Urteil des AG Hamm vom 20.04.2005

AG Hamm: eintritt des versicherungsfalles, erneuerung, fahrzeug, entwendung, garage, reparatur, wochenende, rettungskosten, vollstreckung, versicherungsnehmer

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Amtsgericht Hamm, 17 C 21/05
20.04.2005
Amtsgericht Hamm
Zivilabteilung
Urteil
17 C 21/05
Rettungskosten, Schadensverhütungskosten
VVG §63
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Die Kosten der Ersatzbeschaffung von Autoschlössern nach einem
Schlüsseldiebstahl sind nur Schadensverhütungskosten, wenn das
Fahrzeug bis zum Schlosswechsel abseits des gewöhnlichen
Standplatzes untergestellt werden kann.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert: 645,34 €
T a t b e s t a n d
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Teilkaskoversicherung für ihren Pkw mit dem
amtlichen Kennzeichen X. Am 03.09.04, einem Freitag, wurden der Beklagten u.a. ihr
Personalausweis, der Kfz-Schein und die Fahrzeugschlüssel zu diesem Fahrzeug
entwendet. Die Klägerin holte einen Kostenvoranschlag für den Ersatz der Schlösser bei
einer Vertragswerkstatt in I ein, der ihr am 07.09.04 per Fax übermittelt wurde und mit
1.094,39 € endete. Am 08.09.04 erteilte die Klägerin bei einer Fachwerkstatt in X den
Auftrag zur Erneuerung der Schlösser. Die Kosten beliefen sich nach der Rechnung vom
20.09.04 auf 645,34 €.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe die Kosten für die Erneuerung der
Schlösser als Rettungskosten gem. § 63 VVG zu ersetzen. Aufgrund der gleichzeitig
entwendeten Papiere sei dem Dieb der regelmäßige Standort des Fahrzeugs bekannt
gewesen. Sie habe das Fahrzeug nur kurzfristig in der Garage ihrer Eltern unterstellen
können.
Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 645,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 04.10.04 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, da der Eintritt des Versicherungsfalles nicht unmittelbar
gedroht habe, handele es sich nur um eine Schadensverhütungsmaßnahme, die nicht zu
ersetzen sei.
Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten keinen Ersatz der Kosten für die Erneuerung der
Fahrzeugschlösser verlangen. Eine Entwendung des Fahrzeugs der Klägerin, zu deren
Abwendung eine sofortige Erneuerung der Schlösser erforderlich war, stand nicht
unmittelbar bevor.
Gemäß § 62 VVG musste die Klägerin bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit
für die Abwendung sorgen und, wenn es die Umstände erlauben, Weisungen des
Versicherers einholen. Im vorliegenden Fall hätte die Möglichkeit bestanden, zwischen
dem 03.09.04 (Entwendung der Schlüssel) und 08.09.04 (Reparaturauftrag) Weisungen der
Beklagten einzuholen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte am Wochenende
telefonisch erreichbar war, wie bei Versicherern für Schadensmeldungen üblich. Am
Wochenende hat die Klägerin die Erneuerung der Schlösser nämlich selbst nicht in Auftrag
gegeben.
Gemäß § 63 VVG werden Aufwendungen zur Abwendung des Schadens ersetzt, wenn der
Versicherungsnehmer sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Zur
Abwendung einer Entwendung war die von der Klägerin gewählte Maßnahme, nämlich die
Unterstellung des Fahrzeugs in einer verschlossenen Garage bis zu dem Zeitpunkt, an
dem die Erneuerung der Schlösser im Rahmen einer normalen Reparatur in Auftrag
gegeben werden konnte, die geeignete Maßnahme. In der Situation der Klägerin hätte ein
auf Schadensabwendung bedachter Versicherungsnehmer wie die Klägerin das Fahrzeug
für eine Übergangszeit nachts in einer von Dritten zur Verfügung gestellten abschließbaren
Garage untergebracht. Wenn hierzu das kostenlose Angebot eines Verwandten bestand,
hätte jeder dies wahrgenommen. Gegebenenfalls wäre bis zur Reparatur – eventuell nach
Weisung oder Mithilfe der Versicherung – die Anmietung eines Unterstellplatzes in Betracht
gekommen. Die Erneuerung der Schlösser einige Tage nach der Entwendung konnte
jedenfalls nicht mehr auf Kosten der Beklagten erfolgen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.