Urteil des AG Krefeld vom 28.02.2007

AG Krefeld: vollkasko, ersatzfahrzeug, firma, anschluss, abrechnung, erfüllung, aktivlegitimation, druck, mahnung, gleichwertigkeit

Amtsgericht Krefeld, 4 C 314/06
Datum:
28.02.2007
Gericht:
Amtsgericht Krefeld
Spruchkörper:
Familiengericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 C 314/06
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.108,74 nebst Zinsen
in Höhe von
8 % über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2006 sowie vorgerichtliche
Kosten in
Höhe von insgesamt € 81,91 zu zahlen.
2. Wegen der weitergehenden Nebenforderungen wird die Klage
abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird
nachgelassen, die Zwangs-
vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des
vollstreck-
baren Betrages vorläufig abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der
Voll-
streckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Am 00.00.00 ereignete sich in L ein Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des T. H., ein
Pkw Nissan, von der Versicherungsnehmerin der Beklagten Frau G2. Q. beschädigt
wurde. Die Parteien sind darüber einig, dass zwischen den Unfallbeteiligten die
Beklagte und ihre Versicherungsnehmerin in vollem Umfang für den Schaden haften.
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Der Geschädigte H. mietete am Unfalltag, dem 0.00.00, bei der Klägerin ein
Ersatzfahrzeug an. Das Vertragsformular enthält den Vermerk "Unfallersatz". Die
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Anmietung beinhaltet eine Kaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von € 1.000,-
pro Schadensfall. Mit schriftlicher Sicherungsabtretung vom gleichen Tag trat der
Geschädigte der Klägerin seine Ansprüche aus dem Unfall ab. In der vorformulierten
Erklärung heißt es: "meine/unsere persönliche Haftung für die Ersatzwagen, Reparatur
und sonstigen Kosten bleiben durch die Abtretung unberührt. Für die Geltendmachung
meiner/unserer Schadenersatzansprüche werde(n) ich/wir selbst sorgen... Die
Zessionarin ist nicht berechtigt, die abgetretenen Schadenersatzansprüche geltend zu
machen, bevor sie den Zedenten erfolglos zur Zahlung aufgefordert hat." Für den
weiteren Inhalt wird auf Blatt 18 Gerichtsakte verwiesen.
Die Beklagte setzte sich am 0.00.00 mit dem Geschädigten in Verbindung, um ihm ein
günstigeres Angebot zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu unterbreiten. Die Klägerin
rechnete unter dem 0.0.00 die Anmietung des Fahrzeugs für insgesamt 17 Tage zu
einem Preis von € 1.125,52 zuzüglich der Kosten für Vollkasko-Versicherung mit €
278,45 zuzüglich der Kosten für Zusatzfahrer mit € 17,25 und für die Zustellung des
Fahrzeugs mit € 27,59 ab. Zuzüglich der Mehrwertsteuer ergab sich ein Betrag von €
1.680,72. Die Beklagte leistete unter dem 00.0.00 hierauf € 571,88. Die Klägerin forderte
den Geschädigten danach erfolglos zur Zahlung des Restbetrages auf.
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Die Klägerin trägt vor, dem Geschädigten sei, da er nicht über eine Kreditkarte verfügt
habe, unmittelbar nach dem Unfall ein günstigerer Tarif nicht zugänglich gewesen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.108,74 nebst 9,5 % Zinsen hieraus seit
dem 0.0.00 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 127,44 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte leugnet eine wirksame Sicherheitsabtretung der Forderung an die Klägerin
und deren Aktivlegitimation. Sie ist der Auffassung, die Klägerin werde zur Besorgung
einer fremden Rechtsangelegenheit tätig.
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Die Beklagte trägt vor, der Geschädigte habe gegen seine Schadensminderungspflicht
verstoßen, ihm sei bereits am 0.00.00 angeboten worden, dass er durch Vermittlung der
Beklagten bei der Firma G2. ein klassengleiches Fahrzeug zum Preis von € 29,-/€ 44,-
kalendertäglich anmieten könne. Die Abrechnung nach dem Unfallersatztarif der
Klägerin sei nicht gerechtfertigt, allenfalls käme der Ansatz des Normaltarifes und der
Mietwagenklasse 4 bei Selbstabholung des Fahrzeugs in Betracht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Klägerin kann von der
Beklagten gemäß § 7 Absatz 1,17 Absatz 2 StVG, 3 Pflichtversicherungsgesetz,
249,398 BGB die Zahlung der weiteren geltend gemachten Mietwagenkosten, die im
Anschluss an den Unfall vom 0.00.00 angefallen sind, verlangen.
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Die Klägerin ist zur Geltendmachung des Anspruchs aktivlegitimiert. Die
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formularmäßige Abtretung des Ersatzanspruchs durch den Geschädigten H vom 0.00.00
ist wirksam, sie verstößt nicht gegen Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH in VersR 06, 283) bedarf ein
Mietwagenunternehmen, dass es geschäftsmäßig übernimmt, für Unfallgeschädigte die
Schadensregulierung durchzuführen, einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1
Rechtsberatungsgesetz. Etwas anderes gilt nur, um wenn es dem
Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum geht, die durch die Abtretung
eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen und damit eine eigene Angelegenheit zu
besorgen. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall festzustellen. Für die Besorgung einer
eigenen Angelegenheit spricht, wenn der Unfallgeschädigte lediglich die Forderung auf
Mietwagenkosten und nicht sämtliche Ersatzforderungen abgetreten hat, wenn nach den
Abtretungsbedingungen der Geschädigte selbst verpflichtet bleibt und wenn das
Mietwagenunternehmen tatsächlich zunächst versucht hat, die Erfüllung des
vertraglichen Anspruchs von dem Geschädigten zu erhalten.
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Die Würdigung der Umstände des vorliegenden Fall ergibt, dass die Klägerin keine
fremde, sondern eine eigene Angelegenheit besorgt. Zwar hat der Geschädigte
vorliegend nahezu sämtliche Ersatzansprüche aus dem Unfallereignis an die Klägerin
abgetreten, dies ist der Höhe nach aber begrenzt worden auf den Anspruch des im
Mietwagenunternehmens gegen ihn selbst. Nach den Vertragsbedingungen bleibt der
Geschädigte auch weiterhin zur Geltendmachung seiner Ansprüche berechtigt und
verpflichtet. Die Klägerin hat schließlich - unstreitig - den Geschädigten nach Eingang
der Teilzahlung vergeblich aufgefordert, den Restbetrag zu zahlen.
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Der Anspruch ist auch der Höhe nach begründet. Der Geschädigte H. verstieß im
Rahmen seines Schadenersatzanspruchs nach § 249 BGB nicht gegen die
Verpflichtung, von mehreren gleichwertigen Möglichkeiten die günstigste zur
Schadensbeseitigung zu wählen. Die Beklagte weist hierzu zutreffend darauf hin, dass
der Geschädigte seine Pflicht, den Schaden gering zu gehalten, nach höchstrichterlicher
Rechtsprechung nur dann erfüllt, wenn er Vergleichsangebote eingeholt und von
mehreren gleichwertigen Angeboten das günstigste auswählt ( BGH in NJW 06 1506
G2). Dies hat die Klägerin für den Geschädigten aber nicht dargetan.
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Anerkannt ist jedoch im weiteren, dass der Geschädigte bei einem Verstoß gegen die
Schadensminderungspflicht den Ersatz beanspruchen kann, die ihm bei
pflichtgemäßem Vorgehen zustehen würde. Als Maßstab für die pflichtgemäß ermittelten
und somit ersatzfähigen Kosten sind die in der Schwacke - Liste als Normaltarif im
gewichteten Mittel für den Postleitzahl - Bereich des Geschädigten aufgeführten Beträge
anerkannt (BGH in NJW 06, 2106 G2). Sie stellen danach den allgemein akzeptierten
Maßstab der Ersatzpflicht dar, wenn der Geschädigte durch Vereinbarung eines
Unfallersatztarifs oder aus anderen Gründen höhere Kosten verursacht hat.
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Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Schwacke - Liste für das Postleitzahlgebiet
des Geschädigten 000 bei der von der Beklagten anerkannten Fahrzeuggruppe 4 einen
Tagesbetrag von € 84,- brutto vorsieht. Hinzu kommen die Kosten für die Vollkasko-
Versicherung, die nach der Schwacke Liste bei Fahrzeuggruppe 4 täglich € 19,- brutto
betragen. Eine Ersatzpflicht dieser Kosten ist bei Anmietung von - regelmäßig
neuwertigen - Ersatzfahrzeugen unproblematisch. Ebenso ist die Vereinbarung des
Tagestarifs bei der Inanspruchnahme nach einem Unfall regelmäßig nicht zu
beanstanden, weil in diesen Fällen die Dauer der erforderlichen Anmietung nicht von
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vornherein feststeht. Dass vorliegend ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist
nicht substantiiert dargetan.
Bei einer Mietzeit von 17 Tagen ergibt sich nach der Schwacke - Liste ein ersatzfähiger
Betrag von € 1.751,- inklusive Mehrwertsteuer. Der Betrag liegt damit geringfügig über
dem von der Klägerin insgesamt für die Mietdauer geltend gemachten Betrag. Auch der
Ansatz der Kosten für die Verbringung des Fahrzeugs und für einen zweiten Fahrer
entsprechend der Rechnung vom 0.0.00 ist nicht zu beanstanden. Kosten der
Verbringung gehören regelmäßig zu den ersatzfähigen Kosten und Aufwendungen nach
Unfall. Ob der Ansatz eines Unfallersatztarifs gerechtfertigt wäre, kann deshalb
dahinstehen, weil die von der Klägerin berechneten Kosten den nach dem Normaltarif
der Schwacke - Liste errechneten Betrag bereits unterschreiten.
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Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Verpflichtung, den Schaden so gering wie
möglich zu halten, ist vorliegend auch nicht konkret anzunehmen, wenn - wie die
Beklagte behauptet - der Geschädigte bereits am 0.00.00 telefonisch darauf
hingewiesen wurde, dass er bei der Firma G2 ein klassengleiches Fahrzeuge für € 29,-
oder € 44,- kalendertäglich anmieten könne. Der Geschädigte kann zwar grundsätzlich
gehalten sein, ein konkretes, günstigeres Angebot der gegnerischen Versicherung
anzunehmen. Das Gericht hält eine solche Vorgehensweise der Versicherung, frühzeitig
und kostengünstig dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug anzubieten, für durchaus
sachgerecht, um die Mietwagenkosten zu senken. Eine Verpflichtung des Geschädigten
zur Annahme eines solchen Angebotes kann jedoch nur bestehen, wenn der
Geschädigte unzweifelhaft erkennen kann, dass das angebotene Fahrzeug nicht nur
hinsichtlich der Klasse sondern auch in Hinblick auf die sonstigen
Vertragsbedingungen, etwa hinsichtlich des Versicherungsschutzes, dem bereits
angemieteten oder zur Anmietung beabsichtigten Fahrzeugs gleich steht.
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Ist bereits - wie hier - ein Fahrzeug angemietet worden, so muss der Geschädigte weiter
sicher davon ausgehen können, dass ihm durch die Anmietung des weiteren,
günstigeren Fahrzeugs weder ein tatsächlicher noch ein finanzieller Doppelaufwand
entsteht oder die gegnerische Versicherung jedenfalls bereit ist, einen eventuellen
Doppelaufwand zu tragen. Der bloße Hinweis auf einen anderen, günstigeren
Autovermieter ist jedenfalls nach erfolgter Anmietung nicht ausreichend. Vorliegend hat
die Beklagte aber nach ihrem Vortrag den Geschädigten weder über die weitere
Gleichwertigkeit des Angebot informiert noch hinsichtlich eines eventuellen
Mehraufwandes eine Übernahme zugesagt.
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Der Zinsanspruch ist gemäß § 288 Absatz 2 BGB in Höhe von 8% über dem
Basiszinssatz begründet. Ein Schaden durch die Inanspruchnahme höheren Zinses ist
nicht belegt worden.
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Vorgerichtliche Kosten hat die Beklagte zu tragen gemäß §§ 280, 286 BGB in Höhe von
€ 5,- für die Mahnung der Klägerin sowie in Höhe von € 76,91 für die Geltendmachung
der Forderung durch ein Drittunternehmen. J sind nur insoweit begründet, als sie durch
die Einschaltung eines Rechtsanwalts und die dann angefallenen, nicht anrechenbaren
Kosten entstanden wären. Diese sind zu berechnen mit € 85,- mal 0,65 +20%+16 %. Ein
Ersatzanspruch für weitere Kosten besteht nicht, weil die Beklagte sich bereits vor der
Beauftragung des Inkassounternehmens begründet gegen eine weitere Zahlung
gewehrt hat. Dass gerade eine Versicherung, die nach Prüfung eine weitere Leistung
abgelehnt hat, auf den Druck eines Inkassounternehmens hin zahlen würde, ist
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regelmäßig nicht anzunehmen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 Absatz 2 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11,711 ZPO.
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Streitwert: € 1.108,74
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(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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