Urteil des AG Köpenick vom 14.03.2017

AG Köpenick: fristlose kündigung, wohnung, dach, treppenhaus, besitz, provisorisch, firma, klagerücknahme, ermessen, vollstreckung

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Gericht:
AG Köpenick
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 C 288/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 152 ZVG, § 161 Abs 3 ZVG, §
535 BGB
Wohnraummiete: Instandsetzungsanspruch gegen den
Zwangsverwalter
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, folgende Mängel der Wohnung, ... 3. OG Mitte und rechts,
zu beseitigen:
a) das komplette Dach über der Wohnung ist nur provisorisch mit Planen
verschlossen, die zum Teil eingerissen sind, so dass es in die Wohnung hineinregnet und
die Wohnung nicht gegen Kälte isoliert ist,
d) die Wohnungsfenster sind von außen nicht eingeputzt,
g) im Treppenhaus fällt der Putz von der Decke.
Im übrigen wird die Feststellungsklage hinsichtlich der Ziffer 1 b) und 1 c)
(Türschwellen) abgewiesen.
2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über
die Wohnung S straße ..., ... B, nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 30.
September 2005 beendet wurde, sondern unbefristet fortbesteht.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist aufgrund des mit der Beklagten als Zwangsverwalterin abgeschlossenen
Mietvertrages vom 11.8.2004 seit dem 15.8.2004 Mieterin einer Wohnung im obersten
Geschoss des Hauses B. Die Parteien vereinbarten eine monatliche Gesamtmiete in
Höhe von 593,26 EUR. Ein Mieterkeller wurde der Klägerin bei Vertragsschluss nicht
zugewiesen. Das Dach des Hauses ist zu großen Teilen mit Baufolie abgedeckt, die
zeitweise erneuert wird und teilweise durch Bitumenbahnen ersetzt wurde.
Zumindest drei Wohnungsfenster sind von außen nicht eingeputzt.
Am 29.9.2004 hat die Firma "P" auf Betreiben der Beklagten ein Kostenangebot für die
Instandsetzung der Wohnungseingangstür, der Scheuerleisten und der Türschwellen
erstellt, der Instandsetzungsauftrag wurde der Firma am 12.4.2005 erteilt.
Im Oktober 2004 unterzahlte die Beklagte die Miete um 198,60 EUR.
Mit Schreiben vom 17.3.2005 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Mängelliste,
mit der Aufforderung, diese zu beseitigen. Ferner kündigte die Klägerin Mietminderungen
an.
Mit Schreiben vom 11.7.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass es nunmehr
durch das offene Dach in die Wohnung hineinregne.
Am 30.9.2005 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis fristlos wegen
Zahlungsverzuges. Wegen der Einzelheiten der Zahlungsrückstände wird auf die
Kündigung vom 30.9.2005 Bezug genommen.
Auf die Septembermiete zahlte die Klägerin am 4.10.2005 424,06 EUR.
Ab Dezember 2005 nutzt die Klägerin einen Keller im Hause.
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Vor dem 6.1.2006 ließ die Klägerin die Wohnungstür abdichten und die Türschwellen in
der Wohnung anbringen.
Am 10. und 11.1.2006 wurden die Scheuerleisten in der Wohnung der Klägerin im
Auftrag der Beklagten angebracht.
Im März 2006 erfolgte im Auftrag der Beklagten die Erneuerung der losen und defekten
Fußbodenfliesen im Bad der Klägerin.
Die Klägerin behauptet, durch das provisorisch abgedeckte Dach dringe Feuchtigkeit in
ihre Wohnung, alle Fenster ihrer Wohnung seien von außen nicht eingeputzt und im
Treppenhaus falle der Putz von der Wand.
Die Klägerin behauptet weiter, die Miete November 2004 sei zur Hälfte, die Mieten
Februar und Juni 2005 seien vollständig gezahlt worden.
Die am 23.11.2005 bei Gericht eingegangene Klage wurde der Beklagten am 20.1.2006
zugestellt.
Nach Klagerücknahme des Antrages zu 1 f) und übereinstimmender
Hauptsachenerledigung zu 1 c) (Scheuerleisten) und 1 e)
beantragt die Klägerin nunmehr noch,
1. Die Beklagte zu verurteilen, folgende Mängel in der Wohnung S straße ...,
... B, 3. OG Mitte und rechts zu beseitigen
a) das komplette Dach über der Wohnung ist nur provisorisch mit Planen
verschlossen, die zum Teil eingerissen sind, so dass es in die Wohnung hineinregnet und
die Wohnung nicht gegen Kälte isoliert ist,
d) die Wohnungsfenster sind von außen nicht eingeputzt,
g) im Treppenhaus fällt der Putz von der Decke.
Ferner festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache bezüglich der
Anträge zu 1 b) und c) (Türschwellen) erledigt ist.
2. Festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis
über die Wohnung S straße ..., ... B, nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten
vom 30. September 2005 beendet wurde, sondern unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei zu Beginn des Mietverhältnisses auf die
Notabdeckung des Daches hingewiesen worden.
Die Klägerin habe die Instandsetzungsarbeiten für die Wohnungseingangstür, die
Scheuerleisten und die Türschwellen durch mangelnde Terminabsprachen vereitelt.
Mit Herrn T habe die Klägerin vereinbart, nach der Entrümplungsaktion in den Kellern,
selbständig einen Keller in Besitz zu nehmen, am 12.12.2005 habe sie bereits einen
Keller im Besitz gehabt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist überwiegend begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Instandsetzung des Daches, der Wohnungsfenster
und des Treppenhauses gemäß § 535 Absatz 1 BGB.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin die Notabdeckung des Daches bei
Vertragsbeginn bekannt war, denn der Instandsetzungsanspruch besteht unabhängig
von der eventuellen Kenntnis des Mangels (vergl. Palandt, 64. Auflage, § 536 b Rd-Nr. 2).
Das Vorhandensein des Mangels ist durch die Klägerin anhand von eindrucksvollen Fotos
dargelegt worden. Die Fotos machen deutlich, dass die Bauplanen entgegen dem
Vortrag der Beklagten gerade nicht regelmäßig erneuert werden, denn sie hängen teils
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Vortrag der Beklagten gerade nicht regelmäßig erneuert werden, denn sie hängen teils
lose, teils zerrissen herunter. Dass es durch den Zustand des Daches zu
Feuchtigkeitserscheinungen in der von der Klägerin bewohnten oberen Wohnung kommt,
ergibt sich bereits von selbst und ist ebenfalls durch Fotos belegt.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf fehlende Mittel berufen, denn der
Instandsetzungsanspruch, als vertraglicher Hauptanspruch, obliegt auch in vollem
Umfang dem Zwangsverwalter als Vermieter. Im übrigen ist die Beklagte befugt, die
Aufhebung des Verfahrens gemäß § 161 Absatz 3 ZVG zu verlangen, wenn die Gläubiger
notwendige Geldbeträge für besondere Aufwendungen nicht vorschießen.
Durch die von der Klägerin eingereichten Fotos ist ebenfalls belegt, dass über die von
der Beklagten eingeräumten drei Fenster hinaus, ebenfalls Instandsetzungsbedarf für
die restlichen Wohnungsfenster besteht. Gleiches gilt für den Instandsetzungsanspruch
des Treppenhause, die eingereichten Fotos machen deutlich, dass nicht nur
Abplatzungen des Anstrichs vorliegen, sondern der Putz bereits großflächig abgefallen
ist.
Der gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet. Das
Mietverhältnis der Parteien ist nicht durch die fristlose Kündigung vom 30.9.2005
beendet worden.
Die Klägerin befand sich weder mit den Mietzahlungen gemäß § 543 Absatz 2 Ziffer 3 a)
oder b) BGB in Verzug.
Dabei kann zugunsten der Beklagten der in der fristlosen Kündigung vom 30.9.2005
aufgeführte kündigungsrelevante Rückstand als bestehend unterstellt werden.
Der Klägerin stand in der streitgegenständlichen Zeit von Oktober 2004 bis September
2005 wegen der Mängel ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe der gesamten Miete zu (§
320 BGB). Ebenso wie der Instandsetzungsanspruch besteht das Zurückbehaltungsrecht
unabhängig von einer eventuellen Mangelkenntnis.
Die provisorische Dachabdeckung rechtfertigt eine Minderung von mindestens 15 %, die
nicht eingeputzten Fenster von mindestens 5 %, das mangelhafte Treppenhaus von 2 %
und die mangelhafte Wohnungseingangstür, die fehlenden Türschwellen und
Scheuerleisten von insgesamt 6 %.
Bei einem von der Rechtsprechung anerkannten Zurückbehaltungsrecht in Höhe des
drei- bis fünffachen Betrages der fiktiven Minderung liegt kein Zahlungsrückstand im
streitgegenständlichen Zeitraum vor. Das Zurückbehaltungsrecht besteht auch bereits
vor der schriftlichen Mängelanzeige am 17.3.2005, denn die Beklagte hatte auf andere
Weise Kenntnis von den Mängeln. Die Abdeckung des Daches war der Beklagten
bekannt, die nicht eingeputzten Fenster sind von außen sichtbar und bei jeder Begehung
des zwangsverwalteten Objekts erkennbar gewesen, gleiches gilt für das Treppenhaus.
Hinsichtlich der Wohnungseingangstür, der Scheuerleisten und der Türschwellen sind die
Mängel der Beklagten seit dem Kostenangebot vom 29.9.2004 bekannt und das
Zurückbehaltungsrecht besteht zumindest bis zur behaupteten
Instandsetzungsvereitlung durch die Klägerin ab dem 12.4.2005.
Im übrigen ist die Klage unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Hauptsachenerledigung bezüglich
der Wohnungseingangstür und der Türschwellen, denn die Voraussetzung der einseitigen
Hauptsachenerledigung – Eintritt der Erledigung nach Rechtshängigkeit – liegt nicht vor.
Die Klägerin selbst legt die Rechnung für die durchgeführten Arbeiten vom 6.1.2006 vor,
die Klagezustellung erfolgte jedoch erst am 20.1.2006.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 92 Absatz 2 Ziffer 1 ZPO.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu
entscheiden. Danach waren die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Die geltend
gemachte Instandsetzung für die Scheuerleisten und die Badfliesen hatte die Beklagte
durch die Ausführung der Arbeiten nachträglich erfüllt.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin die Arbeiten durch mangelnde
Terminabsprachen vereitelt hat, denn der Kostentragungsverpflichtung hätte die
Beklagte nur durch ein sofortiges Anerkenntnis begegnen können. Mit Schriftsatz vom
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Beklagte nur durch ein sofortiges Anerkenntnis begegnen können. Mit Schriftsatz vom
9.2.2006 wurde jedoch noch die Klageabweisung beantragt.
Gemäß § 269 Absatz 3 ZPO war über die Kosten der Klagerücknahme vor
Rechtshängigkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach
billigem Ermessen zu entscheiden. Danach wären die Kosten den Parteien je zur Hälfte
aufzuerlegen, denn über die Frage, ob zwischen der Klägerin und Herrn T vereinbart war,
dass die Klägerin nach Entrümpelung der Keller einen Keller selbständig in Besitz
nehmen sollte und auch genommen hat, wäre Beweis zu erheben gewesen und damit
der Ausgang des Rechtsstreits ungewiss.
Die Kosten waren in Abweichung davon gemäß § 92 Absatz 2 Ziffer 1 ZPO insgesamt der
Beklagten aufzuerlegen, da die Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig geringfügig
war und keine höheren Kosten veranlasst hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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