Urteil des AG Hagen vom 28.05.2009

AG Hagen: erstellung, aufwand, reparaturkosten, nebenkosten, umfrage, form, befragung, angemessenheit, prozess, adresse

Amtsgericht Hagen, 10 C 425/08
Datum:
28.05.2009
Gericht:
Amtsgericht Hagen
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 C 425/08
Schlagworte:
Schaden, Gutachterkosten
Normen:
§ 249 BGB
Leitsätze:
Gutachterkosten sind nur im Rahmen des § 249 BGB bei wirtschaftlich
notwendigen und angemessenen Aufwand zu ersetzen. Die Beweislast
trägt der Kfz-Eigentümer.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Klägerin erlitt am 14.01.2008 eine Verkehrsunfallkollision, bei der ihr Kraftfahrzeug
durch das Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1., das bei der Beklagten zu 2.
haftpflichtversichert ist, beschädigt wurde.
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Sie ließ die Reparaturkosten durch den Sachverständigen I ermitteln, was ein
Reparaturkostenaufwand in Höhe von 2.102,96 EUR ergab. Der Klägerin wurde von
dem Sachverständigen I ein Begutachtungsaufwand in Höhe von 562,85 EUR in
Rechnung gesetzt.
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Außer der Summe der vorgenannten Beträge verlangt die Klägerin 30,00 EUR
Unfallkostenpauschale erstattet.
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Nachdem die Beklagte zu 2. bereits vorgerichtlich Einwendungen gegen die Höhe der
Begutachtungsaufwendungen erhoben hat und nur 453,20 EUR hierauf gezahlt hat,
wandte sich die Klägerin zur Überprüfung dieses Einwandes an den Sachverständigen I
der die Richtigkeit seiner ersten Gutachtenrechnung bestätigte und hierfür wiederum
247,64 EUR geltend machte.
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Die Klägerin hat zunächst mit ihrer Klage 357,19 EUR (247,64 EUR zuzüglich 109,55
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Die Klägerin hat zunächst mit ihrer Klage 357,19 EUR (247,64 EUR zuzüglich 109,55
EUR) geltend gemacht.
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Mit Rücksicht darauf, dass es sich beim dem Aufwand für die Nachbeurteilung durch
den Sachverständigen I in Höhe von 247,74 EUR um Rechtsverfolgungskosten handelt,
hat die Klägerin insoweit die Klage zurückgenommen und verlangt nach Ausgleich der
Reparaturkosten und der Unfallkostenpauschale nur noch die Mehrdifferenz zu den
562,85 EUR und beantragt
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die Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch an die Klägerin 109,55 EUR
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zu zahlen.
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Sie behauptet, dass sei der notwendige und angemessene Schadensermittlungs-
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aufwand.
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Die Beklagten beantragen
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweisen darauf, dass mit den gezahlten 453,20 EUR der Schadensermittlungsauf-
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wand durch die Einschaltung des Gutachters für die Ermittlung der Reparaturkosten an
dem verunfallten Fahrzeug bereits zumindest, wenn nicht gar überzahlt sei.
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Das Gericht hat den Kläger persönlich gehört, insbesondere dazu, wie er auf die
Beauftragung des Sachverständigen I verfallen ist.
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Sie hat dazu angegeben, dass sie Herrn I kannte und ihn dementsprechend beauftragt
habe. Sie habe ihn bereits zwei oder dreimal zuvor beauftragt gehabt.
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Die Kostenentscheidung und das Gutachten seinen einwandfrei zu ihren Gunsten
ausgegangen und seien auch bezahlt worden.
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Wegen der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2008 erklärten Teilklagerücknahme
haben die Beklagten Kostenantrag gestellt.
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Das Gericht hat Beweis erhoben über die Notwendigkeit und Angemessenheit der
Begutachtungsaufwendungen der Klägerin, insbesondere, ob der Aufwand, der durch
den Sachverständigen I in Höhe von 562,85 EUR in Rechnung gesetzt worden ist,
erforderlich ist durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
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Wegen des Ergebnisses wird auf die Ausarbeitung des Sachverständigen ÖBV S vom
01.04.2009 (Blatt 118 ff. der Akte) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage, soweit nicht zurückgenommen, ist unbegründet.
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Dies folgt aus §§ 3 Pflichtversicherungsgesetz, §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StvG, §§ 823 Abs. 1,
Abs. 2 BGB in Verbindung mit den – hier unstreitig verletzten Vorschriften der
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Straßenverkehrsordnung – sowie § 249 BGB.
Die Einstandspflicht im Grunde nach ist zwischen den Parteien nicht fraglich.
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Die Schadenhöhe, die die Klägerin noch geltend macht, ist allerdings überhöht und
nicht zu ersetzen.
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Die Klage auf Erstattung der Schadenermittlungskosten durch die Erstbeauftragung des
Sachverständigen I zur Ermittlung des Reparaturkostenaufwandes und des weiteren
Schadens an dem Kraftfahrzeug, den dieses bei seinem Verkehrsunfall am 29.02.2008
erlitten hat, ist durch die Zahlung vor Rechtshängigkeit in Höhe von 453,20 EUR bereits
vollständig ausgeglichen gewesen (§ 362 BGB).
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Ein darüber hinaus gehender Anspruch auf Ersatz der weiteren Gutachterkosten steht
der sachgeschädigten Klägerin nicht zu.
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Maßgeblich ist allein die Entscheidung des Bundesgerichtshofes im Urteil vom
23.01.2007 (Aktenzeichen: VII ZR 67/07). Danach ist für den getroffenen
Kraftfahrzeugeigentümer die Höhe der Erstattung von Schadenermittlungskosten durch
beauftragte Gutachter mit dem Risiko verbunden, dass er ohne nähere Erkundigungen
einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist.
Eine bei der Beauftragung offensichtliche Überteuerung der Preise des Gutachtens
nach dieser BGH-Entscheidung nicht erforderlich. Keinem sachgeschädigten
Kraftfahrzeugeigentümer werden mehr an Reparaturaufwendungen erstattet, als er in
einer markengebundenen Fachwerkstatt ausgeben müsste, etwa wenn er einen
demgegenüber erhöhten Reparaturpreis aus Mangel an näheren Erkundigungen bei
jemand anderem bezahlt. Es ist offensichtlich, das beim Vorhandensein mehrere im
regionalen Einzugsbereich des sachgeschädigten Kraftfahrzeugeigentümers
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vorhandenen markengebundenen Fachwerkstätten ohne weiteres Erkundigungen bei
mehreren ortansässigen fachgebunden Markenwerkstätten zumutbar sind. Nicht anders
verhält es sich bei der Verfügbarkeit mehrerer oder gar zahlreicher ortsansässiger
fachkundiger und qualifizierter Kraftfahrzeugschadengutachter, wie es im hiesigen
Raum der Fall ist. Damit ist keine Marktforschung von der Klägerin verlangt, sondern nur
die Einholung von Erkundigungen und zwar nicht nur banaler sondern näherer Art, wie
der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung ausführt. Nähere
Erkundigung der Geschädigten nach Preis und Leistungen von
Kraftfahrzeugschadengutachtern hat die Klägerin gerade nicht vorgebracht. Sie hat
vielmehr angegeben, sie habe aus Gewohnheit den Sachverständigen I wegen seiner
früheren "Begutachtungserfolge" beauftragt. Der Sachverständige S hat ausführlich und
gründlich die örtliche Situation, die sich der Klägerin als sachgeschädigte Eigentümerin
darbot, ermittelt:
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Ausweislich des vom Sachverständigen I erstellten Gutachtens wurde
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am klägerischen Fahrzeug ein Schaden im Heckbereich mit Schwerpunkt rechts
besichtigt und hinsichtlich der erforderlichen Reparaturkosten kalkuliert.
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Bezüglich des Reparaturaufwandes wurde festgestellt, dass das
Heckabschlussblech und die rechte hintere Seitenwand instand zu setzen und zu
lackieren waren. Der hintere Stoßfänger war gebrochen und musste erneuert
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werden.
Die Reparaturkosten wurden mit 2.102,96 EUR netto ermittelt.
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Für die Erstellung des Gutachtens wurde vom Sachverständigen I eine Rechnung
in Höhe von 472,90 EUR netto erstellt. Dabei setzt sich der Betrag aus einem
Gutachten-Grundhonorar in Höhe von 355,00 EUR netto sowie Nebenkosten
(Fotos, Bürokoksten und Ähnliches) in Höhe von 117,90 EUR netto zusammen.
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Inklusive Mehrwertsteuer ergab sich damit ein Rechnungsbetrag in Höhe von
562,75 EUR.
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Seitens der Beklagten wurde die Höhe dieses Rechnungsbetrages beanstandet.
Von den Beklagten wurde ein Betrag in Höhe von 453,20 EUR als angemessen
angesehen, wobei eine Aufschlüsselung der Kosten in allgemeine Bürokosten und
die Begutachtungskosten nicht vorgenommen wurde.
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Allerdings wurde zu einem späteren Zeitpunkt von den Beklagten auf die
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BVSK-Gebührenliste beziehungsweise die bei der Beklagten intern ermittelten
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durchschnittlichen Gutachtenkosten verwiesen.
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Ausweislich der von den Beklagten zur Akte gereichten Aufstellung, in der auch die
Beträge der BVSK-Liste enthalten sind (Blatt 80 d.A.) ergibt sich ein Betrag für die
Gutachtenkosten in Höhe von 453,20 EUR bei einer Schadenhöhe bis 3.300,00
EUR brutto.
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Da bei der Rechnung des Sachverständigen I nicht der Zeitaufwand für die
Erstellung des Gutachtens als Basis für das Grundhonorar herangezogen wurde,
was allerdings bei der Erstellung von Schadengutachten allgemeine üblich ist,
lässt sich die Höhe der Gutachtenkosten anhand des erforderlichen
Arbeitsaufwandes nicht direkt überprüfen.
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Als Orientierung für die Überprüfung der Gutachtenkosten können durchaus
zunächst auch die von der Beklagten zitierten Gebührenlisten herangezogen
werden. Da diese Listen jedoch nicht bindend sind, auch nicht für die Mitglieder im
BVSK, stellen die Gebührenlisten jedoch nach sachverständiger Bewertung nicht
das alleinige Maß für die Beurteilung der Angemessenheit der Gutachtenkosten
dar. Von Bedeutung ist aus sachverständiger Sicht vielmehr, welche Gebühren
durchschnittlich von anderen ortsansässigen oder im Nahbereich ansässigen
Sachverständigen für ein entsprechendes Gutachten in Rechnung gestellt werden.
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Daher wurde eine entsprechende Umfrage durchgeführt.
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3.3 Umfrage zu Gutachtenkosten
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Um einen Überblick darüber zu erhalten, welche Kosten für ein entsprechendes
Gutachten im Raum I2 von den dort ortansässigen Sachverständigenbüros
beziehungsweise den in der nähren Umgebung ansässigen
Sachverständigenbüros in Rechnung gestellt werden, wurde eine Umfrage
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durchgeführt.
Dazu wurde insgesamt 23 Sachverständigenbüros ein Fragebogen zugesandt.
Von diesen Sachverständigenbüros sind 12 Büros direkt in I2 ansässig. 11 Büros
haben ihren Sitz in der näheren Umgebung von I2, so dass davon
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auszugehen ist, dass auch Gutachten in I2 erstellt werden.
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Nicht in die Befragung mit einbezogen wurde das in I2 ansässige
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Sachverständigenbüro I, da letztlich die Rechnung dieses Büros zu beurteilen war.
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In dem Fragebogen wurde zunächst allgemein abgefragt, auf welcher Basis die
Berechnung der Gutachtenerstellung (Gebührenliste nach Schadenhöhe oder nach
Aufwand) erfolgt. Weiterhin wurde erfragt, ob und in welchem Umfang
Nebenkosten wie Kilometergeld, Fotokosten, Bürokosten und Ähnliches in
Rechnung gestellt werden.
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Weiterhin wurde in Bezug auf die hier zu beurteilende Rechnung des
Sachverständigenbüros I konkret nach den Kosten für ein Gutachten mit einer
Schadenhöhe von circa 2.103,00 EUR netto erfragt. Zusätzlich wurden auch die
Kosten für die jeweils in der Rechnung des Sachverständigen I aufgeführten
Nebenkosten erfragt.
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Eine Kopie des an die Sachverständigenbüros übersandten Fragebogens ist dem
Gutachten als Anlage beigefügt.
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Um für die an der Befragung teilnehmenden Sachverständigenbüros den Aufwand
möglichst gering zu halten, wurde, sofern eine E-Mail-Adresse verfügbar war, der
Fragebogen als Anhang im PDF-Format in der Form versandt, dass dieser direkt
am Bildschirm ausgefüllt und zurückgesandt werden konnte.
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Die 3 Sachverständigenbüros, von denen keine E-Mail-Adresse ermittelt werden
konnte, wurden per Briefpost unter Beifügung eines frankierten Rückumschlages
angeschrieben.
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Von den insgesamt 23 angeschriebenen Sachverständigenbüros haben 13 Büros
den ausgefüllten Fragebogen zurückgesandt. Die 10 weiteren Büros wurden nach
der Übersendung des Fragebogens zweifach an die Befragung und das
Übersenden des ausgefüllten Fragebogens erinnert. Von diesen Büros erfolgte
jedoch keinerlei Rückmeldung, weder in Form der Rücksendung des Fragebogens
noch in Form einer Angabe dahingehend, dass eine Teilnahme an der Befragung
nicht erfolgen wird.
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Danach einer Wartezeit von mehreren Wochen und den zwischenzeitlichen
Erinnerungen mit einer verspäteten Rückmeldung der noch fehlenden
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Sachverständigenbüros nicht mehr zu rechnen war, wurden die 13 ausgefüllten
Fragebogen ausgewertet.
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Eine Aufstellung der Angaben der einzelnen Büros (allerdings anonymisiert), ist
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dem Gutachten als Anlage beigefügt.
Von den meisten Sachverständigenbüros wurde angegeben, dass die Berechnung
der Gutachtenkosten auf der Basis der BVSK-Liste, teilweise in Form einer
Kombination aus der BVSK-Liste und einer eigenen Liste, erfolgt. Gleichwohl lagen
trotz der Angaben, dass die Berechnung nach der BVSK-Liste erfolgen soll, zum
Teil deutliche Unterschiede bezüglich des Grundhonorars vor.
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ausweislich der Beträge der Büros, die eine Abrechnung nach eigener Liste
vornehmen war abzuleiten, dass auch hier zumindest eine Orientierung an der
BVSK-Liste vorliegt.
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Nur von einem Sachverständigenbüro wurde mitgeteilt, dass die Berechnung für
die Gutachtenerstellung nicht nach einer Liste in Abhängigkeit der Schadenhöhe
erfolgt, sondern nach dem Aufwand. Dabei wird jedoch nicht der tatsächliche
Zeitaufwand des betreffenden Mitarbeiters berücksichtigt und entsprechend dem
Stundensatz in Rechnung gestellt. Vielmehr richtet sich die Gutachtengebühr
neben dem Zeitaufwand auch nach dem Umfang der Kalkulaltion, dem
Wiederbeschaffungs- und Restwert des Fahrzeuges und weiteren Einflussgrößen.
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Näherungsweise konnte eingegrenzt werden, dass zur Erstellung eines
Gutachtens in dem Umfang, wie es vom Sachverständigenbüro I erstellt wurde, ein
Grundhonorar in Höhe von etwa 275,00 EUR anfallen wird.
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Bei Betrachtung der Einzelbeträge bezüglich des Grundhonorars für die Erstellung
eines entsprechenden Gutachtens zeigt sich, dass die Spanne von 200,00 EUR als
Untergrenze bis 365,00 EUR als Obergrenze reicht.
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Die meisten Beträge liegen jedoch in der Nähe von 300,00 EUR.
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Deutliche Abweichungen zeigen sich auch bezüglich der in Rechnung gestellten
Nebenkosten. Die einzelnen Beträge können der als Anlage II beigefügten
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Übersicht entnommen werden.
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Der Aufstellung ist weiterhin zu entnehmen, dass die höchsten Gesamtkosten für
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ein entsprechendes Gutachten 470,40 EUR netto betrugen (laufende Nummer 6).
Der geringste Rechnungsbetrag ergab sich mit 278,50 EUR netto (laufende
Nummer 9).
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Aus den Einzelbeträgen wurde jeweils der Mittelwert gebildet.
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Dabei zeigte sich, dass bei den befragten Sachverständigenbüros das
Grundhonorar für die Erstellung eines Gutachtens, wie es vom Sachverständigen I
erstellt wurde, durchschnittlich 292,92 EUR netto beträgt. Die durchschnittlichen
Nebenkosten betragen bei den in und in der Nähe von I2 ansässigen
Sachverständigenbüros 87,01 EUR netto.
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Damit ergeben sich durchschnittliche Kosten für die Erstellung eines Gutachtens,
wie es vom Sachverständigen I erstellt wurde, in Höhe von 379,93 EUR netto.
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Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 19 % ergibt sich
daraus ein Bruttobetrag in Höhe von 452,12 EUR.
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4. Zusammenfassung und Ergebnis
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Da die Berechnung des Grundhonorars des Sachverständigen I anhand einer nicht
bekannten Gebührenliste entsprechend der Schadenhöhe erfolgte, war eine direkte
Überprüfung dahingehend, ob der in Rechnung gestellte Betrag als angemessen
anzusehen ist, nicht möglich.
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Zur Bestimmung der im Raum I2 durchschnittlichen Kosten für ein Gutachten, wie
es vom Sachverständigen I erstellt wurde, wurde eine Umfrage bei insgesamt 23
Sachverständigenbüros durchgeführt. Von den 23 Büros haben 13 Büros die
gestellten Fragen beantwortet.
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Aus den Angaben der an der Umfrage teilnehmenden Sachverständigenbüros
ergab sich, dass für die Erstellung eines entsprechenden Gutachtens im Raum I2,
Gebühren in Höhe von 278,50 EUR netto als Untergrenze bis zu einer Höhe von
470,40 EUR netto als obere Grenze in Rechnung gestellt werden.
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Als Durchschnittswert ergab sich ein Betrag in Höhe von 379,93 EUR netto. Das
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entspricht einem Bruttobetrag in Höhe von 452,13 EUR.
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Daraus folgt, dass der Sachverständige I ca. 25 % mehr verlangt, als sogar
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der Durchschnittsaufwand der bei der Beauftragung ortsansässiger qualifizierter
Sachverständigengutachter im Allgemeinen zu erwarten ist.
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Mit der Zahlung des Betrages von 452,13 EUR hat die Beklagte auch nicht willkürlich
gehandelt, sondern sich auf ihre eignen, bereits vorhandenen Erkenntnisse berufen
können, da dies wie im Ergebnis bestätigt, genau dem Betrag entspricht, den der
Sachverständige seinerseits als Durchschnittsbetrag ermittelt hat.
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Ein höherer Betrag als 452,13 EUR kann dementsprechend nach Maßgabe auch des
subjektiven Schadeneinschlages für die sachgeschädigte Kraftfahrzeugeigentümerin
nach § 249 BGB nicht zuerkannt werden.
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Dabei kann dahinstehen, ob er ein Reparaturkostenaufwand in Höhe von 2.102,96 EUR
netto, ein Betrag von immerhin mehr als 25 %, also 472,90 EUR netto, den der
Sachverständige I für sein Gutachten verlangt hat, noch die Angemessenheit eines
Gutachtens zur Ermittlung des Schadenaufwandes gerechtfertigt ist. Dazu sämtliche
Kalkulationen des Sachverständigen I musste nämlich auch ein qualifiziertes
Fachunternehmen bei einer Beauftragung mit der Reparatur seinerseits vornehmen,
was offensichtlich dazu führt, dass in der Rechnung über die Instandsetzung des
Kraftfahrzeuges – auf der Grundlage der Kalkulation des Sachverständigen I – sicher
nicht die Intelektuelle Leistung des Werkstattunternehmers zur Ermittlung des
Reparaturaufwandes in Höhe von 472,90 EUR netto enthalten ist.
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Allein die Kalkulation des Reparaturaufwandes, also die Ermittlung der notwendigen
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Teile und ihrer Preise und der Arbeitszeiten für die Instandsetzung mit mehr als ¼ des
schlussendlich in Rechnung gesetzten Reparaturbetrages (Werkstattrechnung)
einzusetzen, ist offensichtlich betriebswirtschaftlich unsinnig; offensichtlich kann kein
Werkstattunternehmen bei einer solchen Kalkulationsgrundlage wirtschaftlich den
Kraftwagen instand setzen oder auch nur am Markt bestehen.
Die intellektuelle Mehrleistung des Kraftfahrzeugschadengutachters hinsichtlich der
Beurteilung des Restwertes und verbleibenden Minderwertes, was den Wert des
Gutachtens höher darstellt, als die reine Reparaturkostenkalkulation durch ein ersuchtes
Fachunternehmen ist angesichts der vorhandenen einfachen Kalkulationsstrategien
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durch Online-Datenabfragen zu denen auch jeder qualifizierte Gutachter im hiesigen
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Raum neigt, offensichtlich viel zu hochpreisig angesetzt.
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Mit diesen Überlegungen ist keineswegs verbunden, dass das Gericht eine
Preiskontrolle der Preise des Sachverständigen vornimmt. Kontrolliert wird allerdings
durch § 249 BGB der notwendige und angemessene Instandsetzungsaufwand nach
einer Sachbeschädigung des Kraftfahrzeuges. Hierzu gehört auch, dass
Schadensermittlungskosten nicht uferlos werden, wie es der Begriff der notwendigen
und angemessenen Wiederherstellungskosten in § 249 BGB umschreibt.
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Dies lassen manche Instanzgerichte offensichtlich verkennen.
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Jedoch hat der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung vom 23.01.2007
(etwa BGH NJW 2007, 1450) klare Worte hierzu gefunden:
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"Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als
erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom
Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage
des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen
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erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des
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ihm zumutbaren den wirtschaftlichen Weg der Schadensbehebung zu wählen,
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sofern er die Höhe der für die Schadenbeseitigung aufzuwendenden Kosten
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beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand
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erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten,
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insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis – und Einflussmöglichkeiten –
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sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten
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Rücksicht zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer
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Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den
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Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen
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Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko
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verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen be-
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auftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist".
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Insoweit findet durchaus eine Kontrolle des Aufwandes des Geschädigten bei der
Beauftragung eines schadensermittelnden Gutachters statt.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits nach § 269 Abs. 3 ZPO soweit sie die
Klage – zurecht – zurückgenommen hat, weil die Beauftragung des Sachverständigen I
im Zuge der Rechtsverfolgung nicht zu den im Prozess gesondert geltend zu
machenden Schadenspositionen gehört, sondern gegebenenfalls im
Kostenerstattungsverfahren anzubringen ist.
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Die weitere Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, da dieses Gericht nicht von der maßgeblichen
Entscheidung des Bundesgerichtshofes (s. o.) abweicht; soweit andere Gerichte oder
andere Instanzen davon abweichen, obliegt ihnen die Rechtsmittelzulassung (§ 511
Abs. 4 ZPO).
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