Urteil des AG Menden vom 15.11.2000

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Amtsgericht Menden, 4 C 204/00
Datum:
15.11.2000
Gericht:
Amtsgericht Menden
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 C 204/00
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin
2.371,22 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 16.08.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 30 %, die
Beklagten 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 400,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 3.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der
sich am 09.02.00 auf der Straße I. Ring in N.-I. gegen 12.15 Uhr ereignet hat.
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Der Zeuge T. fuhr mit dem klägerischen Pkw aus Fahrtrichtung N. kommend auf dem I.
Ring. Vor ihm fuhr der Zeuge C. mit seinem Pkw. Die Beklagte zu 1) wollte mit ihrem
Pkw G. aus der rechtsseitig gelegenen Grundstücksausfahrt des Betriebsgeländes der
Firma P. nach links in den I. Ring einfahren. Der Zeuge C. bremste deswegen sein
Fahrzeug ab und der Zeuge T. fuhr mit dem klägerischen Fahrzeug auf das Auto des
Zeugen C. auf. Dabei ist der Klägerin ein Sachschaden in Höhe von insgesamt 3.387,46
DM entstanden, den sie mit der vorliegenden Klage von den Beklagten zu 100 % ersetzt
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DM entstanden, den sie mit der vorliegenden Klage von den Beklagten zu 100 % ersetzt
verlangt.
Sie behauptet, die Erstbeklagte sei in die Fahrspur hineingefahren und habe dadurch
die Vorfahrt des Zeugen C. sowie des Zeugen T. verletzt. Der Zeuge C. habe deswegen
eine Notbremsung ausführen müssen. Der Zeuge T. habe daraufhin das klägerische
Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig hinter dem Fahrzeug des Zeugen C. zum Stehen
bringen können.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.387,46 DM nebst 7,25 %
Zinsen seit dem 16.08.2000 zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie tragen vor, die Erstbeklagte sei lediglich mit der Front ihres Fahrzeuges wenige
Zentimeter in den Fahrbahnraum hinein gerollt, habe aber noch auf dem Bürgersteig
angehalten. Der Zeuge C. hätte ohne weiteres um die Front des Fahrzeuges
herumfahren können. Der Zeuge C. habe unnötig abgebremst. Auch habe der Zeuge
keine Notbremsung ausgeführt. Darüber hinaus sei der Zeuge T. wesentlich zu schnell
und unaufmerksam gefahren. Die Beklagten tragen schließlich vor, die Klägerin sei
vorsteuerabzugsberechtigt und zwar in voller Höhe.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch richterliche Augenscheinseinnahme der
Schadenslichtbilder sowie durch Vernehmung der Zeugen C., T. und L.. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Lichtbilder des Schadensgutachtens
sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 25.10.00 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist lediglich in Höhe zuerkannter 2.371,22 DM nebst Zinsen begründet und
war im Übrigen abzuweisen.
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Der Klägerin steht der vorgenannte Schadensersatzanspruch gem. §§ 823, 254 BGB, 7,
17, 18 StVG, 3 Nr. 1 PflVG zu.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass das
Unfallgeschehen weder für den Zeugen T. noch für die Erstbeklage unabwendbar im
Sinne des § 7 Abs. 2 StVG war. Für den Zeugen T. folgt das Fehlen der
Unabwendbarkeit schon daraus, dass der Zeuge C. noch rechtzeitig sein Fahrzeug
anhalten konnte und demgemäß der Zeuge T. infolge überhöhter Geschwindigkeit, zu
geringen Sicherheitsabstandes bzw. fehlender Aufmerksamkeit auf das Heck des
Fahrzeuges des Zeugen C. aufgefahren ist.
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Für die Erstbeklagte gilt, dass sie bei ordnungsgemäßem und rechtzeitigem Anhalten in
der Einfahrt das Unfallgeschehen hätte vermeiden können. Denn dann hätte der Zeuge
keinen Anlass gehabt, eine Notbremsung auszuführen. Der Zeuge C. hat glaubhaft
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bestätigt, dass die Erstbeklagte nicht nur mit der Front des Fahrzeuges in den
Fahrbahnbereich hineinragte, sondern blindlings direkt vor ihm losgefahren ist und ein
Umfahren des Fahrzeuges der Erstbeklagten nicht möglich war. Das Gericht folgt hier
uneingeschränkt den Angaben des Zeugen C. Er hat auf das Gericht einen besonders
glaubwürdigen Eindruck gemacht. Er konnte sich an spezielle Einzelheiten erinnern.
Aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Berufskraftfahrer konnte er die Situation sehr
genau schildern und einschätzen. Demgegenüber folgt das Gericht den Angaben der
Zeugin L. nicht. Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich die Zeugin mit der
Erstbeklagten – wie es der Zeuge C. ausgesagt hat – intensiv unterhalten hat und die
Zeugin L. daher das Unfallgeschehen nicht in korrekter Erinnerung hat.
Die danach im Rahmen der §§ 17 StVG, 254 BGB vorzunehmende Abwägung der
beiderseitigen Verursachungsanteile führt nach Überzeugung des Gerichtes im
vorliegenden Fall dazu, dass die Klägerin nach einer Quote von 30 % haftet und die
Beklagten nach einer solchen von 70 %. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht
das Gericht mit den Aussagen der Zeugen T. und C. davon aus, dass die Erstbeklagte
nach einem vorbeifahrenden Bus in den I. Ring eingebogen ist, ohne sich zuvor nach
links über den herannahenden Verkehr zu vergewissern. Der Zeuge C. hat bestätigt,
dass die Erstbeklagte nicht mehr in seine Richtung geschaut hat, sondern plötzlich
losgefahren ist. Beide Zeugen haben auch bestätigt, dass die Erstbeklagte nach dem
Umfallgeschehen ihr Fahrzeug zurückgesetzt hat, also weiter in die Fahrbahn
hineingefahren war als sie gegenüber der Polizei und dem Gericht angegeben hat. Der
Zeuge C. war aufgrund dieser Verletzung seines Vorfahrtsrechtes gezwungen, eine
Vollbremsung durchzuführen. Hiermit hat der Zeuge T. nicht gerechnet. Er selbst räumt
ein, für dieses plötzliche Ereignis sei sein Abstand zum Vordermann nicht ausreichend
gewesen. Beide genannten Zeugen haben die von der Beklagtenseite behauptete
überhöhte Geschwindigkeit in Abrede gestellt. Aufgrund der Augenscheinseinnahme
der Schadenslichtbilder des klägerischen Fahrzeuges geht das Gericht mit den Zeugen
davon aus, dass eine wesentlich überhöhte Geschwindigkeit nicht vorgelegen hat. Die
dokumentierten Schäden lassen dies erkennen. Nach allem steht fest, dass der Zeuge
T. gegen die Verkehrsvorschriften der §§ 1 Abs. 2 (Grundregel), 3 Abs. 1
(Geschwindigkeit) und insbesondere § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO (Abstand) verstoßen hat.
Auf der anderen Seite hat die Erstbeklagte gegen die Verkehrsvorschrift des § 10 StVO
verstoßen, wonach der aus einem Grundstück auf die Straße einfahrende
Fahrzeugführer sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Sie hat sich über den aus ihrer Sicht von links
kommenden Verkehr überhaupt nicht vergewissert, sondern ist blind in die
bevorrechtigte Straße I. Ring von der Grundstücksausfahrt eingefahren. Mit einem solch
eklatanten Fehlverhalten musste der Zeuge T. in der Tat nicht rechnen, so dass seine
Fahrfehler demgegenüber weniger schwer wiegen. Insgesamt erscheint eine Quote von
30 % zu Lasten der Klägerseite und 70 % zu Lasten der Beklagtenseite in diesem Fall
als angemessen.
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Bei der Schadenshöhe ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerseite
vorsteuerabzugsberechtigt ist. Insoweit wird auf die Auskunft des Finanzamtes J. vom
31.10.00 sowie auf die Bescheinigung der Steuerberater X. und D. vom 27.10.00 Bezug
genommen. Auszugehen ist damit von dem geltend gemachten Gesamtschaden in
Höhe von 3.387,46 DM, wovon der Klägerin 70 % = 2.371,22 DM zustehen. Die
weitergehende Klage war abzuweisen.
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Zinsen können lediglich in gesetzlicher Höhe gem. §§ 288, 284 BGB verlangt werden.
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Die weitergehende Zinsforderung ist bestritten und nicht nachgewiesen worden.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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