Urteil des AG Mannheim vom 27.08.2008

AG Mannheim (aug, vvg, zpo, dritter, rechtsschutzversicherung, angemessenheit, ehemann, nachteil, württemberg, baden)

AG Mannheim Urteil vom 27.8.2008, 14 C 138/08
Rechtsanwaltsvergütung: Anspruch einer Rechtsschutzversicherung wegen überzahlter Vorschüsse; 2,5
Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Schadensregulierung auf Grund eines Verkehrsunfalls
Leitsätze
Zur Angemessenheit der 2,5 fachen Höchstgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG bei Personen- und Sachschäden beim
Verkehrsunfall. Ein Gutachten zur Angemessenheit der Gebührenhöhe ist bei einem Streit zwischen einem
Rechtsanwalt und einem Rechtsschutzversicherer entbehrlich. Erteilt letztere eine Deckungszusage, rückt sie
davon treuwidrig ab, wenn sie ihre Eintrittspflicht im Gebührenrechtsstreit mit dem Empfänger der Zusage
bestreitet. Die cessio legis des gesetzlichen Forderugnsübergangs auf den leistenden Versicherer erfasst nur die
von dritter Seite tatsächlich ausgekehrten Beträge, falls diese herausbegehrt werden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1 (abgekürzt nach § 313 a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
I.
2
Die zulässige Klage ist unbegründet.
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1.)
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Insoweit trägt die Klägerin zur Begründung eines Anspruchs gegen die Beklagten vor, sie habe ihnen
Vorschüsse überzahlt, die diese wieder von Dritten erstattet bekommen hätten.
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a)
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aa)
wesentlichen unstreitig. Lediglich über die Angemessenheit der außergerichtlichen Geschäftsgebühr gemäß Nr.
2400 VV-RVG besteht keine Einigkeit: Während die Beklagten die Höchstgebühr von 2,5 angesetzt haben, ist
die Klägerin der Auffassung, dass lediglich die zweifache Gebühr angemessen sei.
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Der Ansatz der Höchstgebühr von 2,5 war jedoch im vorliegenden Fall angemessen. Insoweit haben die
Beklagten die zur Bemessen herangezogenen Kriterien detailliert aufgeführt:
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- Extremer Lebenseinschnitt durch stärksten Personenschaden
- Heilungskomplikationen mit Dauerschaden
- weit überdurchschnittliche Gesamtbearbeitungszeit von 24 Stunden
- überlange Bearbeitungszeit über knapp 12 Monate hinweg mit der Notwendigkeit wiederholten
Einarbeitens
- nicht regulierender Haftpflichtversicherer
- streitiger Haftungsgrund
- Erforderlichkeit von Spezialkenntnissen.
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Aufgrund der oben genannten Umstände ist der Ansatz der Höchstgebühr gerechtfertigt. Hierüber kann das
Gericht ohne Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer nach § 14 Abs. 2 RVG befinden, da die
Höhe der Gebühren nicht zwischen Rechtsanwalt und Mandanten streitig ist, sondern lediglich zwischen
Rechtsanwalt und Rechtsschutzversicherung als „Drittem“ im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG. Die Klägerin
hat im Prozess keinerlei substantiierten Einwendungen gegen die Billigkeit des Gebührenansatzes vorgebracht.
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bb)
gegen ihren Ehemann ohnehin gemäß § 3 Abs. 4 a ARB 94/00 keinen Versicherungsschutz gehabt.
11 Dieser rechtliche Einwand wurde erst im Schriftsatz vom 21.7.2008 vorgebracht, während die Klägerin in der
Anspruchsbegründung vom 19.4.2008 und auch vorprozessual zu keinem Zeitpunkt die Frage des
Versicherungsschutzes problematisiert hatte. Die Beklagten haben auch im nachgelassenen Schriftsatz vom
6.8.2008 dargelegt, dass die Klägerin Frau eine uneingeschränkte Deckungszusage erteilt hatte und sodann in
Kenntnis des ausschließlich gegen den Ehemann der Klägerin geführten Prozesses weiterhin Vorschüsse an
die Beklagten erbracht hatte. Damit ist die Geltung des § 3 Abs. 4a ARB 94/00 - sollte er tatsächlich
Vertragsgrundlage des Rechtsschutzversicherungsvertrages gewesen sein - durch Individualvereinbarung
zumindest konkludent aufgehoben.
12 Jedenfalls erscheint es treuwidrig, wenn sich die Klägerin angesichts der uneingeschränkt erteilten
Deckungszusage und des sehr intensiven außergerichtlichen Schriftverkehrs mit den Beklagten bezüglich ihres
Honorars auch für die Prozessvertretung nun plötzlich auf fehlenden Deckungsschutz beriefe.
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b)
die von dritter Seite an die Beklagten erstatteten Beträge (Gerichtskosten) seien nach § 86 Abs. 1 VVG n.F.
auf sie übergegangen, so dass diese Gelder für die Beklagten Fremdgelder seien.
14 Dabei mag es dahinstehen, ob ein solcher Forderungsübergang im Hinblick auf § 86 Abs. 3 VVG n.F.
überhaupt stattgefunden hat.
15 Denn jedenfalls kann die cessio legis gemäß § 86 Abs. 1 Satz 2 VVG von der Klägerin nicht zum Nachteil der
Mandantin der Beklagten als Versicherungsnehmerin geltend gemacht werden. Dies bedeutet im vorliegenden
Fall, dass die Klägerin nur diejenigen von dritter Seite an die Beklagten ausgekehrten Beträge herausverlangen
kann, die den Beklagten nicht als Honorar zustehen. Andernfalls müssten sich die Beklagten wegen des nicht
von der klägerischen Rechtsschutzversicherung erstatteten Honorars an die Geschädigte als ihre Mandantin
halten, was für diese einen Nachteil im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 2 VVG n.F. darstellen würde.
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2.)
unbegründet abzuweisen.
II.
17 Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1 ZPO und aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.