Urteil des AG Karlsruhe vom 15.01.2002

AG Karlsruhe: unerlaubte handlung, strafbefehl, feststellungsklage, vollstreckungsverfahren, vorfrage, versicherung, behandlung, urkunde, rechtskraft, verfügung

AG Karlsruhe Urteil vom 15.1.2002, 5 C 322/01
Feststellungsklage: Rechtsschutzinteresse eines Gläubigers einer titulierten Forderung hinsichtlich Feststellung des Rechtsgrunds einer
vorsätzlichen unerlaubten Handlung
Tenor
1. Es wird festgestellt, daß die mit Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 21.05.1999 (AZ: 99-0086483-0-7) den Klägern
rechtskräftig zuerkannte Forderung in Höhe von 619,68 DM nebst 12 % Zinsen seit 01.04.1999, Kosten des gerichtlichen
Mahnverfahrens von DM 251,11 nebst 4 % Zinsen seit 21.05.1999, vorgerichtlichen Mahnkosten von DM 20,00 und bisherige
Vollstreckungskosten von DM 586,61 auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen einer vom Beklagten zum Nachteil
der Kläger vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, nämlich wegen Betrugs, begründet ist.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Ohne Tatbestand gemäß § 495 a ZPO.
Entscheidungsgründe
2
Die Klage ist zulässig, da das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt.
3
Ein Antrag nach § 850 f Abs. 2 ZPO ist zwar nach Ansicht des Gerichts der einfache, schnellere und kostengünstigere Weg, jedoch sind beide
Verfahrensergebnisse nicht im wesentlichen gleichwertig.
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Ihm Rahmen des § 850 f Abs. 2 ZPO steht dem Vollstreckungsgericht grundsätzlich die Befugnis zu, selbständig zu überprüfen, ob die Forderung
auf vorsätzlicher unerlaubter Handlung beruht (Zöller, Kommentar zur ZPO, 22. Auflage, § 850 f, Randnr. 9).
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Zwar kommt eine Beweisaufnahme zur Feststellung, ob eine vorsätzliche, unerlaubte Handlung vorlag, nicht in Betracht, jedoch läßt sich durch
die Vorlage von Urkunden vor dem Vollstreckungsgericht durch den Rechtspfleger nachprüfen, ob eine vorsätzliche unerlaubte Handlung
vorliegt, was im vorliegenden Fall zutrifft, da der Beklagte durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Karlsruhe vom 07.04.00 wegen
Betrugs zum Nachteil der Kläger verurteilt wurde und diesem Strafbefehl der gleiche Sachverhalt wie dem Vollstreckungsbescheid zugrunde lag.
Die von den Klägern vorgelegten Entscheidungen des Landgerichts Karlsruhe betrafen keinen Fall, in dem ein rechtskräftiger Strafbefehl vorlag,
so daß dem Rechtspfleger eine erleichterte Überprüfung nicht möglich war. Im vorliegenden Falle hätte das Vorliegen einer vorsätzlichen
unerlaubten Handlung jedoch durch die Vorlage dieser Urkunde nachgewiesen werden können. Der Antrag nach § 850 f ZPO wäre daher der
einfache und kostengünstigere Weg gewesen, hätte jedoch nicht zu einem gleichwertigen Ergebnis wie die vorliegende Feststellungsklage
geführt, so daß das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen ist.
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Die Rechtswirkungen der im Vollstreckungsverfahren erzielbaren Entscheidung würde hinter denjenigen eines Feststellungsurteils
zurückbleiben. Das Vollstreckungsgericht könnte das Vorliegen eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nur als
materiell-rechtliche Vorfrage und im Bezug auf eine bestimmte Vollstreckungsmaßnahme prüfen. Seine Annahme, die Voraussetzungen eines
solchen Anspruchs seien erfüllt, würden weder in materieller Rechtskraft erwachsen, noch über die konkrete Vollstreckungsmaßnahme
hinauswirken. Dagegen bindet eine Feststellung des Prozeßgerichtes, daß die titulierte Forderung auch aus dem Gesichtspunkt des
Schadensersatzes wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet sei das Vollstreckungsgericht bei der Entscheidung über
einen Antrag nach § 850 f Abs. 2 ZPO. Damit steht für das gesamte Vollstreckungsverfahren endgültig und allgemein fest, daß die materiell-
rechtlichen Voraussetzungen, an die das Gesetz die Gewährung des Vollstreckungsprivilegs knüpft, erfüllt sind (BGH Z 109, S. 275, 281).
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Die Feststellungsklage ist auch begründet.
8
Die Kläger haben schlüssig, substantiiert und unbestritten vorgetragen, daß der Beklagte sich im Juli 1998 durch die Kläger zahnärztlich
behandeln ließ, obwohl er, nachdem er bereits im Juni 1997 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, wußte, daß er nicht über die
nötigen finanziellen Mittel verfügte, den auf ihn entfallenden Eigenanteil für die Behandlung zu bezahlen.
9
Der dem Vollstreckungsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt erfüllt daher gleichzeitig die Voraussetzungen für eine vorsätzliche unerlaubte
Handlung, was antragsgemäß somit festzustellen war.
10 Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.