Urteil des AG Hamm vom 28.01.2002

AG Hamm: abtretung, verkehrsunfall, aufwand, sicherheit, billigkeit, ermessensspielraum, erstellung, zahlungsaufforderung, vollstreckbarkeit, stillschweigend

Amtsgericht Hamm, 28 C 369/01
Datum:
28.01.2002
Gericht:
Amtsgericht Hamm
Spruchkörper:
Abteilung 28
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 C 369/01
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 94,30 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des
DÜG, jedoch nicht mehr als 8,42 % jährlich seit dem 16.1.2002 zu
zahlen.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 94,30 Euro
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Von der Erstellung eines gesonderten Tatbestands wird gemäß
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§ 313 a ZPO abgesehen.
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Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet. Der Kläger kann von der
Beklagten aus dem Verkehrsunfall vom 26.10.2000 restlichen Schadensersatz in
erkannter Höhe, hier auch Ersatz der Sachverständigenkosten in Höhe von restlichen
184,44 DM, mithin 94,30 Euro beanspruchen.
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Die Beklagte schuldet als Haftpflichtversicherer dem Kläger Ersatz des ihm
entstandenen Schadens aus dem Verkehrsunfall, der sich am 26.10.2000 in Hamm
ereignet hat. Dies ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig. Im Ergebnis
kann der Kläger auch Zahlung weiterer 184,44 DM, mithin 94,30 Euro von der Beklagten
beanspruchen, hier resultierend aus der Beauftragung eines Sachverständigen.
Ersichtlich hat der Kläger den Sachverständigen A mit der Begutachtung der
Unfallschäden beauftragt. Die hierzu aufgewendeten Kosten bzw. die eingegangenen
Verbindlichkeiten gehören gemäß § 249 S. 2 ZPO zu dem erstattungsfähigen Schaden.
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Die Beklagte kann dem Kläger insoweit auch keinen Verstoß gegen seine
Schadensminderungspflicht vorwerfen. Ein solcher Verstoß läge dann vor, wenn die
Beauftragung des Sachverständigen A bzw. die widerspruchslose Hinnahme dessen
Rechnung deshalb sorgfaltspflichtwidrig gewesen wäre, weil der Kläger konkrete
Ansatzpunkte dafür gehabt hätte, dass dieser Sachverständige grundsätzlich überhöhte
Rechnungen erstellt, oder dass die konkret erteilte Rechnung inhaltlich unzutreffend
oder aus einem anderen Grunde nicht zu zahlen wäre (vgl. AG Hamm Urteil vom
24.8.1999, 27 C 120/99).
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Dafür ist nichts vorgetragen.
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Die Tatsache, dass der Sachverständige als Bemessungsgrundlage für das von ihm in
Rechnung gestellte Honorar die Höhe der Reparaturkosten heranzieht, steht dem nicht
entgegen. Die weit überwiegende Zahl von Sachverständigen rechnet nach der
Schadenshöhe ab. Auch derartige Rechnungen werden üblicherweise gezahlt. Auch
Gerichte halten eine Abrechnung nach der Schadenshöhe nicht für unbillig. Die von
dem Sachverständigen insoweit gewählte Abrechnungsweise ist daher nicht von
vornherein greifbar rechtswidrig oder unbillig. Es kann dem Kläger deshalb kein Vorwurf
daraus hergeleitet werden, dass er gleichwohl den Sachverständigen beauftragt bzw.
dessen Rechnung akzeptiert hat. Insoweit kann dahinstehen, ob und inwieweit der
Kläger überhaupt über die von der Beklagten aufgeworfene Streitfrage zuvor informiert
war.
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Es ist auch nicht dargetan, dass die Forderung des Sachverständigen von vornherein
und für den Kläger auch erkennbar überhöht wäre. Zugrunde gelegt ist eine
Grundgebühr von netto 780,-- DM. Die Beklagte führt nicht aus, dass das tatsächlich
erstellte Gutachten bzw. der dafür geschätzte Zeitaufwand zu dem Grundbetrag außer
Verhältnis stünde. Auch bei Zugrundelegung durchschnittlicher Stundensätze ergäbe
sich ein Aufwand von 6 Stunden. Es ist nichts dafür dargetan, dass hier ein
Bagatellschaden zu begutachten gewesen wäre, der von vornherein nur mit einem
wesentlich geringeren Aufwand hätte begutachtet werden können.
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Gleiches gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte rügt, dass der Kläger die Berechnung von
Nebenforderungen akzeptiert hat.
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Die Berechnung von Sonder- und Nebenleistungen ist nicht ungewöhnlich. Dies gilt
insbesondere für Fotokosten, Schreibauslagen und Telefonkosten.
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Soweit die Beklagte den Ansatz von 4,-- DM pro Foto beanstandet, ist dieser Betrag
nicht von vornherein übersetzt. Jedenfalls kann dem Kläger kein Vorwurf gemacht
werden, wenn er auch diese Position akzeptiert hat, insbesondere dann, wenn, wie der
Kläger unbestritten vorträgt, in einzelnen Entscheidungen Beträge von 4,50 DM je
Lichtbild in der Rechtsprechung akzeptiert werden. Eine solche Kalkulation ist auch
nicht von vornherein abwegig. Es liegt auf der Hand, dass insbesondere bei
unterschiedlichen Stückzahlen, die Geräteabschreibungen im Betrieb eines
Sachverständigen anders zu Buche schlagen als etwa in eine fotografischen Betrieb.
Dies kann jedoch hier im Verhältnis der Beklagten zum Kläger letztlich dahinstehen.
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Gleiches gilt im Ergebnis für die weiteren von der Beklagten beanstandeten Porto- und
Telefonkostenpauschale.
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Es ist letztlich zu berücksichtigen, dass der Sachverständige sein Honorar nach billigem
Ermessen (§§ 315, 316 BGB) bestimmt. Hierbei steht dem Bestimmungsberechtigten ein
Ermessensspielraum (§ 315 Abs. 1 BGB) zu. Die Bestimmung kann erst dann durch das
Gericht ersetzt werden, wenn die Grenze der Billigkeit überschritten ist, nicht schon
dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für richtig hält (vgl. BGH NJW RR 91,
1248).
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Auch hieraus ergibt sich, dass der Kläger sich einen Verstoß gegen die
Schadensminderungspflicht nicht vorhalten lassen muß, wenn er die hier vorliegende
Rechnung akzeptiert hat. Auch die Beklagte hat letztlich den Teilbetrag von 836,36 DM
gezahlt, mithin die Rechnung zu aufgerundet 82 Prozent akzeptiert.
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Der Kläger ist auch aktiv legitimiert. Der Sachverständige hat die ihm zur Sicherheit
abgetretene Forderung unter dem 14.11.2000 an den Kläger rückabgetreten.
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Der Kläger kann auch Zahlung des Restbetrages beanspruchen, unbeschadet der
streitigen Frage, ob er diesen Restbetrag bereits an den Sachverständigen gezahlt hat.
Der Kläger ist jedenfalls nicht auf die Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs
beschränkt, nachdem die Beklagte Restzahlung verweigert und Klageabweisung
beantragt.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 288 BGB, jedoch nur in erkannter Höhe. Die
Klage war insoweit abzuweisen, als der gesetzliche Zinssatz hinter dem geltend
gemachten Zinssatz von 8,42 % zurückbleibt. Der Höhe nach war der Zinssatz gemäß §
308 ZPO auf diesen Betrag zu beschränken.
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Die Abtretung erfaßt ersichtlich auch die Nebenforderungen, hier die nach
Zahlungsaufforderung des Sachverständigen vom 14.12.2000 seit dem 16.1.2000
anfallenden Verzugszinsen. Es ist davon auszugehen, dass diese Zinsen
stillschweigend von der Abtretung mit erfaßt sein sollen (vgl. Palandt/Heinrichs BGB §
401 Rdnr. 6 m.w.N.).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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