Urteil des AG Köln vom 31.08.2009

AG Köln (zustandekommen des vertrages, allgemeine geschäftsbedingungen, vertrag, zugang, annahme, frist, höhe, datum, erklärung, tag)

Amtsgericht Köln, 113 C 656/08
Datum:
31.08.2009
Gericht:
Amtsgericht Köln
Spruchkörper:
Abt. 113
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
113 C 656/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung
gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages
abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung in gleicher Höhe
Sicherheit leistet.
TATBESTAND:
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Der Beklagte unterzeichnete mit Datum vom 02.09.2005 eine Vertragsurkunde
betreffend den Beitritt zur Beteiligung an der N. B. G. GbR; nach der Vertragsurkunde
sollte er verpflichtet sein, seine monatliche Raten in Höhe von 42,00 € erstmalig am
15.09.2005 einzuzahlen.
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Die Vertragssumme sollte insgesamt 22050,00 € betragen; ferner war eine
Einmaleinlage von 6600,00 € zu zahlen; letztere überwies der Beklagte am 14.09.2005.
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In dem Vertrag heißt es unter "Angebotserklärung":
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"Mein Beitrittsangebot erfolgt unter Anerkennung des im Immissionsprospekt
abgedruckten Gesellschaftsvertrages. Auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichte
ich."
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Der Beklagte stoppte die erteilte Einzugsermächtigung rückwirkend zum September
2005.
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Die Klägerin begehrt mit der Klage Zahlung der monatlichen Raten von 42,00 € für die
Zeit ab September 2005 bis Dezember 2008.
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Sie beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1680,00 € nebst Zinsen in Höhe von
5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
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sowie
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weitere 229,55 € außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten der Klägerin zu
zahlen
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sowie
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Entscheidung im Urkundsprozeß,
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vorsorglich, für den Fall, daß das Gericht den Urkundsprozeß nicht für zulässig hält,
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Entscheidung im ordentlichen Prozeß.
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Der Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
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Die Klage ist im Urkundsprozeß unzulässig und im ordentlichen Verfahren unbegründet.
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Denn die Klägerin hat weder durch Urkunden nachgewiesen, daß ein Vertrag zwischen
den Parteien zustande gekommen, noch ist ein solcher Vertrag zustande gekommen.
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Es fehlt am Zugang der Annahmeerklärung.
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Dieser ist auch nicht entbehrlich gemäß § 151 Satz 1 letzter Absatz BGB.
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Denn vorliegend handelt es sich bei dem Antragsformular um Allgemeine
Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB, die durch die Klägerin gestellt worden
sind.
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Ein Zugangsverzicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen ist jedoch unzulässig.
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Zum einen kehrt ein solcher Zugangsverzicht die Regel des Zugangserfordernisses, die
durch die Vorschrift des § 151 BGB nur in Ausnahmefällen durchbrochen wird, um und
weicht daher von dem Grundgedanken des Rechts ab und verstößt so gegen § 307 Abs.
2 Ziffer 1 BGB (vgl. hierzu OLG Hamm NJW-RR 1986, 927 unter 3. b). Zum anderen
handelt es sich bei der Annahmeerklärung auch um eine Erklärung von besonderer
Bedeutung für den anderen Vertragsteil (hierzu: BGH NJW 1988, 2106) und aus § 308
Ziffer 6 läßt sich entnehmen, daß der Zugang wichtiger Erklärungen vom Gesetzgeber
als unverzichtbar angesehen wird.
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Zum anderen verstößt die Klausel auch gegen § 308 Nr. 1 BGB.
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Denn in dem Vertrag ist nicht nur nicht vereinbart, wie lange der Beklagte an seine
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Erklärung gebunden sein sollte, sondern auch nicht, ob und wann der Vertrag zustande
kam. Wie lange der Beklagte an sein Angebot gebunden war, war für ihn auch nicht zu
bestimmen. Selbst wenn man dabei von der Frist des § 147 Abs. 2 ausgehen würde, so
war für den Beklagten nicht zu bestimmen, ob nun der Vertrag zustandegekommen ist
oder nicht, weil er keine Kenntnis erlangte von dem Zustandekommen des Vertrages
(vgl. insoweit OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 2000, 91 – 93, Urteil vom 04.05.1999,
24 U 44/98; BGH NJW 1988, 2106).
Selbst wenn man – was zweifelhaft erscheint – davon ausgeht, daß insoweit die
Regelung des Gesellschaftsvertrages Artikel 2 § 5, 3 E, eingreift, so liegt eine nicht
hinreichend bestimmte Frist für die Annahme vor. Denn dort ist geregelt, daß die
Annahme einen Tag nach dem Tag des Ablaufs der Widerrufsfrist gemäß § 355 als
erfolgt gilt …
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Wann jedoch diese Frist nach § 355 BGB abgelaufen ist, ist für den Anbietenden nicht
erkennbar. Denn ob die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 von 2 Wochen in Lauf
gesetzt wird, hängt gemäß § 355 Abs. 2 BGB damit zusammen, ob dem Verbraucher
eine dem § 355 Abs. 2 entsprechende Belehrung über das Widerrufsrecht mitgeteilt
worden ist. Inwieweit die Belehrung in dem vorliegenden Vertrag jedoch diesen
Anforderungen entsprach, ist für den Vertragsschließenden nicht erkennbar. Somit
verstößt auch diese Formulierung gegen § 308 Nr. 1 BGB. Vorliegend greift auch nicht
die Ausnahme des § 308 Abs. 1 letzter Halbsatz ein. Denn diese betrifft lediglich den
Vorbehalt des Unternehmers, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zu leisten. Vorliegend
geht es jedoch nicht um die Erbringung einer Leistung gemäß § 308 Ziffer 1 1. Halbsatz
letzte Alternative, sondern um die Annahme des Angebotes zum Vertragsschluß.
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Aus den vorgenannten Gründen stellt sich die Frage nach einem Widerruf der
Beitrittserklärung nicht, so daß auch im Hinblick auf den Vorlagebeschluß des BGH vom
05.05.2008 – II ZR 292/06 – betreffend den möglichen Verstoß der Anwendung der
Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft auf solche Verträge, die nach § 355 BGB
widerrufen wurden, keine Aussetzung des Verfahrens erforderlich ist.
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Denn die Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft findet vorliegend bereits deshalb keine
Anwendung, weil im Gegensatz zu den Fällen der Anfechtung, des Widerrufs etc. hier
keine vorhandene aber fehlerhafte rechtsgeschäftliche Grundlage der
Gesellschaftsgründung oder des Gesellschaftsbeitritts gegeben ist. Dies war aber der
Grund,weshalb nur eine Auflösung für die Zukunft aber nicht die Rückabwicklung in
Betracht kommen sollte (vgl. BGH a. a. O. Ziffer 3). Deshalb sollen die
Wirksamkeitsdefizite bei der rechtsgeschäftlichen Grundlage, die nach den allgemeinen
Regeln des bürgerlichen Rechts zur Unwirksamkeit führen, nur vom Zeitpunkt ihrer
Geltendmachung an wirken. Vorliegend ist jedoch von vornherein überhaupt keine
wirksame rechtsgeschäftliche Grundlage gegeben, so daß es auch nicht auf die
Geltendmachung der Unwirksamkeit ankommt.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708, 711 ZPO.
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