Urteil des AG Kerpen vom 27.05.2005

AG Kerpen: widerklage, wasser, betriebskosten, entwässerung, gegenforderung, abrechnung, haus, rücknahme, umlegung, aufrechnung

Amtsgericht Kerpen, 21 C 11/05
Datum:
27.05.2005
Gericht:
Amtsgericht Kerpen
Spruchkörper:
Abt. 21
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 C 11/05
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.271,35 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
27.11.2004 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Be-trages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Zu Gunsten der Beklagten ist an einer Wohnung im Haus des Klägers ein
Wohnungsrecht im Grundbuch eingetragen. In dem der Eintragung zugrunde liegenden
notariellen Vertrag vom 14.07.1986 ist mit Ausnahme der für die Beklagte "kostenfreien
Beheizung" über die Tragung von Betriebskosten nichts vereinbart.
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Mit Schreiben vom 14.01./20.04.2004 rechnete der Kläger gegenüber der Beklagten
Betriebskosten in Höhe von insgesamt 2.107,98 € ab, davon 1.283,49 € für 2001 und
824,49 € für 2002. Dabei legte der Kläger die Kosten für Wasser und Entwässerung
nach Wohnflächen auf die Beklagte um. Die Beklagte hatte vorher die vorhandenen
Wasseruhren in ihrer Wohnung gegen andere ausgetauscht.
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Mit der Klage verlangt der Kläger die abgerechneten Betriebskosten von 2.107,98 €
abzüglich einer unstreitigen Gegenforderung der Beklagten von 836,63 €, gegen die er
die Aufrechnung erklärt hat.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.271,35 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 27.11.2004 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Im Wege der Widerklage beantragt die Beklagte nach teilweiser Rücknahme der
zunächst in Höhe von 836,63 € erhobenen Widerklage sinngemäß,
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den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 412,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2003 zu zahlen.
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Gegenstand der Widerklage ist die Gegenforderung der Beklagten abzüglich der vom
Kläger abgerechneten Müllgebühren von 423,80 €. Weitere Nachforderungen an
Betriebskosten hält die Beklagte für nicht gerechtfertigt, weil die Kosten von Wasser und
Entwässerung nach Ablesung der - seinerzeit vorhandenen - Wasserzähler Ende 2001
und Ende 2002 hätten abgerechnet werden müssen; im übrigen seien die
Abrechnungen verfristet.
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Der Kläger beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe die Abrechnung nach Verbrauch bei Wasser und
Entwässerung durch den eigenmächtigen Austausch der Wasseruhren selbst unmöglich
gemacht.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der
Sitzungsniederschrift, den beigezogenen Akten AG Kerpen 21 C 455/00 und dem
vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet, die Widerklage unbegründet.
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Dem Kläger steht ein Anspruch auf Entrichtung von Betriebskosten in Höhe des
zuerkannten Betrages von 1.271,35 € gegen die Beklagte zu. Der Betrag setzt sich
zusammen aus den abgerechneten Betriebskosten für 2001 in Höhe von 1.283,49 € und
für 2002 in Höhe von 824,49 €; von dem Gesamtbetrag in Höhe von 2.107,98 € ist die
vom Kläger aufgerechnete unstreitige Gegenforderung der Beklagten von 836,63 € in
Abzug zu bringen. Diese Gegenforderung ist durch die Aufrechnung erloschen (§ 389
BGB) und kann auch nicht teilweise im Wege der Widerklage geltend gemacht werden.
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Als Inhaberin eines unentgeltlichen Wohnrechts ist die Beklagte grundsätzlich
verpflichtet, die durch die Benutzung verursachten Wohnungsnebenkosten, nämlich
Müll, Wasser und Heizung zu tragen (vgl. z.B. LG Duisburg WM 1988, 167; AG Kerpen,
Urteil vom 09.11.2001 - 21 C 455/00 -). Da die Beklagte ein Recht auf "kostenfreie
Beheizung" hat, verbleiben aus den Abrechnungen des Klägers als umlegbar die
Müllgebühren und die Wasserkosten nebst Entwässerung. Die Abrechnungen des
Klägers beschränken sich auch auf diese Positionen.
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Berechtigt sind hiernach ohne weiteres die nicht verbrauchsabhängigen Müllgebühren
aus den vorgelegten Rechnungen. Diese ergeben in der Summe eine Forderung von
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423,80 €. Aber auch die darüber hinaus verlangten Kosten für Wasser und
Entwässerung, die in ihrer Gesamthöhe unstreitig geblieben und mit einem Betrag von
1.684,18 € auf die Beklagte umgelegt worden sind, müssen als berechtigt angesehen
werden.
Die entsprechenden Kosten sind - ebenso wenig wie die Müllgebühren - vom Kläger
verspätet abgerechnet worden, insbesondere mussten sie analog § 556 III 1, 2 BGB
weder jährlich noch spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende eines
(jährlichen) Abrechnungszeitraums abgerechnet und der Beklagten mitgeteilt werden.
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Eine entsprechende Anwendung des § 556 III BGB verbietet sich, weil es sich dabei um
eine mietrechtliche Sonderregelung handelt, der Gesetzgeber bei der Novellierung des
Mietrechts eine analoge Anwendung auf andere Rechtsverhältnisse, namentlich auf das
Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) nicht geregelt hat, und Mietrecht und Wohnungsrecht
strukturell nicht vergleichbar sind; insbesondere müssen im Bereich des
Wohnungsrechts nicht eventuelle soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten
sozialorientiert ausgeglichen werden, ferner handelt es sich beim Wohnungsrecht um
ein dingliches, üblicherweise auf längere Zeit angelegtes Recht unter Ausschluss des
Eigentümers, während ein bloß schuldrechtlich vereinbartes Mietverhältnis jederzeit
kündbar ist und vor diesem Hintergrund auch die Nebenpflichten der Parteien
kurzfristiger Regelungen bedürfen.
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Die Beklagte kann dem Kläger auch nicht mit Erfolg vorhalten, er habe die Wasser- und
Entwässerungskosten nach Ablesung der Ende 2001 und 2002 noch vorhandenen
Wasseruhren konkret ermitteln und berechnen können. Da der Kläger nämlich nicht zur
jährlichen Abrechnung verpflichtet war, musste er die Wasseruhren nicht zwingend
Ende 2001 und Ende 2002 ablesen. Deshalb ist es auch nicht von Belang, dass der
berechnete Frischwasserverbrauch für 2001 teilweise auch das Jahr 2000 umfaßt und
der für 2002 auch teilweise das Jahr 2001; denn die in den Abrechnungen aufgeführten
Gesamtkosten für das Haus sind zwischen den Parteien nicht streitig. Die Beklagte kann
sich auch nicht mit Erfolg gegen den vom Kläger gewählten Umlegungsmaßstab - nach
dem Verhältnis der Wohnflächen - wehren. Zwar war der Kläger grundsätzlich zur
verbrauchsabhängigen Abrechnung der entsprechenden Position verpflichtet, doch ist
ihm diese Möglichkeit durch den eigenmächtigen Ausbau der alten Wasseruhren
seitens der Beklagten genommen worden; dass der Kläger vorher wiederholt
aufgefordert worden wäre, die Uhren abzulesen, ist von der Beklagten weder
hinreichend substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt worden. Vielmehr hat
die Beklagte ihren Fehler eingesehen, indem sie (im Termin) selbst erklärt hat, sie hätte
den Kläger vor dem Austausch der Uhren fragen sollen. Wegen ihres eigenmächtigen
Verhaltens kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, mit den ursprünglich
vorhandenen Uhren seien Messungen nicht mehr möglich gewesen. Da die Beklagte
auch nicht auf das entgegenkommende Angebot des Klägers, einen anderen
Verteilungsschlüssel für die Wasser- und Entwässerungskosten vorzuschlagen,
eingegangen ist, ferner weder vorgetragen noch aus anderen Umständen ersichtlich ist,
dass eine Umlegung der Kosten z.B. nach Personen oder eine nach Flächen und
Personen kombinierte Umlegung angemessener oder gerechter wäre, entspricht die
vom Kläger gewählte Abrechnungsmethode (entsprechend § 315 I BGB) billigem
Ermessen und kann nicht im Nachhinein (mit nachgelassenem Schriftsatz vom
29.04.2005) wenig substantiiert als ungerecht bezeichnet werden.
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Der Zinsanspruch des Klägers beruht auf §§ 286, 288 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 269 III 2, 709 ZPO.
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Streitwert:
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1. bis zur teilweisen Rücknahme der Widerklage am 15.04.2005: 2.107,98 €
(1.271,35 € zuzüglich 836,63 €);
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2. danach: 1.684,15 €
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