Urteil des AG Herne vom 23.02.2005

AG Herne: geschäftsführung ohne auftrag, einfriedung, grundstück, nachbar, verzug, vollstreckbarkeit, rechtshängigkeit, sicherheitsleistung, anwaltskosten, datum

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Amtsgericht Herne, 20 C 507/04
23.02.2005
Amtsgericht Herne
Abteilung 20
Urteil
20 C 507/04
Die Beklagte wird verurteilt, die auf ihrem Grundstück zum Grundstück
des Klägers hin befindliche Zaunkonstruktion, bestehend aus einer
Kombination aus Maschendrahtzaun und Bambuselementen, zu
entfernen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 1/5 dem Kläger, zu 4/5 den
Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 Euro
vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Als die Beklagte vor etwa 1 Jahr ihr Grundstück
erwarb, waren die beiden Gartengrundstücke durch einen etwa 1 m hohen
Maschendrahtzaun eingefriedet. Die Beklagte hat durch ihren Ehemann auf der
gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Zaunkonstruktion unmittelbar hinter die
vorhandene Einfriedung errichtet, die etwa 2 m hoch ist und im Terrassenbereich aus 3
Holzlamellenelemente und im weiteren Verlauf der gemeinsamen Grundstücksgrenze aus
einem etwa 2 m hohen Maschendrahtzaun besteht, der mit Schilfmatten behängt ist.
Der Kläger verlangt die Beseitigung dieser ohne seine Zustimmung errichteten Einfriedung,
wobei er sich sowohl in der Schiedsverhandlung als auch im Ortstermin bereit erklärt hat,
die Holzlamellenelemente unmittelbar an der Hauswand zu dulden.
Neben dem Beseitigungsanspruch verlangt der Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten,
soweit sie für die außergerichtliche Tätigkeit angefallen sind und nicht auf die
Gerichtsgebühren anzurechnen sind.
Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, die auf dem Grundstück der Beklagten zu ihrem Grundstück
hin befindliche Zaunkonstruktion, bestehend aus 3 Holzelementen sowie einer
Kombination aus Maschendrahtzaun und Bambuselementen zu entfernen,
sowie
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 144,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die von ihr errichtete Einfriedung ortsüblich aber vor allen
Dingen auch notwendig sei, um ihr Grundstück vor den Blicken des Klägers zu schützen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze und der mit ihnen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2005 (Bl.
25 ff. d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger kann von der Beklagten die Beseitigung
der eigenmächtig errichteten Einfriedung auf dem Beklagtengrundstück verlangen, soweit
sie über die 3 unmittelbar an der Hauswand errichteten Holzelemente hinausgeht.
Dieser Anspruch ergibt sich aus § 35 NachbG-NW.
Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die von der Beklagten errichtete
Einfriedung (2 m hoher Maschendrahtzaun mit Schilf) ortsüblich ist oder nicht.
Entscheidend ist vielmehr, dass die beiden Grundstücke bereits seit Jahren durch eine dem
Gesetz entsprechende Einfriedung getrennt waren und die von der Beklagten eigenmächtig
errichtete Einfriedung den Charakter der vorhandenen Einfriedung nicht nur erheblich stört,
sondern vollständig beseitigt. In diesen Fällen hat der Nachbar einen Anspruch auf
Entfernung dieser zweiten Einfriedung, vgl. BGH NJW 1992, 2569, Schäfer, NachbG für
NRW, 10. Aufl., Anm. 1 zu § 35 NachbG. Der Nachbar hat danach einen Anspruch auf
Erhalt der vorhandenen ortsüblichen Einfriedung, wobei er auch eine bloß immaterielle
erhebliche Beeinträchtigung der Grenzeinrichtung nicht hinzunehmen braucht.
Dieser Schutz gilt sogar dann, wenn anzunehmen wäre, dass die vorhandene (alte)
Einfriedung weder ortsüblich ist, noch beide Nachbarn diese Einfriedung einvernehmlich
errichtet haben. In diesen Fällen würde sich ein Beseitigungsanspruch aus §§ 922 S. 3,
1004 BGB ergeben, vgl. BGH NJW 1979, 1408 und OLG Frankfurt am Main NJW-RR 1988,
403, zu einem sehr ähnlich gelagerten Fall.
Die weitergehende Klage ist dagegen unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten
nicht verlangen, dass sie auch die bei einem Haus angebauten Holzlamellenelemente
entfernt. Dies folgt schon daraus, dass der Kläger erklärt hat, dass er diese dulden wolle. Im
übrigen hat die Beklagte insoweit ein berechtigtes Interesse, wenigstens diesen Teil ihres
Grundstückes gegen Sichtbeeinträchtigungen zu schützen. Insoweit kann auf Abs. 2 der
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Vorschrift des § 35 NachbG-NW verwiesen werden.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten. Dabei kann
offen bleiben, ob und inwieweit die entstandenen Kosten auf die Gerichtsgebühren
angerechnet werden oder nicht. Hier fehlt es bereits an einer Anspruchsgrundlage. Die
Pflicht zur Erstattung notwendiger Kosten der Rechtsverfolgung erstreckt sich zwar auch
auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des
Schadensersatzanspruchs
verursachten Kosten ( materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch ) Die Kosten. die
durch die Geltendmachung eines nicht auf Schadensersatz gerichteten Anspruchs
entstehen, kann der Gläubiger dagegen nur unter den Voraussetzungen des Verzuges ( §
286 BGB), der vertraglichen Pflichtverletzung (§ 280 BGB), der unerlaubten Handlung (§
823 BGB) oder der Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen. Diese
Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt. Es ist insbesondere nicht festzustellen,
dass sich die Beklagte in Verzug befunden hat. Die Kosten, die für das
verzugsbegründende Schreiben erforderlich werden, sind nicht erstattungsfähig.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 ZPO; der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 ZPO.