Urteil des AG Köln vom 11.11.2005
AG Köln: terrasse, mietvertrag, wohnung, mangel, minderungsrecht, zugang, bvo, jahreszeit, mittelwert, ausnahmefall
Amtsgericht Köln, 208 C 393/05
Datum:
11.11.2005
Gericht:
Amtsgericht Köln
Spruchkörper:
Abteilung 208
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
208 C 393/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
der Be-klagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstre-ckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T A T B E S T A N D :
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Der Kläger ist Vermieter, die Beklagte seit dem 15.11.2003 Mieterin einer
Dachgeschoßwohnung über 2 Etagen mit 2 Terrassen in Köln aufgrund Mietvertrages
vom 15.10.2003 zu einer monatlichen Miete von 1180,00 € brutto. Als Größe sind im
Mietvertrag "ca. 120 qm" angegeben. Unstreitig beträgt die Innenwohnfläche der Räume
90,11 qm und weisen die beiden Terrassen Grundflächen von (untere Terrasse:) 25,20
qm und (obere Terrasse:) 20 qm auf.
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Wegen der Art und des Zustandes der Terrassen und deren Umgebung wird auf den
Akteninhalt, insbesondere die vorgelegten Fotos und unstreitigen Angaben der Parteien
Bezug genommen.
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Die Parteien streiten über die anrechenbare Größe der Terrassen und ein
gegebenenfalls deshalb wegen Mindergröße der Wohnung bestehendes
Minderungsrecht.
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Die Beklagte zahlte März 2005 keine Miete, April bis Juni 2005 nur je 997,22 €, also
jeweils 182,78 € weniger und Juli und August 2005 nur je 300,00 €, also je 880,00 €
weniger.
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Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei nicht zur Minderung berechtigt, da eine
erhebliche Größenabweichung von den im Mietvertrag aufgeführten 120 qm nicht
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vorliege. Er ist der Auffassung, die Terrassengrundfläche sei mit ½ anzusetzen
angesichts der Uneinsehbarkeit der oberen Terrasse, der als Garten gestalteten
umgebenden Terrassen und guten Blicksituation bis zum Dom, der Einrichtung des
Bodens mit Holzplatten und der ruhigen Lage auf der von der Straße abgewandten
Hausseite.
Er beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3488,34 € nest Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten
üb er dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1180,00 € ab dem 05.03.05, aus jeweils
182,78 € ab dem 05.04., 05.05. und 05.06.2005 sowie aus jeweils 880,00 € ab dem
05.07. und 05.08.05 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Sie beruft sich für die Monate März bis August 2005 auf eine Minderung von je 182,78 €
und rechnet gegenüber den übrigen Mietrückständen für März 2005 und Juli und Augsut
2005 mit einem Anspruch auf Rückzahlung der für die Zeit vom 15.11.2003 bis Februar
2005 trotz eines entsprechenden Minderungsrechts zu viel gezahlten Mietanteil von
2833,09 € aus ungerechtfertigter Bereicherung anteilig auf. Sie ist der Auffassung, die
einen Mangel darstellende erhebliche Abweichung von über 10 % ergebe sich daraus,
daß die Terrassenflächen nur mit ¼ anzusetzen seien, so daß die Wohnung nur 101,41
qm groß, also um 15,49 % kleiner als gemäß Mietvertrag sei, was einer Minderung von
182,78 € entspreche.
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Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere weiteren Vortrags der Parteien und deren
Fotos, wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
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Die Klage ist unbegründet.
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Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, da die Beklagte zu Recht
wegen erheblich (nach unten) abweichender Größe zu einer Minderung von 182,78 €
monatlich berechtigt war und im übrigen mit Rückzahlungsansprüchen gemäß § 812
Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Zuvielzahlung trotz entsprechenden Minderungsrechts von
Mietvertragsbeginn bis Februar 2005 wirksam in verbleibender Höhe gemäß §§ 387 ff.
BGB aufgerechnet hat.
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Die anzusetzende Wohnfläche beträgt 101,41 qm und weicht damit von der im
Mietvertrag aufgeführten Fläche von 120 qm um mehr als 10 % ab, stellt damit einen
Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB dar, der kraft Gesetzes zu einer nach Minderung
nur geschuldeten Miete von brutto 997,22 € während der Mietzeit führte. Dies ergibt sich
daraus, daß zu der unstreitigen Fläche von 90,11 qm der Innenräume die Terrassen nur
mit ¼, also 11,30 qm anzusetzen sind, die Gesamtwohnfläche damit 101,41 qm beträgt.
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Das Gericht geht davon aus, daß u. a. Balkone und Terrassen grundsätzlich nur mit ¼
anzusetzen sind. Dies allein entspricht der Nutzungsmöglichkeit der Mieter im Vergleich
zu den sonstigen Wohnräumen innen, da solche Außenräume angesichts der
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klimatischen und Witterungsbedingungen hier zu einem Bruchteil der Jahreszeit, zudem
typischerweise nicht nachts genutzt werden bzw. werden können.
Dem entspricht es auch, wenn die dem Rechtsgedanken nach bzw. analog
anzuwendende DIN 283, Bl. 2, Ziffer 2.3 nur von einer ¼-Anrechnung ebenso wie § 4
Nr. 4 der aktuell geltenden Wohnflächenverordnung sprechen. Unter der Geltung des
früheren § 44 Abs. 2 der II. BVO, der eine Anrechnung bis zu ½ zuließ, wäre dies der
Mittelwert gewesen.
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Dies entspricht auch den Grundsätzen, wie sie in der Entscheidung des Bayerischen
Obersten Landgerichtes WM 1983, 254, 255 ihren Ausdruck der Gestalt fanden, daß
grundsätzlich bei guter Lage bis ¼ und nur in Ausnahmefällen bis ½ anzurechnen sei.
Daß aber vorliegend ein solcher Ausnahmefall gegeben wäre, ist nicht ersichtlich.
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Zwar handelt es sich zweifellos um eine gute Lage, wie die unbestrittene Ruhiglage von
der Straße abgewandt, die gute Sicht und eventuell auch der Holzboden der Terrassen
sowie die unterstellte Uneinsehbarkeit der oberen Terrasse zeigen.
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Dies genügt jedoch nicht, um eine ausnahmsweise sehr gute Lage mit ½-Anrechnung
zu begründen.
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Der Charakter als Terrasse hat zwar den Vorteil, daß der Blick im Gegensatz zum
Balkon nach allen Seiten und oben hin frei ist und der Zugang von Licht ebenso
unbehindert möglich ist, aber auch den Nachteil, daß bei schlechtem Wetter ein Schutz
z. B. vor Regentropfen nicht vorhanden ist.
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Wesentlich ist allerdings, daß die Blick- und Umfeldsituation nicht nur positiv erscheint.
Es wird gerade nicht die Aussicht auf allein eine Grünanlage oder Park eröffnet.
Vielmehr fällt der Blick auf mit Pflanzen ebenfalls allerdings nur teilweise begrünte
andere Terrassen, teilweise auch auf Mauern, nach unten in eine nicht schönen
Innenhof, außerdem auf Parabollantennen; zudem ist die untere Terrasse einsehbar.
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Da alle wesentlichen Tatsachen dem Vortrag der Parteien und den vorgelegten Fotos
entnehmbar sind, es sich im übrigen um eine Rechtsfrage handelt und auch nicht
ersichtlich ist, daß Sachverständige diesbezüglich mehr sagen könnten, wie bereits im
Termin angesprochen wurde, war zu dieser Frage kein Gutachten einzuholen.
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Folglich durfte die Beklagte wie erfolgt mindern und soweit sie trotz Minderungsrecht die
volle Miete in der Vergangenheit gezahlt hat, aufrechnen, so daß kein Rückstand übrig
blieb.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 3488,34 €.
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