Urteil des AG Frankfurt am Main vom 07.10.2008

AG Frankfurt: messung, akte, geschwindigkeitsüberschreitung, verwaltungsbehörde, messgerät, höchstgeschwindigkeit, ordnungswidrigkeit, quelle, verfügung, rüge

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Gericht:
AG Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
902 OWi 12/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 105 Abs 1 OWiG, § 467 Abs 3
S 2 Nr 2 StPO, § 467a Abs 1 S
2 StPO
Geschwindigkeitsüberschreitung: Überbürdung der
Auslagen bei Verfahrenseinstellung; Toleranzabzug bei
Geschwindigkeitsmessung mit Provida 2000
Leitsatz
1. Eine Überbürdung der Auslagen auf den Betroffenen kommt nicht nur bei einer
Schuldfeststellung, sondern bereits bei Fortbestehen eines erheblichen Tatverdachts in
Betracht.
2. Ergibt sich aus den in der Akte befindlichen Ausdrucken und Videoaufzeichnungen,
dass der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und
verbotswidrig rechts überholt hat, reicht dies für die Feststellung eines solchen
Tatverdachts aus.
3. Bei einer Messung mit dem Messgerät „Provida 2000“ handelt es sich um ein
standarisiertes Messverfahren, bei welchem zum Ausgleich von Fehlerquellen ein
Toleranzabzug von 5 % ausreichend ist.
Tenor
In der Bußgeldsache gegen … wegen Ordnungswidrigkeit wird der Antrag auf
gerichtliche Entscheidung kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Betroffene hat durch seinen Verteidiger gegen den Bußgeldbescheid des
Regierungspräsidenten vom 24.09.2007 rechtzeitig Einspruch einlegen lassen. Mit
Verfügung vom 05.05.2008 stellte die Verwaltungsbehörde das Verfahren gemäß §
46 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO wegen der seit 24.03.2008 eingetretenen
Verfolgungsverjährung ein. Mit Schriftsatz vom 28.08.2008 beantragte der
Verteidiger, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse
aufzuerlegen. Mit Bescheid vom 05.09.2008 lehnte die Verwaltungsbehörde die
Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen auf die Staatskasse ab.
Hiergegen beantragt der Betroffene die gerichtliche Entscheidung.
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Grundsätzlich sind zwar nach Einstellung des Bußgeldverfahrens gem. §§ 467 a
Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 105 Abs. 1 OWiG die notwendigen Auslagen des
Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen. Eine Überbürdung der Auslagen auf
den Betroffenen kommt aber gem. §§ 105 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 a Abs. 1 S. 2,
467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO dann in Betracht, wenn allein wegen eines
Verfahrenshindernisses keine Verurteilung erfolgen kann. Für die Beurteilung
dieser Frage bedarf es nicht etwa einer Schuldfeststellung, sondern es genügt das
Fortbestehen eines erheblichen Tatverdachts, vergleiche BGH NJW 00, 330, 1427,
OLG Frankfurt NStZ - RR 2002, 246.
Ein solcher Tatverdacht besteht hinsichtlich der dem Betroffenen zur Last gelegten
Ordnungswidrigkeiten. Aufgrund der bisherigen Beweislage wäre der Betroffene mit
hoher Wahrscheinlichkeit verurteilt worden. Aus den in den Akten befindlichen
Ausdrucken und Videoaufzeichnungen besteht der erhebliche Verdacht, dass der
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Ausdrucken und Videoaufzeichnungen besteht der erhebliche Verdacht, dass der
Betroffene am 22.07.2007 um 12:56 Uhr die zulässige Höchstgeschwindigkeit um
61 km/h überschritten hat. Aus den weiteren in der Akte befindlichen Ausdrucken
ergibt sich der erhebliche Verdacht, dass der Betroffene am 22.07.2007 um 12:56
Uhr auf der Autobahn A ... verbotswidrig rechts überholte.
Auch die formularmäßig anmutende Rüge der Verwertbarkeit der Messung des
Verteidigers im Schriftsatz vom 10.10.2007 führt zu keiner anderen Beurteilung
der Verdachtslage. Zum einen ergibt sich aus der Akte, dass das eingesetzte
Messgerät Provida 2000 zum Zeitpunkt der Messung geeicht war. Ferner ist bei
der gemessenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 61 km/h bereits ein
Toleranzabzug von 5% erfolgt, welcher bei dem standardisierten Messverfahren
des Provida 2000 Messgerätes zum Ausgleich von Fehlerquellen als ausreichend
anerkannt ist, vgl. Hamburg DAR 2004, 42, VRS 100, 201, 2, Saarbrücken DAR
2000, 225.
Es sind daher keine Umstände erkennbar, die bei Fortführung des Verfahrens die
Verdichtung des Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung der
Tatschuld infrage stellen würden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.