Urteil des AG Gummersbach vom 12.07.2010

AG Gummersbach (kläger, höhe, ordentliche kündigung, kündigung, miete, zpo, mietwohnung, strafanzeige, wohnung, mieter)

Amtsgericht Gummersbach, 10 C 172/09
Datum:
12.07.2010
Gericht:
Amtsgericht Gummersbach
Spruchkörper:
Abteilung 10
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 C 172/09
Schlagworte:
Unberechtigte Strafanzeige gegen Vermieter als Kündigungsgrund
Normen:
§ 573 BGB
Leitsätze:
Erstattet der Mieter gegen den Vermieter Strafanzeige wegen Betrugs
und wird dieses Verfahren gemäß § 170 II StPO mangels hinreichenden
Tatverdachts eingestellt, so kann dies einen Kündigungsgrund für den
Vermieter gemäß § 573 II Nr. 1 BGB darstellen.
Tenor:
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 995,- € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
27.06.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 402,82 €
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 08.09.2009 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die im
Erdgeschoss des Hauses I-Weg 3 in 51647 Gummersbach gelegene
Wohnung, bestehend aus fünf Zimmern, einer Küche, einem
Korridor/Diele, einem Bad, einer Toilette, einem Kellerraum
einschließlich Wintergarten sowie Balkon geräumt an den Kläger
herauszugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Die
übrigen Kosten des Rechtsstreits werden zu 1/5 der Klägerseite und zu
4/5 der Beklagtenseite auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die gegen sie
gerichtete Zahlungsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden,
wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags leistet. Die Beklagten
dürfen die Räumungsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 4.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Räumungsvollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.10.2010 gewährt.
T a t b e s t a n d
1
(abgekürzt gemäß § 313 II ZPO)
2
Der Kläger ist Eigentümer der Häuser I-Weg 1 und 3 in Gummersbach. Seit September
2006 nutzte der Beklagte zu 1) aufgrund einer mündlichen Vereinbarung mit dem Kläger
Gewerberäume in dem Objekt I-Weg 1. Die Miete betrug bis Ende 2008 monatlich 200,-
€ und ab März 2009 238,- €. Nachdem die Miete für die Monate November und
Dezember 2008 sowie März 2009 nicht bezahlt worden war, kündigte der Kläger das
Mietverhältnis über die Gewerberäume am 06.04.2009 fristlos. Mitte Mai wurden die
Räume an den Kläger zurück gegeben.
3
Die Beklagten sind seit 01.12.2006 Mieter einer Wohnung im Haus I-Weg 3 zu einer
monatlichen Miete von 655,- €. Nachdem es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten
gekommen war, schickte der Kläger den Beklagten am 06.04.2009 ein
Abmahnschreiben. Am 05.01.2010 erklärte der Kläger die fristlose, hilfsweise die
ordentliche Kündigung des Mietvertrags.
4
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger zunächst restliche Mieten für die
Gewerberäume im Haus I-Weg 1 für die Monate November 2008 bis Mai 2009 in Höhe
von 995,- € geltend. Er behauptet, auch die Beklagte zu 2) sei insoweit
Vertragspartnerin gewesen. Weiter begehrt der Kläger die Herausgabe der
Mietwohnung. Er ist der Ansicht, die Kündigung vom 05.01.2010 sei wegen
vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten begründet. Wegen der Einzelheiten der
behaupteten Vertragsverstöße wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 25.01.2010
verwiesen.
5
Der Kläger beantragt,
6
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 1. an den Kläger
995,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 27.06.2009 sowie vorgerichtliche
Rechtsanwaltskosten von 402,82 € nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2009 zu zahlen,
2. die im Erdgeschoss des Hauses I-Weg 3 in 51647 Gummersbach
gelegene Wohnung, bestehend aus fünf Zimmern, einer Küche, einem
Korridor/Diele, einem Bad, einer Toilette, einem Kellerraum
einschließlich Wintergarten sowie Balkon geräumt an den Kläger
herauszugeben.
7
Die Beklagten beantragen,
8
die Klage abzuweisen.
9
Hinsichtlich der Gewerbemiete bestreiten die Beklagten die Passivlegitimation der
10
Beklagten zu 2), weil die Gewerberäume der Beklagte zu 1) allein angemietet und
genutzt habe. Hinsichtlich der rückständigen Mieten erklärt der Beklagte zu 1) die
Aufrechnung mit angeblichen Gegenansprüchen aus dem Mietverhältnis. Er habe die
Gewerberäume nicht vollständig nutzen können, weil dort Sachen des Klägers
untergestellt gewesen seien. Deswegen hätten sich die Parteien auf eine teilweise
Rückzahlung der Miete durch den Kläger verständigt. Diese Rückzahlung sei aber nie
erfolgt. Die Kündigung der Mietwohnung halten die Beklagten für unberechtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf die nachfolgenden Entscheidungsgründe sowie die von den Parteien im Laufe des
Rechtsstreits eingereichten Schriftsätze und deren Anlagen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
11
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12
(kurzgefasst, § 313 III ZPO)
13
Die Klage ist überwiegend begründet.
14
Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von 995,- € aus
§ 525 II BGB.
15
Unstreitig besteht ein Mietrückstand hinsichtlich der Gewerberäume für die Zeit von
November 2008 bis Mai 2009 in dieser Höhe. Die Aufrechnung des Beklagten zu 1)
greift nicht durch. Der Kläger hat die behauptete Vereinbarung über eine
Teilrückerstattung der Miete bestritten, einen Beweis hierfür hat der Beklagte zu 1) nicht
erbracht. Die Beklagte zu 2) haftet hingegen nicht für Mietschulden aus dem
Gewerbemietvertrag. Denn war nicht Vertragspartnerin. Der Kläger ist für seine
Behauptung, der mündliche Vertrag sei auch mit der Beklagten zu 2) geschlossen
worden, beweisfällig geblieben. Gegen eine Anmietung der Gewerberäume auch durch
die Beklagte zu 2) spricht auch der Umstand, dass der Beklagte zu 1) die Räume allein
für sein Gewerbe nutzte.
16
Die Beklagten müssen die Mietwohnung nach § 546 I BGB an den Kläger zurückgeben,
weil das Mietverhältnis durch die Kündigung des Klägers vom 05.01.2010 spätestens
am 30.04.2010 beendet wurde. Dahinstehen kann, ob hier ein Recht zur
außerordentlichen Kündigung nach § 543 I BGB bestand. Denn der Kläger hatte
jedenfalls ein berechtigtes Interesse an der ordentlichen Kündigung des
Mietverhältnisses (§ 573 I BGB). Die Mieter verletzten nämlich ihre vertraglichen
Pflichten schuldhaft nicht unerheblich (§ 573 II Nr. 1 BGB). Insbesondere auch
Belästigungen des Vermieters können zu einem Kündigungsrecht führen. So stellt eine
unberechtigte Strafanzeige einen Kündigungsgrund dar (Palandt-Weidenkaff, BGB, 69.
Auflage 2010, § 543 Rdnr. 39; BVerfG NZM 2002, 61). So liegen die Dinge auch hier.
Die Beklagten zeigten den Kläger bei der Staatsanwaltschaft unberechtigt wegen
Betrugs an. Denn das Verfahren 701 Js 1681/09 wurde am 29.12.2009 gemäß § 170 II
StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Aufgrund dieses Vorfalls war es
dem Kläger nicht mehr zuzumuten, länger am Mietvertrag mit den Beklagten
festzuhalten.
17
Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt, § 288 BGB.
18
Das Gericht hat den Beklagten gemäß § 721 ZPO von Amts wegen eine angemessene
Räumungsfrist bewilligt, um ihnen Gelegenheit zu geben, in angemessener Zeit einen
adäquaten Ersatzwohnraum zu suchen.
19
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91; 708 Nr. 7 und 11; 711 ZPO.
20
Streitwert: bis zum 25.01.2010: 995,- €; danach 6.155,- €
21