Urteil des AG Frankfurt am Main vom 14.10.2008

AG Frankfurt: stadt, akte, versendung, einsichtnahme, dienstfahrzeug, quelle, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, dokumentation, gegenleistung

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Gericht:
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
946 OWi 19/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 107 Abs 5 OWiG
Aktenversendungspauschale: (Nicht-)Anfallen der
Pauschale bei einem Aktentransport mit einem
Dienstfahrzeug
Leitsatz
1. Die Aktenversendungspauschale fällt dann an, wenn die Akten an ein auswärtiges
Gericht versandt und dort ins Gerichtsfach eingelegt werden. Es ist kein sachlicher
Gesichtspunkt erkennbar, die Aktenversendung mit anderen Gerichten per Dienst-Kfz
anders zu behandeln, als mit dem zwar innerhalb der Stadt Frankfurt am Main, dort
jedoch in einiger Entfernung liegenden Ordnungsamt.
2. Der Wortlaut des§ 107 Abs. 5 („je durchgeführte Sendung“) ist dahingehend zu
verstehen, dass bei mehrfach durchgeführten Versendungen eine Akte jede einzelne
Sendung kostenpflichtig ist.
Tenor
In der Bußgeldsache … wegen Ordnungswidrigkeit - hier: Antrag auf gerichtliche
Entscheidung - wird die Kostenentscheidung des Ordnungsamtes (…) vom
14.04.2008 (Az.: …) aufrechterhalten.
Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtlichen Verfahrens sowie seine eigenen
Auslagen zu tragen.
Gründe
Mit Bescheid des Ordnungsamtes (…) vom 14.04.2008 wurde gegenüber dem
Verteidiger gemäß § 107 Abs. 5 OWiG für die auf seinen Antrag erfolgte
Aktenversendung zum Zwecke der Einsichtnahme eine Auslagenpauschale in
Höhe von 12 € erhoben und dieser zur Zahlung aufgefordert. Hiergegen wendet
sich der Verteidiger als Kostenschuldner mit dem Antrag auf gerichtliche
Entscheidung.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß § 62 OWiG zulässig, aber
unbegründet.
Es entspricht herrschender Rechtsprechung und Literaturmeinung, dass die
Aktenversendungspauschale dann anfällt, wenn die Akten an ein auswärtiges
Gericht versandt und dort ins Gerichtsfach eingelegt werden (Göhler, OWiG, 14.
Aufl., Rdnr. 23a zu § 107, Rebmann u.a., OWiG, Loseblattkommentar, Rdnr.23 zu §
107, jeweils m.w.N.).
Die Stadt Frankfurt am Main unterhält bei dem Amtsgericht Frankfurt am Main ein
eigenes Postfach, welches täglich durch einen Kurierfahrer der Stadt (…) bedient
wird. Bei dieser Gelegenheit werden sowohl Schriftstücke, die für das Amtsgericht
selbst, als auch solche die für Rechtsanwälte mit Gerichtsfach bestimmt sind,
abgegeben. Letztere werden sodann durch Bedienstete des Amtsgerichts
Frankfurt am Main in die Gerichtsfächer der Rechtsanwälte verteilt. Auch
vorliegend wurden die Akten dem Antragsteller zur Einsichtnahme in der
geschilderten Art und Weise zugeleitet, ebenso erfolgt der Aktenverkehr z.B. mit
den Gerichten in Hanau und Darmstadt. Es ist kein sachlicher Gesichtspunkt
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den Gerichten in Hanau und Darmstadt. Es ist kein sachlicher Gesichtspunkt
erkennbar, die Aktenversendung mit anderen Gerichten per Dienst-Kfz anders zu
behandeln, als mit dem zwar innerhalb der Stadt Frankfurt am Main, dort jedoch in
einiger Entfernung liegenden Ordnungsamt (so auch AG Frankfurt a. M., B.v.
15.02.2005, Az. 920 OWi 8/05 und vgl. zum Kriterium der Nutzung von Dienst-Kfz:
LG Frankenthal, B.v. 12.07.1995 in MDR 1996, S. 104). Soweit die Auffassung
vertreten wird, dass bei einer Versendung über eine Entfernung von nur wenigen
hundert Metern innerhalb derselben Stadt keine Versendungspauschale anfällt (so
z.B. LAG Schleswig-Holstein, B.v. 09.02.2007, Az. 1 TA 62/06), verkennt dies den
Charakter einer Pauschale, denn Pauschalierung eines Verwaltungsaufwandes
bedeutet gerade die Loslösung von einer konkreten Kostenbetrachtung im
Einzelfall (vgl. Rebmann, a.a.O.).
Eine andere Betrachtung ist hier auch nicht deswegen geboten, weil an demselben
Tage mehrere Akten demselben Verteidiger versandt wurden. Da es auf der Hand
liegt, dass jeden Tag eine Vielzahl von einzelnen Akten für verschiedene
Rechtsanwälte per Kurier befördert werden, wäre bei einem pro
Gesamtversendung eines Tages berechneten Betrag nicht zu entscheiden, welche
der Akten beziehungsweise Rechtsanwälte an diesem Tag die Kostenlast tragen
soll. Dem steht auch der Wortlaut des § 107 Abs. 5 OWiG „je durchgeführte
Sendung“ nicht entgegen, da dieser dahingehend zu verstehen ist, dass bei
mehrfach durchgeführten Versendungen einer Akte jede einzelne Sendung
kostenpflichtig ist.
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Dienst-Kfz - wie von der Stadt (…) zum
Transport der Akten verwandt- bekanntermaßen tatsächlich Kosten verursacht und
daher durch die Versendung von Akten wie im vorliegenden Fall keinesfalls
Gebühren ohne Gegenleistung erhoben werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 473 Abs. 1 StPO, 62 Abs. 2 S. 2 OWiG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 62 Abs. 2 S. 3 OWiG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.