Urteil des AG Lichtenberg vom 23.08.2007

AG Lichtenberg: pfändung, verfügung, zwangsvollstreckung, radioempfang, gerät, verwertung, quelle, eigentum, fernsehen, auflage

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Gericht:
AG Lichtenberg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
34 M 8064/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 121 GVollzGA, § 123 GVollzGA,
§ 811 Nr 1 ZPO
Sachpfändung: Pfändbarkeit eines Fernsehgeräts
Tenor
1. Auf die Erinnerung des Schuldners vom 23. August 2007 wird die
Zwangsvollstreckung in das am 21. August 2007 gepfändete Farbfernsehgerät Samsung
Selfocus ..-... für unzulässig erklärt.
2. Der Vollzug dieser Entscheidung wird bis zur Rechtskraft des Beschlusses
ausgesetzt.
3. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt der Gläubiger.
Gründe
Die Erinnerung des Gläubigers ist gemäß § 766 ZPO statthaft und begründet:
I.
Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des
Schuldners zur Befriedigung seiner Ansprüche aus der ... vom 14. März 2006 wegen
einer Hauptforderung in Höhe von 1.713,24 EUR.
Auf Antrag des Gläubigers pfändete der Gerichtsvollzieher am 21. August 2007 ein
Farbfernsehgerät der Marke Samsung, das der Schuldner seinen Angaben zufolge im
Jahr 2005 für 999,00 EUR erwarb.
Mit seiner Erinnerung wendet sich der Schuldner gegen die Verwertung des
Fernsehgerätes. Er macht geltend, das Gerät gehöre zum unpfändbaren Hausrat. Eine
im Haushalt befindliche Stereoanlage verfüge über keinen Radioempfang und stehe
zudem im Eigentum eines Dritten. Dem ist der Kläger mit dem Hinweis darauf
entgegengetreten, dass es sich bei dem Fernsehgerät um ein hochwertiges Gerät
handele.
II.
Nach § 811 Nr. 1 ZPO sind dem persönlichen Gebrauch des Schuldners dienende
Sachen der Pfändung nicht unterworfen, soweit der Schuldner sie zu einer seiner
Verschuldung angemessenen, bescheidenen Haushalts- und Lebensführung benötige.
Welche Gegenstände unpfändbar sind, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung
und den Besonderheiten des Einzelfalles. Ob ein Fernsehgerät der Pfändung unterliegt,
wenn der Schuldner sein Informationsbedürfnis zugleich aus einer anderen Quelle – etwa
einem Radio – befriedigen kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach
einer im Vordringen befindlichen Auffassung, der sich das Gericht anschließt, ist ein
Fernsehgerät heutzutage zu den Sachen zu zählen, die dem Schuldner auch im Rahmen
einer bescheidenen Lebensführung zu belassen sind. § 811 Nr. 1 ZPO macht die
Unpfändbarkeit eines Gegenstandes nicht von seiner Unentbehrlichkeit für den
Schuldner abhängig. Maßgeblich ist vielmehr, welche Informations- und
Unterhaltungsquellen heutzutage grundsätzlich jedermann auch bei bescheidenen
Lebensumständen zur Verfügung stehen. Da das Fernsehen das
Massenkommunikations- und Informationsmedium darstellt, dessen sich der
überwiegende Teil der Bevölkerung zur Befriedigung seines Informations- und
Unterhaltungsbedürfnisses bedient und das Radio demgegenüber zunehmend in den
Hintergrund tritt, ist der Schuldner heute grundsätzlich nicht mehr zur Befriedigung
seines Informations- und Unterhaltungsbedürfnisses auf die Nutzung eines Radiogerätes
zu verweisen. Ein Fernsehgerät unterliegt dabei dem Pfändungsschutz nach § 811 Nr. 1
ZPO auch wenn daneben noch ein Rundfunkgerät vorhanden ist (BFH 159, 421, Stuttgart
MDR 1986, 767, LG Augsburg DGVZ 1993, 55, LG Detmold DGVZ 1990, 26, LG
Hannover DGVZ 1990, 60). Die Frage, ob tatsächlich Radioempfang besteht oder die
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Hannover DGVZ 1990, 60). Die Frage, ob tatsächlich Radioempfang besteht oder die
Anlage im Eigentum eines Dritten steht, kann daher offen bleiben.
Die Unzulässigkeit der Pfändung nach § 811 Nr. 1 ZPO besteht unabhängig vom Wert
des Fernsehgerätes (Zöller-Stöber, ZPO, 26. Auflage, § 811 Rdnr. 6). Dennoch ist der
Gläubiger durch das grundsätzliche Verbot, das einzige dem Schuldner zur Verfügung
stehende Fernsehgerät zu verwerten, auch nicht rechtlos gestellt. Denn dem Umstand,
dass der Schuldner über ein Fernsehgerät zu einem Anschaffungspreis von 999,00 EUR
verfügt, das nicht mehr zu den einfachen Fernsehgeräten zählen dürfte und dessen
Versteigerung einen über die Kosten der Verwertung hinausgehenden Erlös verspricht,
kann durch eine Austauschpfändung gemäß § 811 a ZPO Rechnung getragen werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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