Urteil des AG Lichtenberg vom 13.03.2017

AG Lichtenberg: mietsache, wohnung, mietrecht, duldungspflicht, zutritt, handbuch, geschäftsraummiete, verbrauch, ausstattung, vollstreckbarkeit

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Gericht:
AG Lichtenberg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 C 101/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 554 Abs 2 S 1 Alt 1 BGB, § 4
Abs 2 S 1 Halbs 2 HeizkostenV
Wohnraummiete: Mieterpflicht zur Duldung des Austauschs von
Wärmemengenzählern
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Mitarbeitern der Klägerin und den von diesen
beauftragten Fachfirmen nach einer Ankündigungsfrist von mindestens 14 Tagen Zutritt
zu ihrer Wohnung in der ... Wohnungsnummer ..., ... B, zu gewähren, und zwar an
Werktagen in der Zeit von 7.00 – 17.00 Uhr, an einem Tag für maximal eine Stunde, um
die nachfolgenden Installationsmaßnahmen zu dulden: Austausch der vorhandenen
Wärmemengenzähler an allen Heizkörpern durch solche elektronischen mit
Funkablesetechnik an den bisherigen Installationspunkten.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin zur Duldung des
Austausches der vorhandenen – nach dem Verdunstungsprinzip arbeitenden –
Wärmemengenzähler gegen elektronische und mit Funktechnik ablesbare
Wärmemengenzähler verpflichtet.
I.
Dabei konnte dahinstehen, ob ein Anspruch des Vermieters auf Duldung des
Austausches bereits vorhandener Wärmeerfassungsgeräte – jeweils als lex specialis –
allein aus § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 HeizkostenV (vgl. LG Hamburg, WuM 1990, 33;
Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 9. Aufl. 2005, Kap. B Rz. 6119), allein aus §
554 Abs. 2 BGB (vgl. LG Kassel, NZM 2006, 818; Lammel, Heizkostenverordnung, 1990,
§ 4 Rz. 42 (zum Verhältnis der HeizKostenV zu § 541 b Abs. 1 BGB a. F.)) oder auch aus
beiden Vorschriften folgen kann (vgl. Eisenschmid, in: Schmidt/Futterer, Mietrecht, 9.
Aufl. 2007, § 554 Rz. 169; Kreuzberg/Wien, Handbuch der Heizkostenabrechnung, 6. Aufl.
2005, S. 24; Lammel, in: Schmidt/Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 4 HeizkV Rz. 14).
Die Beklagte hat den Austausch der Wärmemengenzähler im tenorierten Umfang
nämlich sowohl nach § 554 Abs. 2 BGB als auch nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2
HeizkostenV zu dulden.
1.
Gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB hat der Mieter solche Maßnahmen zu dulden, die
der Verbesserung der Mietsache dienen. Darunter fällt jede Veränderung der Mietsache,
die im Rahmen ihres Zwecks den Gebrauchswert erhöht und eine bessere Benutzung
ermöglicht. Die Maßnahme muss nach der Verkehrsanschauung geeignet sein, die
Attraktivität der Mietsache für künftige Mietinteressenten zu erhöhen (vgl. BGH, NJW
2005, 2995). So liegt der Fall hier:
Die Maßnahme erhöht die Mietsache für künftige Mietinteressenten dadurch, dass die
Ablesung der Erfassungsgeräte vereinfacht wird. Wegen der nunmehr möglichen
Funkablesung ist es für den Mieter nicht mehr nötig, am vereinbarten Ablesetermin
selbst in der Wohnung anwesend zu sein oder Dritte damit zu beauftragen, Mitarbeitern
des Ableseunternehmens Zutritt zur Mietsache zu gewähren, um sodann womöglich
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des Ableseunternehmens Zutritt zur Mietsache zu gewähren, um sodann womöglich
auch noch den Ablesevorgang behinderndes Inventar verräumen zu müssen (vgl. AG
Frankfurt a. M., ZMR 2006, 292). Diese Erleichterung kommt zwar vornehmlich
erwerbstätigen, weniger hingegen erwerbslosen Mietern wie der Beklagten zu Gute, die
sich – so ihr Einwand – ohnehin auch tagsüber häufig in den Mieträumen aufhalten, so
dass die Gebrauchswerterhöhung letzteren gegenüber eher gering zu veranschlagen ist.
Darauf kommt es aber wegen des objektiven Maßstabes für die Gebrauchsverbesserung
im Rahmen des § 554 Abs. 2 BGB im Ergebnis nicht an (vgl. BGH, a. a. O).
Auch die von der Beklagten mit dem Betrieb der Ablesegeräte einhergehende
befürchtete Strahlenbelastung steht einer Duldungspflicht nach § 554 Abs. 2 BGB nicht
entgegen. Die Beklagte hätte den Austausch der Wärmeerfassungsgeräte nur dann
nicht zu dulden, wenn von den funkgesteuerten Erfassungsgeräten Gesundheitsgefahren
ausgingen oder solche ernstlich zu besorgen wären. Das ist vorliegend aber nicht der
Fall, da es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass Gesundheitsgefahren von den
neuen Geräten nicht ausgehen, § 138 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte hat in der mündlichen
Verhandlung entgegen ihrem vorangegangenem schriftsätzlichem Vorbringen
ausdrücklich erklärt, eine Gesundheitsgefährdung lediglich zu befürchten. Daraus folgt –
insbesondere vor dem Hintergrund der detaillierten Angaben der Klägerin zur konkreten
Strahlenbelastung im Schreiben vom 22. Dezember 2006 – indes keine konkrete,
sondern lediglich eine abstrakte Gesundheitsgefahr, die dem Betrieb der neuen
Ablesegeräte in den Mieträumen nicht entgegensteht (vgl. BGH, WuM 2006, 304).
Letztlich steht auch der im Vergleich zu den bisherigen Geräten um 2,00 Euro auf 3,33
Euro je Heizkostenverteiler erhöhte Jahresmietzins einer Duldungspflicht der Beklagten
nicht entgegen; einen etwaigen Verstoß der Klägerin gegen das aus den §§ 556 Abs. 3
Satz 1 2. Halbs., 560 Abs. 5 BGB folgende Wirtschaftlichkeitsgebot kann die Beklagte
nämlich nicht dem Duldungsanspruch, sondern allenfalls einem etwaigen
Zahlungsanspruch der Klägerin aus einer zukünftigen Heizkostenabrechnung
entgegenhalten (vgl. AG Frankfurt a. M., a. a. O.).
Den Mitteilungspflichten des § 554 Abs. 3 BGB ist die Klägerin gerecht geworden. Einer
Mitteilung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB bedurfte es nicht, da es sich bei den
streitgegenständlichen Maßnahmen um Bagatellmaßnahmen nach § 554 Abs. 3 Satz 3
BGB handelt, die nicht zu einer erheblichen Mieterhöhung führen.
2.
Die Beklagte hätte den Austausch daneben auch nach § 4 Abs. 2 1. Halbs. HeizkostenV
zu dulden, sofern dieser nicht nur für die Erstausstattung der Mieträume mit
Wärmeerfassungsgeräten (vgl. LG Kassel, a. a. O.), sondern auch für deren Austausch
einschlägig wäre (vgl. Voelskow, in: Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 4 HeizkostenVO
Rz. 3). Nach § 4 Abs. 2 1. Halbs. HeizkostenV hat der Vermieter die Räume mit
Ausstattungen zur Verbrauchserfassung zu versehen und der Nutzer dies zu dulden.
Dies gilt auch für die Beklagte. Dabei ist das Gericht auf eine Fehlerkontrolle beschränkt
und darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Klägerin setzen (vgl.
LG Hamburg, WuM 1990, 33). Davon ausgehend ist die Entscheidung der Klägerin zum
Austausch der bisherigen gegen die neuen funkgesteuerten Erfassungsgeräte
ermessensfehlerfrei erfolgt: Die in Rede stehenden neuen Geräte sind nicht nur durch
die HeizkostenV grundsätzlich zugelassen, sondern finden zudem wegen ihrer
vereinfachten Ablesung in den letzten Jahren gerichtsbekannt zunehmend Verbreitung.
Daneben hatte die Klägerin spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu
berücksichtigen, dass die übrigen Mieter im streitgegenständlichen Objekt einen
Austausch der Erfassungsgeräte bereits geduldet haben. Die Ausstattung muss für
diejenigen Nutzer, deren Verbrauch einheitlich abgerechnet werden soll, aber einheitlich
sein, wobei unterschiedliche Erfassungsgeräte wegen ihrer unterschiedlichen Technik
und Genauigkeit nicht miteinander kombiniert werden können. Demzufolge hätte die
Klägerin für den Fall des Verbleibs der bisherigen Verbrauchserfassungsgeräte in der
Wohnung der Beklagten jeweils nach § 5 Abs. 2 HeizkostenV eine Vorerfassung
durchführen müssen, um so die Anteile der jeweils gleich ausgestatteten Nutzergruppen
am Gesamtverbrauch zu ermitteln (vgl. Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und
Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Anhang I Rz. 37). Dies indes war ihr nicht zuzumuten, so
dass die Entscheidung zum Austausch der Erfassungsgeräte auch in der Wohnung der
Beklagten ermessensfehlerfrei war.
Dahinstehen konnte schließlich, ob das Ankündigungsschreiben der Klägerin vom 17.
November 2006 den Anforderungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV entspricht (vgl.
zu den im Einzelnen streitigen Folgen einer unzureichenden Mitteilung Langenberg, a. a.
O, Rz. 39 m. w. N.). Einer entsprechenden Mitteilung bedurfte es nämlich spätestens
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O, Rz. 39 m. w. N.). Einer entsprechenden Mitteilung bedurfte es nämlich spätestens
zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht (mehr), nachdem die Beklagte ernsthaft
und endgültig eine Duldung wegen der von ihr befürchteten Gesundheitsgefahren
verweigert und die Klägerin einen Austausch bei den übrigen Mietern bereits
vorgenommen hatte, § 281 Abs. 2 BGB analog.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Gründe, die Berufung
zuzulassen, bestanden nicht, § 511 Abs. 4 ZPO.
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