Urteil des AG Kehl vom 11.01.2005

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AG Kehl Urteil vom 11.1.2005, 4 C 421/04
Schadensersatz aus Verkehrsunfall: Erforderlichkeit eines Ersatzwagens zum Unfallersatztarif; Darlegungspflicht des Unfallgeschädigten
Leitsätze
Es obliegt dem Unfallgeschädigten, die Erforderlichkeit einen Ersatzwagen zum Unfallersatztarif anzumieten, darzulegen. Ihm ist auch zumutbar,
sich - ggf. über Internet - über die von anderen örtlichen Mietwagenfirmen angebotenen Tarife zu informieren.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht
die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Tatbestand
1 Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf restlichen Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 16.03.2004 in Kehl
ereignet hat, in Anspruch. Die alleinige Haftung der Beklagten ist unstreitig. Der Kläger ist Eigentümer des verunfallten Golf II, amtliches
Kennzeichen: OG - ..., welches am 15.06.1988 erstmals zugelassen worden war. Hinsichtlich der weiteren Fahrzeugdaten wird auf das vom Kläger
in Auftrag gegebene Gutachten des KfZ-Sachverständigenbüro S. vom 18.03.2004 (AS 31, 35 ff) verwiesen, der einen Totalschaden, aber einen
fahrfähigen und verkehrssicheren Zustand des Fahrzeugs feststellte und die voraussichtliche Wiederbeschaffungsdauer mit 12-14 Tagen angab.
2 Der Kläger reparierte das Fahrzeug in „Eigenregie“. Er mietete ausweislich einer nicht datierten Rechnung der Firma K.-GmbH über 1.546,28 EUR
für 12 Tage, nämlich vom 16.03. bis zum 27.03.2004, ein Ersatzfahrzeug der Marke Renault, mit dem der 893 km zurücklegte (AS 9). Die Beklagte
bezahlte hierauf vorgerichtlich 493,00 EUR. Mit der Klage verlangt der Kläger weitere EUR 795,75, nämlich die Differenz zu 10/12 der
Rechnungssumme.
3 Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagten verpflichtet seien, 10/12 der Mietwagenkosten auszugleichen. Er habe das Fahrzeug am
17.03.04 zur Begutachtung gegeben. Das Gutachten sei ihm erst am Freitag, 19.03.04 zugegangen. Billige man ihm dann vier Reparaturtage zu,
sei das Fahrzeug frühestens am 25.03.04 fertig gestellt worden. Für diese 10 Tage verlange er Ersatz. Dass die Reparatur in einer Fachwerkstatt
möglicherweise schneller durchgeführt worden wäre, könne nicht zu seinen Lasten gehen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 795,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 12.04.2004 zu bezahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
8 Sie sind der Auffassung, dass der Kläger keine weiteren Ansprüche habe. Dieser habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, indem
er, obwohl sein Fahrzeug verkehrssicher gewesen sei, ein Mietfahrzeug angemietet habe. Die Reparatur hätte in einem Tag durchgeführt werden
können. Dass die Beklagten sogar vier Tage erstattet haben, sei mehr als ausreichend. Die Mietwagenkosten von 91 EUR pro Tag seien zudem
weit übersetzt.
9 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und
sonstigen Aktenteile Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
10 Die Klage ist zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
I.
11 Der Kläger kann von den Beklagten gemäß §§ 7 StVG, 3 PflVG, 249 ff keinen weiteren Ersatz von Mietwagenkosten verlangen.
12 Gemäß §§ 249, 251 Abs. 2 BGB hat ein Geschädigter Anspruch auf Zahlung des zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes
erforderlichen Betrages. Der Kläger hat trotz Hinweises des Gerichts nicht dargelegt, dass es für ihn erforderlich war, ein einem 16 Jahre alten
Golf II entsprechendes Fahrzeug zu einem Tagespreis von 91 EUR netto anzumieten (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung der
Erforderlichkeit zuletzt: BGH, NJW 2005, 135). Es ist vielmehr offensichtlich und war für den Kläger ohne weiteres erkennbar, dass der Mietpreis
der Firma K. GmbH überhöht ist, nachdem beispielsweise bei der Firma S., Offenburg, ein Golf für eine Woche inklusive aller Kilometer und
Versicherungen für EUR 249 angemietet werden kann (vgl. www.s...de; vgl. zur Zumutbarkeit der Internetnutzung: LG Duisburg, NJW-RR 2005,
57). Ein wirtschaftlich denkender Mensch würde nicht einen vier Mal so teuren (Unfallersatz-)Tarif wählen, selbst wenn er für den Normaltarif in
Vorlage treten oder das Fahrzeug selbst abholen muss (vgl. auch AG Heinsberg, Schaden-Praxis, 2004, 197, Juris-Dok.-Nr.: KORE584802004 ;
LG Hamburg, VersR 2003, 1186, Juris-Dok.-Nr.: KORE559352003 ; AG Kehl, Az.: 4 C 962/03, Urteil vom 05.10.04).
13 Da der Kläger mit den erstatteten 493 EUR somit bei der Firma S. einen Golf inklusive aller Kilometer sogar fast zwei Wochen hätte mieten
können, war die Klage schon deshalb abzuweisen. Nur der Vollständigkeit halber weist das Gericht darauf hin, dass es fraglich erscheint, ob die
Firma K. GmbH überhaupt Bezahlung der - gesamten - Rechnung verlangen kann (vgl. nur AG Oranienburg, Schaden-Praxis 2004, 234, Juris-
Dok.-Nr.: KORE560172004 ; AG Bergisch-Gladbach, Schaden-Praxis 2004, 234, Juris-Dok.-Nr.: KORE560162004 ; AG Stuttgart-Bad Cannstatt,
Schaden-Praxis 2003, 351, Juris-Dok.-Nr.: KORE566112003 ).
II.
14 Die Entscheidungen hinsichtlich der Kosten und der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO und § 708 Nr. 11, 711 ZPO.