Urteil des AG Essen vom 15.06.2004

AG Essen: gemeinsame elterliche sorge, kommunikation, trennung, eltern, akte, unterlassen, halbschwester, jugendamt, absicht, rumänien

Amtsgericht Essen, 106 F 54/04
Datum:
15.06.2004
Gericht:
Amtsgericht Essen
Spruchkörper:
Abt. 106
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
106 F 54/04
Tenor:
Die elterliche Sorge für das Kind wird auf die Kindesmutter übertragen.
Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Die Gerichtskosten tragen die Parteien je zur Hälfte, eine Erstattung
außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe:
1
Aus der Ehe der Parteien ist das im Tenor bezeichnete Kind hervorgegangen. Die
Mutter hat aus einer anderen Beziehung eine zweite Tochter im Alter von 13 Jahren. Sie
zog im Oktober 2003 aus der Ehewohnung in L aus und verzog nach F. In dem
Verfahren Amtsgericht Essen 106 F 395/03 hat sie glaubhaft gemacht, dass der
Kindesvater nahezu täglich in der Nähe ihrer Wohnung erschien und Kontakt zu der
Mutter und dem Kind suchte, sie bedrängte und belästigte und sich vor den Augen des
13jährigen Kindes die Pulsadern aufgeschnitten hat.
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Sie behauptet, sich während des Zusammenlebens alleine um das Kind gekümmert zu
haben, während der Antragsgegner beide Kinder geschlagen und das von ihm verdiente
Geld für Computerspiele verbraucht habe. Teilweise habe sie nicht einmal mehr Geld
zum Kauf von Essen gehabt. Der Vater habe wiederholt - was unstreitig ist - das vom
Gericht im Parallelverfahren erhängte Kontaktverbot missachtet und den Kindern und ihr
in der Nachbarschaft aufgelauert und sie bedrängt. Er spreche gegenüber den Kindern
ständig von der Vergangenheit, erzähle ihnen die Eheprobleme und beleidige und
beschimpfte die Mutter. Eine Kommunikation zwischen den Parteien sei derzeit völlig
ausgeschlossen. Der Vater sei nicht bereit, sich an das in der Parallelsache mit
Einvernehmen der Parteien gerichtlich festgelegte begleitete Umgangsrecht zu halten.
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Die Kindesmutter beantragt,
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wie erkannt.
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Der Kindesvater beantragt,
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den Antrag
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Er behauptet, das Näherungsverbot nur deshalb missachtet zu haben, weil er sehr an
seiner Familie hänge und unter dem abgebrochenen Umgang zu dem Kind gelitten
habe. Er sei jetzt entschlossen, sich entsprechend dem Beschluss über den begleiteten
Umgang von seiner Frau und deren Töchtern fernzuhalten. Die Mutter gehe sehr streng
mit den Kindern um und habe ihre ältere Tochter mehrfach geschlagen. Er sei zu
vernünftigen Gesprächen mit der Mutter in der Lage. Für eine gemeinsame elterliche
Sorge spreche, dass dem Kind hierdurch vermittelt werden, dass beide Elternteile für es
verantwortlich sind. Auch habe die Mutter angekündigt, eventuell dauerhaft nach
Rumänien zu ziehen.
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Diese behauptet dazu, nur von ihrer Absicht gesprochen zu haben, ihre dort lebenden
Eltern zu besuchen, wozu ihr aber bislang das Geld gefehlt habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen Bezug
genommen.
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Der Antrag der Kindesmutter ist begründet. Die gemeinsame elterliche Sorge ist
aufzuheben und der Kindesmutter zu übertragen, weil dies dem Wohl von am besten
entspricht.
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Alle vor dem erkennenden Gericht anhängigen Verfahren belegen, dass derzeit eine
Kooperationsfähig- und willigkeit der Elternteile nicht gegeben ist. Der Kindesvater ist
unverändert durch die Trennung von der Kindesmutter tief verletzt, hofft auch eine
Rückkehr seiner Frau zu ihm und hat es deshalb nicht geschafft, wie von dieser
gewünscht, den Kontakt zu unterlassen. Das Zusammentreffen der Parteien hat wie aus
dem Parallelverfahren bekannt ist, ständig zu Eskalationen geführt, die eine sachliche
Kommunikation über Belange des Kindes derzeit unmöglich erscheinen lassen. Diese
tiefgreifende Störung der Kommunikation macht eine Aufhebung der gemeinsamen
elterlichen Sorge unumgänglich.
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Die elterliche Sorge ist der Mutter zu übertragen, weil diese das Kind bisher schon
überwiegend betreut und versorgt hat. Bedenken gegen eine Erziehungseignung haben
sich nicht ergeben, die Kindesmutter ist vielmehr auch bereit, die Bindungen des Kindes
an den Vater zu tolerieren und hat hierzu von sich aus frühzeitig auch schon ein
begleiteten Umgang angeboten. Auch hat sie am Geburtstag des Kindes eine kleine
Geburtstagsfeier von Vater und Tochter beim Jugendamt ermöglicht. Für eine elterliche
Sorge der Mutter sprechen neben dem Grundsatz der Kontinuität auch der Umstand,
dass hierdurch die Bindungen des Kindes an seiner Halbschwester am besten gewahrt
bleiben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG.
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