Urteil des AG Herne vom 15.06.2005

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Amtsgericht Herne, 15 OWi 220 Js 482/04 - 15/04
Datum:
15.06.2005
Gericht:
Amtsgericht Herne
Spruchkörper:
15. Abteilung
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 OWi 220 Js 482/04 - 15/04
Tenor:
Das Verfahren wird gemäß §§ 47 II, 75 II OWiG auf Kosten der
Staatskasse eingestellt.
Der Betroffene hat jedoch die ihm entstandenen außergerichtlichen
Auslagen selbst zu tragen.
§§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 Abs. 4 StPO.
Gründe:
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Durch Bußgeldbescheid vom 13.07.2004 wurde dem Betroffenen wegen einer
Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 150,00 Euro auferlegt und
gleichzeitig ein Fahrverbot von einem Jahr festgesetzt. Dem Betroffenen wurde zur Last
gelegt, am 10.05.2004 gegen 16:04 Uhr auf der BAB 42 bei Kilometer 46,380,
Fahrtrichtung E, als Fahrer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ###### die
zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 53 km/h überschritten zu haben.
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Der Vorwurf war dem Betroffenen nicht mit einer für eine Verurteilung hinreichenden
Sicherheit nachzuweisen. Der Betroffene hat sich dahin eingelassen, erst am
Autobahnkreuz I auf die Bundesautobahn 42 aufgefahren zu sein. Er sei über den
Beschleunigungsstreifen unmittelbar auf den linken Fahrstreifen der Bundesautobahn
aufgefahren und sodann von dem Radarmessgerät gemessen worden. Zwar habe sich
auf dem Beschleunigungsstreifen ein Zeichen 274 der StVO befunden, mit dem die
Geschwindigkeit auf 100 km/h begrenzt worden sei, er sei jedoch davon ausgegangen,
dass dieses Schild, das nicht etwa am Ausgang des Beschleunigungsstreifens
gestanden habe, sondern im Scheitelpunkt der etwa 90 Grad starken Kurve, nur für den
Bereich des Beschleunigungsstreifen gelte.
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Zwar begegnet die Einlassung des Betroffenen, er sei unmittelbar von dem
Beschleunigungsstreifen auf den linken Fahrstreifen der Bundesautobahn gefahren,
einigen Bedenken, jedoch ist dieser Teil der Einlassung nicht widerlegbar. Richtig ist
indes, dass das Zeichen 274, mit dem die Geschwindigkeit auf 100 km/h begrenzt wird,
sich noch im Kurvenbereich der Autobahnzufahrt befindet, noch bevor die gerade
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Streckenführung des Beschleunigungsstreifens beginnt (gerichtsbekannt). Vor diesem
Hintergrund entstehen deutliche Zweifel, welche Anordnungswirkung dieses
Verkehrszeichen entfaltet. Dabei handelt es sich um ein Streckenverbot, das zur Abwehr
einer bestimmten Gefahrensituation aufgestellt wird. Aufgrund des Aufstellungsortes
bezieht es sich zunächst erkennbar auf den am Aufstellungsort gegebenen
Gefahrenbereich einer Auffahrt, d. h. die dort typischen Gefahren wie Kurvenführung und
Fahren im Zusammenhang mit dem Fahrspurwechsel im Bereich der Auffahrt zu der
betreffenden Bundesautobahn im Hinblick auf die Vorfahrtsregelung des § 18 Abs. 3
StVO. Vom Verständnishorizont her erschließt sich für jeden Verkehrsteilnehmer, dass
sich die Geschwindigkeitsbegrenzung zumindest auf den Bereich der Auffahrt bezieht.
Zweifelhaft erscheint dies jedoch im Hinblick auf die Wirkung für die Bundesautobahn.
Abgesehen davon, dass die eben geschilderte Gefahrensituation nach Auffahrt auf die
Bundesautobahn bereits bereinigt ist, sind Autobahnen nach ihrem Sinn und Zweck
gerade dazu hergestellt, um das Fahren höherer Geschwindigkeiten zu ermöglichen.
Deshalb ergibt sich nicht ohne weiteres aus dem hier im Kurvenbereich der Auffahrt
aufgestellten Verkehrszeichen 274, dass dies auch für den Bereich der Autobahn gilt.
Dies gilt um so mehr, als durch ein Zusatzschild im Sinne des § 41 Abs. 2 Ziffer 7 StVO,
mit dem die Länge einer Verbotsstrecke angegeben wird, hier gerade nicht aufgestellt
worden ist.