Urteil des AG Hagen vom 02.07.2008

AG Hagen: fahrzeug, käufer, fax, zugang, bestätigung, abnahme, anwaltskosten, daten, kaufvertrag, messestand

Amtsgericht Hagen, 16 C 68/08
Datum:
02.07.2008
Gericht:
Amtsgericht Hagen
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 C 68/08
Schlagworte:
Beweiswirkung einer Telefax-Sendebestätigung
Leitsätze:
Eine fehlerfreie Telefax-Sendebestätigung erbringt entgegen BGH NJW
1995, 665 ff. den Beweis, dass eine entsprechende
Datentransferverbindung zwischen Sendegerät und Empfangsgerät
hergestellt und die die übermittelten Daten beim Empfanagsgerät
angekommen sind.
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.803,14 EUR zuzüglich
Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 31.01.2008 zu
zahlen.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin Anwaltskosten in
Höhe von
374,90 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu voll-
streckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Klägerin macht Ersatzansprüche im Zusammenhang mit einem behaupteten
Kaufvertrag über einen Neuwagen gegen den Beklagten geltend.
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Der Beklagte bestellte anlässlich der Messe I am Messestand bei der Klägerin ein
Citroen Jumper 35 L2 Hdi 160 Heavy Einfachkabine Kipper.
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In den zugrunde liegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unter Ziffer V
"Abnahme" vorgesehen:
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1. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von 14 Tagen
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ab Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtab-
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nahme kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch
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machen.
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2. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 15 % des Kauf-
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preises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der
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Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nach-
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weist.
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Mit Schreiben vom 13.07.2007 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass das Fahrzeug
auslieferungsbereit sei. Der Beklagte reagierte zunächst nicht.
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Im weiteren Verlauf lehnte der Beklagte die Abnahme des Fahrzeugs ab.
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Die Klägerin begehrt Ersatz in Höhe von 15 % des verbliebenen Bruttokaufpreises von
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25.354,29 EUR. Insoweit sei ein Rabatt von 34,5 % berücksichtigt worden.
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Die Klägerin behauptet, eine Auftragsbestätigung sei per Faxübermittlung am
28.09.2006 versandt worden. Der Beklagte habe dem für die Klägerin tätigen Zeugen L
unter anderem eine Faxnummer angegeben (#####/####) an die die
Auftragsbestätigung versandt worden sei, und zwar am 28.09.2006, um 9.39 Uhr.
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Die Klägerin behauptet, dass dieses Schreiben bei dem vom Beklagten angegebenen
Faxgerät auch angekommen ist.
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Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 09.10.2007 vom Beklagten
Schadensersatzzahlung. Schließlich wurde der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben
vom 27.12.2007 erneut aufgefordert, das Fahrzeug abzuholen. Ferner wurde er dann mit
Schreiben vom 05.01.2008 erneut darauf hingewiesen, dass nunmehr Schadensersatz
statt der Leistung gefordert werde und ihm wurde die Summe von 3.803,14 EUR
bekannt gegeben mit der Zahlungsfrist bis zum 30.01.2008. Der Beklagte zahlte nicht.
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Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen
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an die Klägerin 3.803,14 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszins seit dem 31.01.2008 zu zahlen.
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an die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 74,90 EUR zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Der Beklagte bestreitet den Erhalt einer Auftragsbestätigung, demgemäss sei sein
Angebot entsprechend Ziffer I Nr. 1 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Klägerin nach Ablauf von sechs Wochen nach seiner Bestellung erloschen. Im Übrigen
ist der Beklagte der Ansicht, der pauschalierte Schadensersatz von 15 % könne sich
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nur aus dem Nettokaufpreis und nicht aus dem Bruttokaufpreis berechnen, da die
Mehrwertsteuer lediglich ein Durchlaufposten für die Klägerin darstelle.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
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Die Klägerin hat einen vertraglichen Anspruch entsprechend dem mit Zugang der
Auftragsbestätigung vom 28.09.2006 abgeschlossenen Kaufvertrag und dem zugrunde
liegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Zahlung des tenorierten Betrages
gegen den Beklagten. Nach der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme
steht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest, dass die entsprechende
Willenserklärung der Klägerin vom Zeugen L an den vom Beklagten angegebenen
Faxanschluss vom 28.09.2006 per Fax übermittelt wurde. Der Zeuge hat insoweit
glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, dass er vom Messestand aus von dem von
Citroen zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und Gerätschaften die entsprechende
Auftragsbestätigung versandt hat. Er konnte auch noch nachvollziehbar darlegen, wie er
in provisorischer Art und Weise, manuell die im PC erstellte Bestellung zu einer
Auftragsbestätigung umgeändert hat und dies schließlich in klassischer Weise per Fax
an die vom Beklagten angegebene Nummer versandt hat. Der Zeuge hat auch glaubhaft
dargelegt, dass der Sendevorgang fehlerfrei von Statten ging und das auch der
entsprechende Sendebericht von ihm mit der Auftragsbestätigung verbunden wurde.
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Der Beweiswert dieser Aussage wird nicht entkräftet durch die Aussage des Zeugen L2.
Dieser Zeuge hat zwar grundsätzlich ausgesagt, die Klägerin nicht zu kennen und auch
keine Auftragsbestätigung gesehen zu haben. Er konnte aber keine konkrete Erinnerung
an den streitgegenständlichen Tag, dem 28.09.2006 wiedergeben, was angesichts des
Zeitablaufs nachvollziehbar erscheint. Der Zeuge konnte nicht, auch auf mehrfache
Nachfrage des Gerichts, nicht ausschließen, dass entweder der Beklagte oder seine
Ehefrau die entsprechenden Faxschreiben in Empfang genommen und aus dem
Faxgerät entfernt haben. Der Zeuge hat insoweit vermutet, dass dies nicht
wahrscheinlich sein, weil sein Sohn normalerweise ordentlich alles abhefte als
selbständiger Unternehmer. Er hat aber zugegeben, dass er das Fax zwar morgens
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sich anschaut bevor er morgens zu seiner eigenen Firma fährt. Mittags verlässt seine
Ehefrau das Haus. Der Beklagte soll regelmäßig früh morgens losfahren und erst
abends wiederkommen, wobei er eher seltener mittags nach Hause kommt. Alles in
allem konnte der Zeuge also nicht lückenlos belegen, dass ein solches Faxschreiben
nicht ausgedruckt worden ist.
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Letztlich kommt es darauf aber nicht entscheidend an. Die klägerseits vorgelegte
Sendebestätigung vermag nämlich insoweit nachzuweisen, dass eine entsprechende
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Datentransferverbindung zwischen Sendegerät und Empfangsgerät hergestellt worden
ist. Damit ist der Anschein in beweistechnischer Sicht gegeben, dass die von der
Klägerin übermittelten Daten auch beim Empfangsgerät angekommen sind. Das Gericht
teilt die früher vom Bundesgerichtshof geäußerten Bedenken nicht, dass es an einer
Feststellung oder an einer gesicherten gerichtsbekannten Erkenntnis fehle, wie oft
Telefaxübertragungen scheitern und Sendeberichte gleichwohl einen OK-Vermerk
ausdrucken. In dem zwischenzeitlich vergangenen Jahrzehnt ist die Verlässlichkeit des
Telefon- und Datennetzes gesteigert worden. Inzwischen wurde in eingeholten
Sachverständigengutachten z. B. Landgericht Hamburg, Aktenzeichen 317 S 23/99 die
Verlässlichkeit des Netzes hinsichtlich der Bestätigung des elektronischen Datenflusses
attestiert. Es steht also fest, dass eine entsprechende Auftragsbestätigung versandt
wurde und auch beim Empfangsgerät angekommen ist. Ob eine solche Bestätigung
damit ausgedruckt wurde, gegebenenfalls auch aus dem Gerät entfernt wurde, kann
streng genommen dahinstehen, ist aber auch durch die Aussage des Zeugen L2 nicht
ausgeschlossen worden.
Da der Beklagte das angebotene Fahrzeug nicht abgenommen hat, ist er verpflichtet,
die 15 % Schadensersatz zu zahlen. Entgegen der Ansicht des Beklagten und entgegen
einigen obergerichtlichen Entscheidungen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.12.1995,
Aktenzeichen: 14 U 16/95 und OLG Celle, Urteil vom 05.04.1995, Aktenzeichen: 11 U
145/94) ist der Schadensersatz aus dem Bruttokaufpreis zu bestimmen und nicht aus
dem Nettokaufpreis. Abzustellen ist im Einzelfall auf die getroffene Preisvereinbarung,
incl. Nebenleistungen etwa für Überführung und Zulassung als auch der Umsatzsteuer.
Die Umsatzsteuer gehört als rechtlich unselbständiger Bestandteil zum Kaufpreis, weil
darunter üblicherweise der Bruttopreis zu verstehen ist, der vom Käufer auch hätte
tatsächlich geleistet werden müssen. Dies
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gilt jedenfalls so lange, wie sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt. Das
Argument in den beiden zitierten Entscheidungen, es könne nicht Sinn und Zweck der
Pauschalierung sein, dem Verkäufer indirekt einen Mehrwertsteuerbetrag zukommen zu
lassen, den dieser nicht an die Steuerbehörde abführen müsse, mag zutreffend sein. Er
ändert aber nichts an der Tatsache, dass die vertragliche Vereinbarung dennoch
maßgeblich ist. Auch bei bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung des Verkäufers ist
der Ansatz des Bruttopreises als Grundlage für die Berechnung der Schadenspauschale
maßgeblich. Eine überraschende Regelung im Sinne von § 305 c BGB liegt nicht vor.
Es ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagte durch diese Klausel unangemessen
benachteiligt wird. Schließlich verbleibt ihm als Korrektiv der Nachweis eines
tatsächlich geringeren Schadens. Eine überraschende Klausel liegt daher gerade nicht
vor, weil dem Beklagten ja die Möglichkeit eines überhöhten Schadensansatzes
vorgegeben wurde und ihm ausdrücklich die Möglichkeit des Nachweises eines
geringeren Schadens eingeräumt wurde.
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15 % des Bruttokaufpreises abzüglich aller Rabatte, d. h. aus 25.354,29 EUR betragen
die zugesprochenen 3.803,14 EUR.
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Der Anspruch auf Zahlung der anwaltlichen Kosten ergibt sich unter dem Gesichtspunkt
des Verzugs gem. §§ 286 ff. BGB.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 709 ZPO.
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