Urteil des AG Hagen vom 21.01.2010

AG Hagen (höhe, beseitigung, wertminderung, koch, mehrwertsteuer, rechnung, berechnung, schaden, grundstück, ersatz)

Amtsgericht Hagen, 14 C 37/09
Datum:
21.01.2010
Gericht:
Amtsgericht Hagen
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 C 37/09
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2076,00 Euro nebst Zinsen
In Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 01.03.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1100 % des zu
vollstreck-
Baren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Hagen-Haspe, I-straße XX. Der Beklagte
ist Eigentümer des Nachbargrundstücks. Auf dem Grundstück der Klägerin stand eine
ca. 25 – 30 Jahre alte Rotbuche. Ein großer Ast ragte weit in den Luftraum über die
Einfahrt des Beklagtengrundstückes hinein. Da der Beklagte sich durch den Laubabfall
und die Wurzeln der Buche gestört fühlte, sprach er mit der Klägerin über eine Fällung
dieses Baumes. Die Klägerin stimmte einer Beseitigung der Rotbuche nicht zu. Die
Parteien einigten sich jedoch darüber, dass der Beklagte berechtigt sein sollte, den
Überhang der Äste durch Absägen zu beseitigen.
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Abredewidrig beauftragte der Beklagte eine Firma mit der Beseitigung des Baumes.
Dieser wurde am 30.10.2008 gefällt. Es verblieb ein Stammrest von 1,84 m Höhe.
Dieser befindet sich in der oberen Grundstücksecke im Abstand von 1,86 m zur dort
befindlichen Grenzwand des Beklagtengrundstücks und 1,99 m zur Grundstücksgrenze
am Gehweg.
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Die Kläger erfuhr durch ihre Mieterin von der Fällung des Baumes. Sie ließ den ihr
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entstandenen Schaden durch den Baumsachverständigen ... ermitteln. Dieser kam zu
einem Schadensbetrag in Höhe von 1806,40 Euro. Wegen des Ergebnisses dieses
Gutachtens wird auf die Gehölzwertermittlung nach der Methode Koch vom 17.01.2009
verwiesen.
Der Beklagte wurde mit Schreiben vom 12.11.2008, 12.01.2009 und 20.01.2009 zum
Ersatz des Schadens aufgefordert und zur Erstattung der Kosten für das Gutachten Birke
in Höhe von 300,00 Euro.
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Die Klägerin trägt vor, sie habe die Kosten des Sachverständigen ... bezahlt.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 2106,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von
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5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2009 zu
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zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er behauptet:
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Der überwiegende Teil der Baumkrone hätte in sein Grundstück hineingeragt. Nach
Beseitigung dieses Überhangs sei die Buche wertlos gewesen. Der Klägerin sei daher
kein Schaden durch die Beseitigung des Baumes entstanden. Das Wurzelwerk der
Buche habe erhebliche Schäden an seiner Grenzmauer sowie an der Garage
verursacht. Es seien dort Feuchtigkeitsschäden, Putzabplatzungen und Risse im
Mauerwerk eingetreten. Für die Sanierung seiner Grenzwand müsse er voraussichtlich
6249,00 Euro aufwenden, wie aus dem Angebot der Firma ... Bauunternehmung GmbH
zu erkennen sei. Mit diesem Betrag rechnet der Beklagte hilfsweise gegenüber dem
Klägeranspruch auf.
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Nach Beseitigung des Überhangs sei die Sozialfunktion des Baums erheblich
gemindert worden, so dass der Berechnung des Sachverständigen ... nicht gefolgt
werden könne. Im übrigen müsse die Mehrwertsteuer heraus gerechnet werden, da
diese gem. § 249 Abs. 2 BGB nicht angefallen sei. Die Klägerin habe nicht
nachgewiesen, dass sie die Rechnung des Sachverständigen in Höhe von 300,00 Euro
gezahlt habe.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des
Sachverständigen ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
Gutachten vom 03.04.2009 verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist überwiegend begründet.
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Die Klägerin hat einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten auf Ersatz
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ihres Schadens.
Durch die von ihm veranlasste Fällung der Rotbuche hat der Beklagte das Eigentum der
Klägerin beschädigt. Demgemäß kann die Eigentümerin grundsätzlich für die
Wiederherstellung des früheren Zustands des Grundstücks erforderlichen Kosten nach §
249 BGB verlangen. Da jedoch die Kosten für die Anschaffung von nach Alter und
Größe vergleichbarer Ersatzbäume regelmäßig die durch die Zerstörung der Bäume
eingetretene Wertminderung des Grundstücks übersteigt, greift § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB
ein. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Wertminderung des Grundstücks
durch eine Schadensermittlung nach der Methode Koch berechnet wird. Im Fall der
Gehölzzerstörung wird durch die Methode Koch die Grundstückswertminderung
berechnet. Diese Schadensberechnung ist ausschließlich eine Kompensation, also ein
Ausgleich in Geld, also keine Wiederherstellung oder ein Geldersatz hierfür. Es handelt
sich letztlich um eine fiktive Berechnung mit der die Grundstückswertminderung ermittelt
wird.
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Die Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB bezieht sich jedoch nur auf die
Naturalrestitution. Für die fiktive Berechnung einer Wertminderung kann ein
Mehrwertsteuerabzug nicht erfolgen. Aus der Schadensberechnung des
Sachverständigen .... ist die Mehrwertsteuer daher auch nicht heraus zurechnen.
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In die Schadensberechnung hat der Sachverständige jedoch auch die Rode- und
Beseitigungskosten einbezogen. Bei dieser Schadensposition handelt es sich um
Kosten, die der Klägerin tatsächlich entstehen, wenn sie den Baumstamm beseitigen
lässt. Da eine Beseitigung bisher nicht erfolgt ist, ist die Mehrwertsteuer in Höhe von
30,40 Euro von dem ermittelten Betrag abzuziehen.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten wäre die Wertminderung des Grundstücks der
Klägerin auch nach Entfernung des Überhangs nicht anders zu berechnen gewesen.
Wie der Sachverständige Birke ausführt, hatte die gefällte Rotbuche zusammen mit
einer weiteren Buche eine abgrenzende und abschirmende Funktion. Aus der Skizze
des Sachverständigen ... ist erkennbar, dass die Krone dieser Buche etwa zu 30 % in
das Grundstück des Beklagten hineinragte. Nach dem Ergebnis des
Sachverständigengutachtens des Sachverständigen ... wäre auch nach einem
fachgerechten Rückschnitt der Baumkrone noch ein Wert des Baums vorhanden
gewesen. Da es sich bei der Rotbuche um einen Laubbaum handelt, wäre auch ein
größerer Rückschnitt problemlos möglich gewesen, ohne den Baum zu beschädigen.
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An den verbliebenen Ästen und Zweigen hätten sich weiterhin Blätter befunden, die
Sichtschutzfunktion des Baums wäre erhalten geblieben. Seine Funktion als
abgrenzendes und abschirmendes Element des Grundstücks hätte sich nicht verändert.
Auch bei einer erheblichen Reduzierung der Baumkrone hätte die Rotbuche ihre
Sichtschutzfunktion nicht eingebüßt. Außerdem sind die Kosten des Erwerbs, der
Pflanzung und der Anwachspflege eines Baumes, auf der die Wertermittlung nach der
Methode Koch beruht, unabhängig davon , ob die Baumkrone beschnitten ist. Eine
Wertminderung durch die Beseitigung des Überhangs, die bei der Schadensermittlung
zu berücksichtigen wäre, ist daher nicht eingetreten.
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Auch die Kosten des Sachverständigengutachtens ... sind vom Beklagten als Schaden
zu ersetzen. Die Einholung des Sachverständigengutachtens war zur Bezifferung des
Schadens und damit zur notwendigen Rechtsverfolgung notwendig.
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Die Klägerin hat durch Vorlage der Rechnung und ihres Kontoauszuges auch
nachgewiesen, dass sie die Rechnung bezahlt hat.
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Die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen ist gem. § 393 BGB
unzulässig. Da die Klägerin eine Forderung aus unerlaubter Handlung geltend macht,
kann nach der Vorschrift des § 393 BGB nicht mit Gegenansprüchen aufgerechnet
werden.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, Ziffer 1, 709 ZPO.
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