Urteil des AG Essen vom 26.03.2010

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Amtsgericht Essen, 104 F 75/10
Datum:
26.03.2010
Gericht:
Amtsgericht Essen
Spruchkörper:
Abt. 104 F
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
104 F 75/10
Tenor:
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird das Sorgerecht für die
Kinder Z, geb. ... und T, geb. ... auf die Kindesmutter und Antragstellerin
übertragen.
Gründe:
1
I.
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Die Kindeseltern sind seit 1996 zusammen und seit dem 26.02.1998 verheiratet. Seit
dem 29.01.2010 leben sie getrennt. Die Antragstellerin ist mit den Kindern aus der
gemeinsamen Wohnung ausgezogen.
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Die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner habe sie 15 Jahre lang körperlich
misshandelt, ebenso ihre beiden Töchter. Dies sei in der Zeit vor der Trennung sehr
schlimm geworden, insbesondere habe er die gemeinsame Tochter Z stark verprügelt.
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Sie habe Angst vor ihm und wolle mit ihm nichts mehr zu tun haben und könne sich
aufgrund der erfolgten Gewalt auch eine Kommunikation mit dem Antragsgegner nicht
vorstellen. Ihre Kinder hätten ebenfalls Angst vor dem Kindesvater und wollten diesen
nicht mehr sehen.
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Im Hinblick auf die Gewalterfahrungen sei ihr ein Zusammenwirken auch unzumutbar.
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Sie beantragt, das Sorgerecht, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die
Kinder Z, geb. ... und T, geb. ... auf sie zu übertragen.
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Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.
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Er behauptet, er habe nie gegen seine Frau oder seine Kinder die Hand erhoben,
sämtlicher Vortrag zu den Gewalteinwirkungen sei frei erfunden. Er sei lediglich ein
etwas strengerer Vater gewesen.
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Das Gericht hat Z und die Antragstellerin persönlich angehört. Eine persönliche
Anhörung des Antragsgegners war in der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2010
nicht möglich, da dieser nach Auskunft seiner Verfahrensbevollmächtigten kurz vorher
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mit einem Herzanfall ins Krankenhaus eingeliefert worden sei und voraussichtlich
mindestens 2 Wochen dort bleiben müsse. Sie könne derzeit nicht sagen, wann eine
Anhörung des Antragsgegners erfolgen könne.
Gemäß § 156 Abs. 3 Satz 1 FamFG, § 157 Abs. 3 analog war hier eine
Sorgerechtsübertragung im Wege der einstweiligen Anordnung als vorläufige Regelung
zu treffen, da dies dem Kindeswohl entspricht. Eine besondere Eilbedürftigkeit ergibt
sich hier zum Einen aufgrund des bevorstehenden Schulwechsels von Z und der damit
im Zusammenhang stehenden erforderlichen Entscheidungen. Zum Anderen spricht
derzeit einiges dafür, dass es in der Vergangenheit von Seiten des Antragsgegners
erhebliche Gewalteinwirkungen durch diesen gegenüber den Kindern und der
Kindesmutter gegeben hat.
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Aufgrund der erfolgten Anhörung von Z, für deren Inhalt auf den Vermerk vom
24.03.2010 Bl. 46 d. A. Bezug genommen wird, geht das Gericht derzeit davon aus,
dass die dort von Z getroffenen Äußerungen glaubhaft und Z als glaubwürdig
anzusehen sind. Sie hat detailliert erfolgte Gewalt beschrieben, wobei sie sich sehr gut
auszudrücken wusste. Das Gericht hatte den Eindruck, dass sie klar in ihrer
Wahrnehmung und in ihren Ansichten ist, eine evtl. Beeinflussung durch die
Kindesmutter konnte nicht festgestellt werden. Auch gegenüber dem Jugendamt und
dem Verfahrensbeistand äußerte Z Ähnliches.
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Auch die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung am 26.03.2010 detailliert
über Gewaltanwendungen von Seiten des Antragsgegners berichtet. Für den Inhalt wird
auf das Protokoll vom 26.03.2010 Bezug genommen. Sie konnte insbesondere einzelne
Vorfälle genau schildern.
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Aus diesem Grund geht das Gericht davon aus, dass es der Antragstellerin derzeit nicht
zuzumuten ist, eine Kommunikation im Hinblick auf Sorgerechtsentscheidungen mit
dem Antragsgegner vorzunehmen. Darüber hinaus ist dies auch schwierig, da nicht
abzusehen ist, wie lange der Antragsgegner im Krankenhaus ist und wie schwer
erkrankt er ist.
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Eine endgültige Entscheidung soll erst nach Anhörung des Antragsgegners und nach
einem entsprechenden Bericht des Jugendamtes erfolgen.
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