Urteil des AG Köpenick vom 01.02.2006

AG Köpenick: vermieter, bad, wohnung, betriebskosten, ausstattung, mittelwert, eigentum, einbau, anschaffungskosten, vollstreckbarkeit

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Gericht:
AG Köpenick
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 C 26/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 558 BGB
Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Berliner
Mietspiegel: Wohnwerterhöhung durch einen geleasten
Kaltwasserzähler
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für ihre von der
Klägerin gemietete Wohnung I, Berlin, 1. OG rechts von monatlich 288,25 Euro um 3,96
Euro auf 292,21 Euro seit dem 1. Februar 2006 zuzustimmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 65 % und die Beklagten 35 % zu
tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagten sind Mieter der Wohnung I, Berlin, 1. OG rechts, deren Vermieter die
Klägerin ist. Mit Mieterhöhungserklärung vom 18. November 2005 hat die Klägerin die
Nettokaltmiete mit Wirkung zum 1. Februar 2006 von monatlich 288,25 Euro um 11,31
Euro auf 299,56 Euro erhöht und sich zur Begründung auf den Berliner Mietspiegel 2005
berufen. Mit der Klage begehrt sie Zustimmung zur Mieterhöhung.
Aufgrund der Baualtersklasse (1919-1949), der Ausstattung (mit Sammelheizung, Bad
und IWC), mittlerer Wohnlage und der Wohnfläche von 56,52 qm beläuft sich die
ortsübliche Vergleichsmiete auf einen Mittelwert von 4,35 Euro und die Spanne liegt
zwischen 3,79 und 5,10 Euro je qm. Die Klägerin macht für zusätzliche Merkmale
(wohnwerterhöhende Merkmale) der Merkmalgruppe 2 (Küche), 3 (Wohnung) und 4
(Gebäude) ausgehend vom Mittelwert einen Zuschlag von 60 % geltend. Darüber hinaus
hat sie für das Sondermerkmal "Modernes Bad" einen Zuschlag von monatlich 0,37 Euro
je qm angesetzt.
Die Klägerin meint, dass außerdem wegen des Vorhandenseins eines
wohnungsbezogenen Kaltwasserzählers auch das entsprechende zusätzliche
wohnwerterhöhende Merkmal der Merkmalgruppe 1 Bad/WC vorliege, das einen weiteren
Zuschlag von 20 % des Unterschiedsbetrages zwischen Mittelwert und Spannenoberwert
rechtfertige. Zwar sei der Kaltwasserzähler geleast, er verliere dadurch jedoch nicht die
Eigenschaft "vom Vermieter gestellt" zu sein. Entscheidend für das Sondermerkmal sei
allein die Tatsache, dass der Vermieter dafür sorge, dass das Kaltwasser des Mieters
exakt ermittelt werde und der Mieter dadurch nicht mit Wasserkosten belastet werde, die
er nicht verursacht habe. Für den Mieter sei allein entscheidend, dass er dadurch die
Möglichkeit habe, seine Nebenkosten durch sparsamen Wasserverbrauch unmittelbar zu
beeinflussen. Darüber hinaus fielen bei einem im Eigentum des Vermieters stehenden
Kaltwasserzähler im Rahmen des Eichaustausches Kosten an, die über die
Betriebskostenabrechnung auf den Mieter umgelegt würden. Diese Kosten seien höher
als die Leasingkosten. Laut Rechnung der Firma vom 18. November 2005 beliefen sich
die Leasingkosten 2006 für einen Unterputzzähler auf 6,08 Euro zuzüglich
Mehrwertsteuer und für einen Aufputzzähler auf 7,59 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Für
einen nicht geleasten Kaltwasserzähler unter Putz, der alle 6 Jahre ausgetauscht werden
müsse, fielen 56,76 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer (44,48 Euro Zählerkosten + 6,40
Euro Eichgebühr + 5,88 Euro Ein-/Ausbau) und für einen entsprechenden Aufputzzähler
fielen 49,55 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer (30,17 Euro Zählerkosten + 6,40 Euro
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fielen 49,55 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer (30,17 Euro Zählerkosten + 6,40 Euro
Eichgebühr + 12,98 Euro Ein-/Ausbau) an.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für ihre von der
Klägerin gemietete Wohnung I, Berlin, 1. OG rechts von monatlich 288,25 Euro um 11,31
Euro auf 299,56 Euro seit dem 1. Februar 2006 zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten meinen, die geleasten Kaltwasserzähler seien keine "vom Vermieter
gestellte" Ausstattung, die einen Zuschlag rechtfertigen. Der Vortrag der Klägerin sei
hinsichtlich der Kosten in wirtschaftlicher Hinsicht kaum glaubwürdig. Auch ein geleaster
Zähler müsse geeicht, ein- und ausgebaut und turnusmäßig getauscht werden.
Wegen der Weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung
gemäß § 558 BGB in Höhe eines Teilbetrages von 0,07 Euro pro qm, insgesamt um 3,96
Euro monatlich. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 558 BGB nicht vor.
Die Klägerin hat die ortsübliche Vergleichsmiete unter Zugrundelegung des Berliner
Mietspiegels 2005 zutreffend berechnet, soweit sie Zuschläge in Höhe von jeweils 20 %
für wohnwerterhöhende Merkmale der Merkmalgruppen 2 bis 4, insgesamt 60 % des
Unterschiedsbetrages zwischen dem mittleren und dem oberen Spannenwert, und einen
Zuschlag in Höhe von 0,37 Euro pro qm für das Sondermerkmal "Modernes Bad"
angesetzt hat. Vor dem Hintergrund einer bisherigen Miethöhe von 5,10 Euro pro qm
errechnet sich so eine zulässige Mieterhöhung um 0,07 Euro pro qm auf 5,17 Euro pro
qm. In diesem Umfang sind die Beklagten verpflichtet, der Mieterhöhung zuzustimmen.
Soweit die Klägerin darüber hinaus hinsichtlich der Merkmalgruppe 1 Bad/WC einen
Zuschlag von 20 % für das Vorhandensein eines "wohnungsbezogenen
Kaltwasserzählers" geltend macht, ist das Gericht dem Vortrag der Klägerin nicht
gefolgt. Lediglich diese Frage war zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung noch streitig. Zwar ist unstreitig, dass ein "wohnungsbezogener
Kaltwasserzähler" vorhanden ist. Die Kosten für diese "Maßnahme zur
Wassereinsparung" werden jedoch über die Betriebskostenabrechnung in vollem Umfang
von den Beklagten getragen und nicht von der Klägerin, so dass sie den Beklagten auch
nicht als wohnwerterhöhend angerechnet werden dürfen. Indem die Leasingraten
zulässigerweise im Rahmen der Betriebskosten auf die Beklagten umgelegt werden,
handelt es sich nicht um einen Ausstattungsgegenstand, der i. S. des Berliner
Mietspiegels "von Vermieter gestellt" wird. Denn der Vermieter ist zwar Vertragspartner
der Leasinggesellschaft. Er least die Geräte jedoch auf Kosten der Mieter, so dass es
nicht gerechtfertigt ist, den Mieter den weiteres Mal mit den Kosten des
Kaltwasserzählers zu belasten, indem sie als wohnwerterhöhendes Merkmal zur
Erhöhung der Nettokaltmiete führen.
Zwar wäre der Einbau von Kaltwasserzählern ebenso wie etwa der einer Isolierverglasung
oder von Schallschutzfenstern eine Maßnahme, an deren Kosten der Mieter im Rahmen
einer Mieterhöhung aufgrund einer Modernisierungsmaßnahme beteiligt werden könnte.
Dennoch würde dieses Ausstattungsmerkmal den Wohnwert erhöhen. In diesem Fall
würde jedoch der Mieter für die Ausstattung nicht in doppelter Weise in Anspruch
genommen, weil sich die Kosten der Modernisierung ebenso wie die Mieterhöhung
aufgrund der Spanneneinordnung des Mietspiegels auf die Nettokaltmiete auswirken, so
dass eine bereits erfolgte Mieterhöhung aufgrund einer Modernisierungsmaßnahme
gemäß § 559 BGB auf eine etwaige Anhebung der Miete im Rahmen einer Mieterhöhung
aufgrund des § 558 BGB fortwirkt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der betreffende
Ausstattungsgegenstand vom Vermieter nicht angeschafft wird, sondern gemietet oder
geleast. In diesem Fall muss der Mieter so behandelt werden, als hätte er den
Ausstattungsgegenstand selbst angeschafft. Denn andernfalls würde er zum einen im
Rahmen der Betriebskosten in Anspruch genommen und darüber hinaus würde dieser
Ausstattungsgegenstand, für dessen Finanzierung er vollumfänglich herangezogen wird,
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Ausstattungsgegenstand, für dessen Finanzierung er vollumfänglich herangezogen wird,
auf die Höhe seiner Nettokaltmiete angerechnet. Dies würde zu einer unangemessenen
Benachteiligung des Mieters führen.
Insoweit kommt es nicht darauf an, ob – wie die Klägerin vorträgt – die Kosten für einen
im Eigentum des Vermieters stehenden Kaltwasserzähler im Ergebnis höher wären. Hier
kommt es nämlich darauf an, wer diese Kosten zu tragen hat. Von den Kosten eines im
Eigentum des Vermieters stehenden Kaltwasserzählers hat der Mieter im Rahmen der
Betriebskosten nämlich nur die Eichkosten und die Kosten des Austausches zu tragen,
nicht jedoch die Anschaffungskosten, die der Vermieter zu tragen hat. Der Vermieter hat
daher die Wahl, den Kaltwasserzähler zu leasen und die Kosten über die
Betriebskostenabrechnung in vollem Umfang auf den Mieter abzuwälzen oder aber nur
einen Teil der Kosten, nämlich die laufenden Kosten in die Betriebskostenabrechnung
einzustellen und im Übrigen den Mieter über die Nettokaltmiete an den Kosten
partizipieren zu lassen. Er darf sich jedoch nicht im Rahmen der Nettokaltmiete und im
Rahmen der Betriebskosten für die Bereitstellung des Kaltwasserzählers entschädigen
lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Auf den Antrag der Parteien hat das Gericht die Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
zugelassen. Angesichts dessen, dass die hier entschiedene Rechtsfrage in einer Vielzahl
von Mietverhältnissen relevant ist und allein im Amtsgericht Köpenick eine nennenswerte
Zahl von Rechtsstreitigkeiten zu diesem Problemkreis anhängig ist, kommt der
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.
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