Urteil des AG Krefeld vom 02.11.2006

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Amtsgericht Krefeld, 2 C 187/06
Datum:
02.11.2006
Gericht:
Amtsgericht Krefeld
Spruchkörper:
Zivil
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 C 187/06
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, P Zustimmung des
Klägers E-Mails mit werbendem Inhalt an die E-Mail-Adresse des
Klägers "####@##.##" zu senden.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Unterlassungsgebot
wird dem Beklagten die Verhängung von Ordnungsgeld jeweils bis zu
250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten
angedroht.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 165,71 € nebst Zinsen
in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
06.05.2006 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3000,00 € vorläufig
vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger begehrt von dem Beklagten das Unterlassen der Zusendung unerwünschter
E-Mails mit werbendem Inhalt.
2
Der Kläger unterhält die E-Mail-Adresse "####@##.##". Der Beklagte betreibt als
Unternehmer die Internetseite "www.i.com".
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Am 00.00.0000 kaufte der Kläger über die Internetplattform f bei dem Beklagten einen
Akku für Mobiltelefone. Bei der Registrierung dieser Internetplattform hatte der Kläger
am 00.00.0000 den damals gültigen allgemeinen Geschäftsbedingungen der f J AG
(Anlage 4, Bl. 18 ff. der Akten) zugestimmt. Darin heißt es unter § 8 u.a.:
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"3. Kommt es auf der f-Website zu einem Vertragsschluss zwischen Mitgliedern, teilt f
den Mitgliedern die zur wechselseitigen Kontaktaufnahme erforderlichen Daten mit. ....
7. Es ist f-Mitgliedern untersagt, die durch die Nutzung des f-Marktplatzes erhaltenen
Adressen, Kontaktdaten und E-Mail-Adressen für andere Zwecke als die vertragliche
und vorvertragliche Kommunikation zu nutzen. Insbesondere ist es untersagt, mit diesen
Daten kommerzielle Werbung zu be- treiben oder unerwünscht Werbung zuzusenden
(Spam)."
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Über einen Link auf dem f-Shop des Beklagten sah der Kläger auch die allgemeinen
Geschäftsbedingungen des Beklagten (Anlage 3, Bl. 13 ff. der Akten) ein. Darin heißt es
u.a.:
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"Hinsichtlich des Vertragsabschlusses unter f gelten die für den Kunden dort
einsehbaren AGB von f."
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Nach Abwicklung des über f geschlossenen Kaufvertrages erhielt der Kläger von dem
Beklagten unter seiner E-Mail-Adresse "n.t.nt@imail .de", welche dem Beklagten zum
Zwecke der Abwicklung des f-Kaufvertrages mitgeteilt worden war, in unregelmäßigen
Abständen umfangreiche Emails mit werbendem Inhalt, nämlich am 08.08.0000, am
00.00.0000, am 00.00.0000 und am 00.00.0000 (Anlage 6, Bl. 26 ff. der Akte).
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Diese Werbe-E-Mails enthielten neben Angaben zum Absender auch einen Link zum
Abbestellen des "Newsletters" sowie folgende Passage:
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"Sie haben diesen Newsletter erhalten, weil Sie entweder Ware über unseren
Online-Shop oder bei f bestellt haben oder sich in unseren Newsletter
eingetragen haben. Wir sind aus- drücklich gegen Spam! Wenn Sie unsere E-
Mail News nicht mehr erhalten möchten, finden Sie am Ende dieser Nachricht
die Möglichkeit den Newsletter abzubestellen."
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Der Kläger klickte den zum Abbestellen vorgesehen Button nicht an. Mit anwaltlichem
Schreiben vom 00.00.0000 (Anlage 7, Bl. 35 ff. der Akten) forderte der Kläger den
Beklagten auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich des Zusendens
von E-Mails mit werbendem Inhalt abzugeben sowie die Rechtsanwaltsgebühren in
Höhe von 308,21 EUR zu begleichen. Der Beklagte reagierte hierauf nicht.
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Nach Zustellung der Klageschrift im vorliegenden Verfahren entfernte der Beklagte die
E-Mail-Adresse des Klägers aus seiner Verteilerliste für Werbe-E-Mails.
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Der Kläger trägt vor, er habe den "Newsletter" des Beklagten zu keinem Zeitpunkt
bestellt und auch nicht der Zusendung von Werbe-E-Mails zugestimmt. Den in den
Werbemails des Beklagten vorgesehenen Button zum Abbestellen habe er nicht
angeklickt, weil die Gefahr bestehe, dass mit der Betätigung dieses Buttons nur die
Gültigkeit seiner E-Mail-Adresse bestätigt werde mit der Folge, dass die Belästigung mit
Spams noch zunehme.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, 1. bei Meidung eines für jeden Fall
der Zuwider- handlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
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250.000,00 EUR, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben
werden kann, von Ordnungs- haft, oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, es zu unterlassen, P Zustimmung des Klägers E-Mails mit
werbendem Inhalt an die E-Mail- Adresse des Klägers
"####@##.##" zu senden, 2. an den Kläger 165,71 EUR nebst fünf
Prozent- punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, der Kläger habe den Newsletter erhalten, weil er diesen selbst bestellt habe.
Hätte der Kläger die vorgesehene Möglichkeit zum Abbestellen des Newsletters
betätigt, so hätte dies lediglich dazu geführt, dass der Newsletter nicht mehr an den
Kläger verschickt worden wäre. Eine weitere Nutzung der E-Mail-Adresse des Klägers
wäre nicht eingetreten.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassen des Zusendens
von E-Mails mit werbendem Inhalt aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB.
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Durch die mehrfach erfolgte Zusendung solcher E-Mails mit werbendem Inhalt hat der
Beklagte das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, welches durch die
vorbezeichneten Vorschriften geschützt wird, verletzt. Wenn die Zusendung werbender
E-Mails über eine hinzunehmende bloße Belästigung hinaus geht, kann sie nämlich die
Privatsphäre einer Privatperson, welche Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist,
verletzen (vgl. Palandt/Sprau, § 823 BGB, Randnummer 117; Landgericht C NJW 1998,
3208). So liegt der Fall hier. Auch wenn die E-Mails des Beklagten nur in
unregelmäßigen Abständen an den Kläger versandt wurden und ausweislich der
Betreffzeile schnell als Werbung erkannt werden konnten und E-Mails grundsätzlich mit
minimalem Zeitaufwand gelöscht werden können und der Kläger auch nicht vorgetragen
hat, dass der Erhalt oder das Löschen dieser E-Mails ihm Kosten verursacht hätte, so
beeinträchtigte doch das Versenden dieser Werbe-E-Mails das Privatleben des Klägers.
Beim Abrufen der E-Mails, die er unter seiner E-Mail-Adresse erhalten hatte, war der
Kläger nämlich gezwungen, die Werbemails des Beklagten zumindest zur Kenntnis zu
nehmen und eine Entscheidung darüber zu treffen, ob er diese lesen oder ungelesen
löschen wollte. Die Werbemails des Beklagten bargen zudem die Gefahr, dass die
Übersichtlichkeit der eingegangenen E-Mails verloren ging. Das von dem Kläger zu
privaten Zwecken angelegte E-Mail-Konto hatte nicht länger den von ihm gewünschten
kleinen privaten Umfang, sondern wurde mehrfach von dem Beklagten zu
kommerziellen Zwecken verwendet. Darin liegt eine Beeinträchtigung der Privatsphäre
des Klägers, denn das Recht zu entscheiden, in welchem Umfang sein E-Mail-Account
genutzt und angeschrieben werden darf, steht dem Kläger zu.
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Daran ändert der Umstand, dass die Werbemails des Beklagten jeweils einen Button
zum Abbestellen enthielten, nichts. Die Übersendung einer Bitte um Austragen aus der
Verteilerliste bewirkt, dass der Nutzer der E-Mail-Adresse zu
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erkennen gibt, dass es sich um eine aktive Adresse handelt und die an die Adresse
gerichteten Mitteilungen gelesen werden. Die Betätigung dieses Abmelde-Buttons ist
dem Kläger als Empfänger der Werbemails des Beklagten nicht zumutbar, da der Kläger
nicht erkennen kann, ob der Beklagte als Absender der Werbemails die E-Mail-Adresse
des Klägers, von der aus eine Abbestellung des Newsletters erfolgt, weiterleiten wird.
Aus der Sicht des Empfängers (hier des Klägers) besteht zumindest diese Gefahr der
Weiterleitung mit der Folge, dass im Ergebnis noch mehr Werbemails auch anderer
Absender an die E-Mail-Adresse des Klägers gesandt werden. Unerheblich ist, dass der
Beklagte im vorliegenden Prozess vorgetragen hat, dass er die E-Mail-Adresse des
Klägers im Falle der Betätigung des Abbestell-Buttons nicht weiter verwendet hätte.
Dies konnte der Kläger nicht erkennen, selbst auf die bloße Gefahr musste er sich nicht
einlassen.
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Dass der Kläger mit der Zusendung des Newsletters des Beklagten einverstanden
gewesen wäre und deshalb die Zusendung der Werbe-E-Mails zu dulden hätte, ist nicht
festzustellen. Der Beklagte hat zwar behauptet, der Kläger habe den Newsletter selbst
bestellt, die Zusendung sei nicht auf den f-Kauf zurückzuführen. Der Beklagte hat jedoch
nicht in hinreichend substantiierter Art und Weise dargetan, wann und wie der Kläger
sich für den Newsletter angemeldet haben soll. Auch fehlt ein Beweisantritt des insoweit
beweisbelasteten Beklagten für die durch den Kläger aufgegebene Bestellung des
Newsletters
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ist allein aus dem Umstand, dass zwischen
dem über f getätigten Kauf und der ersten von dem Kläger vorgetragenen Werbemail
über ein Jahr lag, nicht der zwingende Schluss darauf zu ziehen, dass der Kläger sich
zwangsläufig in der Zwischenzeit für den Newsletter des Beklagten angemeldet haben
muss. Der Beklagte hat auch gar nicht vorgetragen, ob es den Newsletter zum Zeitpunkt
des über f geschlossenen Kaufvertrages zwischen den Parteien überhaupt schon gab
oder ob dieser vielleicht erst zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt worden und dann
an alle aus der Vergangenheit bekannten E-Mail-Adressen geschickt worden ist.
Mangels entsprechenden Vortrages kann dies nicht ausgeschlossen werden. Zudem ist
bereits aus dem Inhalt der Newsletter selbst ersichtlich, dass eine Eintragung für den
Newsletter durch den Empfänger selbst nicht die einzige mögliche Veranlassung der
Zusendung des Newsletters ist. Es heißt dort nämlich, der Empfänger habe den
Newsletter erhalten, weil er entweder Ware über den Online-Shop oder bei f bestellt
habe oder sich in den Newsletter eingetragen habe. Eine Bestellung bei f als Ursache
für die Aufnahme in die Verteilerliste für den Newsletter ist darin also ausdrücklich
genannt.
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Die für einen Unterlassungsanspruch nach den eingangs genannten Vorschriften
erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Aufgrund des mit der wiederholten
Zusendung von Werbemails bereits eingetretenen Verstoßes wird die
Wiederholungsgefahr vermutet. Der Umstand, dass der Beklagte unbestritten
vorgetragen hat, er habe nach Erhalt der Klageschrift die E-Mail-Adresse des Klägers
aus der Verteilerliste gelöscht, genügt nicht für den Fortfall der Wiederholungsgefahr. An
einen solchen Fortfall sind nämlich strenge Anforderungen zu stellen. In der Regel ist
die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich, welche der
Beklagte jedoch trotz vorprozessualer anwaltlicher Aufforderung durch den Kläger
gerade nicht abgegeben hat. P eine solche strafbewehrte Unterlassungserklärung
könnte die E-Mail-Adresse des Klägers jederzeit folgenlos durch den Beklagten wieder
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in die Verteilerliste aufgenommen werden.
Der Kläger hat gegen den Beklagten ferner auch einen Anspruch auf Erstattung der
vorprozessualen Rechtsanwaltsgebühren, soweit diese nicht auf die Gebühren des
vorliegenden Rechtsstreits anzurechnen sind. Dieser Anspruch folgt aus § 823 Abs. 1
BGB, denn der Beklagte hat - wie bereits ausgeführt - durch das Zusenden der Werbe-
E-Mails das durch diese Vorschrift geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des
Klägers verletzt, wodurch die Inanspruchnahme der Hilfe eines Rechtsanwalts
erforderlich wurde, welche mit Kosten verbunden war. Den nicht anrechenbaren Teil der
vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren hat der Kläger zutreffend mit 165,71 EUR
beziffert.
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Der diesbezügliche Schadenersatzanspruch des Klägers besteht auch in Form des
geltend gemachten Zahlungsanspruches, nicht lediglich in Form eines
Freistellungsanspruches. Zwar hat der Beklagte zunächst bestritten, dass der Kläger die
vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seiner jetzigen Prozessbe-
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vollmächtigten tatsächlich bezahlt habe. Jedoch hat daraufhin der Kläger mit Schriftsatz
vom 00.00.0000 als Anlage 3 (Bl. 80 der Akten) eine Kopie der mit einem Zahlvermerk
versehenen Honorarnote zu den Akten gereicht. Hierzu hat der Beklagte nicht mehr
Stellung genommen, so dass angesichts des von dem Beklagten nicht mehr bestrittenen
Zahlvermerks die tatsächlich erfolgte Zahlung durch den Kläger als nunmehr unstreitig
anzusehen ist.
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Der Zinsanspruch ist in der zuerkannten Höhe aus § 291 BGB seit dem Datum der
Zustellung der Klageschrift (00.00.0000) gerechtfertigt.
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Die Androhung von Ordnungsmitteln folgt aus § 890 Abs. 1 und 2 ZPO.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
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Streitwert: bis 3.500,00 EUR
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K l a p p r o t t
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