Urteil des AG Ludwigsburg vom 20.07.2006

AG Ludwigsburg (getrennt leben, aug, antragsteller, inhaftierung, antrag, baden, haftstrafe, verhandlung, württemberg, scheidung)

AG Ludwigsburg Urteil vom 20.7.2006, 1 F 50/06
Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres: Verschweigen einer rechtskräftigen Verurteilung zu
Freiheitsstrafe
Tenor
1. Die am 27.5.2005 vor dem Standesbeamten des Standesamts in Ludwigsburg geschlossene Ehe der Parteien
wird geschieden.
2. ....
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Streitwerte:
Ehesache EUR 3900
Versorgungsausgleich EUR 1000
Gründe
1.
1
Die Parteien, beide deutscher Staatsangehörigkeit, haben am 27.5.2005 vor dem Standesamt in
Ludwigsburg die Ehe geschlossen.
2
Sie haben keine gemeinsamen minderjährigen Kinder.
3
Der Antragsteller beantragt, die Ehe zu scheiden.
4
Die Antragsgegnerin tritt diesem Antrag entgegen.
5
Das Gericht geht aufgrund der persönlichen Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung davon
aus, dass sie spätestens seit November 05 getrennt leben. Am 9.11.05 hat der Antragsteller nämlich seine
Anwältin aufgesucht, um die Scheidung einzureichen.
6
Die Ehe kann jedoch nach Ansicht der Familienrichterin im vorliegenden Fall gemäß § 1565 Absatz 2 BGB
bereits vor Ablauf des Trennungsjahrs geschieden werden.
7
Die Fortsetzung der Ehe würde nämlich für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person der
Antragsgegnerin liegen, eine unzumutbare Härte darstellen:
8
Bereits wenige Monate nach der Eheschließung wurde die Antragsgegnerin verhaftet, um eine 8-monatige
Haftstrafe wegen Betrugs zu verbüßen. Das Gericht ist aufgrund der vorgelegten Korrespondenz der
Parteien nach der Inhaftierung der Antragsgegnerin und den glaubhaften Angaben des Antragstellers in der
mündlichen Verhandlung vom 20.4.06 zu der Überzeugung gelangt, dass die Antragsgegnerin ihren Mann
nicht über die rechtskräftige Verurteilung und die drohende Inhaftierung informiert hatte, so dass er von der
Situation völlig überrascht wurde. Demgegenüber ist die Behauptung der Antragsgegnerin, dass ihr Mann
von den Verurteilungen gewußt habe, nicht glaubhaft.
9
Die Antragsgegnerin konnte dem Gericht keine nachvollziehbare Erklärung für die vielen Stellen in ihren
Briefen geben, in denen sie zugibt, einen riesengroßen Fehler gemacht zu haben, weil sie mit ihrem Mann
nicht darüber geredet habe. Als sie mit diesen Passagen ihrer Briefe konfrontiert wurde, hat sie teilweise
eingeräumt, dass ihr Mann nicht vollständig über alles informiert gewesen sei, weil sie wegen seiner
Aggressivität Angst vor ihm gehabt habe. Von den Verurteilungen habe er aber gewusst. Die Antwort auf
die Frage, was sie ihm denn dann verschwiegen habe, blieb die Antragsgegnerin allerdings schuldig. Die
Familienrichterin glaubt daher dem Vorbringen des Antragstellers, dass er von der anstehenden Haftstrafe
nichts gewusst habe. Dann liegt nach Ansicht der Familienrichterin eine Ausnahmesituation im Sinn des §
1565 Absatz 2 BGB vor, die auch wegen der sehr negativen Außenwirkung einer Inhaftierung des
Ehepartners das "Weiter-miteinander-verheiratet sein" für den Antragsteller unzumutbar hart macht.
Ehepartners das "Weiter-miteinander-verheiratet sein" für den Antragsteller unzumutbar hart macht.
10
Die Ehe war daher auf den Antrag des Antragstellers gemäß § 1565 Absatz 2 BGB zu scheiden.
2.
....
3.
11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.