Urteil des AG Frankfurt am Main vom 07.11.2008

AG Frankfurt: abrechnung, nachforderung, kanal, wasserversorgung, wohnraummiete, auflage, quelle, entwässerung, versorger, fristablauf

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Gericht:
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
33 C 1783/08 - 57,
33 C 1783/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 556 Abs 3 S 2 BGB, § 556
Abs 3 S 5 BGB, § 556 Abs 3 S
6 BGB
Betriebskostenabrechnung bei Wohnraummiete:
Anforderungen an fristwahrende Einwendungen
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98,42 Euro nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 73 % und die Beklagte
zu 27 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage hat nur hinsichtlich der Nachforderung aus der
Betriebskostenabrechnung 2005 Erfolg, hinsichtlich der Nachforderungen aus den
Betriebskostenabrechnungen 2006 und 2007 ist sie unbegründet.
I. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten aus § 535 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 des
Mietvertrages vom 13.06.2003 und der Betriebskostenabrechnung 2005 vom
29.11.2006 einen Anspruch auf Zahlung der sich daraus ergebenden
Nachforderung in Höhe von 98,42 Euro.
Die Betriebskostenabrechnung 2005 wurde rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist
nach § 556 Abs. 3 S. 2 BGB erstellt und ist in formeller Hinsicht nicht zu
beanstanden. Sie genügt den Anforderungen, die nach § 259 BGB an
ordnungsgemäße Abrechnungen zu stellen sind, d. h. sie enthält eine
Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe der zugrunde gelegten
Umlageschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug der
Vorauszahlungen des Mieters und ist ohne weiteres gedanklich und rechnerisch
nachvollziehbar (vgl. Schmidt-Futterer- MietR, 9. Auflage 2007, § 556,
Rn. 334). Insbesondere greifen die Einwände der Beklagten gegen die Art und
Weise der Darstellung der Wasser- und Abwasserkosten nicht durch. So sind die
Betriebskostenarten zum einen hinreichend bezeichnet (vgl. zu diesem Erfordernis
Schmidt-Futterer- § 556, Rn. 340). Denn aus den in der Abrechnung
für 2005 gewählten Formulierungen "Kaltwasser + Kanal" und "Kaltwasser für WW +
Kanal" ergibt sich eindeutig, dass die dargestellten Kosten sowohl die
Wasserversorgung als auch die Entwässerung betreffen. Zum anderen ist es auch
unschädlich, dass die Wasser- und Abwasserkosten in einer einzigen Position und
nicht jeweils gesondert ausgewiesen sind. Wenn – wie es in Frankfurt am Main der
Fall ist – beide Leistungen vom selben Versorger erbracht und einheitlich nach
Verbrauch berechnet werden, ist die Abrechnung auch bei Zusammenfassung der
Positionen Wasser und Abwasser hinreichend nachvollziehbar (AG Frankfurt am
Main, Urteil vom 28.03.2008, Az. 33 C 3275/07-50; Urteil vom 19.06.2008, Az. 33 C
404/08-56).
Mit ihrem die Reinigungskosten betreffenden Einwand gegen die inhaltliche
Richtigkeit der Abrechnung ist die Beklagte gem. § 556 Abs. 3 S. 5 und 6 BGB
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Richtigkeit der Abrechnung ist die Beklagte gem. § 556 Abs. 3 S. 5 und 6 BGB
ausgeschlossen, da sie diesen nicht innerhalb von zwölf Monaten nach Zugang der
Abrechnung vom 29.11.2006 geltend gemacht hat. Dabei kann dahingestellt
bleiben, ob das Schreiben des von der Beklagten beauftragten
Mieterschutzvereins vom 27.12.2006, in welchem die Höhe der Reinigungskosten
gerügt wurde, der Klägerin zugegangen ist oder nicht. Denn jedenfalls war der in
dem Schreiben erfolgte pauschale Hinweis, die Reinigungskosten seien "völlig
überhöht" nicht zur Wahrung der vorgenannten Einwendungsfrist geeignet. Die
Einwendungsfrist hält der Mieter nämlich nur ein, wenn er sich nicht auf derartige
allgemeine Bedenken beschränkt, sondern bis zum Fristablauf konkrete
Beanstandungen anbringt. Solche wurden – soweit für das Gericht ersichtlich – erst
im vorliegenden Verfahren formuliert.
Die hinsichtlich der begründeten Klageforderung zugesprochenen Prozesszinsen
stützen sich auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
II. Auf der Grundlage der Betriebskostenabrechnungen 2006 vom 04.04.2007 und
2007 vom 16.04.2008 steht der Klägerin dagegen kein fälliger
Nachforderungsanspruch gem. § 535 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 des Mietvertrages zu.
Beide Betriebskostenabrechnungen genügen nicht den Anforderungen, die nach §
259 BGB an ordnungsgemäße Abrechnungen zu stellen sind. Sie erfüllen beide
nicht das Erfordernis einer konkreten Bezeichnung aller angesetzten Kostenarten
(vgl. Schmidt-Futterer- § 556, Rn. 340), indem sie unter der Position
"Wasserbezug gesamt" nicht nur die Kosten der Wasserversorgung, sondern auch
die Abwasserkosten enthalten, ohne dies kenntlich zu machen. Zwar kann es – wie
bereits dargestellt – für die Nachvollziehbarkeit der Betriebskostenabrechnung
unschädlich sein, die Wasser- und Abwasserkosten unter einer Position
zusammenzufassen. In einem solchen Fall muss jedoch zumindest erkennbar sein,
dass beide Kostenarten in dem aufgeführten Betrag enthalten sind. Hier dagegen
ist aus den Abrechnungen 2006 und 2007 als solchen – im Gegensatz zur
Abrechnung 2005 – erst gar nicht ersichtlich, dass außer den
Wasserversorgungskosten auch Abwasserkosten erfasst wurden.
Da in beiden Abrechnungen allein schon die unzureichend dargestellten
Kaltwasserkosten inklusive Abwasserkosten den seitens der Klägerin geforderten
Nachzahlungsbetrag übersteigen, kann diese auf der Grundlage der
Abrechnungen 2006 und 2007 keinerlei Nachforderung gegenüber der Beklagten
geltend machen. Inwieweit die inhaltlichen Einwendungen der Beklagten gegenüber
den beiden Abrechnungen zutreffen, kann daher dahingestellt bleiben.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Streitwert: 367,56 Euro (§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 1, 3 ff ZPO)
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.