Urteil des AG Lichtenberg vom 29.03.2017

AG Lichtenberg: recht am eigenen bild, installation, besucher, wohnung, mietsache, persönlichkeitsrecht, haus, eingriff, hof, empfang

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Gericht:
AG Lichtenberg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 C 156/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 535 BGB, § 823 Abs 1 BGB, Art
1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art
14 GG
Wohnraummiete: Persönlichkeitsrechtsverletzung durch
Überwachungskamera-Attrappen im Hauseingangsbereich
Tenor
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.
Gründe
I.
Der Kläger war Mieter, die Beklagten Vermieter einer Wohnung im Hause …. Die
Beklagten ließen in der Zeit ab Oktober 2006 Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten
im Hause … ausführen. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurde die Hauseingangstür mit
einem Schnappschloss versehen, das von außen nur mit Hilfe eines Schlüssels geöffnet
werden konnte. Anfang 2007 ließen die Beklagten ferner zwei Kameras im
Eingangsbereich des Hauses montieren.
Mit Schreiben des Berliner Mietervereins vom 5. April 2007 (Blatt 8 der Akten) forderte
der Kläger die Beklagte dazu auf, die Überwachungskameras zu entfernen. Darüber
hinaus zeigte er den Klägern an, dass die Hauseingangstür seit zwei Monaten dauerhaft
verschlossen sei, so dass das nicht mit einer Klingel- und Gegensprechanlage
ausgestattete Haus von Besuchern nicht ohne Voranmeldung betreten werden könne.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Lichtenberg vom 20. April 2007 ist das
Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet worden. Mit
Schreiben vom 5. Mai 2007 (Blatt 132 der Akten) wies die Treuhänderin die Beklagten
darauf hin, dass Ansprüche aus dem Mietverhältnis nach Ablauf der in § 109 Abs. 1 S. 1
InsO genannten Frist nicht mehr im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden
könnten.
Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2007 erhob der Kläger eine auf die Entfernung der
Überwachungskameras im Hauseingangsbereich und auf Installation einer Klingel- und
Türsprechanlage bzw. auf Veränderung der Schließanlage dergestalt, dass Besuchern
der Zutritt zum Haus auch ohne Schlüssel möglich ist, gerichtete Klage, die den
Beklagten am 9. Juli 2007 zugestellt worden ist. In der Folge verständigten sich die
Parteien auf eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 31. Oktober 2007. Mit
Rücksicht hierauf haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der
Hauptsache für erledigt erklärt. Sie verhandeln nunmehr mit widerstreitenden
Kostenanträgen.
Der Kläger hat geltend gemacht, die im Hauseingangsbereich installierten Kameras, die
auf Bewegung reagierten und nicht als Attrappen zu erkennen seien, verletzten ihn in
seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Auch eine Klingel, die eine Benachrichtigung der Mieter durch Besucher bei
verschlossener Hauseingangstür möglich mache, sei nicht vorhanden gewesen. Hinzu
komme, dass die Hauseingangstür von innen nicht zu öffnen gewesen sei, sobald ein
Mieter diese von außen abgeschlossen habe.
Die Beklagten haben behauptet, bei den Überwachungskameras habe es sich lediglich
um Attrappen gehandelt. Dies sei allen Mietern bekannt gewesen. Der Kläger habe
hiervon aufgrund eines zwischen der Mieterin Adams und dem Beklagten zu 2) im Januar
2007 geführten Gespräches gewusst. Der Installation der Überwachungskameras seien
eine Beschädigung von Baumaterial im November 2006 und Manipulationen am Schloss
der Hauseingangstür sowie Übergriffe auf das Büro der Architektin vorangegangen, für
die der Mieter Thiel verantwortlich gewesen sei. Bei der Beschädigung von Baumaterial,
das im Hof des Hauses gelagert gewesen sei, sei ein Schaden in Höhe von etwa
3.000,00 € entstanden. Seit Beginn der Modernisierungsarbeiten hätten verschiedene
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3.000,00 € entstanden. Seit Beginn der Modernisierungsarbeiten hätten verschiedene
Mieter und auch Fremde immer wieder Baumaterialien beschädigt.
Die Liegenschaft sei vor ihrem Erwerb durch die Beklagten nicht mit einer Klingel- und
Gegensprechanlage ausgestattet gewesen. Die Mieter hätten daher auch zuvor bei
verschlossener Tür etwaige Besucher an der Hauseingangstür in Empfang nehmen
müssen. Bestandteil der geplanten Modernisierungsmaßnahmen sei auch die
Installation einer Klingelanlage gewesen. Der Beklagte habe dieser Baumaßnahme
jedoch nicht zugestimmt. Gleichwohl sei eine Klingel außerhalb der Wohnung angebracht
worden, so dass Besucher den Kläger auf diese Weise benachrichtigen könnten. Von
innen habe die Hauseingangstür mittels einer Klinke geöffnet werden können.
II.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt
erklärt haben, war gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des Sach- und
Streitstandes und nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu
entscheiden. Diese waren den Beklagten aufzulegen, da sie ohne Eintritt des
erledigenden Ereignisses in der Hauptsache aller Voraussicht nach unterlegen wären.
1. Dem Kläger stand ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses ein Anspruch auf
Entfernung der beiden im Hauseingangsbereich montierten Videokameras gegen die
Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 BGB gegen die
Beklagten zu.
a) Hinsichtlich des Anspruches auf Entfernung der Videokameras war der Kläger
unbeschadet der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen
prozessführungsbefugt. Zwar geht die Befugnis, das zur Insolvenzmasse zählende
Vermögen zu verwalten und hierüber zu verfügen nach § 80 Abs. 1 InsO mit Eröffnung
des Insolvenzverfahrens auf den Treuhänder über. Der nichtvermögensrechtliche
Anspruch auf Unterlassung eines Eingriffs in ein höchstpersönliches Rechtsgut fällt indes
nicht in die Insolvenzmasse und kann daher unbeschadet der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens vom Insolvenzschuldner selbst im Klagewege geltend gemacht
werden.
b) Das aus Art. 1 in Verbindung mit Art 2 GG hergeleitete allgemeine
Persönlichkeitsrecht, das zu den von § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgütern zählt,
gibt dem Einzelnen einen Anspruch auf Achtung der individuellen Persönlichkeit auch
gegenüber einer Privatperson. Dieser Anspruch umfasst zum einen das Recht, in Ruhe
gelassen zu werden und zum anderen das Recht auf selbstbestimmtes Handeln
(Palandt/Sprau, 66. Aufl. 2007, Rdnr. 86 zu § 823 BGB). Geschützte Sphären sind zum
einen die Individualsphäre, in der das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen bei seinen
Beziehungen zur Umwelt Schutz gegen Eingriffe Dritter erfährt, und zum anderen die
Privatsphäre, d. h. das Leben im häuslichen oder sonstigen privaten Bereich sowie die
Intimsphäre, die grundsätzlich absoluten Persönlichkeitsschutz genießt.
aa) In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass die Installation von Kameras, mit
deren Hilfe eine gezielte Überwachung der Benutzer eines öffentlichen Zuganges zu
einem Grundstück bewerkstelligt werden kann, oder auch das Anbringen von
Videokameras im Eingangsbereich eines Miethauses, der von allen Mietern und
Besuchern passiert werden muss, so dass ein Bewegungsprofil aller Nutzer des
Gebäudes erstellt werden kann, einen Eingriff in das aus Art.1 und 2 GG hergeleitete
allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt, der nur durch ganz überwiegende Interessen
des den Zugang Überwachenden gerechtfertigt werden kann (BGH in NJW 1995, 1955 ff.;
LG Berlin in NZM 2001, 207 f.; Horst in NZM 2000, 937 ff.).
Dabei ist eine Videoüberwachung nicht nur geeignet, das Recht am eigenen Bild als
besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu beeinträchtigen. Das
Vorhandensein einer Videoüberwachungsanlage stellt vielmehr auch einen Eingriff in die
allgemeine Handlungsfreiheit dar, wenn sich der Benutzer eines überwachten Bereichs
einer ständigen Kontrolle seiner Bewegungen und derjenigen seiner Besucher
ausgesetzt sieht.
bb) Vorliegend hatten die Beklagten unstreitig zwei bewegliche Kameras im
Hauseingangsbereich installiert, die der von dem Kläger vorgelegten Skizze zufolge, die
die Beklagten nicht mehr angegriffen haben, derart auf Hauseingangstür und Zugang
zum Hof und Gartenhaus gerichtet waren, dass sich jeder Benutzer des
Eingangsbereiches durch einen von Überwachungskameras abgedeckten Bereich
bewegt.
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Mit der Anbringung von Kameras im Eingangsbereich eines von ihm bewohnten Hauses,
den sämtliche Bewohner und Besucher von Vorderhaus und Gartenhauses passieren
müssen, ist der Mieter in seiner Privatsphäre betroffen, da er sich im Bereich seines
häuslichen Lebensbereichs und damit in einem Bereich, an dem andere Menschen
regelmäßig nur mit seiner Zustimmung Anteil haben, einer Überwachung seiner
Lebensgewohnheiten betreffend das Verlassen und Aufsuchen seiner Wohnung und den
Empfang etwaiger Besucher ausgesetzt sieht.
Dass es sich bei den auf ihre Veranlassung hin installierten Videokameras um bloße
Attrappen handelte und der Kläger hiervon auch zuverlässig in Kenntnis gesetzt worden
wäre, haben die Beklagten, die hinsichtlich der Beschaffenheit der Kameras mindestens
eine erhöhte sekundäre Darlegungslast trifft, nicht nachvollziehbar darlegt. Es ist
unstreitig, dass sich die installierten Kameras bewegen und blinken und die Kameras
äußerlich nicht von funktionsfähigen Überwachungskameras zu unterscheiden sind. Es
wäre daher Sache der Beklagten gewesen, mitzuteilen, wie die von ihnen installierten
Kameras in technischer Hinsicht beschaffen sind und näher dazu vorzutragen, aus
welchen Tatsachen folgt, dass sie nicht zur Fertigung von Aufzeichnungen oder
Übertragung von Bildern geeignet sind und genutzt werden. Hierzu verhält sich ihr
Vortrag indes nicht. Auch dass der Kläger davon in Kenntnis gesetzt worden wäre, dass
es sich bei den Kameras um bloße Attrappen handele, haben die Beklagten nicht
nachvollziehbar dargetan. Dass sie ihn selbst unter Offenlegung der technischen Daten
der von ihnen installierten Kameras darüber informiert hätten, dass es sich bei beiden
Kameras lediglich um Attrappen handele, mit deren Hilfe weder Bilder des
Eingangsbereiches und seiner Benutzer gefertigt und übertragen noch gespeichert
werden könnten, haben die Beklagten nicht geltend gemacht. Soweit sie darauf
verweisen, dass eine Mietmieterin darüber informiert worden sei, dass lediglich
Attrappen installiert worden seien, lässt ihr Vortrag nicht erkennen, wann und unter
welchen Umständen diese die ihr zuteil gewordene Information – im Auftrage der
Beklagten – an den Kläger weitergegeben haben soll.
cc) Das allgemeine Persönlichkeitsrechts des Klägers war durch die Installation der
Videokameras im Eingangsbereich des ehemals von ihm bewohnten Hauses indes auch
dann betroffen, wenn es sich bei den Kameras tatsächlich um Attrappen, mithin nur um
Kameranachbildungen, mit denen tatsächlich keine Bilder übertragen und aufgezeichnet
werden können, gehandelt haben sollte. Denn in diesem Fall stellte jedenfalls die mit der
Anbringung einer Attrappe verbundene Androhung der ständigen Überwachung der
Bewegungen des Klägers und seiner Besucher im Hauseingangsbereich eine
Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Klägers dar. Denn schon das
Vorhandensein von täuschend echten Kameraattrappen, deren mangelnde Eignung zur
Fertigung von Bildübertragungen oder -aufzeichnungen dem Kläger nicht durch den
Vermieter selbst mitgeteilt und plausibel gemacht worden ist, setzte den Kläger einem
permanenten Überwachungsdruck aus. Schon das Vorhandensein von dem äußern
Anschein nach funktionsfähigen Kameras vermittelt auch einem unbefangenen
Betrachter den Eindruck, es werde, wenn er sich im Bereich der Kameras aufhalte, jede
seiner Bewegungen einem überwachenden Dritten übertragen oder durch
Aufzeichnungen dokumentiert und damit auf eine von ihm nicht zu beherrschende Weise
kontrolliert. Auch das Vorhandensein einer Kameraattrappe war daher geeignet, das
Verhalten des Klägers und seiner Besucher in seinem privaten Lebensbereich zu
beeinflussen. Auch hierin liegt ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (LG
Berlin in GE 1991, 405; LG Bonn in NJW-RR 2005, 1067 f.; LG Braunschweig in NJW 1998,
2457 f.; LG Darmstand in NZM 2000, 360; AG Wedding in WuM 1998, 342 f.; Horst in
NZM 2000, 937 f.).
dd) Die Beklagten können sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger
habe die von ihm gemietete Wohnung kaum genutzt. Denn der Anspruch des Klägers
auf Achtung seiner grundrechtlich geschützten Rechtsposition hängt nicht davon ab, wie
häufig sich ein Eingriff in diese Rechtsposition durch das Passieren der Kameras
aktualisiert. Es genügt, dass der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
betroffen ist, sobald er sich dazu entschließt, seine Wohnung zu verlassen oder zu
betreten oder Besucher in Empfang zu nehmen.
c) Der mit der Installation vom Videokameras oder Kameraattrappen im
Hauseingangsbereich einhergehende Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des
Mieters kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn schwerwiegenden Beeinträchtigungen
von Rechtspositionen des Überwachenden nicht in anderer Weise zumutbar begegnet
werden konnte (LG Berlin in GE 2005, 917 f.; LG Berlin in NZM 2001, 207 f.; BGH in NJW
1995, 1955 ff.). Ein derartiger Rechtfertigungsgrund liegt hier nicht vor.
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Zwar haben die Beklagten grundsätzlich das ebenfalls mit Art. 14 GG in der Verfassung
verbriefte Recht, geeignete und erforderliche Maßnahmen zum Schutze ihres Eigentums
zu ergreifen. Vorliegend ist indes nicht dargetan, dass die Installation von Kameras oder
Kameraattrappen tatsächlich geeignet und erforderlich gewesen wäre, um eine
drohende Beschädigung von Eigentum der Beklagten zu verhindern.
Die Beklagten haben insoweit geltend gemacht, die Installation von Kameras sei
geboten gewesen, weil es nach Beginn der Modernisierungsmaßnahmen zu mehrfachen
Beschädigungen von Baumaterial durch Hausbewohner oder Dritte gekommen sei. Auf
Nachfrage haben sie lediglich einen konkreten Vorfall aus dem Jahre 2006 benannt, bei
dem ein Mieter im Hof des Hauses gelagertes Baumaterial beschädigt haben soll. Hinzu
kamen Manipulationen am Schloss der Hauseingangstür und ein Übergriff auf das
Baubüro, die die Beklagten jeweils demselben Mieter zur Last gelegt haben. Ihre
Behauptung, dass es in der Folge noch zu mehrfachen Übergriffen Unbekannter auf
Baumaterial oder Bausubstanz gekommen wäre, haben die Beklagten indes nicht mehr
substantiiert.
Da es sich bei dem von den Beklagten installierten Kameras um bloße Attrappen
gehandelt haben soll, können diese nicht der Identifizierung etwaiger Täter einer
Sachbeschädigung gedient haben. Die Kameraattrappen können ferner auch aus Sicht
der Beklagten nicht mit dem Ziel der Verhinderung weiterer Übergriffe auf Baumaterial
und Bausubstanz durch Mieter des Hauses angebracht worden sein. Denn angesichts
des Umstandes, dass die Beklagten geltend machen, allen Mietern sei bekannt
gewesen, dass bloße Attrappen installiert worden seien, mussten sie objektiv ungeeignet
sein, diesen gegenüber abschreckende Wirkung zu entfalten. Schließlich war der Hof, auf
dem das Baumaterial gelagert worden sein soll, gar nicht von den installierten Kameras
abgedeckt. Dass tatsächlich laufend Übergriffe unbekannter Dritter auf Baumaterial und
Bausubstanz drohten, haben die Beklagten nicht hinreichend darlegt. Hinzu kommt,
dass einer derartigen Gefährdung des Eigentums der Beklagten schon durch die
Ausstattung der Hauseingangstür mit einem Schnappschloss, das von außen nur mittels
Schlüssel zu öffnen war, begegnet worden ist.
Hiernach ist nicht ersichtlich, dass sich die Beklagten schwerwiegenden
Beeinträchtigungen ihres Eigentums ausgesetzt gesehen hätten, denen mit der
Installation der streitbefangenen Kameras wirksam begegnet worden wäre. ihr Interesse
an dem Schutz ihres Eigentums tritt daher hinter dem Interesse des Klägers, sich in
seiner Privatsphäre ohne Überwachung oder einen durch Kameraattrappen vermittelten
Überwachungsdruck zu bewegen, zurück.
Nach alledem entspricht es billigem Ermessen, den Beklagten hinsichtlich des mit der
Klage geltend gemachten Anspruches auf Entfernung der Kameraattrappen die Kosten
des Rechtsstreits aufzuerlegen.
2. Auch hinsichtlich des mit der Klage zuletzt geltend gemachten Anspruches auf
Umgestaltung des Hauseingangstürschlosses wären die Beklagten ohne ein
erledigendes Ereignis voraussichtlich in der Sache unterlegen.
a) Der Kläger war trotz Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein
Vermögen auch hinsichtlich des Instandsetzungsanspruches verfügungsbefugt. Zwar fiel
das Mietverhältnis grundsätzlich in die Masse, § 108 Abs. 1 S. 1 InsO, mit der Folge, dass
fällige Ansprüche des Klägers aus dem Mietverhältnis grundsätzlich vom Treuhänder
zugunsten der Masse geltend zu machen sind. Zwischen den Parteien ist jedoch außer
Streit, dass die Treuhänderin eine Erklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO angegeben hat.
Diese Erklärung bewirkt, dass die Beklagten Ansprüche aus dem Mietverhältnis, die nach
der gesetzlichen Kündigungsfrist fällig werden, das ist im vorliegenden Fall die in § 573 d
Abs. 2 BGB für die außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist bestimmte Frist
(Schmidt-Futterer/Blank, 9. Aufl. 2007, Rdnr. 137 zu § 542 BGB), nicht mehr im
Insolvenzverfahren geltend machen können und der Mieter die laufende Miete aus dem
ihm verbleibenden nicht zur Masse zu ziehenden, mithin aus dem unpfändbaren
Einkommen, bestreiten muss. Da das vom Kläger zu den Akten gereichte Schreiben der
Treuhänderin vom 5. Mai 2007 datiert, zählte der Anspruch der Beklagten auf Zahlung
der laufenden Miete mit Ablauf des 31. August 2007 nicht mehr zu den
Masseverbindlichkeiten. Ob die Abgabe einer Erklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO
zugleich dazu führt, dass das gesamte Mietverhältnis ab diesem Stichtag nicht mehr
dem Beschlag unterfällt und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vollständig auf
den Mieter übergeht, kann dahin stehen (str. vgl. etwa Tetzlaff, Rechte des Vermieters in
der Insolvenz des Mieters, NZI 2006, 87, 91; Pape, Insolvenz im Mietrecht, NZM 2004,
401, 410; Münchener Kommentar zur InsO/Eckert, Rdnr. 52 zu § 109 InsO). Denn die
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401, 410; Münchener Kommentar zur InsO/Eckert, Rdnr. 52 zu § 109 InsO). Denn die
Enthaftung der Masse hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der laufenden Miete
muss jedenfalls dazu führen, dass das Mietverhältnis wegen derjenigen Ansprüche, die
im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dem Anspruch auf Zahlung der Miete stehen, mithin
wegen des Anspruches auf Instandhaltung der Mietsache, dazu führen, dass das
Mietverhältnis wieder auf den Mieter übergeleitet wird (Kübler/Prütting-Titelnot, Loseblatt,
Rdnr. 7 f zu § 109 InsO). Denn anderenfalls müsste der Mieter, der die laufende Miete
nunmehr allein aus dem unpfändbaren Einkommen zu bestreiten hat, sich darauf
verwiesen lassen, dass der Treuhänder im Streitfall für die Masse einen Rechtsstreit
wegen der Beseitigung von Mängeln der Mietsache führt, obwohl die Instandsetzung der
Wohnung bei einem Wohnraummietverhältnis allein dem Mieter zugute kommt und die
Masse weder mit der Verpflichtung zur Zahlung der vertraglich vereinbarten oder einer
etwa geminderten Miete belastet ist. Hiernach muss der Enthaftung der Masse wegen
des Anspruches auf Zahlung der laufenden Miete jedenfalls dazu führen, dass der Mieter
wegen dem mit dem Anspruch auf Zahlung der Miete im Synallagma stehenden
Gebrauchsgewährungs- und Instandsetzungsanspruch die Verwaltungs- und
Verfügungsbefugnis zurückerhält. Hiernach war der Kläger im Zeitpunkt der ersten
mündlichen Verhandlung und bis zur Beendigung des Mietverhältnisses zur
Geltendmachung eines Instandsetzungsanspruches berechtigt.
b) Dem Kläger stand ferner der mit der Klage zuletzt geltend gemachte auf Beseitigung
der von den Beklagten mit dem Einbau eine Schnappschlosses, das sich von außen nur
mit Hilfe eines Schlüssels öffnen lässt, geschaffenen Zustandes und Bereitstellung einer
Schließanlage, die es Besuchern, die nicht im Besitz eines Haustürschlüssels sind,
zumindest tagsüber ermöglicht, das Haus zu betreten, ohne, dass ihnen die Haustür
durch den Mieter eigenhändig geöffnet wird, gerichtete Anspruch aus dem Mietvertrag in
Verbindung mit § 535 Abs. 1 S. 1 BGB gegen die Beklagten zu.
aa) Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Hauseingangstor vor Beginn der
Modernisierungsmaßnahmen nicht mit einer (funktionsfähigen) Klingel- und
Türöffnungsanlage bzw. einer Gegensprechanlage ausgestattet gewesen ist und nur mit
Hilfe des Haustürschlüssels zu verschließen war. Diesen Zustand haben die Beklagten
weiter unstreitig dadurch verändert, dass sie anstelle des zuvor mit Hilfe eines
Schlüssels verschließbaren Haustürschlosses ein Schnappschloss haben einbauen
lassen. Das Vorhandensein eines Schnappschlosses führte weiter unstreitig dazu, dass
die Eingangstür von außen verschlossen war, sobald die Tür ins Schloss gefallen war und
sodann von außen nur noch mit Hilfe eines Schlüssels geöffnet werden konnte.
bb) Dieser Zustand führt, gemessen an der vorherigen Gestaltung der Mietsache, zu der
auch diejenigen Gemeinschaftsbereiche der Liegenschaft gehören, die vom Mieter im
Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs seiner Wohnung mitbenutzt werden
müssen, zu einer Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Bestandteil des
vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache ist auch die Möglichkeit, Besuch oder
sonstige Dritte, wie Handwerker zu empfangen oder Warenlieferungen
entgegenzunehmen. War dies wie vorliegend bei Beginn des Mietverhältnisses möglich,
ohne dass es einer Voranmeldung bedurfte, oder der Mieter den Besucher an der
Hauseingangstür in Empfang nehmen muss, so stellt eine Veränderung der
Hauseingangstür die dazu führt, dass das Haus nicht nur – wie allgemein üblich – in den
Abend- und Nachtstunden sondern dauerhaft auch tagsüber verschlossen ist und daher
von Mietern oder Besuchern nur mit Hilfe eines Schlüssels zu öffnen ist, oder Besuch
das Haus auch tagsüber nur nach Vorankündigung und Öffnen der Eingangstür von
innen betreten kann, eine Abweichung des Ist-Zustandes vom geschuldeten Sollzustand
dar, der den vertragsgemäßen Gebrauch mit Rücksicht darauf, dass der Mieter
gezwungen ist, jedweden Besuch vorher abzustimmen, zu beeinträchtigen geeignet ist.
Er begründet mithin einen Mangel der Mietsache, den der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1
S. 2 BGB zu beseitigen verpflichtet ist.
cc) Dieser Verpflichtung kann der Vermieter entweder dadurch nachkommen, dass er
das Haustürschloss in den ursprünglichen Zustand versetzt, mit der Folge, dass die
Haueingangstür jedenfalls solange geöffnet ist, wie sie nicht von einem Mieter mittels
Schlüssels bewusst verschlossen wird oder dadurch, dass er eine (funktionsfähige)
Klingel- und Türöffnungsanlage installiert, die es Besuchern bei tagsüber verschlossener
Eingangstür möglich macht, den Mietern anzuzeigen, dass jemand Einlass in das Haus
begehrt und es dem Mieter ermöglicht, die Haustür zu öffnen, ohne dass er sich aus der
Wohnung zur Hauseingangstür begeben muss.
Dass die Beklagten jedenfalls von letzterer Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, lässt
sich ihrem von dem Kläger unter Hinweis auf Schreiben verschiedener Mieter bzw. einer
Aufstellung von Mängeln der Mietsache aus der Zeit ab März 2007 in Abrede gestellten
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Aufstellung von Mängeln der Mietsache aus der Zeit ab März 2007 in Abrede gestellten
Vortrag nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen. Soweit die Beklagten
behaupten, es sei bereits im Zeitpunkt der Klagezustellung eine Klingelanlage installiert
gewesen, die es Besuchern ermögliche, den Mietern ihr Kommen anzukündigen, wäre es
mit Rücksicht darauf, dass ursprünglich unstreitig keine (funktionsfähige) Klingelanlage
vorhanden war, ihre Sache gewesen klarzustellen, wann sie eine derartige Klingelanlage
installiert und in Betrieb genommen haben wollen und auf welche Weise die Wohnung
des Klägers hieran angeschlossen worden ist.
Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe die
Installation einer Gegensprechanlage, wie sie Bestandteil der
Modernisierungsankündigung gewesen sei, verhindert. Denn zum einen ist es im
Streitfall Sache des Vermieters die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen gerichtlich
durchzusetzen, wobei dem Mieter nachteilige Veränderungen der Mietsache bis zur
Entscheidung über den Duldungsanspruch zu unterbleiben haben. Zum anderen ist
weder nachvollziehbar dargetan, dass dem Kläger konkrete Termine für die Installation
und Inbetriebnahme eine Klingelanlage benannt worden wären, die dieser ohne
nachvollziehbaren Grund nicht wahrgenommen hätte, noch haben die Beklagen
hinreichend zu Tatschen vorgetragen, aus denen darauf geschlossen werden könnte,
dass die Klingelanlage – mit Ausnahme des Wohnungsanschlusses des Klägers - im
Zeitpunkt der Klageerhebung vollständig betriebsbereit hergestellt gewesen wäre.
Mit Rücksicht hierauf wäre nach dem der Kostenentscheidung zugrunde zulegenden
Sach- und Streitstand voraussichtlich auch der auf die Beseitigung des mit der
Installation des Schnappschlosses geschaffenen Zustandes gerichteten Klage Erfolg
beschieden gewesen, so dass den Beklagten auch insoweit die Kosten des Rechtsstreits
aufzuerlegen sind.
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