Urteil des AG Mannheim vom 20.05.2005

AG Mannheim: urkunde, zwangsvollstreckung, kopie, öffentlich, rechtsnachfolge, urschrift, zustellung, schriftstück, original, beglaubigung

AG Mannheim Beschluß vom 20.5.2005, 13 M 6/05
Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid: Anforderungen bei Vollstreckung für einen anderen als den im Bescheid
bezeichneten Gläubiger
Tenor
1. Auf die Erinnerung der Gläubigerin wird die Gerichtsvollzieherin angewiesen, entsprechend dem Vollstreckungsauftrag vom 25.01.2005 die
Zustellung der Rechtsnachfolgeklausel und der eingereichten beglaubigten Abschrift der Urkunde, die der Erteilung der Klausel zugrunde lag,
zuzustellen sowie die beantragte Zwangsvollstreckung durchzuführen.
2. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens fallen der Schuldnerin zur Last.
Gründe
I.
1 Mit Schreiben vom 25.01.2005 beauftragte die Gläubigerin die zuständige Gerichtsvollzieherin, die Zwangsvollstreckung wegen einer
Teilforderung von EUR 3.000,00 aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts H. vom 20.08.2001 (AZ) durchzuführen und die vom
Amtsgericht H. am 04.01.2005 erteilte Vollstreckungsklausel zu diesem Vollstreckungsbescheid zugunsten der Klägerin als Rechtsnachfolgerin
der im Vollstreckungsbescheid genannten Gläubigerin an die Antragsgegnerin zuzustellen.
2 Die Gerichtsvollzieherin lehnte mit Schreiben vom 04.02.2005 die Durchführung des Zustellungsauftrags ab mit der Begründung, dass sie nur die
Urschrift oder die Ausfertigung der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde über die Rechtsnachfolge zustellen könne. Der
Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin übersandte der Gerichtsvollzieherin mit Schreiben vom 09.02.2005 eine anwaltlich beglaubigte
Kopie der Urkunde. Mit Schreiben vom 15.02.2005 wies die Gerichtsvollzieherin darauf hin, dass sie eine Urschrift oder die Ausfertigung der
öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde benötige. Auch nach Gegenvorstellung der Erinnerungsführerin lehnte sie den
Zwangsvollstreckungsantrag mit Schreiben vom 23.02.2005 ab. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin vom 07.03.2005.
II.
3 Die gem. § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist begründet.
4 1. Die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) bedarf gem. § 796 Abs. 1 ZPO dann der
Vollstreckungsklausel, wenn die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den in dem Bescheid genannten Gläubiger erfolgen soll. Die
Vollstreckungsklausel muss im Falle einer solchen Rechtsnachfolge gem. §§ 750 Abs. 2, 795 Abs. 1 Satz 1 ZPO nebst einer Abschrift der öffentlich
beglaubigten Urkunden, aufgrund derer die Vollstreckungsklausel erteilt ist, vor oder gleichzeitig mit Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt
werden. Eine beglaubigte Abschrift, wie sie die Gerichtsvollzieherin fordert, ist in § 750 Abs. 2 ZPO nicht vorgesehen.
5 2. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch nicht aus den Zustellungsvorschriften. Die gem. § 192 Abs. 1 ZPO durch den Gerichtsvollzieher
vorzunehmende Zustellung wird gem. § 193 ZPO durch die Übergabe einer beglaubigten Kopie bewirkt, während auf dem „Original“ des
zuzustellenden Schriftstücks die Zustellung beurkundet wird. Damit wird jedoch lediglich sichergestellt, dass das Schriftstück, auf das sich der
Zustellungsauftrag bezog, mit dem Schriftstück, das der Adressat erhalten hat, übereinstimmt. Inhaltliche Anforderungen an das „Original“, das
auch seinerseits eine Kopie sein kann, werden dadurch nicht begründet. Der Entscheidung des OLG Hamm (Rechtspfleger 1994, Seite 173), die
zu § 170 Abs. 1 ZPO a.F. ergangen ist, kann nicht darin gefolgt werden, dass aus dem Erfordernis der Übergabe einer beglaubigten Abschrift des
zuzustellenden Schriftstücks zwingende Schlüsse auf die Qualität des Originals als Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung der
öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde möglich sind. Aus den Zustellungsvorschriften, die lediglich die Identität des übergebenen und
des zuzustellenden Schriftstücks garantieren sollen, können keine höhere Anforderungen hergeleitet werden, als aus § 750 Abs. 2 ZPO selbst.
Das LG Saarbrücken vertritt im Beschluss vom 18.02.2004 (5 T 47/04, DGVZ 2004, 93-94) die Auffassung, dass diejenigen Urkunden zugestellt
werden müssen, die in der Klausel genannt werden und die dem Rechtspfleger bei Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel tatsächlich vorlagen,
und zwar in der Form, wie sie dem Rechtspfleger vorgelegen haben. Auch dies steht nicht im Einklang mit dem Wortlaut des § 750 Abs. 2 ZPO.
Letztlich kann dies jedoch offen bleiben, weil dem Gerichtsvollzieher eine anwaltlich beglaubigte Kopie übermittelt worden ist, wie sie auch bei der
Erteilung der Klausel vorlag. Die Klausel trägt nämlich den Vermerk „Die Rechtsnachfolge ist nachgewiesen durch beglaubigte Kopie der Urkunde
des Notars Dr. N, M., vom 03.05.2004, Urkundenrolle Nr. 507/2004“. Die Beglaubigung kann auch von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden
(§ 169 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 191 ZPO).
III.
6 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 91 ZPO (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 766 Rdnr. 34). Der
Schuldnerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die der Gläubigerin entstandenen Kosten sind von der Schuldnerin zu tragen, da
der Gerichtsvollzieher nicht Partei ist und deshalb eine Kostenentscheidung zu seinen Lasten oder zu Lasten der Staatskasse nicht in Betracht
kommt (BGH NJW 2004, S. 2979, 2981).