Urteil des AG Hamm vom 21.07.2004

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Amtsgericht Hamm, 17 C 328/04
Datum:
21.07.2004
Gericht:
Amtsgericht Hamm
Spruchkörper:
17. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 C 328/04
Schlagworte:
einstweilige Verfügung,Liefersperre,Zählerherausgabe,Vorwegnahme
der Hauptsache
Normen:
AVB EltV § 33 Abs. 2, ZPO §§ 935,940
Leitsätze:
Die Herausgabe von Messeinrichtungen zur Durchsetzung einer
Liefersperre kann nicht durch einstweilige Verfügung durchgesetzt
werden,weil damit die Hauptsache vorweggenommen würde.
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Verfügungsklägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: bis 300,00 €
T a t b e s t a n d
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Die Verfügungsklägerin ist ein Versorgungsunternehmen, welches die
Verfügungsbeklagte mit Strom, Erdgas und Wasser versorgt. Aufgrund der vertraglichen
Vereinbarungen hat die Verfügungsbeklagte monatliche Vorauszahlungen von 29,00 €
und zweimonatlich von weiteren 26,00 € zu erbringen. Die Verfügungsklägerin hat
bereits am 17.03.04 die Gaszufuhr gesperrt, die Wasserzufuhr jedenfalls provisorisch.
Seit März 2004 hat die Verfügungsbeklagte keine Zahlungen mehr erbracht. Mit
Schreiben vom 25.05.04 hat die Verfügungsklägerin zum 09.06.04 zur Ermöglichung
des Zugangs zu den Meßeinrichtungen zum Zwecke des Sperrens der Strom-, Gas- und
Wasserversorgung aufgefordert. Mit Schreiben vom 29.12.03 hat die
Verfügungsbeklagte die Einstellung der Energie- und Wasserversorgung angedroht.
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Die Verfügungsklägerin beantragt,
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die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu
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verurteilen, 1. das Betreten des Hauses X-Straße, I., in dem sich a. die
Stromzähler mit der Nummer 405278, 403049, 440760, 441117, 441116,
b. der Erdgaszähler mit der Nummer 69093 und c. der Wasserzähler mit
der Nummer 19639 befinden,
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zu ermöglichen, 2. und die Sperrung der Strom-, Erdgas und
Wasserzufuhr durch den Ausbau der unter Ziffer 1 genannten dort
befindlichen Zähler der Verfügungsklägerin einschließlich der damit
verbundenen Arbeiten an den der Verfügungsklägerin gehörenden
Einrichtungen durch ausgewiesene Mitarbeiter der Verfügungsklägerin
und dessen Herausgabe zu dulden.
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Die Verfügungsbeklagte ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.
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Zwar steht der Verfügungsklägerin gemäß § 33 Abs. 2 AVB EltV, AVB GasV, AVB
WasserV ein Anspruch zu, die Versorgung einzustellen und ihre Meßeinrichtungen
herausgegeben zu erhalten. Einen solchen Anspruch hat die Verfügungsklägerin in der
Vergangenheit auch in zahlreichen Verfahren im Klagewege geltend gemacht. Einer
entsprechenden Klage ist in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle bereits im
schriftlichen Vorverfahren durch Versäumnisurteil stattgegeben worden, so dass die
Verfügungsklägerin binnen kurzer Zeit einen Titel erwirkt hatte.
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Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt neben einem Anspruch auch das
Vorliegen eines Verfügungsgrundes voraus. Grundsätzlich dient eine einstweilige
Verfügung nur der Sicherung eines Anspruchs oder der einstweiligen Regelung eines
Rechtsverhältnisses. Ausnahmsweise kann mit einer einstweiligen Verfügung bei
besonderem Verfügungsgrund auch die Hauptsache vorweggenommen werden, wenn
ein Anspruchsteller auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs so dringend
angewiesen ist, dass er ein ordentliches Verfahren nicht abwarten kann, ohne
unverhältnismäßig großen, gar irreparablen Schaden zu erleiden (vgl. Thomas-Putzo,
ZPO, 25. A., § 940, Rdn. 6). Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung würde der
Anspruch auf Zutritt und Herausgabe der Meßeinrichtungen erfüllt. Die Hauptsache
würde vorweggenommen, wie sich daraus ergibt, dass die Verfügungsklägerin ihren
Anspruch nicht mehr wie bisher im ordentlichen Verfahren geltend machen müßte. Als
Hauptsache ist nicht etwa nur der Anspruch auf Zahlung der Energieversorgungskosten
anzusehen, der hinter den in vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüchen
steht ( AG Ravensburg, Urt. vom 05.04.02, 12 C 459/02; AG Hamm, Beschluss vom
04.12.02, 24 C 447/02; AG Hamm, Urt. vom 19.02.04, 28 C 69/04; a.A. LG Heilbronn,
Beschluss vom 20.03.91, 2 T 57/91).
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Der Verfügungsklägerin entsteht auch kein erheblicher Schaden im Vergleich zur
Geltendmachung der Ansprüche im ordentlichen Verfahren. Hätte die
Verfügungsklägerin eine Klage erhoben - was jedenfalls zugleich mit dem
Zahlungsanspruch - wie bisher - auch ohne ein vorheriges Schlichtungsverfahren
möglich gewesen wäre, so erhielte sie einen Vollstreckungstitel als Versäumnisurteil im
schriftlichen Vorverfahren binnen Monatsfrist. Selbst wenn das Erstreiten eines
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Vollstreckungstitels drei Monate dauern würde, würde entsprechend den monatlichen
Abschlagszahlungen ein Schaden von ca. 142,00 € entstehen.
Im übrigen trifft viele Kläger ein Schaden, der während der zeitlichen Verzögerung bis
zum Abschluss eines rechtsstaatlichen ordentlichen Verfahrens eintritt. Dies gilt
insbesondere für den Vermieter, der seinem Mieter bis zur Erwirkung eines
Vollstreckungstitels den Wohnraum weiter zur Verfügung stellen muß. Ein Vermieter ist
sogar verpflichtet, seinem Mieter auch nach Kündigung noch Strom, Gas und Wasser
bis zur Räumung zur Verfügung zu stellen und kann nicht seinerseits die Versorgung
einstellen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. A., § 546 a, Rdn. 47; Münchner
Kommentar - Voelskov, 3. A., § 557 a. F., Rdn 24; Sternel, Mietrecht, 3. A. Rdn. IV 659;
AG Miesbach, WuM 88, 57; AG Landau, WuM 86, 350).
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Ein dringender Grund, die Hauptsache durch ein Eilverfahren vorwegzunehmen, liegt
daher nicht vor.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 6, 711 ZPO.
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