Urteil des AG Grevenbroich vom 11.01.2010

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Amtsgericht Grevenbroich, 19 C 106/09
Datum:
11.01.2010
Gericht:
Amtsgericht Grevenbroich
Spruchkörper:
19 C
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 C 106/09
Normen:
§§ 558, 448 a BGB
Sachgebiet:
Wohnraummiete (Mieterhöhung)
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung des Nettokaltmietzinses für
die von ihm innegehaltene Wohnung in dem Haus Am Alten Hof 8,
41515 Grevenbroich, im 2. Obergeschoss rechts, bestehend aus vier
Zimmern, einer Küche, einem Bad mit WC, einem separaten WC, einer
Diele, einer Loggia, einem Kellerraum und einem Dachbodenanteil, von
bisher monatlich 332,85 € auf nunmehr 399,42 € mit Wirkung ab dem
01.06.2009 zuzustimmen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten des Rechtsstreits gegen
Sicherheitsleistung
von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Der Beklagte schloss mit dem Kläger einen Dauernutzungsvertrag über die im 2.
Obergeschoss rechts gelegene Wohnung im Haus Am Alten Hof 8 in 41515
Grevenbroich. Wegen der näheren Einzelheiten dieses Dauernutzungsvertrages wird
auf Blatt 7 - 9 der Akte Bezug genommen.
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Das vom Kläger pro Monat zu zahlende Netto-Entgelt für die Nutzung der Wohnung
beträgt seit dem 01.03.2006 332,85 €. Mit Schreiben vom 11.03.2009 begehrte der
Kläger vom Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlich zu zahlenden
Nettonutzungsgebühr von 332,85 € pro Monat auf nunmehr 399,42 € pro Monat zum
01.06.2009. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 11.03.2009 wird auf Blatt 10
bis 11 der Akte Bezug genommen.
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Die Klägerin behauptet, die von ihr nunmehr verlangte monatliche Nutzungsgebühr von
399,42 € sei ortsüblich. Diesbezüglich behauptet sie, das Objekt befinde sich in einer
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mittleren Wohnlage. Im Übrigen nimmt sie Bezug auf ein von ihr vorgelegtes
Schriftstück, das als Mietspiegel (Stand 01.01.2008) für nicht preisgebundenen
Wohnraum im Stadtgebiet Grevenbroich bezeichnet ist und als dessen Aussteller der
Haus- und Grundbesitzerverein Grevenbroich und Umgebung e.V. und der Mieterbund
Neuss auf der ersten Seite vermerkt sind. Wegen der näheren Einzelheiten dieses
Dokuments wird auf Blatt 12 bis 13 der Akte Bezug genommen.
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung des
Nettokaltmietzinses für die von ihm innegehaltene Wohnung in dem Haus Am Alten Hof
8, 41515 Grevenbroich, im 2. Obergeschoss rechts, bestehend aus vier Zimmern, einer
Küche, einem Bad mit WC, einem separaten WC, einer Diele, einer Loggia, einem
Kellerraum und einem Dachbodenanteil von bisher monatlich 332,85 € auf nunmehr
399,42 € mit Wirkung ab dem 01.06.2009, hilfsweise ab dem 01.09.2009 zuzustimmen. .
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte behauptet, der vom Kläger nunmehr verlangte Mietzins sei nicht ortsüblich.
Diesbezüglich führt er aus, der vom Kläger in Bezug genommene Mietspiegel sei
inhaltlich unrichtig. Es sei völlig unklar, wie dieser zustande gekommen sei. Im Übrigen
bestreitet er, dass der Mietspiegel von denjenigen, die sich als Herausgeber des
Mietspiegels bezeichneten, erstellt worden sei. Er führt aus, der
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Mietspiegel sei schon deshalb unzutreffend, da die Mieten in den letzten Jahren
gesunken und nicht gestiegen seien. Im Übrigen behauptet er, die hier interessierende
Wohnung befinde sich allenfalls in einer einfachen Wohnlage. Im Übrigen sei die
Geräuschisolierung des Hauses schlecht. Auch sei die Heizungsanlage nicht
ausreichend leistungsfähig. Überdies ist er der Ansicht, es liege bereits kein Mietvertrag
vor. Daher sei eine Mieterhöhung nach mietrechtlichen Vorschriften gar nicht möglich.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n de :
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Die Klage ist begründet.
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Dem Kläger steht gegen den Beklagten gemäß § 558 BGB ein Anspruch auf
Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete von bisher monatlich 332,85 € auf nunmehr
399,42 € mit Wirkung ab dem 01.06.2009 zu.
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§ 558 BGB findet auf den hier interessierenden Vertrag Anwendung. Ein Vertrag über
die Benutzungseinrichtung durch ein Mitglied einer Genossenschaft oder eines Vereins
ist als sogenannter Dauernutzungsvertrag jedenfalls dann ein Mietvertrag, wenn der
Gebrauch wenigstens für kurze Zeit ausschließlich und gegen besonderes Entgelt
überlassen wird, insbesondere eine Wohnung ( Palandt, 68. Auflage, Einführung vor §
535, Randnummer 22 ). Auf den hier interessierenden Vertrag finden daher die
Vorschriften des BGB über den Wohnraummietvertrag Anwendung.
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Das Mieterhöhungsschreiben des Klägers vom 11.03.2009 ist wirksam und entspricht
den Voraussetzungen des § 558 a BGB.
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Der Kläger hat in diesem Mieterhöhungsschreiben auf den Mietspiegel für die Stadt
Grevenbroich ( Stand 01.01.2008) Bezug genommen und die Wohnung in die vom
Kläger für richtig Baualtersklasse und die Wohnlagenklasse eingeteilt. Ferner hat der
Kläger in diesem Schreiben den niedrigsten Wert, den Mittelwert und den höchsten Wert
angegeben. Diese Bezugnahme auf den Mietspiegel war ausreichend. Der Mietspiegel
musste dem Mieterhöhungsschreiben nicht beigefügt werden. Ein Mietspiegel muss
einem Mieterhöhungsschreiben dann nicht beigefügt werden, wenn er allgemein
zugänglich ist. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Mietspiegel kostenlos erhältlich ist.
Vielmehr steht eine allgemeine Zugänglichkeit nicht entgegen, dass der Mietspiegel für
Mieter gegen ein geringes Entgelt erworben werden kann. So hat der Bundesgerichtshof
mit Urteil vom 30.09.2009 ( VIII ZR 276/08 ) ausgeführt, auch ein vom Mieter zu
zahlendes Entgelt von 4,00 € stehe der Annahme einer allgemeinen Zugänglichkeit
nicht entgegen. Da der Mietspiegel für die Stadt Grevenbroich gegen eine Schutzgebühr
von 3,00 € durch Jedermann erworben werden kann, ist dieser Mietspiegel mithin
allgemein zugänglich und musste dem Mieterhöhungsschreiben nicht beigefügt werden.
Die einzuhaltenden Fristen hat der Kläger bei seinem Mieterhöhungsschreiben
ebenfalls beachtet.
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Soweit der Beklagte bestreitet, dass der Mietspiegel von den aus ihm als Aussteller
hervorgehenden Organisationen erstellt worden ist, verhilft ihm dies nicht zum Erfolg.
Das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten entbehrt der erforderlichen Substanz. Es
ist nicht ersichtlich, welche anderen Organisationen sich unter falschem Namen zur
Erstellung eines Mietspiegels hätten veranlasst sehen sollen. Im Übrigen ist dem
Gericht bisher auch nicht bekannt geworden, dass der Haus- und Grundbesitzerverein
Grevenbroich und Umgebung eV oder gar der Mieterbund Neuss gegen den hier
vorliegenden Mietspiegel mit dem Argument zu Feld gezogen wären, dieser sei gar
nicht von ihnen erstellt worden. Dass Derartiges den beiden Organisationen bekannt
geworden wäre, ist indes stark anzunehmen. Überdies hat der Sachverständige
ebenfalls ausgeführt, für ihn sei nicht ersichtlich, wer sonst den hier interessierenden
Mietspiegel erstellt haben sollte. In diesem Zusammenhang ist es ohne jedes Interesse,
ob es sich bei dem Mietspiegel um einen qualifizierten oder "nur" um einen einfachen
Mietspiegel handelt.
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Schließlich steht aufgrund des überzeugenden Sachverständigengutachtens zur
Überzeugung des Gerichts fest, dass der vom Kläger nunmehr verlangte Mietzins
ortsüblich ist. Dies hatte der Sachverständige sowohl in seinem Erstgutachten als auch
in seinem Ergänzungsgutachten ausgeführt. Diesbezüglich kommt es nicht
entscheidend darauf an, ob der Mietspiegel inhaltlich im Einzelnen zutreffend ist oder
nicht. Jedenfalls hat der Sachverständige anhand der ihm im Rahmen seiner
Sachverständigentätigkeit bekannt gewordenen Informationen überzeugend ausgeführt,
der vom Kläger verlangte Mietzins sei ortsüblich. Der Sachverständige hat insofern
aufgrund eigener Datenermittlung ausgeführt, der ortsübliche Mietzins belaufe sich
jedenfalls auf 419,00 € pro Monat. Da der vom Kläger nunmehr begehrte Mietzins
deutlich unter diesem Betrag liegt, ist der Beklagte verpflichtet, der Mieterhöhung
zuzustimmen.
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Der Kläger hat ferner die einzuhaltende Grenze von 20 % berücksichtigt. Schließlich
hatten die vom Beklagten angeführten - angeblichen - Mängel bei der Ermittlung des
ortsüblichen Mietzinses außer Betracht zu bleiben. Etwaige Mängel sind nämlich bei der
Ermittlung der ortsüblichen Miete im Rahmen eines Rechtsstreits über die Berechtigung
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einer Mieterhöhung nicht zu berücksichtigen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
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Streitwert: 798,84 €.
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