Urteil des AG Kassel vom 22.02.2010

AG Kassel: verfahrenskosten, darlehen, hauptsache, verfügung, form, vergleich, anteil, auszug, saldo, zustand

1
2
3
4
5
6
Gericht:
AG Kassel
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
542 F 3168/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 120 Abs 4 ZPO, § 1360a Abs
4 BGB, § 1610 BGB
Verfahrenskostenvorschuss des Ehegatten in Form eines
Darlehens
Leitsatz
Der Anspruch eines Ehegatten auf Verfahrenskostenvorschuss für einen
Unterhaltsprozess kann der andere Ehegatte dadurch befriedigen, indem er den
entsprechenden Betrag darlehensweise zur Verfügung stellt.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert wird auf 3.600,05 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Zahlung
eines Verfahrenskostenvorschusses.
Die Beteiligten sind Eheleute. Sie leben seit Ende April 2009 durch Auszug der
Antragstellerin aus der Ehewohnung voneinander getrennt. Bei der Antragstellerin
erlebt die gemeinschaftliche Tochter A., geboren am 04.05.2003. Mit Antrag vom
12.10.2009 hatte die Antragstellerin die Verpflichtung des Antragsgegners zur
Zahlung von Getrenntlebendunterhalt rückständig und laufend sowie von
Kindesunterhalt laufend begehrt (AG Kassel 542 F 3063/09). Sie begehrt für jedes
Verfahren einen Kostenvorschuß. Der Antragsgegner erklärt, einen
Kostenvorschuß in geforderte Höhe der Antragstellerin im Wege eines Darlehens
als Mittel zur Vorfinanzierung zur Verfügung zu stellen. Im Januar 2010 unter dem
Eindruck des laufenden Verfahrens hat der Antragsgegner der Antragstellerin
3.600,05 € überwiesen mit der Erklärung, es handele sich um einen Vorschuß auf
einen etwaigen Zugewinnausgleichsanspruch, weswegen sich eine Kostenarmut
der Antragstellerin nicht mehr ergebe. Am 12.01.2010 ging bei Gericht zum
Aktenzeichen 542 F 3063/09 ein Gerichtskostenvorschuß in Höhe von 1.107 € ein.
Die Antragstellerin behauptet, sie habe die Zahlung des Antragsgegners über
3.600,05 € in Höhe von 1.600 € zum Ausgleich ihres in entsprechender Höhe
überzogenen Girokontos verwendet. Insoweit verfolge sie ihren Vorschußanspruch
weiter. Die Inanspruchnahme des vom Antragsgegner angebotenen Darlehens
lehne sie ab, nicht zuletzt deswegen, weil die Rückzahlungsmodalitäten rechtlich
anders seien als bei einem gezahlten Verfahrenskostenvorschuß.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß unter Erklärung der Erledigung des
Verfahrens in der Hauptsache im Übrigen,
den Antragsgegner zu verpflichten, an sie einen Verfahrenskostenvorschuß in
Höhe von 1.600 € zu bezahlen.
Der Antragsgegner schließt sich der Teilerledigungserklärung an und beantragt im
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Der Antragsgegner schließt sich der Teilerledigungserklärung an und beantragt im
Übrigen,
den Antrag zurückzuweisen.
Er bestreitet den negativen Saldo auf dem Girokonto der Antragstellerin mit
Nichtwissen. Weiter meint er, der Vorschußanspruch der Antragstellerin bestehe in
Ansehung seines Darlehensangebotes nicht mehr.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die
gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung
vom 17.12.2009 Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Das Gericht kann es dahingestellt sein lassen, ob der Vorschußanspruch ihm
begehrte Höhe der Antragstellerin überhaupt zustand. Auf den Streit der
Beteiligten, ob die Antragstellerin im Verfahren 542 F 3063/09 ihre
Unterhaltsansprüche und diejenigen der gemeinschaftlichen Tochter A. zutreffend
beziffert hat oder nicht, kommt es bereits deswegen im vorliegenden Verfahren
nicht mehr an, weil der Anspruch der Antragstellerin aus anderen Gründen
untergegangen ist.
In Höhe der Gerichtskosten für das Verfahren 542 F 3063/09 (1.107 €) ist unstreitig
der Vorschußanspruch der Antragstellerin während des laufenden Verfahrens vom
Antragsgegner erfüllt worden. Folgerichtig hat das Gericht das Vorbringen in der
Antragstellerin im Schriftsatz vom 26.01.2001 deswegen als
Teilerledigungserklärung verstanden, weil der Gerichtskostenvorschuß im
genannten Verfahren entrichtet wurde.
Ob der auf ihre außergerichtlichen Kosten gerichtete weitergehende
Vorschußanspruch der Antragstellerin ebenfalls vom Antragsgegner erfüllt worden
ist, kann das Gericht ebenfalls dahinstehen lassen. Der Streit der Beteiligten
darüber, ob die Antragstellerin überhaupt einen Anteil der im Januar 2007 erfolgten
Zahlung des Antragsgegners über 3.600,05 € in Höhe von 1.600 € anderweitig
verwendete, braucht nicht aufgeklärt zu werden. Auch bedarf es keiner Erörterung,
ob die Antragstellerin im Falle der Erweislichkeit ihrer Behauptung rechtlich befugt
war, entsprechend über die genannte Zahlung des Antragsgegners zu verfügen.
Denn der Anspruch der Antragstellerin auf Vorschußzahlung ist bereits deswegen
untergegangen, weil der Antragsgegner ihr angeboten hat, die Verfahrenskosten
im Wege eines Darlehens an die Antragstellerin vorzufinanzieren.
Die Antragstellerin war gehalten, dieses Darlehensangebot wegen des
Grundsatzes der größtmöglichen Schonung der Beteiligten in den
Auseinandersetzungen, die zwischen ihnen bestehen, anzunehmen. Die Annahme
des Darlehensangebot des war für die Antragstellerin auch zumutbar. Dabei legt
das Gericht das Angebot des Antragsgegners dahin aus, daß er ein zinsloses
Darlehen gemeint hat. Denn die Parteien stritten lediglich über die Frage, ob
wegen der Modalitäten der Rückzahlung eines solchen Darlehens die
Rechtsposition der Antragstellerin in unzumutbarer Weise beeinträchtigt worden
wäre oder nicht.
Die Annahme eines Darlehens war für die Antragstellerin bereits deswegen
zumutbar, weil auch die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe oder die Zubilligung
eines Verfahrenskostenvorschusses nicht von vornherein bedeutet hätte, daß die
Antragstellerin von jeglicher Pflicht freigestellt worden wäre, sich an den
Gerichtskosten und ihren eigenen außergerichtlichen Kosten zu beteiligen. Das
Verfahrenskostenhilfeverfahren ist U.a. dadurch gekennzeichnet, daß die
bedürftige Person ggf. vorhandenes eigenes Vermögen oder Einkommen
einzusetzen hat und dies jedenfalls auch dann, wenn sich ihre wirtschaftlichen
Verhältnisse nach Verfahrensende zu ihren Gunsten ändern (§ 120 Abs. 4 ZPO).
Dies kann zur Folge haben, daß von vornherein oder auch nachträglich
Ratenzahlungen angeordnet oder im Nachhinein geleistete Zahlungen
zurückgefordert werden können. Auch kann es bei entsprechenden wirtschaftlichen
Verhältnissen gerechtfertigt sein, der bedürftigen Person aufzuerlegen, etwaig
vorhandenes Vermögen zu beleihen, um mit dem solchermaßen erlangten
Darlehen die Verfahrenskosten zu finanzieren. Soweit ein
Verfahrenskostenvorschuß gezahlt wurde, so ist ein solcher wegen der
16
17
18
19
20
21
Verfahrenskostenvorschuß gezahlt wurde, so ist ein solcher wegen der
Rechtsnatur als Vorschuß spätestens nach Beendigung des Verfahrens
abzurechnen. Dies kann auch zur Folge haben, daß für den Fall einer
Kostenquotenbildung in der Sachentscheidung zu Lasten der bedürftigen Person
ein Rückforderungsanspruch hinsichtlich des gewährten Vorschusses entstehen
kann.
Vergleicht man das Angebot des Antragsgegners hier mit der Situation, daß die
Antragstellerin eventuell vor Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe hätte
verpflichtet sein können, ein Darlehen aufzunehmen, so stünde die Antragstellerin
nicht schlechter. Denn dann läge für sie eine wirtschaftlich in jeder Hinsicht
vergleichbare Situation vor. In beiden Konstellationen - wobei die eine gesetzlich
vorgegeben ist - müßte die Antragstellerin die Verfahrenskosten mit Hilfe eines
Darlehens finanzieren. Das Angebot des Antragsgegners stellte sie sogar noch
besser, weil dieses - anders als bei Fremdfinanzierung am - zinslos gewährt
werden würde.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zwanglos, daß die
Inanspruchnahme eines solchen Darlehens zumutbar ist. Die Finanzierung von
Verfahrenskosten findet auch in anderen Situationen als diejenigen der
Antragstellerin momentan statt.
Der Verweis auf die Inanspruchnahme eines solchen Darlehens des
Antragsgegners ist auch nicht wegen der damit verbundenen Rückzahlungspflicht
unzumutbar. Dies ergibt sich zum einen bereits daraus, daß auch dann, wenn die
Antragstellerin aus anderen Gründen dazu verpflichtet gewesen wäre, ein Darlehen
aufzunehmen, um die Verfahrenskosten vorzufinanzieren, sie dieses hätte
zurückzahlen müssen. Andererseits ergibt sich eine Erleichterung dann, wenn am
Ende des zu finanzierenden Verfahrens ein Kostenerstattungsanspruch der
Antragstellerin stünde. Denn dann könnte sie gegen den Rückforderungsanspruch
ganz oder teilweise die Aufrechnung erklären. Schließlich entspricht es in der
normalen Prozeßsituation einer jeden verfahrensbeteiligten Partei jenseits der
Institute der Verfahrenskostenhilfe und des Verfahrenskostenvorschußanspruches,
ein Kostenrisiko zu tragen mit der Konsequenz, auch die eigenen Kosten ganz
oder teilweise nach Verfahrensende selbst tragen zu müssen und gegebenenfalls
auch die damit verbundenen Finanzierungsaufwendungen, mithin ein
aufgenommenes Darlehen. Im Ergebnis wird die Antragstellerin damit keinesfalls
schlechter gestellt im Vergleich zu einer nicht bedürftigen Partei, aber auch nicht
im Vergleich zu einer bedürftigen Partei.
Die Antragstellerin ist aber auch nicht deswegen schlechter gestellt, weil sie nur
das Angebot der Darlehensgewährung erhalten hat, nicht jedoch damit schon in
die Darlehensvaluta, mithin in das Geld, der sie benötigt, das Verfahren zu
finanzieren. Denn die Antragstellerin könnte jederzeit ihren bezifferten
Vorschußantrag dahingehend umstellen, aus einer entsprechenden
Darlehensabrede gegen den Antragsgegner vorzuziehen. Vorliegend auch das
Gericht nicht darüber zu entscheiden, ob gegebenenfalls das Begehren der
Antragstellerin umzudeuten wäre. Denn die Antragstellerin hat in der mündlichen
Verhandlung vom 17.12.2009 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, das
Darlehensangebot des Antragsgegners gerade nicht annehmen zu wollen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91, 91a ZPO. Soweit die
Parteien in das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache teilweise für
erledigt erklärt haben, fallen die Kosten ebenfalls der Antragstellerin zu Last. Dem
Zeitpunkt des Eintrittes der Erledigung - Zahlung des Antragsgegners über
3.600,05 € - war der Vorschußantrag der Antragstellerin bereits unbegründet, weil
der Antragsgegner schon zuvor angeboten hatte, ihr ein Darlehen über die
vorzuschießenden Verfahrenskosten zu gewähren.
Die Festsetzung des Verfahrenswert es ergibt sich aus § 35 FamGKG
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.