Urteil des AG Hamm vom 13.04.2005

AG Hamm: fahrzeug, garantie, beschädigung, begriff, eigentum, minderung, reparaturkosten, sachmängelhaftung, mangel, vollstreckung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Amtsgericht Hamm, 24 C 562/04
13.04.2005
Amtsgericht Hamm
Zivilabteilung
Urteil
24 C 562/04
Haftungsausschluss, Motorschaden, Beschädigung
BGB § 444; BGB § 437
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Der Verkäufer kann sich im Falle nutzungsbedingter Verschleißschäden
eines Fahrzeugs auf einen vereinbarten Haftungsausschluss berufen,
wenn er lediglich die Garantie dafür übernommen hat, dass das Fahrzeug
keine "Beschädigungen" erlitten hat.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Am 28.04.2004 kaufte die Klägerin von dem Beklagten ein gebrauchtes Motorrad Aprilia
RS 125. Im Kaufvertrag - einem ADAC-Mustervertrag - ist folgende drucktechnisch
hervorgehobene Klausel enthalten: "Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluß der
Sachmängelhaftung verkauft - soweit nicht nachfolgend eine Garantie übernommen wird
(Ziffer 1)". Unter Ziffer 1 des genannten Kaufvertrages hat der Verkäufer, der Beklagte, unter
Ziffer 1.3 garantiert, dass das Motorrad in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen
Unfallschaden und keine sonstigen Beschädigungen (z. B. Hagelschaden) erlitten hat. Auf
das Formular des Kaufvertrages wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Das Motorrad wurde der Klägerin an dem genannten Tag auf einem Hänger angeliefert. Es
wurde in Anwesenheit der Beteiligten eine kurze Probefahrt vorgenommen, bei der der
Klägerin keine Auffälligkeiten an dem Fahrzeug auffielen.
Bei dem Motorrad handelt es sich um eine gedrosselte Maschine, die auch mit dem
Führerschein der alten Klasse 3 gefahren werden kann. Gedacht war das Motorrad
allerdings für den Sohn der Klägerin. Dieser hatte zum Zeitpunkt des Erwerbs des
Motorrades noch keinen Führerschein, so dass das Motorrad zunächst in die Garage
gestellt und erstmals im August 2004 von dem Sohn der Klägerin ausprobiert wurde. Dabei
stellte der Sohn der Klägerin fest, dass der Motor des Motorrades nicht ansprang bzw. im
Leerlauf immer wieder ausging. Eine Untersuchung durch einen Kraftfahrzeugmeister
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ergab, dass das Fahrzeug einen schweren Motorschaden (Kolbenbrenner) erlitten hatte.
Die Klägerin behauptet, dass das Motorrad schon bei Abschluß des Kaufvertrages bzw. bei
Übergabe diesen schweren Motorschaden aufgewiesenhabe. Der Beklagte hätte die
Klägerin bei Abschluß des Kaufvertrages insofern bewußt über den schwerwiegenden
Mangel des Motorrades getäuscht. Der Motorschaden sei dem Beklagten und seinem Sohn
bekannt gewesen.
Die Klägerin ließ das Motorrad für insgesamt 1.250,00 EUR reparieren und forderte in der
Folgezeit von dem Beklagten als Minderung den genannten Betrag der Reparaturkosten im
Wege der Erstattung, da der Kaufpreis von ihr bereits vollständig gezahlt worden war.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.250,00 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 4 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.08.2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe das Motorrad der Klägerin mangelfrei übergeben. Dass
das Motorrad auf einem Pkw-Anhänger angeliefert worden sei, habe andere Gründe
gehabt.
Er ist der Ansicht, dass die Klägerin hier keine Ansprüche mehr geltend machen könne, da
die Sachmängelhaftung nach dem von der Klägerin selbst ausgewählten Vertragsformular
des ADAC ausdrücklich komplett und auch nach aktuellem Recht wirksam ausgeschlossen
worden sei.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Minderung des Kaufpreises in
Höhe der ihr entstandenen Reparaturkosten gemäß §§ 437 Ziffer 2, 440, 323, 441 BGB, da
der Beklagte die Gewährleistung nach Maßgabe des § 444 BGB durch die im Tatbestand
beschriebene Klausel wirksam ausgeschlossen hat. Auf diese Vereinbarung kann er sich
auch berufen, da er einen Mangel an dem verkauften Motorrad - unterstellt, ein solcher läge
vor - nicht arglistig verschwiegen hat. Ein arglistiges Verschweigen auf Seiten des
Beklagten käme nur dann in Betracht, wenn ihm hinsichtlich des von der Klägerin
behaupteten Motorschadens eine entsprechende Pflicht zur Aufklärung gegenüber der
Klägerin im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen getroffen hätte. Allerdings handelt es
sich hier um einen Motorschaden und nicht um einen Unfallschaden. Über einen
Motorschaden braucht ein Verkäufer nicht in gleicher Weise aufzuklären wie über einen
Unfallschaden. Die Aufklärungspflicht über Fehler eines gebrauchten Fahrzeuges bezieht
sich in erster Linie auf Unfallschäden. Der Verkäufer eines Fahrzeuges braucht daher nicht
ungefragt auch auf von ihm wahrgenommene Geräusche sowie einen möglichen
Motorschaden hinzuweisen. Umstände, aus denen sich eine Hinweispflicht des Beklagten
auf einen etwaigen Motorschaden ergeben könnten, liegen daher nicht vor.
Ferner kann sich der Beklagte auch auf den Haftungsausschluß berufen, da er keine
Garantie dafür übernommen hat, dass das verkaufte Motorrad keinen Motorschaden
aufweist. Zwar ist in dem Kaufvertrag durch Ankreuzen entsprechender Formularkästchen
die Erklärung des Verkäufers festgehalten, dass er garantiert, dass das Motorrad in der Zeit,
in der es sein Eigentum war "keine sonst. Beschädigungen erlitt (z. B. Hagelschaden)",
aber der Begriff "Beschädigungen" im Formularvertrag ist dahingehend auszulegen, dass
er sich nur auf solche Eigenschaften des Fahrzeugs bezieht, für deren vorliegen oder nicht
vorliegen ein Laie, der den Zustand des von ihm zu verkaufenden Fahrzeuges nicht sicher
einschätzen kann, auch tatsächlich einstehen will. Gemessen an diesem Maßstab bezieht
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sich diese Klausel bzw. der Begriff "Beschädigungen" nur auf die Freiheit von solchen
Schäden, die der Wahrnehmung eines technischen Laien zugänglich sind. Hierzu zählen
in erster Linie solche Beschädigungen, die durch äußere Einflüsse an dem Fahrzeug
eingetreten sind. Eine Beschädigung ist durch äußere Einflüsse an dem Fahrzeug
eingetreten, wenn durch unsachgemäße und von außen kommende Einwirkung auf das
Fahrzeug oder seine Teile dessen Funktionsfähigkeit bzw. Sachsubstanz beeinträchtigt
wurde. Davon abzugrenzen sind reine Verschleißschäden. Diese sind schon nach dem
Wortlaut von dem Begriff "Beschädigungen" nicht umfaßt. Bei dem hier in Rede stehenden
Kolbenbrenner handelt es sich aber offensichtlich um einen nutzungsbedingten
Verschleißschaden. Dass dieser Schaden jedenfalls durch einen von außen kommenden
Impuls entstanden ist, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund lag keine Beschädigung
im Sinne der von dem Beklagten übernommenen Garantie vor, so dass er sich im
vorliegenden Fall auf den Gewährleistungsausschluß berufen kann. Damit war die Klage
wie geschehen als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 1.250,00 EUR