Urteil des AG Mannheim vom 31.03.2010

AG Mannheim: nachträgliche bewilligung, behinderung, rechtsberatung, verfügung, vertretung, stadt

AG Mannheim Beschluß vom 31.3.2010, 13 UR II 3/10
Beratungshilfe für geistig Behinderte
Leitsätze
1. Einer geistig Behinderten steht ein Anspruch auf Beratungshilfe für die Beantragung von Grundsicherung zu, da ihr die Inanspruchnahme anderer
Möglichkeiten zur Hilfe nicht zuzumuten sind. 2. Der Gewährung von Beratungshilfe steht die gleichzeitig angeordnete Betreuung nicht entgegen, da
sich hieraus keine Schmälerung der Rechte der Betreuten ergibt.
Tenor
1. Auf die Erinnerung der Antragstellerin vom 10.02.2010 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Mannheim vom 03.02.2010 und 25.02.2010 -
X
UR II … - aufgehoben, soweit die Bewilligung von Beratungshilfe versagt worden ist.
2. Der Antragstellerin wird Beratungshilfe bewilligt für die Beratung und Geltendmachung von Leistungen der Grundsicherung.
Gründe
I.
1 Die Erinnerungsführerin ist aufgrund einer geistigen Behinderung nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten ausreichend zu besorgen. Ihre Mutter
… wurde im Betreuungsverfahren … zur Betreuerin u. a. für den Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt.
2 Die Verfahrensbevollmächtigte der Erinnerungsführerin war beauftragt worden, Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem Vater geltend zu machen
und stellte im Rahmen des Mandatsverhältnisses fest, dass bislang kein Antrag auf Grundsicherung wegen Behinderung gestellt worden war. Mit
Schreiben vom 23.09.2009 stellte sie im Auftrag der Erinnerungsführerin einen solchen Antrag an die Stadt Mannheim und legte die erforderlichen
Belege vor. Für diese Tätigkeit beantragte die Erinnerungsführerin am 18.08.2009 nachträglich Beratungshilfe. Die Verfahrensbevollmächtigte der
Antragstellerin begründete die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung damit, dass die Mandantin selbst aufgrund ihrer Behinderung nicht in
der Lage gewesen sei, sich zu vertreten. Die Betreuerin sei in Angelegenheiten der Grundsicherung völlig unerfahren und bis dahin von keiner
Seite auf die Möglichkeit der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung hingewiesen worden.
3 Mit Beschluss vom 03.02.2010 wurde der Antrag auf nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe zurückgewiesen. Zur Begründung wurde
ausgeführt, dass es für die genannte Angelegenheit keiner anwaltlichen Hilfe bedurft habe. Die Antragstellerin habe sich auch direkt bei den
zuständigen Stellen erkundigen können.
4 Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 10.02.2010 eingelegte, als Beschwerde bezeichnete Erinnerung der Antragstellerin, die darauf
verweist, dass die Antragstellerin selbst aufgrund ihrer Behinderung und ihre Betreuung aufgrund ihrer mangelnden Bildung nicht in der Lage
gewesen sei, die Angelegenheit selbst wahrzunehmen. Es sei für sie auch nicht ersichtlich gewesen, an welche Stelle sie sich hätten wenden
können.
II.
5 Die gemäß § 6 Abs. 2 BerHG zulässige Erinnerung ist begründet. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Beratungshilfe. Nach Auffassung des
Gerichts stand der Antragstellerin keine andere Möglichkeit für eine Hilfe zur Verfügung, deren Inanspruchnahme ihr zuzumuten war. Die
Antragstellerin selbst ist geistig behindert und kann schon deshalb ihre Angelegenheiten nicht selbst wahrnehmen. Die Vorbereitung und
Einreichung eines Antrags auf Grundsicherung stellt eine Rechtsberatung dar, auch wenn die rechtlichen Schwierigkeiten nicht im Vordergrund
stehen. Hierfür durfte die anwaltliche Unterstützung in Anspruch genommen werden.
6 Aus dem Umstand, dass für die Antragstellerin eine Betreuerin bestellt ist, ergibt sich nichts anderes. Die Betreuerin ist befugt, für die
Antragstellerin zu handeln und diese zu vertreten. Eine Schmälerung der Rechte der Antragstellerin ergibt sich jedoch hieraus nicht.