Urteil des AG Heidelberg vom 09.05.2006

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AG Heidelberg Urteil vom 9.5.2006, 61 C 20/06
Datenschutz: Kollision zwischen Auskunftsanspruch und anwaltlicher Verschwiegenheitspflicht
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können jeweils auch durch unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft
einer deutschen Bank erbracht werden.
Tatbestand
1 Die Beklagte-Kanzlei vertrat die D T AG und machte in dieser Funktion gegenüber der Klägerin außergerichtlich
eine streitige Forderung geltend. Im Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 11.11.05 heißt es unten:
"Hinweis gem. § 33 BDSG: Schuldnerdaten werden gespeichert." Die Klägerin hat die Beklagte daraufhin
aufgefordert, über die gespeicherten Daten, deren Herkunft und deren Empfänger Auskunft zu erteilen, was von
der Beklagten verweigert wurde.
2 Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe gegen die Beklagte einen Auskunftsanspruch gem. § 34
Bundesdatenschutz-Gesetz. Zuletzt beantragt die Klägerin deshalb: Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu
erteilen über die zu der Klägerin gespeicherten Daten und deren Empfänger.
3 Die Beklagte beantragt,
4 die Klage abzuweisen.
5 Sie beruft sich auf ihre aus dem Mandatsverhältnis folgende Geheimhaltungspflicht, die bei Anwendung des §
34 Bundesdatenschutz-Gesetz verletzt würde.
6 Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
7 Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
8 Der Auskunftsanspruch der Klägerin aus § 34 BDSG kollidiert mit der Geheimhaltungspflicht der Beklagten aus
§ 43 a Abs. 2 BRAO. Letztlich handelt es sich um eine Kollision des Grundrechts der Klägerin auf
informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz) mit dem Grundrecht der Beklagten auf
ungestörte Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz). Die Grundrechtskollision ist durch eine Abwägung
der widerstreitenden Interessen der beiden Parteien zu lösen. Das Ergebnis dieser Abwägung ist, dass die
Klägerin die Beklagte nicht auf Auskunft in Anspruch nehmen kann. Hierfür ist in entscheidungserheblicher
Weise maßgeblich, dass sich die Klägerin die von ihr verlangten Informationen ohne weiteres, notfalls im Wege
der Klage, von der T selbst verschaffen kann, weshalb eine Notwendigkeit für die Inanspruchnahme der
Beklagten mit der sich daraus ergebenden verfassungsrechtlichen Problematik nicht besteht. Die Klägerin kann
ihr Grundrecht also auf andere leichte Weise durchsetzen, während das Grundrecht der Beklagten im Fall der
Bejahung eines Auskunftsanspruches schwer beeinträchtigt würde. Der Klägerin ist es deshalb zuzumuten, sich
unmittelbar an denjenigen zu wenden, der ihre Daten gespeichert hat, während die Klage gegen die Beklagte-
Rechtsanwaltskanzlei abgewiesen werden musste.
9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.