Urteil des AG Köln vom 21.03.2002

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Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
Aktenzeichen:
Sachgebiet:
Amtsgericht Köln, 72 IK 16/02
21.03.2002
Amtsgericht Köln
Abteilung 72
Beschluss
72 IK 16/02
Sonstiges
In dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen
der Schuldnerin A.
Es wird festgestellt, dass der Eröffnungsantrag der Schuldnerin vom
05.02.2002 nunmehr Kraft Gesetzes als zurückgenommen gilt, weil er
unvollständig war und trotz gerichtlicher
Aufforderung nicht fristgerecht ergänzt worden ist, § 305 Abs. 3 InsO.
Gründe:
Am 05.02.2002 beantragte die Schuldnerin, die angab, 15 Gläubiger und
EUR 16.291,22 Schulden zu haben, die Eröffnung des
Verbraucherinsolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Ihrem Antrag fügte
sie eine Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen
Einigungsversuches bei, in der es heißt:
"Der außergerichtliche Einigungsversuch ist gescheitert, weil von fünf
zunächst angeschriebenen Gläubigern nur einer (Forderung C.) dem
vorgetragenen Plan zustimmte. Die Gläubiger, L., und M. lehnten den
Vorschlag ab, ein Gläubiger antwortete bisher nicht, allerdings ist die
gesetzte Frist noch nicht abgelaufen. Gegenvorschläge wurden nicht
unterbreitet. Die Ablehnung wird auf dem wenig kalkulierbaren Angebot,
welches möglicherweise gar auf einen sogenannten Nullplan hinausläuft,
basieren."
Mit Schreiben vom 14.02.2002 beanstandete das Gericht die
eingereichten Unterlagen, weil die genaue Anschrift eines Gläubigers
fehlte und weil es die vorgelegte Bescheinigung im Hinblick auf § 305
Abs. 1 Nr. 1 InsO nF. nicht als ausreichend ansah. Mit Schreiben vom
15.02.2002 übersandte die Schuldnerin ein aktualisiertes Gläubiger- und
Forderungsverzeichnis, weil ein weiterer Gläubiger mit einer Forderung
in Höhe von EUR 232,37 aufgetaucht war, dessen Forderung sie für
erledigt gehalten hatte. Mit Schreiben vom 27.02.2002 teilte sie die
fehlende Anschrift mit und beantwortete die gerichtliche
Beanstandungsverfügung im übrigen dahingehend, dass von der
Schuldnerberatung bewusst nur einige Gläubiger angeschrieben worden
seien. Im Hinblick auf das gerichtliche Schreiben ziehe sie ihre
Anregung, auf die Durchführung des gerichtlichen
Schuldenbereinigungsplanverfahrens zu verzichten, zurück. Mit
Schreiben des Gerichts vom 28.02.2002 wurde die Schuldnerin darauf
hingewiesen, dass das Gericht auf der Grundlage der von ihr gemachten
Angaben nicht zu der von ihm nach § 306 Abs. 1 Satz 3 InsO nF.
geforderten Prognoseentscheidung in der Lage sei. Darauf meldete sich
die Schuldnerberatung mit Schreiben vom 11.03.2002, in dem ausgeführt
wurde, es erscheine arbeitsökonomisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll,
weitere Korrespondenz und Kosten auf beiden Seiten (Gläubiger und
Schuldnerberatung) zu produzieren, wenn das Scheitern der
außergerichtlichen Einigungsbemühungen doch klar sei.
Mit dem Eröffnungsantrag oder unverzüglich danach ist eine
Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle vorzulegen, aus der
sich ergibt, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern
erfolglos war, § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wobei nach der Neufassung durch
das InsO-Änderungsgesetz 2001 die wesentlichen Gründe für das
Scheitern zu schildern sind. Da im außergerichtlichen Verfahren eine
Zustimmungsersetzung nicht möglich ist und daher ein Plan nur zustande
kommt, wenn ihm alle Gläubiger zustimmen, ist er auch dann gescheitert,
wenn ein Gläubiger mit einer ganz geringen Quote diesem nicht
zustimmt, sei es, dass er ausdrücklich widerspricht oder nur schweigt, da
für den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch eine dem §
307 Abs. 2 InsO vergleichbare Regelung fehlt.
Für das "alte Recht" wurde daher durchaus vertreten, dass im
außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch nicht alle Gläubiger
beteiligt werden müssen (vgl. Fuchs, in Kölner Schrift zur
Insolvenzordnung, z. Aufl., 1679, 1690, Rn. 30). Durch die Neufassung
des § 305 InsO ist insoweit nunmehr eine Änderung eingetreten, als nach
Abs. 1 Nr. 1 die wesentlichen Gründe für das Scheitern des
außergerichtlichen Plans darzulegen sind. Zwar scheitert der
außergerichtliche Plan auch jetzt, wenn ein Gläubiger nicht zustimmt, so
dass dann die wesentlichen Gründe lauteten, dass der Gläubiger X nicht
zugestimmt hat, die Regelung ist aber nicht Selbstzweck, sondern im
Zusammenhang mit dem neu eingefügten § 306 Abs. 1 Satz 3 InsO zu
sehen. Nach dieser Vorschrift ordnet das Insolvenzgericht - nach
Anhörung des Schuldners - die Fortsetzung des Verfahrens über den
Eröffnungsantrag an, wenn nach seiner freien Überzeugung der
Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird. Eine
Überzeugung kann sich das Gericht aber nur bilden, wenn ihm das
Verhalten der Gläubiger im außergerichtlichen Verfahren und ggf. ihre
Stellungnahmen bekannt sind, weil nur dann abschätzbar ist, ob der
gerichtliche Schuldenbereinigungsplan - ggf. mit Hilfe der
Zustimmungsersetzung gern. § 309 InsO - Aussicht auf Erfolg hat. Zwar
mag im Einzelfall die Beteiligung nur einiger Gläubiger ausreichend sein.
Dies setzt aber voraus, dass die ausdrücklich dem Plan
widersprechenden Gläubiger über Kopf- und/oder Summenmehrheit
verfügen. Denn dann hat ein unveränderter Plan auch im gerichtlichen
Schuldenbereinigungsplanverfahren voraussichtlich keine Aussicht auf
Erfolg, weil er mangels der Möglichkeit einer Zustimmungsersetzung
nicht zustande kommen kann (vgl. zum Ganzen: Fuchs, ZInsO 7/2002, V.,
1.).
Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht gegeben, da nur drei
Gläubiger (mit einer Gesamtforderung in Höhe von EUR 6.149,28) den
Plan ausdrücklich abgelehnt haben, während ein Gläubiger (mit einer
Forderung in Höhe von EUR 4.121,52) ihm ausdrücklich zugestimmt und
ein Gläubiger (mit einer Forderung in Höhe von EUR 181,65)
geschwiegen hat.
Bei dieser Sachlage sieht sich das Gericht - unter Berücksichtigung der
Gesamtverschuldung in Höhe von EUR 16.523,59 - außer Stande, die
Prognoseentscheidung hinsichtlich der Erfolgsaussicht des gerichtlichen
Schuldenbereinigungsplanverfahrens gern. § 306 Abs. 1 Satz 3 InsO zu
treffen. Da dies seine Ursache darin hat, dass die von der Schuldnerin
gern. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorzulegende Bescheinigungen nicht den
an sie zustellenden Anforderungen entspricht
und die Schuldnerin binnen eines Monats nach der gerichtlichen
Beanstandung dieselbe nicht behoben hat, gilt der Antrag der
Schuldnerin auf Eröffnung des (Verbraucher--)Insolvenzverfahrens gem.
§ 305 Abs. 3 Satz 2 als zurückgenommen.