Urteil des AG Kleve vom 24.06.2004

AG Kleve: versicherung, vertagung, abgabe, geschäftsbetrieb, beendigung, unternehmen, ratenzahlung, einfluss, unterlassen, meinung

Amtsgericht Kleve, 7 aM 726/04
Datum:
24.06.2004
Gericht:
Amtsgericht Kleve
Spruchkörper:
Zwangsvollstreckungsgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 aM 726/04
Schlagworte:
Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung; Vertagung
Normen:
ZPO § 900 Abs.3; ZPO § 766 Abs. 1
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Leitsätze:
Zu den Voraussetzungen einer Vertagung des Termins zur Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung durch den Gerichtsvollzieher.
Tenor:
wird die Erinnerung der Gläubigerin vom 16.03.2004 gegen die Art und
Weise der Durchführung der Zwangsvollstreckung durch den
Obergerichtsvollzieher xxx auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen
Gründe:
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Die Gläubigerin wendet sich gegen die Vertagung des Termins zur Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung durch die Schuldnerin, die der Obergerichtsvollzieher xxx
nach Ratenzahlungsangebot der Schuldnerin ohne Zustimmung der Gläubigerin am
25.02.2004 vorgenommen hatte. Sie verlangt, den Gerichtsvollzieher anzuweisen
unabhängig von Ratenzahlungen der Schuldnerin neuen Termin sofort anzuberaumen
und die Vollstreckung fortzusetzen.
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Die gemäß § 766 ZPO zulässige Erinnerung ist als unbegründet zurückzuweisen, weil
das Verfahren des Obergerichtsvollziehers xxx rechtmäßig war und nicht zu
beanstanden ist.
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Grundsätzlich ist der Gerichtsvollzieher bei glaubhaftem Ratenangebot des Schuldners
auch ohne Zustimmung des Gläubigers und sogar gegen dessen Widerspruch
berechtigt, gemäß § 906 III ZPO den Termin zur eidesstattlichen Versicherung zu
vertagen und nur vor Ablauf von 6 Monaten einen neuen Termin zu bestimmen, wenn
die angebotenen Raten vom Schuldner nicht an den Gläubiger gezahlt werden (vergl.:
AG Forchheim, OGVZ 2000 S. 43; AG Kleve, OGVZ 2000, S. 62; AG Ansbach, OGVZ
2003, S. 175; AG Lindau, OGVZ 2000, S. 172; Harnache, OGVZ 1999, S. 81 ff. (86 f);
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Schiltzen, OGVZ 1998, S 145 ff (152 f); Zöller, ZPO 23. Auflage, § 900; Rdn. 17 i). Dies
und nicht die Gegenmeinung ist entgegen der Ansicht der Gläubigerin die herrschende
Meinung! Der von der Gläubigerin u.a. beispielhaft angegebene Beschluss des
Amtsgerichts Neuss vom 03.02.2004 bezieht sich ohne nähere Begründung auf § 806 b
ZPO, betrifft also augenscheinlich nicht den Fall des § 900 III ZPO, nämlich die
Aussetzung des Termins zur eidesstattlichen Versicherung; nur der des Amtsgerichts
Eschweiler vom 26.06.2003 allerdings auch ohne nähere Begründung, betrifft diesen
Fall. Die Gläubigerin geht auch rechtsirrig davon aus, dass sie allein die
Handlungsweise des Gerichtsvollziehers bestimmen könne. Keineswegs ist der
Gerichtsvollzieher weisungsabhängig. Er ist staatliches Vollstreckungsorgan. Die
Gläubigerin kann nur durch die Erteilung von Vollstreckungsaufträgen bzw. deren
Rücknahme Einfluss auf das Verfahren nehmen, nicht aber dadurch, dass sie dem
Gerichtsvollzieher, der übrigens gemäß § 806 b ZPO in jeder Lage des
Vollstreckungsverfahrens auf eine gütliche Beendigung hinzuwirken hat, anweisen
kann, einzelne ihr genehme Handlungen zu unternehmen oder ihr nicht genehme
Handlungen zu unterlassen.
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Entgegen ihrer Ansicht wird die Gläubigerin auch nicht rechtlos dadurch gestellt, dass
der Gerichtsvollzieher ohne ihre Erlaubnis einen Termin gemäß § 900 III ZPO vertagen
kann. Die eidesstattliche Versicherung soll den Schuldner nicht für seine Zahlungsmoral
bestrafen. Sie dient allein dazu dem Gläubiger weitere Erkenntnisse über das
Vermögen des Schuldners zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auch nicht
nachvollziehbar, weshalb die Gläubigerin durch die Vertagung des Termins schlechter
dastehen soll, als ohne. Wenn der Termin durchgeführt wird, hat das in der Regel zur
Folge, dass ein Schuldner seinen Geschäftsbetrieb wegen Kreditunwürdigkeit alsbald
einstellen muss. Dennoch erhält der Gläubiger in der Regel nicht den zu
vollstreckenden Geldbetrag. Wird der Termin jedoch vertagt, weil der Schuldner Raten
anbietet, erhält der Gläubiger in der Regel das angebotene Geld und der Schuldner
kann eventuell seinen Geschäftsbetrieb, der möglicherweise nur einen zeitweiligen
finanziellen Engpass hatte, fortsetzen. Inwieweit dies der Schuldnerin Vorteile
gegenüber anderen Beitragszahlern der Gläubigerin als Berufsgenossenschaft bringen
soll, und inwieweit das dem Sozialgesetzbuch zuwiderlaufen soll, vermag das Gericht
nicht zu erkennen. Es dürfte eher vorteilhaft sein, kleinere Beträge über einen längeren
Zeitraum als gar keine Beträge zu erhalten. Letztlich ist auch nicht davon auszugehen,
dass die Zahlungsbereitschaft der Schuldnerin hier nicht glaubhaft sei. Allein, dass
mehrere Beiträge geschuldet werden, bedeutet nicht, dass die Schuldnerin die Raten
nicht zahlt, zumal sie nach Angabe des Obergerichtsvollziehers in der Vergangenheit
sich an die Ratenzahlung hielt.
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Mithin war die Erinnerung auf Kosten der Gläubigerin zurückzuweisen.
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