Urteil des AG Hohenschönhausen vom 14.03.2017

AG Hohenschönhausen: beitrittserklärung, rechtsform, datum, einkaufszentrum, sammlung, auflage, gesellschaftsrecht, markt, vereinsrecht, quelle

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Gericht:
AG
Hohenschönhausen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 C 108/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 38 BGB, § 54 BGB
Nicht rechtsfähiger Verein: Anspruch auf Beiträge, wenn sich die
Beitrittserklärung an eine nicht existente GbR richtete
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 %
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, eine in der Rechtsform des nichtrechtsfähigen Vereins organisierte
Werbegemeinschaft für das Einkaufszentrum H. in Berlin-H., verlangt von der Beklagten,
einer Mieterin des Einkaufszentrums, die einen Friseursalon betreibt, Zahlung
rückständiger Beiträge zu dem Verein.
Die Beklagte unterzeichnete unter dem 5. April 2004 einen Mietvertrag über die
Anmietung von Gewerberäumen in dem Einkaufszentrum und unter demselben Datum
eine Beitrittserklärung zu einer “Werbegemeinschaft “H.” Gesellschaft bürgerlichen
Rechts --§§ 705 ff BGB--”, nachdem sie am 12. Dezember 2003 ein schriftliches
Mietangebot für das Objekt unterzeichnet hatte. Zum Wortlaut des Mietvertrags mit den
Teilen I bis IV, der Beitrittserklärung sowie des Mietangebots wird auf die von der Klägerin
vorgelegten Ablichtungen (Anlagen K 1 bis K 3, Blatt 5 ff. der Akte) Bezug genommen.
Mit einer Unterschrift in einer Unterschriftsliste bestätigte ein Vertreter der Beklagten
den Erhalt des Mieterbriefs Nr. 1 des Jahres 2005. Nach einer Zahlungsaufforderung der
Werbegemeinschaft vom 10. Januar 2005 zahlte die Beklagte den darin genannten
monatlichen Beitrag in Höhe von € 172,55 in den Monaten Januar und Februar 2005.
Weitere Zahlungen leistete sie nicht. Mit der Klageforderung macht die Klägerin die
monatlichen Beiträge für März 2005 bis Mai 2006, also 15 mal € 172,55, geltend.
Die Klägerin behauptet, in dem Mieterbrief sei das Werbekonzept enthalten gewesen,
das nach der Beitrittserklärung für die Wirksamkeit des Beitritts zu der
Werbegemeinschaft erforderlich gewesen sei.
Nachdem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Klage bei dem örtlich
unzuständigen Gericht erhoben hatten, hat dieses den Rechtsstreit auf Antrag der
Klägerin hierher verwiesen. Und nachdem in der Klage eine Werbegemeinschaft "H." GbR
als Klägerin genannt worden war, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2006 erklärt, dass die Werbegemeinschaft
nicht als GbR, sondern in der Rechtsform eines nicht rechtsfähigen Vereins organisiert
sei und haben entsprechende Rubrumsberichtigung beantragt und als Satzung des
Vereins ein als Gesellschaftsvertrag bezeichnetes Dokument ohne Datum und ohne
Unterschriften vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.588,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte bestreitet, ein Werbekonzept erhalten zu haben. Sie bestreitet im übrigen
die Existenz des jetzt klagenden nicht rechtsfähigen Vereins und meint, die
Beitrittserklärung der Beklagten beziehe sich auf eine offenbar nicht existente GbR und
nicht auf die Klägerin.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin parteifähig. Der nicht eingetragene
Verein ist parteifähig i.S.v. § 50 ZPO, vgl. KG, Beschluss vom 24. April 2003, 26 W 44/03
(MDR 2003, 1197).
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Beklagte der Klägerin, so diese existiert, nicht
beigetreten ist und die Klägerin also keine Beiträge fordern kann.
Da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin eine planmäßige, anbietende, entgeltliche
Tätigkeit am Markt entfaltet, dürfte es sich bei ihr um einen nicht rechtsfähigen
Idealverein handeln. Für diesen gilt heute Gesellschaftsrecht entgegen § 54 BGB weit
gehend nicht mehr (vergleiche Jauernig, BGB, 10. Auflage, vor § 50, Rn. 5; a.a.O., § 21,
Rn. 4), sondern Vereinsrecht. Die Mitgliedschaft in einem Verein erwirbt man durch
Vertrag mit dem Verein (vergleiche Jauernig, a.a.O., § 38, Rn. 2). Hier fehlt es schon an
einem an die Klägerin gerichteten Aufnahmeantrag, da die Beitrittserklärung vom 1.
April 2004 nicht an die Klägerin gerichtet ist, sondern an eine nicht existente
Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Für eine unschädliche Falschbezeichnung ist hier kein
Raum: erforderlich dafür wäre, dass der wirkliche Wille der Beklagten zur Zeit der
Erklärung auf den Beitritt zur Klägerin gerichtet gewesen wäre und der
Erklärungsempfänger die Erklärung in diesem Sinne verstanden hätte. Dann wäre
erklärt, was gewollt war, wenn auch ein Dritter die Erklärung objektiv anders verstehen
könnte (vergleiche Jauernig, a.a.O., § 133, Rn. 9) Es gibt jedoch keinerlei Anhaltspunkte
dafür, dass die Beklagte nicht einer mehrfach erwähnten Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, sondern einem nicht erwähnten nicht rechtsfähigen Verein beitreten wollte.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte überhaupt die Existenz des Vereins
zum Zeitpunkt ihrer Erklärung gekannt haben sollte. Auch eine darin orientierte
Auslegung, was vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht, hilft
hier nicht weiter, da sie in der Regel keine Auslegung gegen den Wortlaut rechtfertigt
(Jauernig, a.a.O., § 134, Rn. 10, BGH, NJW-RR 02,646) und nicht ersichtlich ist, weshalb
dies hier anders sein sollte. Etwas anderes mag dann gelten, wenn die Rechtsform nicht
ausdrücklich angegeben gewesen wäre. Auf die Frage, wie ähnlich sich die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts und der nicht rechtsfähige Idealverein sind, kommt es nicht an. Es
mag sein, dass die tatsächliche Bezeichnung “so falsch nicht ist”, falsch ist sie
gleichwohl.
Hiernach kann dahinstehen, ob die Klägerin tatsächlich existiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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