Urteil des AG Hagen vom 05.03.2007

AG Hagen: eltern, beurkundung, vorname, familienname, geburt, ausnahme, unrichtigkeit, inkraftsetzen, rückwirkung, bad

Amtsgericht Hagen, 8 III 152/06
Datum:
05.03.2007
Gericht:
Amtsgericht Hagen
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 III 152/06
Schlagworte:
Berichtigung der lateinischen Schreibweise der Namen von
griechischen Staatsangehörigen
Normen:
§ 47 PStG, § 30 analog PStG
Leitsätze:
Änderungen der lateinischen Schreibweise von Namen in späteren
Pässen sind ohne gerichtliche Anordnung durch den Standesbeamten
analog § 30 PStG in einem deutschen Personenstandseintrag
beizuschreiben.
Tenor:
Die Berichtigung des Geburtenbuches des Standesamts
L.. Nr. .. dahin, dass der Familienname des
Vaters und des Kindes K..s..is lautet, die Mutter den Ehenamen
K..s..ou führt und der Vorname des Kindes G. lautet , wird
abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Vater als Antragsteller.
Der Gegenstandswert wird festgesetzt auf 4.000,00 Euro.
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G r ü n d e:
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Frau Ch..s. K..s..ou hat am in L. einen Sohn geboren, der im Geburtenbuch des
Standesamts L Nr. eingetragen worden ist. Die Mutter ist mit dem Vornamen "Ch..ss",
dem Familiennamen "K..ss..ou" und dem Geburtsnamen "S....k..ou", der Vater mit dem
Vornamen "V.ss..os" und dem Familiennamen "K..ss..is" und das Kind mit dem
Vornamen "Ch....os" und dem Familiennamen "K..ss..is" im Geburtseintrag beurkundet
worden. Der Kindesvater ist im Jahr 1965 und die Kindesmutter im Jahr 1966 nach
Deutschland gekommen. Von 1965 bis zum Jahr 2001 und damit über einen Zeitraum
von mehr als 35 Jahren hatten die Eltern griechische Nationalpässe, in welchen ihre
Familiennamen eingetragen waren mit "C..ss..is" bzw. "C..ss..ou". Erstmals in den
neuen aktuellen Pässen sind die Schreibweisen geändert worden in "Ch..s. K..s..ou"
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und "V.s...os K..s..is". Eine Berichtigung der Schreibweise der Vornamen der Eltern ist
nicht beantragt. Der Vater beantragt jedoch die Berichtigung des Familiennamens
dahin, dass dieser für ihn und den Sohn "K..s..is" und für die Mutter "K..s..ou"
geschrieben wird, der Vorname des Sohnes soll in die Schreibweise "G......os" berichtigt
werden.
Die beantragten Berichtigungen waren abzulehnen. Nach § 47 PStG ist eine Eintragung
in einem Personenstandsbuch auf Antrag eines Beteiligten zu berichtigen, wenn die
Eintragung bereits
im Zeitpunkt der Beurkundung
liegt hier nicht vor. Die Kindeseltern hatten im Zeitpunkt der Geburt des Sohnes
ausschließlich die griechische Staatsangehörigkeit. Der Name einer Person unterliegt
nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem die Person angehört, hier also
dem griechischen Recht. In Griechenland werden griechische Buchstaben und nicht die
lateinische Schreibweise benutzt. Soweit das griechische Generalkonsulat in Köln in
seiner Bescheinigung ausführt, die Namen seien nach der Transliterationsnorm ELOT
aus der griechischen Schrift in die lateinische Schrift zu übertragen, so ist das nicht
richtig und verstößt gegen deutsches Recht. Der
Bundesgerichtshof
Beschluss vom 27.10.1993
auch in lateinischen Schriftzeichen wiedergegebene Name
ohne Transliteration
sonstige Veränderungen
ist,
auch wenn die im Pass eingetragene lateinische Schreibweise gegen die
geltenden Transliterationsnormen verstößt
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Soweit die Auffassung vertreten wird, diese Rechtsprechung gelte nicht für
Beurkundungen aus der Zeit vor Erlass des Beschlusses vom 27.10.1993, ist dies nicht
richtig. Der Bundesgerichtshof hat einen Fall entschieden, in welchem es um eine
Beurkundung ging, die viele Jahre zurücklag. Wenn für diesen Fall aus der Zeit vor dem
Jahr 1993 gilt, dass die Schreibweise aus dem Pass im Beurkundungszeitpunkt ohne
Veränderungen zu akzeptieren ist, so ist nicht ersichtlich, warum andere Fälle aus der
Zeit vor 1993 nicht genauso zu behandeln sind. Im Jahr 1968 wurde zwar für die
Umschreibung von griechischen Buchstaben in die lateinische Schrift die ISO-Norm
R843-1968 in Kraft gesetzt, welche sowohl in Deutschland als auch in Griechenland
durch Staatsvertrag als verbindlich vereinbart wurde. Die griechischen Behörden haben
sich dennoch nicht daran gehalten. Nach der ISO-Norm R843-1968 wird der
Familienname des Vaters "K..s..is" und der Familienname der Mutter "K..s..ou" und der
Vorname des Sohnes "G......os" geschrieben. Dennoch war die Berichtigung
abzulehnen. Die Geburtsbeurkundung der lateinischen Schreibweise der
Familiennamen der Kindeseltern erfolgte aufgrund einer deutschen Übersetzung der
Heiratsurkunde. Eine Übersetzung kann jedoch nicht Rechtsgrundlage für die richtige
lateinische Schreibweise sein, da ein Dolmetscher rechtlich nicht befugt ist, die
Namensführung von griechischen Staatsangehörigen in Deutschland verbindlich
festzulegen. Maßgebend ist vielmehr die von den Betroffenen persönlich seit der
Übersiedlung in Deutschland benutzte lateinische Schreibweise, zumindest wenn diese
mit der lateinischen Schreibweise in dem griechischen Pass übereinstimmt, diese
Schreibweise hat Vorrang vor der Übertragung nach der ISO-Norm. Die Namen der
griechischen Staatsangehörigen wurden in Deutschland bei den Ausländerämtern
immer in der lateinischen Schreibweise aus dem griechischen Nationalpass geführt.
Das war 1965 im Zeitpunkt der Einreise des Kindesvaters so, daran hat sich bis heute
nichts geändert. Weil die Griechen bei der Übersiedlung nach Deutschland fast
ausnahmslos die lateinische Schrift nicht kannten und die Ausländerbehörde für sie
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eine wichtige Stellung hatte, drängte es sich für sie auf, die lateinische Schreibweise der
Namen aus ihrem Pass im Alltag zu übernehmen. Auf diese Weise haben sie ihre
Namen viele Jahre oder gar Jahrzehnte gebraucht.
Dies wird durch die Ausländerakten der Kindeseltern bestätigt, in welchen sich
Bescheinigungen des Arbeitgebers und des Vermieters, eine Schulbescheinigung des
Sohnes und andere Unterlagen befinden. Die Eltern haben den Familiennamen
mehr
als 35 Jahre
Inkraftsetzen der ISO Norm im Jahr 1968 konnte den Eltern für ihre Namen keine
abweichende lateinische Schreibweise aufgezwungen werden. In Übereinstimmung mit
der späteren Rechtsprechung des BGH vom 27.10.1993, welche der BGH nicht neu
erfunden, sondern insoweit nur eine bereits vorher bestehende Rechtsauffassung
bestätigt hat, gilt auch für alle Altfälle aus der Zeit vor dem Jahr 1993, dass die
lateinische
Schreibweise aus dem Pass maßgebend ist, wenn diese mit der
Namensführung im Alltag übereinstimmt
hatten beide Eltern einen griechischen
Nationalpass,
in der Schreibweise "C..ss..is" bzw "C..ss..ou" eingetragen waren. Eine Berichtigung in
die Schreibweise "K..ss..is" bzw "K..ss..ou" ist damit unzulässig, da
im Zeitpunkt der
Beurkundung
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Der Geburtseintragung ist
nicht rückwirkend
neu ausgestellten Pässe erstmals nach 35 Jahren eine geänderte lateinische
Schreibweise der Namen enthalten. Wenn die griechischen Behörden Jahre später bei
der Neuausstellung eines Passes die Schreibweise der Namen ändern, wie dies bei
den griechischen Konsulaten nach den Erfahrungen der Unterzeichnenden aus mehr 20
Jahren Tätigkeit in Personenstandssachen keine Ausnahme, sondern die Regel ist, so
ist dies für die Schreibweise der Namen in den bereits abgeschlossenen deutschen
Personenstandsbeurkundungen rechtlich unbeachtlich. Soweit die Entscheidungen des
KG vom 04.04.2000 (StAZ, 2000, 216 f) und des OLG Hamm vom 02.02.2006 (15 W
303/05) dahin
missverstanden
Passes stets eine Berichtigung der zeitlich früheren deutschen
Personenstandsbeurkundung zulässig sei, so ist das nicht richtig. Eine solche
Auffassung
verstößt gegen § 47 PStG
nur erfolgen darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen oder aber ein
Sachverhalt, der eine analoge Anwendung rechtfertigt. Ein
späterer Pass
nur dann
Schreibweise in dem späteren Pass von der Schreibweise in den früheren Pässen
abweicht.
sogar
fest
Schreibweise in den früheren Pässen
abweicht
Berichtigung unzulässig
griechischen Behörden bei der späteren Neuausstellung eines Passes
keinerlei
Rückwirkung
1994, 42 ff) lässt keinen Zweifel daran, dass es keine richtige oder falsche
Transliteration von Namen aus der griechischen Schrift in die lateinische Schrift gibt,
sondern die von den griechischen Behörden in den Pass eingetragenen lateinischen
Schreibweisen sind für die Geltungsdauer des jeweiligen Passes zu akzeptieren.
Folglich kann diese zu akzeptierende Schreibweise später auch
nicht "berichtigt"
sondern
nur geändert
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Spätere
PStG zu behandeln (vgl. AG München StAZ 2005, 79). Dies wird nach einer Mitteilung
von anderen Standesbeamten aus dem hiesigen Landgerichtsbezirk so auch auf
Fortbildungsveranstaltungen für Standesbeamte in Bad Salzschlierf gelehrt. Es ist
Sache des Standesbeamten, eine geänderte Schreibweise ohne gerichtliche
Anordnung in eigener Zuständigkeit durch einen Randvermerk beizuschreiben,
nachdem ihm ein entsprechender Pass vorgelegt worden ist. Sollte der Standesbeamte
dies ablehnen, so kann der Betroffene das Ablehnungsschreiben des Standesbeamten
bei Gericht vorlegen und bei Gericht beantragen, den Standesbeamten zur
Beischreibung der neuen lateinischen Schreibweise der Namen durch einen
Randvermerk anzuweisen.
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Auch die Schreibweise des Vornamens des Sohnes kann nicht berichtigt werden.
Soweit der Standesbeamte auf jene Rechtsprechung hinweist, nach welcher ein
griechisches Kind seinen Vornamen nicht bereits mit der Geburtsbeurkundung, sondern
erst mit der Taufe erhalten hat, ist diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht
einschlägig. Im
Jahr 1976
das Kind seinen
Vornamen
Standesbeamten
mit der Eintragung in das deutsche Geburtenbuch am 03.04.1978 bekommen. In der
Akte des Standesamts befindet sich ein Aktenvermerk, in welchem festgelegt ist, dass
das Kind den Vornamen "Ch......os" erhält, diese Erklärung ist von dem Kindesvater
unterschrieben. In dem Berichtigungsantrag hat der Kindesvater eingeräumt, das seiner
Frau und ihm damals die "richtige" lateinische Schreibweise des Vornamens des
Sohnes nicht bekannt war und er darauf vertraut habe, dass der Standesbeamte den
Vornamen richtig übertragen hat. Es war aber Sache der Eltern, sich vorher Kenntnis
über die übliche lateinische Schreibweise zu verschaffen. Wenn sie das unterlassen
haben, so können sie sich später nicht mehr darauf berufen, dass der Name
üblicherweise anders geschrieben wird. Wenn sie die übliche Schreibweise nicht
kannten, so entsprach diese Namensführung auch nicht dem Willen der Eltern im
Zeitpunkt der Geburtsbeurkundung. Sie haben sich blind auf die von dem
Standesbeamten gewählte Schreibweise verlassen und diese damit als verbindlich
festgelegt. Es konnte auch eine von der üblichen abweichende Schreibweise gewählt
werden. Wenn der BGH es den griechischen Behörden gestattet, die Namen der in
Griechenland geborenen Staatsangehörigen ohne Bindung an Transliterationsnormen
in die lateinische Schrift zu übertragen, so steht dieses Recht auch den Eltern für die in
Deutschland geborenen Kinder zu. Eine Berichtigung ist danach nicht zulässig. Der
Sohn kann jedoch von dem Standesbeamten verlangen, dass der
Standesbeamte in
eigener Zuständigkeit ohne gerichtliche Anordnung analog § 30 PStG
Randvermerk im Geburtenbuch einträgt, dass der Sohn
mit Wirkung ab Vorlage eines
entsprechenden griechischen Passes
"G......os" führt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 48 PStG, 13 a FGG.
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