Urteil des AG Mannheim vom 10.03.2009

AG Mannheim (insolvenz, antrag, aug, gefahr, beratung, rechtsschutzversicherung, baden, württemberg, bewilligung, forderung)

AG Mannheim Beschluß vom 10.3.2009, 2 C 70/09
Rechtsschutzversicherung: Deckungsanspruch für einen Schadensersatzanspruch gegen einen
Rechtsanwalt wegen Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einem Verbraucherinsolvenzverfahren
Leitsätze
1. Es besteht kein Versicherungsschutz für Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherungsnehmers,
denn § 3 Abs. 3c ARB 2000 will den Versicherer von dem gesteigerten Risiko befreien, das in einer mit dem
Insolvenzverfahren einhergehenden Prozesshäufung liegt.
2. Von diesem Ausschluss werden sämtliche Auseinandersetzungen erfasst, die kausal auf die Insolvenz des
Versicherungsnehmers zurückzuführen sind. Die Insolvenzspezifische Gefahr realisiert sich auch bei
Schadensersatzansprüchen gegen fehlerhaft den Insolvenzschuldner beratende Rechtsanwälte.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
1 Die Antragstellerin betrieb das Verbraucherinsolvenzverfahren über ihr Vermögen. Sie verlangt von der
Antragsgegnerin, der Rechtsschutzversicherung ihres Ehemannes, die Erteilung einer Deckungszusage für die
gerichtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen eine Rechtsanwältin, die sie bei der
Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens fehlerhaft beraten habe. Die Rechtsanwältin habe im
Schuldenbereinigungsplan versehentlich die Forderung einer Insolvenzgläubigerin nicht berücksichtigt, weshalb
die Antragstellerin behauptet, nunmehr von dieser auf Zahlung in Anspruch genommen zu werden.
2 Der Antrag ist unbegründet.
3 Ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat nur dann Erfolg, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende
Erfolgsaussicht bietet, § 114 ZPO. Daran fehlt es.
4 Die von der Antragstellerin angestrebte Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen ihre
Rechtsanwältin wegen vermeintlich fehlerhafter Beratung im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens ist
nicht vom Leistungsumfang der Rechtsschutzversicherung umfasst. Nach § 3 Abs. 3 c ARB 2000 besteht
Rechtsschutz nicht in ursächlichem Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren, das über das Vermögen des
Versicherungsnehmers eröffnet wurde oder eröffnet werden soll. Dem Ausschluss liegt die Erwägung zugrunde,
dass der Versicherungsnehmer im Falle einer eigenen Insolvenz in erheblich gesteigertem Umfang rechtlich
Interessen wahrnehmen und damit Kosten aufwenden muss. Diese Gefahr soll durch die
Ausschlussbestimmung von der Risikogemeinschaft ferngehalten werden, die Prozesshäufung im Fall der
Insolvenz nicht zu Lasten des Versicherers gehen. Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist daher jede
Interessenwahrnehmung, die durch einen Insolvenzantrag ausgelöst wurde oder zumindest in sachlichem und
zeitlichem Zusammenhang mit einem solchen Antrag steht ( OLG Karlsruhe , NZI 2002, 316 f).
5 Von § 3 Abs. 3 c ARB 2000 werden nicht nur Streitigkeiten erfasst, die sich gegen Insolvenzschuldner oder -
gläubiger richten, sondern sämtliche Auseinandersetzungen, die kausal auf die Insolvenz des
Versicherungsnehmers und der mitversicherten Personen zurückzuführen sind. Dies ist bei einer vermeintlichen
fehlerhaften Beratung im Rahmen des eigenen Verbraucherinsolvenzverfahrens offensichtlich der Fall.
6 Sofern die Antragstellerin einwendet, die Rechtstreitigkeit stehe nicht im Zusammenhang mit einem
Insolvenzverfahren, sondern es handle sich um einen Anspruch auf Schadensersatz aus einem
Geschäftsbesorgungsvertrag, greift das Argument nicht durch. Dass die Insolvenz nicht dem Vertragsverhältnis
zwischen der Rechtsanwältin und der Antragstellerin zugrunde liegt, steht außer Frage, denn das
Insolvenzverfahren stellt kein Rechtsverhältnis dar. Zweck der Ausschlussklausel ist vielmehr, dass die im
Falle der Insolvenz typischerweise eintretenden Kosten und Risiken der Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher
Hilfe nicht auf den Versicherer übergewälzt werden.
7 Die Klage hat auch dann keine Aussicht auf Erfolg, wenn § 3 Abs. 3 c ARB dahingehend auszulegen wäre, dass
lediglich insolvenzspezifische Risiken ausgeschlossen sein sollen. Durch die behauptete fehlerhafte Beratung
der von der Antragstellerin mit der Erstellung eines Schuldenbereinigungsplans beauftragten Rechtsanwältin hat
sich ein spezifisches Risiko des Insolvenzverfahrens verwirklicht. Die versehentlich unterbliebene
Berücksichtigung einer Forderung bei der Aufstellung eines Schuldenbereinigungsplans stellt keine völlig
untypische Gefahr dar, die mit dem Insolvenzverfahren in keinem inneren Zusammenhang steht.