Urteil des AG Krefeld vom 14.02.2007

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Amtsgericht Krefeld, 4 C 305/06
Datum:
14.02.2007
Gericht:
Amtsgericht Krefeld
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 C 305/06
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen,
die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110
Prozent des vollstreckbaren Betrages vorläufig abzuwenden, wenn nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Geschäftsführer und teilweise Inhaber mehrerer Unternehmen, die
Internetportale entwickeln und vermarkten, er ist insbesondere im Bereich der
Suchmaschinen - Optimierung (SEO) tätig. Die Beklagte ist rechtlich verantwortlich für
die Internet-Domain OOO-OOOO.de.
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Unter dem 6.7.06 wurde unter der Internet-Adresse 0000://OOO-OOOO.de./
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OOOOOOOOO/.. der Text eingestellt: "Ausverkauf bei E..... N E verkauft sein komplettes
SEO Business...". Am 14.7.06 wurde unter derselben Internet-Adresse der folgende Text
eingestellt: " E Ausverkauf gescheitert". Für die Einzelheiten der Texte wird auf Blatt 3
Gerichtsakte verwiesen. Die Berichte waren verlinkt zu einem Angebot des Internets-
Auktionshauses F. Mit dem dortigen Verkaufsangebot hatte der Kläger aber nichts zu
tun.
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Wegen unwahrer Berichterstattung wurde die Beklagte mit Schreiben des
Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 6.9.05 abgemahnt und zur Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zum Anerkenntnis des Schadenersatzes
dem Grunde nach und zur Zahlung der Abmahnkosten aufgefordert. Mit anwaltlichem
Schreiben vom 12.9.06 wandte die Beklagte hiergegen ein, die Berichterstattung habe
sich auf eine andere Person mit dem Namen N. E bezogen. Gleichwohl wurde die
Unterlassungserklärung und ein Anerkenntnis für Schadenersatz dem Grunde nach
abgegeben. Die Beklagte zahlte eingehend bei den Prozessbevollmächtigten des
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Klägers am 19.9.06 Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von € 10.000,- in
Höhe von € 651,80. Eingehend am 26.9.06 erfolgte eine weitere Zahlung von € 208,-.
Der Kläger macht Kosten für die Abmahnung nach einem Gegenstandswert von €
100.000,- geltend mit € 2.069,03, abzüglich der bereits erhaltenen € 859,80.
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Er ist der Auffassung, das Amtsgericht L sei örtlich zuständig, weil die Veröffentlichung
auf der Internetseite der Beklagten überall und auch in L abrufbar gewesen sei. Der
Kläger sei aktiv legitimiert, weil er als Betroffener erkennbar sei. Die Beklagte sei
passivlegitimiert, denn sie sei für die unter OOO-OOOO.de. verbreiteten Inhalte
verantwortlich.
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Der Kläger behauptet weiter, der zu Grunde gelegte Wert entspreche seinem
wirtschaftlichen Interesse an der Verpflichtungserklärung, weil das Gesamtgeschäft
betroffen sei, zu dem mehrere Kapitalgesellschaften, die tausende Domains verwalteten
und betreuten gehörten. Die unwahre Behauptung sei geeignet gewesen, den Wert aller
seiner Unternehmen erheblich zu beeinträchtigen.
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Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen an ihn € 1.205,23 nebst
Zinsen in Höhe von 4% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
zahlen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte leugnet die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Sie bestreitet, dass
der Kläger im Bereich der Suchmaschinen - Optimierung geschäftlich tätig war oder ist
und dass er Geschäftsführer eines dort tätigen Unternehmens war oder ist. Sie leugnet
ihre Passivlegitimation mit der Begründung, die eingestellten Äußerungen stammten
von ihrem Geschäftsführer.
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Die Beklagte ist der Auffassung, der angesetzte Gegenstandswert sei übersetzt, weil der
Kläger in seiner privaten Dimension betroffen seien. Es sei allenfalls ein Wert von €
4.000,- angemessen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unzulässig und unbegründet.
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Das angerufene Gericht ist örtlich nicht zuständig. Eine Zuständigkeit ist insbesondere
nicht gegeben gemäß § 32 ZPO. Hiernach ist im Rahmen einer unerlaubten Handlung
das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Anerkannt
ist bei Auslegung der Vorschrift, dass sowohl der Begehungsort als auch der Erfolgsort
Gerichtsstand im Sinne der Vorschrift sein können. Als Erfolgsort ist nach Auffassung
des Gerichtes jeder Ort anzusehen, an dem der Geschädigte tatsächlich, sei es
unmittelbar oder mittelbar, von der Verletzungshandlung betroffen wird.
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Das erkennende Gericht ist aber nicht der Auffassung, dass Erfolgsort darüber hinaus
auch jeder Ort in der Bundesrepublik oder weltweit ist, an dem die Internet-
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Veröffentlichung abgerufen werden konnte. Der Kläger weist insoweit zwar zutreffend
darauf hin, dass die herrschende Rechtsprechung dies annimmt. Das erkennende
Gericht ist aber einer auch in jüngster Vergangenheit und obergerichtlich geäußerten
Rechtsauffassung folgend der Ansicht, dass die Annahme eines weltweit für den
Geschädigten wählbaren Gerichtsstandes gegen das Willkürverbot und das Gebot des
gesetzlichen Richters, Artikel 101 Grundgesetz verstößt (OLG D v. 17.10.02, OLGR
03,47).
Ein Erfolgsort ist danach nur anzunehmen, wenn der Geschädigte selbst am Ort des
Gerichtsstandes von der Veröffentlichung getroffen wird, zumindest mittelbar betroffen
ist, insoweit als bestimmte definierbare Dritte die Veröffentlichung zur Kenntnis nehmen
und hierdurch veranlasst in einer sich auf den Geschädigten auswirkenden Weise
reagieren. Die bloße Möglichkeit, dass jemand am Ortes angerufenen Gericht die
Veröffentlichung zur Kenntnis nehmen und sich in einer für den Geschädigten
relevanten Weise verhalten könnte, stellt keinen tatsächlichen Erfolg im Sinne des § 32
ZPO dar. Eine weiter ausdehnende Auslegung des Wortlauts ist in Anbetracht der
Verletzung gesetzlicher Prinzipien nicht gerechtfertigt.
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Vorliegend hat der Kläger weder geltend gemacht, dass er selbst die Veröffentlichung in
L zur Kenntnis genommen hat, noch dass ein bestimmter Dritter in einer für ihn
relevanten Weise Kenntnis genommen und entsprechend reagiert hat.
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Die Klage ist aber auch unbegründet.
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Zwar hat das Gericht gegen die Aktivlegitimation des Klägers und die Passivlegitimation
der Beklagten - auch in Hinblick auf die Zahlungen der Beklagten - keine Bedenken.
Der Kläger hat aber nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass ihm ein Schaden in
der geltend gemachten Höhe entstanden ist, weil sein wirtschaftliches Interesse an der
begehrten Verpflichtungserklärung mit € 100.000,- zu bemessen sei. Obwohl die
Beklagte vorprozessual und im Verfahren den vom Kläger gewählten Gegenstandswert
als übersetzt gerügt und einen Wert von nur € 10.000,- beziehungsweise € 4.000,- für
angemessen erachtet hat, hat der Kläger seinen Ansatz nicht näher substantiiert. Er hat
keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die es dem Gericht ermöglichen würden,
den Ansatz der Höhe nach nachzuvollziehen.
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Es fehlen hierfür Angaben dazu, wie der Wert des klägerischen "Business" zu
bemessen sein könnte. Hierfür sind zunächst die betroffenen Unternehmen nicht
benannt, es ist für sie weder einen Bestands- noch ein Ertragswert beziffert. Auch fehlt
eine Angabe zum Umsatz der Unternehmen. Gerade eine solche Angabe kann aber ein
- erforderlicher- Anhaltspunkt für den wirtschaftlichen Wert des Unternehmens und damit
auch für den Wert der Beeinträchtigung sein (Hanseatisches OLG, 5 W 77/06).
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Nach dem Vortrag des Klägers ist es möglich, dass der gesamte wirtschaftliche Wert
seiner Unternehmen (etwa bei drei bis vier GmbHs, deren Wert das
Mindeststammkapital nicht übersteigt) € 100.000,- nicht übersteigt. Das Interesse
gegenüber der Beeinträchtigung ist häufig nicht mit mehr als 10 Prozent des gesamten
Unternehmenswertes anzusetzen. Der Ansatz der Beklagten ist danach nicht fern
liegend. Da sie auf das Problem der Bemessung hingewiesen hatte, war es nicht Sache
des Gerichts, den Kläger zu einer näheren Substantiierung aufzufordern.
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Die Entscheidung über die Kosten ergeht gemäß § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gegenstandswert: € 1.205,23
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I
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Richterin am Amtsgericht
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Amtsgericht L
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In dem Rechtsstreit
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wird der Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts L vom 14.02.2007 gemäß § 320 ZPO
dahingehend berichtigt, dass im Tatbestand Absatz 1 Satz 1 der Text wie folgt lautet:
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Der Kläger nimmt für sich in Anspruch, Geschäftsführer und teilweise Inhaber mehrerer
Unternehmen, die Internetportale entwickeln und vermarkten zu sein und dabei
insbesondere im Bereich der Suchmaschinen - Optimierung (SEO) tätig zu sein.
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L, 29.03.2007
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Amtsgericht
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I
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Richterin am Amtsgericht
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