unfallzeitpunkt älter als 10 Jahre war, ist
gemäß § 287 ZPO eine Herabstufung um zwei Gruppen vorzunehmen
(Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Vor § 249 Rdnr. 23a). Danach aber ist der BMW des
Klägers in Gruppe E mit einer täglichen Nutzungsentschädigung von 84 DM
einzugruppieren. Sonach steht dem Kläger insgesamt nur eine Nutzungsentschädigung
in Höhe von 504 DM zu. Wegen der weitergehenden Nutzungsentschädigung war die
Klage abzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
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