Urteil des AG Köln vom 29.06.2005

AG Köln: rückzahlung, briefkasten, verzug, mahnung, einwilligung, verbindlichkeit, rückerstattung, erfüllung, kündigungsfrist, gebühr

Amtsgericht Köln, 137 C 146/05
Datum:
29.06.2005
Gericht:
Amtsgericht Köln
Spruchkörper:
Abteilung 137
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
137 C 146/05
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 650,00 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
22.12.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 8 % und die Beklagte
zu 92 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die
Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils
andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Im Zeitraum vom Januar 2004 bis Mai 2004 stellte die Klägerin der Beklagten im Wege
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eines Privatdarlehns mehrmals Geldbeträge zur Verfügung. Die Zahlungen der Klägerin
erfolgten entweder an die Beklagte direkt in bar oder die Klägerin bezahlte bei
Einkäufen der Beklagten für die Beklagte. Die Beklagte zahlte im weiteren Verlauf einen
Teilbetrag an die Klägerin in bar zurück und übernahm ebenfalls die Kosten eines
kleineren Einkaufs der Klägerin.
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Die Höhe des von der Beklagten noch nicht zurückgezahlten Betrages beläuft sich auf
650,00 EUR. Die Klägerin mahnte mehrfach mündlich die Rückzahlung an und forderte
die Beklagte schließlich mit E-mail vom 21.09.2004 auf, ihr den Betrag bis Ende der
Woche zurück zu zahlen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.02.2005 wurde die
Beklagte seitens der Klägerin erneut zur Rückzahlung des Darlehns in Höhe von 650,00
EUR aufgefordert.
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Die Klägerin behauptet, eine Rückzahlung des Darlehns sei bisher nicht erfolgt,
insbesondere habe sie den von der Beklagten geschuldeten Betrag nicht in ihrem
Briefkasten vorgefunden.
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Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage die Rückzahlung des Darlehnsbetrages
sowie den nicht anrechenbaren Teil der rechtsanwaltlichen Gebührennote des
Aufforderungsschreibens geltend, wobei die Klägerin vorträgt, die Gebühr ihrer
Prozeßbevollmächtigten nicht ausgeglichen zu haben.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 708,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
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seit dem 27.09.2004 auf einen Betrag in Höhe von 650,00 EU zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, dass eine Rückzahlung des streitgegenständlichen Betrages
erfolgt sei. Der Betrag sei von ihr in bar in den Hausbriefkasten der Klägerin eingelegt
worden. Um sicher zu gehen, dass die Klägerin den Geldbetrag erhält, habe sie diese
zuvor per SMS über die beabsichtigte Rückzahlung benachrichtigt.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zum weit überwiegenden Teil begründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückerstattung des Darlehns
in Höhe von 650,00 EUR gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zwischen der Klägerin und
der Beklagten ist ein Darlehnsvertrag zustande gekommen, den die Klägerin mit der in
ihrer E-mail vom 21.09.2004 enthaltenen Aufforderung, den Betrag zurückzuzahlen,
konkludend gekündigt hat. Gemäß § 488 Abs. 3 BGB beträgt die Kündigungsfrist 3
Monate, so dass der Rückerstattungsanspruch am 21.12.2004 fällig war. Soweit die
Klägerin vorträgt, bereits vor Absenden der E-mail vom 21.09.2004 die Rückzahlung
des noch ausstehenden Betrages mehrfach mündlich angemahnt zu haben, so
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kann dieser Vortrag nach Auffassung des Gerichtes nicht als konkludente
Kündigungserklärung aufgefaßt werden, da nicht vorgetragen ist, wann und in welchem
Zusammenhang genau diese Mahnung erfolgte und auf welchen Betrag sie sich bezog.
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Der Anspruch der Klägerin auf Rückerstattung des Darlehns in Höhe von 650,00 EUR
ist nicht durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.
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Soweit die Beklagte behauptet, am 29.11.2004 den streitgegenständlichen Betrag in
Höhe von 650,00 EUR in bar in den Hausbriefkasten der Klägerin eingelegt zu haben,
so stellt dies keine Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB dar. Die Beklagte ist von ihrer
Leistungspflicht nicht frei geworden, da das zu übermittelnde Geld bei der Klägerin nicht
eingegangen ist. Gemäß § 270 Abs. 1 BGB hat der Schuldner Geld im Zweifel auf seine
Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln, d.h. der
Schuldner ist mit dem Risiko des Verlustes belastet. Es war Sache der Beklagten, dafür
Sorge zu tragen, dass der Geldbetrag auch tatsächlich in die Verfügungsgewalt der
Klägerin gelangt.
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Der Verlust beruhte auch nicht auf Gefahren, die aus der Spähre der Klägerin stammen.
In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass ein
Hausbriefkasten -wie auch immer er ausgestaltet sein mag- keine Empfangvorrichtung
für Bargeldbeträge in dieser Größenordnung ist. Ein Briefkasten ist schon aufgrund
seiner Bestimmung leicht zugänglich, z. Bsp. für Postboten oder Austrägern von
Werbemitteln. Angesichts der in Briefkästen verwendeten Einwurfschlitze und der so
bestehenden Möglichkeiten des Eingriffs von außen mußte sich der Beklagten das
Risiko eines Einwurfs des Darlehnsbetrages aufdrängen.
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Die Klägerin hat auch keine Einwilligung dahingehend erteilt, dass die Beklagte ihr das
Eigentum an dem zu übergebenden Geld durch Einwurf in ihren Briefkasten verschaffen
soll. Den Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt, hat diese eine SMS an die Klägerin
geschickt und sie über den Einwurf des Betrages informiert, dies beinhaltet jedoch nicht
eine Zustimmung der Klägerin auf Übereignung des Geldbetrages in dieser Art und
Weise. Auch in dem Vorhalten eines Briefkastens liegt keine Einwilligung, diesen zur
Übermittlung von Bargeldbeträgen in der Größenordnung von 650,00 EUR zu nutzen.
Ein Briefkasten dient dazu, Briefe, Zeitungen, Werbeprospekte etc in Em-
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pfang zu nehmen, ist jedoch nicht zur Aufnahme von Geldbeträgen in bar gedacht.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der nicht
anrechenbaren Geschäftsgebühr in Höhe von 58,81 EUR.
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Ein solcher Zahlungsanspruch ergibt sich nicht aus Verzug, §§ 280, 286 BGB, da nach
dem eigenen Vortrag ein Schaden der Klägerin (noch) nicht entstanden ist. Die Klägerin
hat die betreffende Gebühr tatsächlich noch nicht ausgeglichen, so dass ihr ein
Zahlungsanspruch noch nicht zusteht. Die Belastung mit einer Verbindlichkeit stellt zwar
einen erstattungsfähigen Vermögensschaden dar, der Belastete hat jedoch gegen den
Schädiger lediglich einen Freistellungsanpruch, der sich erst dann in einen
Zahlungsanspruch umwandelt, wenn der Belastete die Verbindlichkeit tatsächlich
beglichen hat.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug, §§ 286, 288 BGB, wobei sich die Beklagte
auch nach dem Vortrag der Klägerin erst seit dem 22.12.2004 in Verzug befand. Wie
bereits ausgeführt, ist unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist des Darlehns der
Rückerstattungsanspruch erst zum 21.12.2004 fällig geworden. Gemäß § 286 Abs. 2 Nr.
2 BGB bedurfte es keiner Mahnung.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11,
711 ZPO.
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