Urteil des AG Köln vom 16.12.2003

AG Köln: gesellschaft mit beschränkter haftung, neugründung, unternehmen, geschäftstätigkeit, ausstattung, verfügung, vermögensverwaltung, geschäftsbetrieb, kapital, anfang

Amtsgericht Köln, HRB 46061
Datum:
08.01.2004
Gericht:
Amtsgericht Köln
Spruchkörper:
Handelsregisterabteilung
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
HRB 46061
Tenor:
Der Beschwerde vom 16.12.2003 wird nicht abgeholfen.
Die Sache wird dem Landgericht Köln, Kammer für Handelssachen, zur
Entscheidung vorgelegt.
Gründe:
1
Der Beschwerde vom 16.12.2003 gegen die Verfügung des Gerichts vom 11.11.2003
war nicht abzuhelfen, da der Geschäftsführer der Gesellschaft im Zusammenhang mit
den angemeldeten Änderungen des Gesellschafts-vertrages gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG
zu versichern hatte, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Leistungen auf
die Stammeinlagen bewirkt sind und sich der Gegenstand der Leistungen endgültig in
der freien Verfügung des Geschäftsführers befindet.
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Bei der vorliegend beschlossenen Firmen- und Gegenstandsänderung unter
gleichzeitiger Übertragung des Handelsgeschäfts mit dem Recht der Firmen-fortführung
auf eine neu gegründete Gesellschaft handelt es sich um eine wirt-schaftliche
Neugründung im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach
sind auf die wirtschaftliche Neugründung durch Verwendung des alten Mantels einer
existenten, im Rahmen ihres früheren Unternehmensgegenstandes tätig gewesenen,
jetzt aber unternehmenslosen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die der
Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbH-
Gesetzes entsprechend anzuwenden (BGH, Beschluss vom 07.07.2003. Der Betrieb
2003, S. 2055 ff.). Entscheidend für die Frage, ob es sich um eine derartige
Mantelverwendung handelt, ist der Umstand, ob die Gesellschaft ein aktives
Unternehmen betrieb, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs in irgend-einer
wirtschaftlich gewichtbaren Weise anknüpft (BGH, a.a.O., S. 2056).
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Gerade dies ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Denn die Verwaltung eigenen
Vermögens stellt keine wirtschaftlich gewichtbare Anknüpfung an den bisherigen
Geschäftstrieb dar, der bislang Beratung, Entwurf, Bau und Handel von Kanal-, Hebe-
und vollbiologischen Kläranlagen, die Sanierung von Ent-wässerungsanlagen, die
Reinigung von Gruben, Benzinabschneidern und Kanälen, sowie Wartung und
Kundendienst beinhaltete.
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Eine bloße Einschränkung des bisherigen Tätigkeitsgebietes dagegen liegt – anders als
in der Beschwerdeschrift ausgeführt – nicht vor, da die Geschäftstätigkeit der
Vermögensverwaltung eine gänzlich andere ist, als die bisherige im Zusammenhang mit
(unter anderem) Abwasseranlagen ausgeführte, sei die Tätigkeit auch auf die
Verwaltung des eigenen Vermögens beschränkt. Auch wenn jede Gesellschaft
zwangsläufig auch ihr eigenes Ver-mögen verwaltet, so ist dies lediglich eine Folge des
eigentlichen Geschäfts-betriebs und an diesen gebunden. Wird dieser Geschäftsbetrieb
nun in vollem Umfang auf eine andere Gesellschaft übertragen, so stellt das
verbleibende Unternehmen nur noch eine "inhaltlose Hülle" und damit einen
unternehmens-losen Rechtsträger bzw. "Mantel" (vgl. BGH, a.a.O., S. 2056) dar, der mit
der nachfolgenden Änderung des Unternehmensgegenstandes ein dieser Änderung
entsprechendes neues Geschäftsfeld erhält, welches (nunmehr) ausschließlich die
Verwaltung eigenen Vermögens beinhaltet und gerade nicht in wirtschaftlich
gewichtbarer Weise an den bisherigen Unternehmensgegenstand anknüpft.
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Unerheblich muss dabei sein, wie lange der Rechtsträger unternehmenslos im Sinne
der BGH-Rechtsprechung gewesen ist, auch wenn der vom Bundesgerichtshof
entschiedene Fall ein Unternehmen betraf, welches über einen längeren Zeitraum
hinweg stillgelegt war. Denn zum einen müsste ein derartiges Kriterium unweigerlich zu
erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der Frage führen, wie lange das
jeweilige Unternehmen inaktiv gewesen sein muss (ein Jahr, einen Monat, eine Woche,
einen Tag?); zum anderen spielt der bis zur wirtschaftlichen Neugründung verstrichene
Zeitraum aus Sicht der Gläubiger der Gesellschaft, deren Schutz diese Rechtsprechung
dient, keine Rolle (vgl. Altmeppen, Der Betrieb 2003, S. 2050, 2053). Dement-sprechend
ist auch eine sofortige Ausstattung der Gesellschaft mit einem neuen
Unternehmensgegenstand nach Aufgabe des bisherigen Geschäftsbetriebs als eine
wirtschaftliche Neugründung im Sinne der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofes
anzusehen.
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Unerheblich ist weiterhin, dass der neue Unternehmensgegenstand vorliegend die
Geschäftstätigkeit einer typischerweise inaktiven Vorratsgesellschaft (nämlich die
Verwaltung eigenen Vermögens) umfasst, was darauf hindeuten könnte, dass das
Unternehmen nunmehr unternehmenslos im Sinne einer fehlenden Geschäftstätigkeit
ist, was wiederum die entsprechende Anwend-barkeit der dem Gläubigerschutz
dienenden Gründungsvorschriften möglicher-weise in Frage stellen könnte. Jedoch
bedeutet die Ausstattung eines Unter-nehmens mit dem Unternehmenszweck der
Verwaltung eigenen Vermögens nicht zwingend, dass keinerlei Geschäftstätigkeit
ausgeübt wird. Auch Ver-mögensverwaltungsgesellschaften können in geschäftliche
Beziehungen zu Dritten treten, die auf eine ordnungsgemäße Ausstattung der
Gesellschaft mit Kapital vertrauen. Bereits dieser Umstand verbietet es, die dem
Gläubiger-schutz dienende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf Vermögens-
verwaltungsgesellschaften nicht anzuwenden. Hinzu kommt, dass auch bei der
Neugründung einer offenen Vorratsgesellschaft die Gründungs- und damit die
Kapitalaufbringungsvorschriften des GmbH-Gesetzes Anwendung finden mit der Folge,
dass insbesondere deren ordnungsgemäße Kapitalausstattung der richterlichen
Prüfungspflicht unterliegt, obwohl die Unternehmenslosigkeit, also das Fehlen eines
Geschäftsbetriebs, hier von Anfang an vorgesehen ist. Dies belegt, dass der
(eingeschränkte) Tätigkeitsbereich von Vermögensver-waltungsgesellschaften kein
Umstand ist, der eine Privilegierung derartiger Gesellschaften im Hinblick auf die
Kapitalsaufbringungs- und erhaltungsvor-schriften erlaubt.
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